In Bamberg sind verhältnismäßig viele Antiquitätenexperten beheimatet. Einmal im Jahr rüsten sich diese für internationales Publikum, wenn vom 24. Juli bis 24. August die Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen stattfinden. Fiona Freifrau Loeffelholz von Colberg ist seit zehn Jahren für die Organisation der Wochen zuständig. Mit ihr und Antiquitätenhändler Christian Eduard Franke-Landwers haben wir über die Gründe der Antiquitätendichte, die Zusammenhänge mit den Festspielen in Bayreuth und darüber, warum architektonische Schönheit und ein katholisch geprägtes Umfeld die Antiquitätenszene begünstigen, gesprochen.
Wie sahen die Anfänge der Kunst- und Antiquitätenwochen vor 25 Jahren aus?
Christian Eduard Franke-Landwers: Die Anfänge bestanden in der schönsten Trittbrettsituation, die man sich vorstellen kann. Wir Händler haben immer schon gewusst, dass man im August nicht in den Urlaub fahren sollte, weil dann die dollen Leute aus Bayreuth, die Besucherinnen und Besucher der Bayreuther-Festspiele, nach Bamberg kommen. Das ist so eine High-End-Dimension von internationalem Publikum in Bayreuth, das zwischen „Götterdämmerung“ und „Siegfried“ in Bamberg Brotzeit macht und Antiquitäten kauft.
Können Sie sich noch an den Zeitpunkt erinnern, als Ihnen klar wurde, dass sich die Kunst- und Antiquitätenwochen etabliert und einen Namen gemacht hatten?
Franke-Landwers: Wir haben schnell festgestellt, dass neben den Zankereien über die Inszenierungen in Bayreuth immer noch ein Absatz für Bamberg Platz war. Die Bamberger Antiquitäten sind immer noch im Nebensatz mit erwähnt worden. Wir waren, wie gesagt, auf die angenehmste Art und Weise Trittbrettfahrer. Und das hat fantastisch funktioniert. Die ganze Aufregung über die Aufführungen wie ‚der ist ja wahnsinnig, der Schlingensief, der spinnt!‘ – so ging das die ganze Zeit – aber dann: ‚ach, und in Bamberg gibt es ja die ganzen Antiquitätengeschäfte‘. Vor 25 Jahren haben wir der Sache, die seitdem die Bayreuther Festspiele stattfinden in Bamberg passiert, den Namen ‚Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen‘ gegeben. Und dadurch, dass wir das Kind beim Namen nannten, ist ein Bewusstsein für die Bamberger Antiquitäten entstanden. Dass die Bamberger Händler zu den Wochen einluden, ist seit 25 Jahren ein Synergieeffekt beider Veranstaltungen.
Fiona Freifrau Loeffelholz von Colberg: Die Größenordnung, dass zum Beispiel überregionale Medien über die Wochen berichten und die Leute nicht mehr nur wegen Bayreuth nach Bamberg kommen, kam aber erst in den letzten Jahren. Dieses Jahr finden die Festspiele nicht statt und die
interessierten Gäste werden trotzdem nach Bamberg kommen.
Franke-Landwers: Dieses Jahr decouvriert sich eigentlich der Erfolg der Wochen, weil diese Leistungsschau des Kunsthandels dieses Jahr sogar ohne Bayreuth stattfindet.
Sie stellen sich also nicht auf einen Rückgang der Publikumszahlen ein?
Von Colberg: Nein, es haben sich schon genug Leute angekündigt. Und ich denke, nach diesem spooky Frühjahr sehnen sich die Menschen nach den Traditionen und Erfahrungen unserer Vorfahren und besinnen sich auf historische Städtereisen innerhalb Deutschlands und da ist Bamberg nun mal das schönste Reiseziel.
Gibt es Programmpunkte, die den Corona-Beschränkungen zum Opfer gefallen sind?
Von Colberg: Wir sind ein bisschen gebremst. Wir können leider keine Eröffnungsveranstaltung machen und kein Rahmenprogramm anbieten. Matthias Wenzel wird aber wieder einen seiner beliebten Vorträge halten, dessen Termin wir kurzfristig bekannt geben.
Könnte es passieren, dass die gesamte Veranstaltung abgesagt werden muss?
Von Colberg: Nein, das glaube ich nicht. Die Geschäfte können offenbleiben und der gebotene Abstand und die Hygieneregeln eingehalten werden.
Trotzdem haben Sie im Vorfeld die Frage diskutiert, die Kunst- und Antiquitätenwochen in diesem Jahr ausfallen zu lassen. Fiel die dann doch getroffene Entscheidung für die Ausrichtung schwer?
Von Colberg: Wir haben sehr darüber nachgedacht, weil wir zunächst der Meinung waren, die Ausrichtung sei geschmacklos und unangebracht, während alles in der Schockstarre ist. Auf der anderen Seite gab es aber eine große Nachfrage seitens der Kundschaft. Und irgendwann sind wir aus der Starre erwacht und fanden es ein schönes Signal, mal eine Veranstaltung nicht absagen zu müssen und die besonderen Jubiläen als positiven Anlass zum Feiern zu nehmen.
Herr Franke-Landwers, werden Sie zum Jubiläum der Kunst- und Antiquitätenwochen Besonderheiten in Ihrem Sortiment bereithalten?
Franke-Landwers: Ja, viele wertvolle Objekte. Zum Beispiel eine sehr bedeutende Fabergé-Uhr.
Auf wen sind die Kunst- und Antiquitätenwochen zugeschnitten, welches Publikum möchten Sie anziehen?
Von Colberg: Ein kunstinteressiertes Publikum. Ein Publikum das sich begeistern kann für alte Stücke und Antiquitäten – für besondere Stücke. Denn was hier zu finden ist, hat alles Museumsqualität. Die Läden sind Museen zum Anfassen, deren Objekte erworben werden können.
Gehören zu Ihrem Publikum auch Touristinnen und Touristen?
Franke-Landwers: Auch wenn sie dieses Jahr ausfallen – Gruppenreisen, zum Beispiel auf Booten, wo man auch weiß, ob jemand Cindy oder Kevin heißt, weil sie Namensschilder tragen –, stellen Touristengruppen schon ein Problem dar. In normalen Jahren muss man fast jemanden anstellen, der das betreut.
Wie ein Türsteher, der Leute abweist?
Franke-Landwers: Genau das wollen wir nicht, unsere Besucherinnen und Besucher möchten ungezwungen bleiben. Aber Antiquitätenlaien sind durchaus willkommen. Wer sich hier ein paar Mal umschaut, bleibt ja kein Laie. Die Händler erklären sehr gerne. Die Auseinandersetzung mit den Objekten tut ja etwas mit der Kundschaft und letztlich auch mit dem Kunsthändler, der über die Objekte spricht und sie erklärt. Informationen verändern uns und halten uns in gewisser Weise in Bewegung. Geschmäcker können sich ändern, je mehr man sieht. Je öfter ein Gast zu uns kommt, desto entwickelter wird sein Auge und sein Anspruch.
Was macht eine gute Kunsthändlerin oder einen guten Kunsthändler aus?
Franke-Landwers: Die Kenntnis. Und Höflichkeit.
Von Colberg: Die Liebe zur Kunst und die Fähigkeit mitzureißen, indem man mit Begeisterung von den Stücken erzählt.
Was macht eine gute Antiquität aus?
Franke-Landwers: Die Qualität und die Erhaltung. Auch kommt es darauf an, dass sie nur wenige Male hergestellt wurde. Die Provenienz, also für wen ein Stück gemacht wurde, ist ebenfalls wichtig.
Woran liegt es, dass es in Bamberg so eine vergleichsweise hohe Dichte an Antiquitätenhandlungen gibt?
Franke-Landwers: Wegen der schönen alten Stadt und wegen Bayreuth. Die Stadt Bamberg ist der schönste Rahmen, den man in Deutschland für den Handel mit Antiquitäten haben kann oder anders gesagt, ist es gut, in Bamberg zu sitzen, wenn man im Kunsthandel tätig ist. Jeder in Bamberg und sehr viele Menschen in Oberfranken identifizieren sich mit seiner Altstadt. Und ein Aspekt der Bamberger Altstadt sind die Kunst- und Antiquitätenhandlungen. Das heißt, dass man als Kunsthändler Teil der Liebhaberei der Menschen zum historischen Bamberg wird.
Von Colberg: Die Bamberger Antiquitätentradition ist eine gewachsene Geschichte. Kurz nach dem Krieg brachten die amerikanischen Truppen eine gewisse Kaufkraft in die Stadt. Auch gab es hier viele alte prächtige Häuser, die einiges an wertvollen Stücken anzubieten hatten und so entstand ein Markt. Ganz langsam fing es an mit Kuckucksuhren und Meißner Porzellan und nach und nach entwickelte sich dieser Markt hin zu immer wertvolleren Stücken.
Aber so einen Markt hätte es doch auch in anderen schönen Städten geben können.
Von Colberg: Ja, aber in Oberfranken mit seinen ganzen Schlössern gab es eben unglaublich viel Ware. Außerdem glaube ich, wenn man den Domberg runterläuft, ist man schon eingestimmt auf Kunst.
Ein schönes städtisches Umfeld begünstigt also das Entstehen einer Antiquitätenszene?
Von Colberg: Grundsätzlich ja. Nirgends in Europa gibt es auf so engem städtischem Raum so eine Dichte von Kunsthandlungen.
Franke-Landwers: Ein schönes und auch katholisches Umfeld. Es gab einen Kollegen, der sagte immer, dass es in einer evangelischen, also in gewisser Weise spaßbefreiten Stadt überhaupt keinen Kunsthandel gebe.
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