Tabu­the­ma Demenz

Demenz­in­itia­ti­ve für Stadt und Land­kreis Bamberg

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Demenzinitiative
Jedes Jahr am 21. September, dem Weltalzheimertag, ist die Demenzinitiative am Gabelmann präsent, Foto: Stefanie Hahn/Stadt Bamberg
Im Jahr 2012 grün­de­te die Stadt in Zusam­men­ar­beit mit der Alz­hei­mer Gesell­schaft Bam­berg e.V. die „Demenz­in­itia­ti­ve für Stadt und Land­kreis Bam­berg“. Damals waren Demenz­krank­hei­ten noch ein Tabu­the­ma. Doch hat sich das in den letz­ten Jah­ren geändert?

Ste­fa­nie Hahn ist Bam­bergs Senio­ren­be­auf­trag­te und war von Anfang Mit­glied der Demenz­in­itia­ti­ve. „Damals haben wir mit drei wun­der­ba­ren Kol­le­gin­nen das Kon­zept für die Demenz­in­itia­ti­ve erstellt“, sagt sie. „Wir alle waren hoch moti­viert, da man vor zehn Jah­ren noch deut­lich gespürt hat, wie sehr das The­ma Demenz auch mit Angst und Scham besetzt ist. Teil­wei­se kamen Ein­woh­ner aus Land­kreis­ge­mein­den zu mir in die Stadt zur Bera­tung, damit in der Gemein­de nie­mand mit­be­kommt, dass ein Fami­li­en­mit­glied betrof­fen ist. Wir waren der Mei­nung, dass das nicht so blei­ben darf und woll­ten uns des­halb dafür ein­set­zen, dass Men­schen, die von einer demen­zi­el­len Erkran­kung betrof­fen sind, kei­ne Aus­gren­zung erfah­ren. Sie blei­ben Bür­ge­rin­nen und Bür­ger unse­rer Gemein­den, mit Rech­ten und Teilhabewünschen.“

Die Zahl der Erkrank­ten wächst

Doch neben einem aus­ge­ar­bei­te­ten Kon­zept und einer fort­lau­fen­den För­de­rung müs­sen eben­falls essen­zi­el­le Aspek­te wie etwa die Ent­wick­lung der Bevöl­ke­rung und ihre Struk­tu­ren sowie die offi­zi­el­le Wahr­neh­mung beach­tet werden.

„Das The­ma Demenz ist in den ver­gan­ge­nen Jah­ren immer prä­sen­ter gewor­den“, sagt Ste­fa­nie Hahn. „Auch in Fil­men wird das The­ma heu­te behan­delt. Das hat die Sicht auf demen­zi­ell ver­än­der­te Men­schen mei­nes Erach­tens zusätz­lich ver­än­dert. Vor allem kommt nie­mand mehr an der Tat­sa­che vor­bei, dass nun ein­mal die Anzahl der Demenz-
erkrank­ten steigt, da wir alle immer älter wer­den und die Lebens­er­war­tun­gen ins­ge­samt wei­ter zuneh­men wer­den. Daher betei­li­gen wir uns bei­spiels­wei­se auch an der Fach­stel­le für Demenz und Pfle­ge Ober­fran­ken, weil wir ger­ne die Erfah­run­gen aus zehn Jah­ren Arbeit mit ande­ren Regio­nen teilen.“

Finan­ziert wird die Demenz­in­itia­ti­ve durch Stadt und Land­kreis und die Erich-und-Elsa-Oer­tel-Alten­hil­fe Stif­tung. „Durch deren Unter­stüt­zung war zum Bei­spiel die Erstel­lung und der Druck unse­res letz­ten Weg­wei­sers Demenz möglich.“

Der Umgang mit Demenz ist unter­des­sen varia­bel und dyna­misch. Wel­che Zie­le ver­folgt die Demenz­in­itia­ti­ve ent­spre­chend? „Am wich­tigs­ten ist für mich die Sen­si­bi­li­sie­rung der soge­nann­ten Part­ner des All­tags, für die wir ver­su­chen regel­mä­ßig Schu­lun­gen anzu­bie­ten – mitt­ler­wei­le auch mit der Unter­stüt­zung der Fach­stel­le für Demenz und Pfle­ge Ober­fran­ken. Wenn eine Ver­tre­te­rin oder ein Ver­tre­ter einer Bäcke­rei, einer Bank, eines Fri­seur­sa­lons oder einer Behör­de an einer Schu­lung teil­nimmt, wer­den die Per­so­nen zu Mul­ti­pli­ka­to­ren und geben das Erlern­te in ihren Betrie­ben oder Geschäf­ten wei­ter. Damit wird zum Bei­spiel ein Fri­seur­sa­lon ein geschul­ter Part­ner der Demenz­in­itia­ti­ve und macht durch einen in sei­nen Räum­lich­kei­ten ange­brach­ten Auf­kle­ber deut­lich, dass Men­schen mit Demenz dort will­kom­men sind. Der freund­li­che Ver­käu­fer, dem auf­fällt, dass die alte Dame, die schon lan­ge dort ein­kauft, plötz­lich sozu­sa­gen unsin­nig ein­zu­kau­fen scheint und dann adäquat reagie­ren kann, macht den Unter­schied. Der Bus­fah­rer, der den Herrn im Schlaf­an­zug nicht nur an der Bus­hal­te­stel­le aus­stei­gen lässt, son­dern adäquat reagiert, macht den Unterschied.“

Mög­lich­kei­ten, das Demenz-Risi­ko zu senken

Alz­hei­mer­er­kran­kun­gen zäh­len zu den bekann­tes­ten Demenz­er­kran­kun­gen. Jedoch gibt es zahl­rei­che wei­te­re Arten von Demenz­krank­hei­ten, die deut­lich weni­ger Auf­merk­sam­keit erfah­ren. Die Demenz­in­itia­ti­ve möch­te dem ent­ge­gen­wir­ken, zumal grund­sätz­lich alle an Demenz erkran­ken kön­nen. „Die Alz­hei­mer­er­kran­kung ist tat­säch­lich nach wie vor sehr prä­sent“, sagt Ste­fa­nie Hahn. „Ande­re, sel­te­ne­re Demenz­er­kran­kun­gen erfah­ren oft­mals deut­lich weni­ger Auf­merk­sam­keit, wie etwa die vas­ku­lä­re oder die fron­to­tem­po­ra­le Demenz, die sich jedoch in Sym­pto­ma­tik, Ursa­che, teils auch in The­ra­pie unter­schei­den. Die Demenz­in­itia­ti­ve tritt in ers­ter Linie für einen offe­nen Umgang mit der The­ma­tik ein. Gera­de des­halb, weil es jeden tref­fen kann, ist Ver­drän­gung kei­ne Lösung. Neben gene­ti­schen und wei­te­ren nach wie vor unbe­kann­ten und damit nicht ver­meid­ba­ren Ursa­chen fin­den sich auch etli­che ver­än­der­ba­re Risi­ko­fak­to­ren für eine Demenz. Bewe­gung, gesun­de Ernäh­rung, das Pfle­gen sozia­ler Kon­tak­te und das lebens­lan­ge Ler­nen kön­nen das Risi­ko nach­weis­lich senken.“

In Bay­ern leben mehr als 250.000 Per­so­nen mit Demenz. In ver­schie­de­nen Ein­rich­tun­gen wird mit Hin­blick auf die­se Arten von Erkran­kun­gen bereits viel geforscht.
„In den kom­men­den Jah­ren wird es sicher eine wei­te­re Fokus­sie­rung auf die­se Men­schen geben, mit spe­zi­ell auf ihre Bedürf­nis­se gestal­te­ten Ein­rich­tun­gen. Es wird an neu­en The­ra­pien geforscht – somit haben wir dahin­ge­hend bereits eini­ges getan und es wird noch viel pas­sie­ren. Wir dür­fen in die­ser gan­zen The­ma­tik jedoch nicht die pfle­gen­den Ange­hö­ri­gen ver­ges­sen. Die­se Men­schen leis­ten gera­de in der Pfle­ge von demen­zi­ell Erkrank­ten oft über vie­le Jah­re hin­weg kör­per­li­che und geis­ti­ge Schwerst­ar­beit. Sie zu unter­stüt­zen, muss, auch ange­sichts des Fach­kräf­te­man­gels, unser Ziel sein.“

Neben Ange­hö­ri­gen leis­ten auch vie­le Ehren­amt­li­che pfle­gen­de Unter­stüt­zung für Demenz­kran­ke. Auch deren Ein­satz gel­te es zu würdigen.

„Ich wün­sche mir die Offen­heit von Men­schen, die in den­je­ni­gen Berei­chen arbei­ten, die nicht spon­tan mit den The­men wie Gesund­heit, Krank­heit oder Alter in direk­ten Zusam­men­hang gebracht wer­den. Ich spre­che hier eben von den von uns bezeich­ne­ten „Part­nern des All­tags“. Jeder ein­zel­ne macht mit sei­ner Ein­stel­lung und sei­nem Han­deln den ent­schei­den­den Unter­schied, wie wir mit­ein­an­der umge­hen. Dies gilt selbst­ver­ständ­lich nicht nur für Men­schen mit Demenz, son­dern ist in vie­ler­lei Hin­sicht über­trag­bar auf ver­schie­de­ne Berei­che in unse­rem All­tag und Leben.“

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