Die Lichter bleiben aus in Florian Herrnlebens Kolumne der August-Ausgabe des Stadtechos.
Früher war alles besser! Das Seidla kostete weniger als eine Mark, höchstens ein paar Pfennig. Und man hatte noch Auswahl aus 381 verschiedenen Brauereien und Sorten, die aber alle – so die Sage – nach Schinken schmeckten.
Zur Zeit von Heinrich II. waren auch deutlich weniger Touristen in der Stadt, die auf Segways die Gehwege entlangschossen, damit sie möglichst schnell an den Sehenswürdigkeiten vorbei auch wieder aus der Stadt fortkamen. Nur vereinzelte Insider verirrten sich ins fränkische Rom, das sich zum Geheimtipp für Städtereisen entwickelte. Ich bin mir relativ sicher, dass man damals noch gar nicht so recht wusste, dass Mitorajs Centurione überhaupt betrachtenswert wäre. Und auch in den folgenden Jahrhunderten hätten sich die ehrwürdigen Fürstbischöfe einschließlich E.T.A. Hoffmann gewundert, wenn es hektisch am Tor der Altenburg gedonnert hätte, weil eine Heerschar von Sachsen gerne noch mal schnell dön Blügg uf Bommberch genüüßn däädn häddn wulln, bevor das Schiff im Hafen wieder ablegt. Ja, viele Jahrhunderte lang ging es beschaulich zu zwischen Dom und Gärtnerviertel.
Irgendwann, es muss im frühen 19. Jahrhundert gewesen sein, stellte man fest, dass Bamberg locker so hübsch ist wie Dortmund und Salzgitter zusammen und der damalige Oberbürgermeister beschloss, die schönsten und tollsten Wahrzeichen der Stadt beleuchten zu lassen. Das brachte mehrere Vorteile. Zum einen sollte es Menschen aus der Ferne in die Stadt locken wie der Stern von Bethlehem, damit diese die Schönheit ebenso genießen, gleichzeitig aber während der traditionsreichen Events den Einzelhandel nachhaltig stärken können. Zum anderen waren auch die Bamberger froh und dankbar, wie sich herausstellte. Dank der durch mehrere 1000 Watt starke Halogenstrahler illuminierten Wahrzeichen der Stadt fand man auch im Vollrausch noch den Weg nach Hause. Außer man verwechselte Michelsberg und Dom, denn dann konnte sich der Heimweg ziehen. Ein weiterer Vorteil der leuchtstarken Präsentation war, dass die Fluchtlichter – wie soll ich es ausdrücken – gerne und zahlreich Insekten zum Grillen einluden und man dafür im heimischen Garten nicht aufgefressen wurde von diesen elendigen Biestern.
Aber damit ist nun Schluss, die Lichter bleiben aus! Die jahrhundertealte Tradition nimmt ein jähes Ende, die Konsequenzen unabsehbar: Wenn künftig abertausende norddeutsche Fluss- und/oder Bustouristen wirr durch die Gassen der Domstadt strahlen und weder ihr Hotel noch – das wäre ja wirklich fatal – nach Hause finden. Dann bleiben die hier. Aber auch das endet im rechtsfreien Desaster, denn das Rathaus ist ja heute schon mit der Aufnahme von Neubambergern terminlich heillos überfordert. Gerüchten zufolge wurden Leute schon direkt ins Standesamt weitergeschickt, wenn sie das Ende der Wartezeit nicht zu erleben drohten.
Die gemutmaßten Begründungen, die Wehmuts- und Horrorszenarien, die die üblichen stadtbekannten Kleingeister in die sozialen Medien vomieren, weil sie nachts, wenn sie eh schlafen sollen, jetzt nimmer die Altenburg anstarren können, die den Untergang heraufbeschwören unserer kompletten Stadt mit der über tausendjährigen Geschichte, weil der Stadt allabendlich vorläufig mal kein Licht mehr aufgeht… Heilicher Heinrich! Früher war echt alles besser!