Seit 1994 arbeitet die Stadtverwaltung an einem bambergweiten Radverkehrsnetz namens „Cityrouten“, dessen Wege ausschließlich dem Radverkehr vorbehalten sind. Die Nummer 8 dieser Routen verbindet den Bamberger Osten mit der Innenstadt und führt von der Starkenfeldstraße durch Pfister- und Peuntstraße, über die Marienbrücke und den Wilhelmsplatz zur Friedrichstraße. Allerdings ist die Verbindung nicht durchgehend, sondern weist Lücken auf.
So reißen Radstreifen immer wieder ab und Fahrradfahrerinnen und ‑fahrer sind gezwungen, sich unter den Autoverkehr zu mischen. Um seiner Hoffnung Ausdruck zu verleihen, dass derzeitige Sanierungsarbeiten im Bereich des Marienplatzes auch dafür genutzt werden, eine solche Lücke zu schließen, hat sich der Kreisverband Bamberg des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) in einem offenen Brief an die Stadtverwaltung gewendet. Elke Pappenscheller ist Vorstandsmitglied des ADFC-Kreisverbands. Mit ihr haben wir über die Probleme und Chancen der Cityroute gesprochen.
Wie beurteilen Sie das Konzept der Cityrouten?
Elke Pappenscheller: Die Cityrouten halte ich prinzipiell für eine gute Idee, aber wahrscheinlich kennen sie die meisten Bamberger gar nicht, weil sie kaum erkennbar und zum Teil auch noch schlecht ausgebaut sind. Unser größtes Sorgenkind dabei ist die Cityroute 8.
Warum?
Elke Pappenscheller: Sie ist eine wichtige Verbindung von Bamberg-Ost in die Innenstadt, gerade für Schüler. Es mangelt vor allem daran, dass teilweise keine Radverkehrsanlagen, also Radwege, existieren. Zum Beispiel in der Peuntstraße geht der Radstreifen Richtung Nürnberger Straße in die Autofahrbahn über und alle Radfahrer müssen sozusagen im Verkehr mitschwimmen. Vor allem für Kinder ist das relativ schwierig. Verkehrssicherheit muss über Parkraum gehen. Beim Ausbau der Cityroute 8 geht es maximal um sechs Parkplätze, die wegfallen würden. Bisher war das Totschlagsargument aus dem Stadtrat, dass kein Parkplatz wegfallen darf. Aber wir brauchen die Sicherheit, die breitere Radstreifen bieten. Und wir wollen zum Beispiel mehr Schüler aufs Rad bringen, um wegzugehen von diesen Eltern-Taxis.
Kommt es an dieser Stelle vermehrt zu Unfällen zwischen Fahrrad- und Autoverkehr?
Elke Pappenscheller: Dazu kann ich nichts sagen, ich glaube es aber eher nicht. Aber es spielt natürlich auch die gefühlte Sicherheit eine Rolle und die Möglichkeit, schnell voranzukommen. Dadurch, dass es keinen Radweg gibt, stehen auch Fahrradfahrer oft im Stau. Oder sie weichen auf den Gehweg aus, was wieder Probleme mit Fußgängern gibt.
Sie bezeichnen die Sanierung der Fahrbahn zwischen Gönnerstraße und Kunigundendamm in der Nähe des Marienplatzes als Chance. Warum?
Elke Pappenscheller: Weil die Fahrbahnsanierung die Möglichkeit birgt, neue Fahrbahnmarkierungen aufzubringen. Das soll seitens der Verantwortlichen im Entsorgungs- und Baubetrieb ja auch getan werden, aber es geht darum, ob man die Markierungen wie bisher aufträgt oder ob man dem Radverkehr mehr Raum gibt und zum Beispiel die Radfahrstreifen mindestens zwei Meter breit macht, wie es die Regelbreite ohnehin vorsieht. Diese Forderungen sind nicht utopisch und der Stadtrat hat sie eigentlich auch beschlossen, indem er die Ziele des Radentscheids übernommen hat. Nun müssen sie umgesetzt werden.
Gab es, Stand 20. April, zu Ihren Vorschlägen bereits eine Rückmeldung aus dem Rathaus?
Elke Pappenscheller: Ich wüsste nicht, nein. Aber wir hoffen natürlich darauf. Ich denke, durch die Kommunalwahl ist ein Stadtrat zusammengekommen, der den Radverkehr forcieren will. Außerdem wird bereits durch den Radentscheid Druck auf die Politik gemacht, da könnte sich der Oberbürgermeister mal ein bisschen bewegen und die Gelegenheit beim Schopfe packen.
Birgt die Corona-Krise, in der auch ein Großteil des Verkehrsaufkommens auf den Straßen stillliegt, die Chance eines Umdenkens in Sachen Verkehrsplanung zugunsten des Radverkehrs?
Elke Pappenscheller: Die Hoffnung besteht natürlich. Einige Beispiele aus anderen Städten gibt es schon. In Berlin wurden kurzfristig temporäre Radstreifen eingerichtet, sprich dem Autoverkehr Flächen weggenommen und dem Radverkehr zugeschrieben, und Amsterdam nutzt die ruhige Verkehrssituation, um Umplanungen von Radwegen und Neugestaltungen von ganzen Straßen zu unternehmen. Andererseits ist das Fahrrad im Moment das Verkehrsmittel schlechthin, die Infektionsgefahr ist minimal, die Verkehrsbelastung durch den Kraftverkehr gering und die Bewegung an der frischen Luft tut gut und stärkt das Immunsystem. Deshalb steigen zurzeit viele Menschen auf das Fahrrad um, was sie hoffentlich auch in „Nach-Corona-Zeiten“ beibehalten.