In Bayern haben Archäologen einen eisernen Klappstuhl in einem frühmittelalterlichen Frauengrab entdeckt. Bisher existieren nur sehr wenige ähnliche Exemplare in Europa.
Einen großen archäologische Wurf konnte das Bayerische Landesamt für Denkmal und Pflege am 29. August in Bamberg vermelden. Demnach haben Archäologen im mittelfränkischen Endsee nahe Ansbach einen knapp 1400 Jahre alten Klappstuhl geborgen. Etwa zwei Meter unter der Geländeoberkante legte ein Grabungsteam ein etwa 1,3 mal 2,7 Meter großes Grab frei. Darin befand sich ein eisernes Gestell, das sich bald als ein zusammenklappbarer Stuhl herausstellte. Der Klappstuhl ist in seinem gefalteten Zustand etwa 70 mal 45 Zentimeter groß und stammt aus der Zeit um 600.
„Es ist der zweite Fund eines eisernen Klappstuhls aus dem Frühmittelalter in Deutschland überhaupt“, sagte Architekt Mathias Pfeil, Leiter des Landesamtes. „Dieser auf den ersten Blick so neuzeitlich wirkende Fund ist eine absolute Seltenheit und von höchstem kulturhistorischem Interesse. Er gibt Einblick in die Grabausstattung herausgehobener Bevölkerungsschichten und in den frühen Gebrauch von Möbeln.“
Die wissenschaftliche Grabung fand im Zuge von Baumaßnahmen im Gewerbepark Rothenburg-Endsee statt. Den Klappstuhl fand das Grabungsteam als Grabbeigabe einer bestatteten Frau vor. Die Tote, nach erster Einschätzung eine im Alter von 40 bis 50 Jahren verstorbene Frau, trug um ihren Hals zudem eine Perlenkette aus mehrfarbigen Glasperlen. Neben dem Klappstuhl, der zu Füßen der Toten deponiert war, lag ein Tierknochen. Bei diesem handelt es vermutlich um die Rippe eines Rindes als Teil einer Fleischbeigabe. Reste einer Holzverschalung lassen auf eine geschlossene Grabkammer schließen.
Neben dem Frauengrab legten die Archäologen ein Männergrab frei, das sich in nahezu paralleler Anordnung und West-Ost-Ausrichtung befand. Dem Verstorbenen waren neben seinem Leibgurt mit Bronzeschnalle und Gürteltasche eine komplette Waffenausstattung aus Lanze, Schild und Schwert beigegeben.
Restauratoren untersuchen nun den als Block geborgenen Klappstuhl in den Werkstätten des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege bei Bamberg. Das Amt erwartet, dass Röntgenaufnahmen Aufschluss über die Beschaffenheit des Stuhls geben werden und es könnten weitere Verzierungen zum Vorschein kommen.
Hintergrund
Grabbeigaben wie dieser Klappstuhl sind laut Bayerischem Landesamt für Denkmal und Pflege äußerst selten. Sie werden in der Forschung als Sondergaben interpretiert. Solche Grabzugaben sprechen dafür, dass der oder die Verstorbene ein höheres Amt bekleidete oder von höherem sozialen Rang war.
Bislang sind europaweit 29 Fundstellen von frühmittelalterlichen Gräbern mit Faltstühlen überliefert, davon nur sechs aus Eisen. Überwiegend tauchen die Stühle in Frauengräbern auf. Von den meisten Exemplaren sind nur einzelne Bestandteile wie Nägel oder Achsen erhalten, weil sie oft aus organischem Material bestanden. Lange wurden diese Funde fälschlicherweise als Bratspieße oder Raubhaken interpretiert. Seit der römischen Antike hat man eiserne und bronzene Klappstühle hergestellt. Sie wurden zu einem der bedeutendsten Amtszeichen in der Gesellschaft und verkörperte Eigenschaften wie Autorität, Macht und Würde.