FAUN sind eine der weltweit führenden Bands für die Verschmelzung von alten Klängen mit moderner Musik. Ihrer umfangreichen Diskographie haben sie Ende April das Album „Pagan“ hinzugefügt, mit dem sie seit Mai auf Tour sind. Sänger und Multi-Instrumentalist Oliver Satyr gibt uns im Interview Einblicke in die Welt der 1999 gegründeten Gruppe.
Oliver, du bist heute das einzig verbliebene Gründungsmitglied von FAUN. Die aktuelle Besetzung präsentiert sich als Sextett. Haben die Besetzungswechsel bis 2020 die Band insgesamt eher gehemmt oder weitergebracht?
Oliver Satyr: Der Alltag mit FAUN ist zwar sehr spannend, aber auch sehr intensiv. Mit Studioarbeit und Konzertreisen bleibt sehr wenig Zeit für ein privates Leben. Wenn dann zum Beispiel im familiären Umfeld eine Änderung eintritt, dann ist eine Umbesetzung manches Mal unvermeidbar. Wir haben Umbesetzungen aber auch immer als Chance gesehen, um uns musikalisch zu verändern und weiterzuentwickeln. Es wäre ja auch langweilig, wenn jede Platte gleich klingt. Daher haben wir auch immer ein übergreifendes Konzept für jedes Album, das wir machen.
Stimmst du der stilistischen Einordnung von FAUN zwischen Mittelalter-Musik und Pagan-Folk zu? Was macht für dich die Faszination dieser Stile aus?
Oliver Satyr: Ich war noch nie ein großer Fan von Schubladen, da sie einen sehr einengen. Mit Paganfolk haben wir daher unser eigenes Genre gefunden, welches eher den Inhalt unserer Texte und Lieder beschreibt als den musikalischen Ausdruck.
Seit der Bandgründung 1999 haben Faun elf Studioalben veröffentlicht, ein beachtlicher Output. Welche der Alben würdest du als Meilensteine bezeichnen und wo ordnest du das aktuelle Album „Pagan“ ein?
Oliver Satyr: Sicher war das Album „Eden“ ein Meilenstein, weil hier vier Jahre Arbeit hineingeflossen sind. Wir hatten unendlich viel Arbeit und Energie hineingesteckt. Am Ende hat sich das finanziell gar nicht gerechnet, weil wir zu jener Zeit immer der musikalische Geheimtipp waren. Daher war eine Veränderung dringend nötig. Darauf folgte das Signing beim Major-Label und mit „Von den Elben“ das wahrscheinlich meistverkaufte Album von einer deutschen Mittelalterband, welches sogar Platinstatus erreichte. Wir waren hier sehr glücklich über den gewaltigen Erfolg und die vollen Konzerthallen, mussten aber auch darum kämpfen, unseren musikalischen Anspruch zu wahren bei so viel finanziellem Druck und externen Produzenten. Nun nach acht Jahren bei Universal ist „Pagan“ das erste Album, welches wir wieder auf eigene Faust veröffentlicht haben. Wir haben die musikalische Freiheit sehr genossen und meiner Meinung nach das beste Album der Bandgeschichte hingelegt. Somit hoffen wir, dass die musikalische Qualität hier die große Promo-Maschine des Major-Labels ersetzen wird.
„Pagan“ ist düsterer im Sound, setzt sich mit alt-heidnischen Themen auseinander und ist damit musikalisch alles andere als Mainstream, zum anderen habt ihr diese Veröffentlichung nun statt mit Hilfe eines Major-Labels mit einem neu gegründeten eigenen Label „Pagan Folk Records“ gestemmt. Ende April ist das Album auf Platz 3 der deutschen Album-Charts eingestiegen. Hat euch die Platzierung überrascht?
Oliver Satyr: Ich bin wirklich sehr stolz, weil Platz 3 der Album-Charts ohne ein Label im Rücken zu haben, wirklich ein kleines Wunder ist. Auch bin ich sehr froh, weil es ein wenig beweist, dass dies der richtige Weg ist und dass es uns gelungen ist, auch mit weniger kommerzieller Musik ein großes Publikum abzuholen. Dies war immer schon unser größter Wunsch und dieser Weg scheint nun für uns möglich zu sein.
Eure neuen Titel wie „Neun Welten“ oder „Tamlin“ haben auf YouTube sehr hohe Clickzahlen. Auf welcher Grundlage basieren die Texte, wie wurde die Musik dazu ausgewählt?
Oliver Satyr: „Neun Welten“ basiert auf einem Edda-Zitat, eine Sammlung altisländischer Mythen, und erzählt eine persönliche Geschichte von einer Katharsis, die aber in Bildern der nordischen Mythologie vorgetragen wird. „Tamlin“ hingegen ist eine alte schottische Feen-Ballade, welche wir ins Deutsche übertragen haben. Hier wird der Jüngling Tamlin von der Königin der Feen geraubt und letzten Endes durch die wahre Liebe seiner Geliebten wieder gerettet.
Wer hat das Album produziert und haben Gäste an den Aufnahmen teilgenommen?
Oliver Satyr: Nach elf Alben sind wir zum Glück ein sehr gut eingespieltes Team. Wir haben einen Produzenten bei München, Alex Schulz, dem es wie keinem anderen gelingt, aus unseren teilweise sehr komplexen und vielschichtigen Vorproduktionen die perfekten Mixe zu zaubern. Als Gäste hatten wir diesmal die Schweizer Folkmetal-Band Eluveitie mit dabei und die norwegische Sängerin Lindy-Fay Hell von Wardruna.
Im Juni präsentiert ihr „Pagan“ live bei einem Open Air im Stadtpark in Forchheim. Was können die Fans von diesem Auftritt erwarten und wird es auch ältere Hits zu hören geben?
Oliver Satyr: Wir werden hier ein paar Songs des neuen Albums vorstellen, wie auch die besten Songs unserer bisherigen Bandgeschichte auf die Bühne bringen. Zusammen mit einer zauberhaften Lichtshow wird dies bestimmt eine sehr magische Sommernacht, auf die wir uns bereits gewaltig freuen.
Mit Kaunan und Folk Noir bist du auch noch bei zwei weiteren Bands maßgeblich aktiv. Inwiefern unterscheiden sie sich gegenüber FAUN und brauchst du diese kreative Abwechslung?
Oliver Satyr: Mit Kaunan zum Beispiel wollte ich noch tiefer in den skandinavischen Folk eintauchen und diesen fundierter lernen. Allerdings erfüllt mich die aktuelle Arbeit mit FAUN gerade mit soviel Freude und Stolz, dass die Nebenprojekte momentan auf Eis gelegt wurden.