Im Jahr 2012 gründete die Stadt in Zusammenarbeit mit der Alzheimer Gesellschaft Bamberg e.V. die „Demenzinitiative für Stadt und Landkreis Bamberg“. Damals waren Demenzkrankheiten noch ein Tabuthema. Doch hat sich das in den letzten Jahren geändert?
Stefanie Hahn ist Bambergs Seniorenbeauftragte und war von Anfang Mitglied der Demenzinitiative. „Damals haben wir mit drei wunderbaren Kolleginnen das Konzept für die Demenzinitiative erstellt“, sagt sie. „Wir alle waren hoch motiviert, da man vor zehn Jahren noch deutlich gespürt hat, wie sehr das Thema Demenz auch mit Angst und Scham besetzt ist. Teilweise kamen Einwohner aus Landkreisgemeinden zu mir in die Stadt zur Beratung, damit in der Gemeinde niemand mitbekommt, dass ein Familienmitglied betroffen ist. Wir waren der Meinung, dass das nicht so bleiben darf und wollten uns deshalb dafür einsetzen, dass Menschen, die von einer demenziellen Erkrankung betroffen sind, keine Ausgrenzung erfahren. Sie bleiben Bürgerinnen und Bürger unserer Gemeinden, mit Rechten und Teilhabewünschen.“
Die Zahl der Erkrankten wächst
Doch neben einem ausgearbeiteten Konzept und einer fortlaufenden Förderung müssen ebenfalls essenzielle Aspekte wie etwa die Entwicklung der Bevölkerung und ihre Strukturen sowie die offizielle Wahrnehmung beachtet werden.
„Das Thema Demenz ist in den vergangenen Jahren immer präsenter geworden“, sagt Stefanie Hahn. „Auch in Filmen wird das Thema heute behandelt. Das hat die Sicht auf demenziell veränderte Menschen meines Erachtens zusätzlich verändert. Vor allem kommt niemand mehr an der Tatsache vorbei, dass nun einmal die Anzahl der Demenz-
erkrankten steigt, da wir alle immer älter werden und die Lebenserwartungen insgesamt weiter zunehmen werden. Daher beteiligen wir uns beispielsweise auch an der Fachstelle für Demenz und Pflege Oberfranken, weil wir gerne die Erfahrungen aus zehn Jahren Arbeit mit anderen Regionen teilen.“
Finanziert wird die Demenzinitiative durch Stadt und Landkreis und die Erich-und-Elsa-Oertel-Altenhilfe Stiftung. „Durch deren Unterstützung war zum Beispiel die Erstellung und der Druck unseres letzten Wegweisers Demenz möglich.“
Der Umgang mit Demenz ist unterdessen variabel und dynamisch. Welche Ziele verfolgt die Demenzinitiative entsprechend? „Am wichtigsten ist für mich die Sensibilisierung der sogenannten Partner des Alltags, für die wir versuchen regelmäßig Schulungen anzubieten – mittlerweile auch mit der Unterstützung der Fachstelle für Demenz und Pflege Oberfranken. Wenn eine Vertreterin oder ein Vertreter einer Bäckerei, einer Bank, eines Friseursalons oder einer Behörde an einer Schulung teilnimmt, werden die Personen zu Multiplikatoren und geben das Erlernte in ihren Betrieben oder Geschäften weiter. Damit wird zum Beispiel ein Friseursalon ein geschulter Partner der Demenzinitiative und macht durch einen in seinen Räumlichkeiten angebrachten Aufkleber deutlich, dass Menschen mit Demenz dort willkommen sind. Der freundliche Verkäufer, dem auffällt, dass die alte Dame, die schon lange dort einkauft, plötzlich sozusagen unsinnig einzukaufen scheint und dann adäquat reagieren kann, macht den Unterschied. Der Busfahrer, der den Herrn im Schlafanzug nicht nur an der Bushaltestelle aussteigen lässt, sondern adäquat reagiert, macht den Unterschied.“
Möglichkeiten, das Demenz-Risiko zu senken
Alzheimererkrankungen zählen zu den bekanntesten Demenzerkrankungen. Jedoch gibt es zahlreiche weitere Arten von Demenzkrankheiten, die deutlich weniger Aufmerksamkeit erfahren. Die Demenzinitiative möchte dem entgegenwirken, zumal grundsätzlich alle an Demenz erkranken können. „Die Alzheimererkrankung ist tatsächlich nach wie vor sehr präsent“, sagt Stefanie Hahn. „Andere, seltenere Demenzerkrankungen erfahren oftmals deutlich weniger Aufmerksamkeit, wie etwa die vaskuläre oder die frontotemporale Demenz, die sich jedoch in Symptomatik, Ursache, teils auch in Therapie unterscheiden. Die Demenzinitiative tritt in erster Linie für einen offenen Umgang mit der Thematik ein. Gerade deshalb, weil es jeden treffen kann, ist Verdrängung keine Lösung. Neben genetischen und weiteren nach wie vor unbekannten und damit nicht vermeidbaren Ursachen finden sich auch etliche veränderbare Risikofaktoren für eine Demenz. Bewegung, gesunde Ernährung, das Pflegen sozialer Kontakte und das lebenslange Lernen können das Risiko nachweislich senken.“
In Bayern leben mehr als 250.000 Personen mit Demenz. In verschiedenen Einrichtungen wird mit Hinblick auf diese Arten von Erkrankungen bereits viel geforscht.
„In den kommenden Jahren wird es sicher eine weitere Fokussierung auf diese Menschen geben, mit speziell auf ihre Bedürfnisse gestalteten Einrichtungen. Es wird an neuen Therapien geforscht – somit haben wir dahingehend bereits einiges getan und es wird noch viel passieren. Wir dürfen in dieser ganzen Thematik jedoch nicht die pflegenden Angehörigen vergessen. Diese Menschen leisten gerade in der Pflege von demenziell Erkrankten oft über viele Jahre hinweg körperliche und geistige Schwerstarbeit. Sie zu unterstützen, muss, auch angesichts des Fachkräftemangels, unser Ziel sein.“
Neben Angehörigen leisten auch viele Ehrenamtliche pflegende Unterstützung für Demenzkranke. Auch deren Einsatz gelte es zu würdigen.
„Ich wünsche mir die Offenheit von Menschen, die in denjenigen Bereichen arbeiten, die nicht spontan mit den Themen wie Gesundheit, Krankheit oder Alter in direkten Zusammenhang gebracht werden. Ich spreche hier eben von den von uns bezeichneten „Partnern des Alltags“. Jeder einzelne macht mit seiner Einstellung und seinem Handeln den entscheidenden Unterschied, wie wir miteinander umgehen. Dies gilt selbstverständlich nicht nur für Menschen mit Demenz, sondern ist in vielerlei Hinsicht übertragbar auf verschiedene Bereiche in unserem Alltag und Leben.“