Impf-Kam­pa­gne

Dr. Klaus Wei­ner, Lei­ter des Bam­ber­ger Impf­zen­trums, im Interview

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Dr. Klaus Weiner, ärztlicher Leiter des Bamberger Impfzentrums. Foto: privat
Es hat ein wenig gedau­ert, aber so lang­sam beschleu­nigt sich die natio­na­le Impf­kam­pa­gne zur Bekämp­fung des Coro­na-Virus. So auch in Ober­fran­ken. Wir haben mit Dr. Klaus Wei­ner, dem ärzt­li­chen Lei­ter des Bam­ber­ger Impf­zen­trums, über den Stand der Imp­fun­gen in Bam­berg, den gebeu­tel­ten Impf­stoff von Astra­Ze­ne­ca und die bun­des­wei­te Impf­kam­pa­gne gesprochen. 

Das Bam­ber­ger Land­rats­amt ver­zeich­net knapp 25.000 Erst­imp­fun­gen und knapp 15.000 Zweit­imp­fun­gen (Stand 6. April). Wie zufrie­den sind Sie mit die­sen Zah­len? Könn­te man schon mehr Men­schen geimpft haben oder ist man nah am mög­li­chen Maximum?

Klaus Wei­ner: Trotz der durch uns nicht zu beein­flus­sen­den Gege­ben­hei­ten, wie zeit­wei­se unsi­che­re Impf­stoff­ver­sor­gung, bis hin zu aus­ge­blie­be­nen Lie­fe­run­gen, ist es uns gelun­gen, einem Groß­teil der teils immo­bi­len Bewoh­ner in sämt­li­chen Pfle­ge­ein­rich­tun­gen in Stadt und Land­kreis sowie dem Pfle­ge­per­so­nal zeit­nah ein Impf­an­ge­bot zu machen. Eben­so konn­te die über­wie­gen­de Mehr­zahl der in der soge­nann­ten Prio­ri­sie­rungs­stu­fe 1 gelis­te­ten ande­ren Impf­wil­li­gen min­des­tens mit der ers­ten, teil­wei­se bereits mit der zwei­ten Impf­do­sis ver­se­hen wer­den. Dar­über hin­aus wird bereits die viel brei­te­re Stu­fe 2 abge­ar­bei­tet. Inso­fern sind wir mit dem Geleis­te­ten erst­mal nicht unzu­frie­den. Was wir zur Ver­fü­gung hat­ten, wur­de ver­impft. Natür­lich wäre unter etwas güns­ti­ge­ren Vor­aus­set­zun­gen ein höhe­res Tem­po mög­lich gewe­sen. Den Man­gel ver­wal­ten muss­ten wir – auch wenn die Poli­tik den “Tur­bo” einfordert.


Wor­an liegt das zu lang­sa­me Vorankommen?

Klaus Wei­ner: Wie schon benannt: Durch teils schlep­pen­de Impf­stoff­ver­sor­gung, aber auch durch zeit­rau­ben­den büro­kra­ti­schen Auf­wand. Zu beden­ken ist aber auch: Wir hat­ten eine Viel­zahl von sehr alten Men­schen mit all ihren Ein­schrän­kun­gen, wie erschwer­te Kom­mu­ni­ka­ti­on, Mobi­li­tät, mühe­vol­lem zeit­rau­ben­den Aus- und Anklei­den im Win­ter, zu versorgen.


Gibt es ein Ziel, wie vie­le Men­schen im Bam­ber­ger Impf­zen­trum geimpft wer­den sol­len? Wie groß ist sozu­sa­gen sein Einzugsgebiet?

Klaus Wei­ner: Unser Ein­zugs­ge­biet ist Stadt und Land­kreis Bam­berg mit etwa 200.000 Ein­woh­nern. Unser Ziel ist kein ande­res, als das von der Poli­tik Ver­spro­che­ne: Allen Impf­wil­li­gen ein rea­lis­tisch zeit­na­hes Impf­an­ge­bot zu machen.


Wie vie­le Leu­te haben Sie bereits per­sön­lich geimpft?

Klaus Wei­ner: Vie­le, sicher im vier­stel­li­gen Bereich.


Ande­re Impf­zen­tren muss­ten bereits vor­über­ge­hend geschlos­sen wer­den, weil kein Impf­stoff nach­ge­lie­fert wur­de. Ist auch das Bam­ber­ger Impf­zen­trum die­ser Gefahr ausgesetzt?

Klaus Wei­ner: Nein, zumal die Ver­sor­gungs­la­ge wohl zuneh­mend bes­ser wer­den dürf­te – laut Poli­tik ab Mit­te April.


Der Impf­stoff von Astra­Ze­ne­ca stand zuletzt mehr­fach in der Kri­tik auf­grund mög­li­cher gefähr­li­cher Neben­wir­kun­gen. Kön­nen Sie die Kri­tik nachvollziehen?

Klaus Wei­ner: Die Ver­un­si­che­rung und Ängs­te, her­vor­ge­ru­fen durch die Ent­wick­lung der ver­gan­ge­nen Wochen, kann ich sehr gut nach­voll­zie­hen und ver­ste­hen. Poten­ti­ell sehr schwer­wie­gen­de Fol­gen im Bereich des Gerin­nungs­sy­tems sind beschrie­ben. Es han­delt sich um eine immu­no­lo­gisch beding­te Akti­vie­rung der Blut­plätt­chen. Eine sel­te­ne gene­ti­sche Dis­po­si­ti­on scheint auch eine Rol­le zu spie­len. Die­se Throm­bo­se-Ent­ste­hung geschieht auf einem völ­lig ande­ren Weg als eine “nor­ma­le” Throm­bo­se-Ent­wick­lung. Das ist der Kennt­nis­stand vom 11. April 2021. Aber: Sie ist sehr sel­ten. Eine Ein­gren­zung auf bestimm­te Alters­grup­pen konn­te fest­ge­stellt wer­den. Es gibt eine gute Behand­lungs­mög­lich­keit bei früh­zei­ti­ger Dia­gno­se. Die Zulas­sungs­or­ga­ne auf euro­päi­scher Sei­te, die EMA, und auf deut­scher, das Paul-Ehr­lich-Insti­tut und die Stän­di­ge Impf­kom­mis­si­on, haben reagiert und eine Neu­be­wer­tung der Risi­ko­ab­wä­gung vor­ge­nom­men. Dies ist ein Beweis für das Grei­fen unse­rer hohen Sicher­heits­stan­dards. Die kom­mu­ni­ka­ti­ve Ver­mitt­lung aller bekann­ten Tat­sa­chen und Begrün­dung, der dar­aus fol­gen­den Kon­se­quen­zen sei­tens genann­ter Orga­ne, war jedoch nicht immer aus­rei­chend und ein­deu­tig. Sowohl Poli­tik als auch Pres­se haben hier gro­ße Verantwortung.


Wird Astra­Zenaca in Bam­berg verimpft?

Klaus Wei­ner: Ja, wir nut­zen alle ver­füg­ba­ren Impfstoffe.


Wie ste­hen die Impf­lin­ge dem Impf­stoff gegen­über? Gibt es Bedenken?

Klaus Wei­ner: Natür­lich gibt es die­se. Wir haben hier einen beson­ders gro­ßen Auf­klä­rungs- und Erklärungsbedarf.


Wel­che sind die Risi­ken bei BionTech, John­son & John­son und Moderna?

Klaus Wei­ner: Wie bei allen Impf­stof­fen sind sehr sel­ten auf­tre­ten­de All­er­gien zu berück­sich­ti­gen. Die Anwen­dung von John­son & John­son ist in USA aktu­ell, Stand 13.April, gestoppt. Es erfolgt der­zeit kei­ne Aus­lie­fe­rung nach Euro­pa. Der Grund sind ein­zeln auf­ge­tre­te­ne Sinus­ve­nen­throm­bo­sen, ähn­lich wie bei Astra­Ze­ne­ca. Die­se wer­den der­zeit unter­sucht und bewer­tet. Aber zuge­las­sen ist die­ser Impf­stoff in Deutsch­land ohne­hin noch nicht.


Klä­ren Sie vor der Imp­fung über Risi­ken auf?

Klaus Wei­ner: Selbst­ver­ständ­lich, ja.


Was pas­siert, wenn Impf­lin­ge einen bestimm­ten Impf­stoff nicht und dafür einen ande­ren wol­len? Sind Sie fle­xi­bel und ver­ab­rei­chen dann spon­tan einen ande­ren? Oder muss ein neu­er Impf­ter­min ange­setzt werden?

Klaus Wei­ner: Eine Wahl­mög­lich­keit nach Wunsch ist nicht vor­ge­se­hen. Besteht aber eine medi­zi­ni­sche Begrün­dung, einen ande­ren Impf­stoff als den vor­ge­se­he­nen zu ver­ab­rei­chen, wird zeit­gleich – vor­be­halt­lich der Ver­füg­bar­keit – umge­stellt. Ansons­ten ist eine Neu­ter­mi­nie­rung notwendig.


Wie kön­nen sich Men­schen, die womög­lich nicht über Inter­net­zu­gang ver­fü­gen, im Vor­feld informieren?

Klaus Wei­ner: Wer die Tages­pres­se auf­merk­sam ver­folgt, hat zumin­dest eine grund­le­gen­de Ahnung.


Kann man sich auch dar­über infor­mie­ren, wel­cher Impf­stoff der pas­sends­te bei wel­cher medi­zi­ni­schen Vor­ge­schich­te ist?

Klaus Wei­ner: Grund­sätz­lich ja, aber unkri­ti­sche Lai­en­be­wer­tung kann gro­ße Unsi­cher­heit und Fehl­ein­schät­zung hin­ter­las­sen. Ein Arzt­ge­spräch ist dar­um unverzichtbar!


Die Bun­des­re­gie­rung hat das Ver­spre­chen abge­ge­ben, allen Bürger*innen bis Sep­tem­ber ein Impf­an­ge­bot zu machen. In der Bevöl­ke­rung machen sich im Ange­sicht des lang­sa­men Impf­fort­schritts aber immer stär­ke­re Zwei­fel an der Ein­hal­tung die­ses Ver­spre­chens breit. Wie steht es um Ihre Zwei­fel oder Ihren Glau­ben an die­ses Versprechen?

Klaus Wei­ner: Ver­spre­chen zu bewer­ten, sehe ich nicht als mei­ne Auf­ga­be. Wir sind durch ver­bes­ser­te Abläu­fe schnel­ler gewor­den und könn­ten durch Erwei­te­rung der Impf­stra­ßen womög­lich noch an Geschwin­dig­keit zulegen.


Wie müss­te die Impf­stra­te­gie geän­dert wer­den, um sie zu beschleunigen?

Klaus Wei­ner: Ein Abbau büro­kra­ti­scher Erschwer­nis­se sowie all­zu strin­gen­ter Hand­ha­bung der Prio­ri­sie­rungs­vor­ga­ben wäre eine Möglichkeit.


Was hal­ten Sie von der jüngst begon­ne­nen Aus­wei­tung der Impf-Kam­pa­gne auf Arztpraxen?

Klaus Wei­ner: Ich fin­de sie abso­lut not­wen­dig! Anders kön­nen zum Bei­spiel immo­bi­le, häus­lich gepfleg­te, drin­gend Impf­be­dürf­ti­ge nicht in erfor­der­li­cher Anzahl ver­sorgt werden.

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