Stadt­echo-Kolum­ne

Flo­ri­an Herrn­le­ben über dunk­le Zeiten

2 Min. zu lesen
Dunkle Zeiten
Herrnleben bei Nacht vor dem Alten Rathaus, Foto: F. Herrnleben
Die Lich­ter blei­ben aus in Flo­ri­an Herrn­le­bens Kolum­ne der August-Aus­ga­be des Stadtechos.

Frü­her war alles bes­ser! Das Seid­la kos­te­te weni­ger als eine Mark, höchs­tens ein paar Pfen­nig. Und man hat­te noch Aus­wahl aus 381 ver­schie­de­nen Braue­rei­en und Sor­ten, die aber alle – so die Sage – nach Schin­ken schmeckten.

Zur Zeit von Hein­rich II. waren auch deut­lich weni­ger Tou­ris­ten in der Stadt, die auf Seg­ways die Geh­we­ge ent­lang­schos­sen, damit sie mög­lichst schnell an den Sehens­wür­dig­kei­ten vor­bei auch wie­der aus der Stadt fort­ka­men. Nur ver­ein­zel­te Insi­der ver­irr­ten sich ins frän­ki­sche Rom, das sich zum Geheim­tipp für Städ­te­rei­sen ent­wi­ckel­te. Ich bin mir rela­tiv sicher, dass man damals noch gar nicht so recht wuss­te, dass Mit­or­a­js Cen­tu­rio­ne über­haupt betrach­tens­wert wäre. Und auch in den fol­gen­den Jahr­hun­der­ten hät­ten sich die ehr­wür­di­gen Fürst­bi­schö­fe ein­schließ­lich E.T.A. Hoff­mann gewun­dert, wenn es hek­tisch am Tor der Alten­burg gedon­nert hät­te, weil eine Heer­schar von Sach­sen ger­ne noch mal schnell dön Blügg uf Bomm­berch genüüßn däädn häddn wulln, bevor das Schiff im Hafen wie­der ablegt. Ja, vie­le Jahr­hun­der­te lang ging es beschau­lich zu zwi­schen Dom und Gärtnerviertel.

Irgend­wann, es muss im frü­hen 19. Jahr­hun­dert gewe­sen sein, stell­te man fest, dass Bam­berg locker so hübsch ist wie Dort­mund und Salz­git­ter zusam­men und der dama­li­ge Ober­bür­ger­meis­ter beschloss, die schöns­ten und tolls­ten Wahr­zei­chen der Stadt beleuch­ten zu las­sen. Das brach­te meh­re­re Vor­tei­le. Zum einen soll­te es Men­schen aus der Fer­ne in die Stadt locken wie der Stern von Beth­le­hem, damit die­se die Schön­heit eben­so genie­ßen, gleich­zei­tig aber wäh­rend der tra­di­ti­ons­rei­chen Events den Ein­zel­han­del nach­hal­tig stär­ken kön­nen. Zum ande­ren waren auch die Bam­ber­ger froh und dank­bar, wie sich her­aus­stell­te. Dank der durch meh­re­re 1000 Watt star­ke Halo­gen­strah­ler illu­mi­nier­ten Wahr­zei­chen der Stadt fand man auch im Voll­rausch noch den Weg nach Hau­se. Außer man ver­wech­sel­te Michels­berg und Dom, denn dann konn­te sich der Heim­weg zie­hen. Ein wei­te­rer Vor­teil der leucht­star­ken Prä­sen­ta­ti­on war, dass die Flucht­lich­ter – wie soll ich es aus­drü­cken – ger­ne und zahl­reich Insek­ten zum Gril­len ein­lu­den und man dafür im hei­mi­schen Gar­ten nicht auf­ge­fres­sen wur­de von die­sen elen­di­gen Biestern.

Aber damit ist nun Schluss, die Lich­ter blei­ben aus! Die jahr­hun­der­te­al­te Tra­di­ti­on nimmt ein jähes Ende, die Kon­se­quen­zen unab­seh­bar: Wenn künf­tig aber­tau­sen­de nord­deut­sche Fluss- und/​oder Bus­tou­ris­ten wirr durch die Gas­sen der Dom­stadt strah­len und weder ihr Hotel noch – das wäre ja wirk­lich fatal – nach Hau­se fin­den. Dann blei­ben die hier. Aber auch das endet im rechts­frei­en Desas­ter, denn das Rat­haus ist ja heu­te schon mit der Auf­nah­me von Neu­bam­ber­gern ter­min­lich heil­los über­for­dert. Gerüch­ten zufol­ge wur­den Leu­te schon direkt ins Stan­des­amt wei­ter­ge­schickt, wenn sie das Ende der War­te­zeit nicht zu erle­ben drohten.

Die gemut­maß­ten Begrün­dun­gen, die Weh­muts- und Hor­ror­sze­na­ri­en, die die übli­chen stadt­be­kann­ten Klein­geis­ter in die sozia­len Medi­en vomie­ren, weil sie nachts, wenn sie eh schla­fen sol­len, jetzt nim­mer die Alten­burg anstar­ren kön­nen, die den Unter­gang her­auf­be­schwö­ren unse­rer kom­plet­ten Stadt mit der über tau­send­jäh­ri­gen Geschich­te, weil der Stadt all­abend­lich vor­läu­fig mal kein Licht mehr auf­geht… Hei­li­cher Hein­rich! Frü­her war echt alles besser!

Ihr Flo­ri­an Herrnleben
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