In seiner neuen Stadtecho-Kolumne wirbt Florian Herrnleben für unkonventionelle Lösungsansätze für einige Bamberger Probleme.
Für seine sieben Hügel ist Bamberg weltweit bekannt. Scharenweise Touristen lassen sich in den kommenden Monaten wieder durch die Frühlings- und die Sommersonne durch Bamberg jagen. Es geht dann eng zu in den Straßen und Gassen der Stadt. Erfreulicherweise hat es die Verwaltung zwischenzeitlich und bekanntermaßen dank erfolgreicher Deals mit ausreichend zuverlässigen Bauträgern – absichtlich oder unabsichtlich, darüber lässt sich vortrefflich streiten – geschafft, die Touristenströme nun auch in Richtung Erba-Halbinsel zu entzerren, wo – inzwischen weiß es dank „BR quer“ in Bayern wieder fast jeder – ein achter Hügel zu bestaunen ist. Noch zwei, drei Generationen und die Aushuberhebung steht mindestens unter Denkmalschutz oder zählt gar als 8. Bamberger Weltwunderhügelchen. Alle werden staunen, ein großer Erfolg!
„Aus der Not eine Tugend machen“: Wäre das nicht auch der Lösungsansatz für so viele Probleme und Absurditäten, die wir als liebende Bamberger in unserem geliebten Bamberg so schätzen, für die wir uns über die letzten Jahre – mal mehr, mal weniger – emporgetitelt haben in den Zeitungen der Republik als kleines Volk, dessen Oberschicht allen rechtsstaatlichen Rechtsauffassungen, dem datenschützendsten Datenschutz und dem härtesten aller Tarifrechte trotzt?
Nehmen wir die inzwischen unzählbaren Schlaglöcher auf städtischen Straßen, die uns die Bandscheiben beim sonntäglichen Fahrradausritt malträtieren. Wer hätte gedacht, dass die Idee eines SUV-Offroadparcours aus dem Wahlprogramm der Partei DIE PARTEI aus dem Jahr 2020 so konsequent weiterverfolgt wird? „Bamberg schleudert! Eintritt frei!“ sehe ich schon auf dem Banner stehen, das sich quer über die Königstraße spannt. Natürlich – wir sind 2024 – nur zugelassen für Lastenfahrräder. SUVs sind unerwünscht. Und gewonnen hat, wer einigermaßen heil ankommt und unterwegs keines der zugelosten Kinder mittels schlaglöchriger Sprungschanzen in hohem Bogen hinauskatapultiert hat.
Apropos Kinder. Wenn uns die Offroadevents langweilen, engagieren wir alle Kinder, die ab Herbst keinen Ganztagsbetreuungsplatz ergattern konnten, und lassen sie den Straßenbelag bearbeiten. Mit ihren kleinen Fingerchen können sie jede Ritze, jedes noch so kleine Schlagloch mit roter, blauer oder gelber Knetmasse auffüllen. Einmal getrocknet hält sie erfahrungsgemäß sowieso besser und ist fester als jede Teermischung. „Kinder weg von der Straße!“ war gestern. „Raus auf die Fahrbahn!“ ist das neue Credo, das uns deutschlandweit bekannt machen wird als die Stadt mit schönsten Straßen, die obendrein locker den anstehenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung erfüllt.
Auf anschließende Straßen- und Fahrbahnmarkierung können wir, ach was, sollten wir getrost verzichten. Wie viel Ärger gibt es wegen alter gelber Streifen hier und noch keiner neuer weißer Streifen dort. Wenn wir Kindern einfach nur Farbeimer in die Hand drücken und einen dicken Pinsel dazu, damit sie das tun können, was Kinder am liebsten tun, nämlich mit Farbe irgendwo herummalen, dann bringen sie die Nachmittage schon rum, an denen sie sonst nur – mangels Betreuungsangebot – unbetreut zuhause vor der Glotze sitzen würden. Und der Bamberg Service als neuer städtischer Ganztagsbetreuungsträger wacht höchstselbst darüber, dass kein Kind verloren geht.
Nur beim Krähenvolk am Grünen Markt wird es schwer mit einer aus der Not gemachten Tugend mit Blick auf die Grundschulkinder unserer Stadt. Sollen wir ihnen ernsthaft einen Eimer Wasser samt Schwamm in die Hand drücken gegen die nistende und verdauende Vogeleskalation von oberhalb?
Ach, kommt, lassen wir die Saatkrähen einfach machen. Vielleicht haben wir dann in ein paar Jahren den 9. Hügel in unserem weltweit bekannten Bamberg. „Aus der Notdurft eine Tugend!“ – So heißt das Sprichwort, oder?