Neue Street Art Gal­lery im Luitpoldhain

Graf­fi­ti-Künst­ler eta­blie­ren „Kun­ni Hall“

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Kunni Hall
Graffiti an der „Kunni Hall“ im Luitpoldhain
Wer ent­lang des Ade­naue­ru­fers am Kuni­gun­den­damm unter­wegs ist, kommt auf Höhe des Luit­pold­hains an der neu­en Street Art Gal­lery „Kun­ni Hall“ vor­bei. Wel­che Künst­ler sich hier prä­sen­tie­ren und was sie zei­gen, hat das Stadt­echo bei einem Orts­ter­min erkundet.

Street Art in leuch­tend bun­ten Far­ben prägt der­zeit eine rund 40 Meter lan­ge Mau­er, die „Kun­ni Hall“, im Luit­pold­hain ent­lang des Ade­naue­ru­fers am Kuni­gun­den­damm. Die pri­va­te Wand, deren regel­mä­ßi­ge künst­le­ri­sche Gestal­tung die Besit­ze­rin aus­schließ­lich für das Künst­ler­team „Vacu­um“ geneh­migt, bekam erst Mit­te April wie­der ein Fresh Up, also eine neue Gestal­tung. Die Mal­flä­che der Street Art Gal­lery zeigt nun kunst­vol­les Style Wri­ting, das sind Schrif­t­ele­men­te und dazu noch zusätz­lich sze­nisch gemal­te Bil­der wie zot­te­li­ge lila und rosa Ali­ens mit Buchstabenballons.

Seit Mit­te Mai ist dort auch die Figur „Gree­do“ aus der Star-Wars-Rei­he in gif­ti­gem Grün zu sehen, gemalt von Graf­fi­ti­künst­ler „Cane“. Wohl aus aktu­el­lem Anlass in einer eigen­wil­lig lus­ti­gen Sze­ne­rie mit einem Joint und lila­far­be­nen Can­na­bis-Blät­tern im Hin­ter­grund. Dazu das Schrift­lo­go des Künst­lers „Jone“ aus Nürn­berg mit tür­kis-weiß-gel­ber Fül­lung und grü­ner Schraffur.

„In unse­rem Pro­jekt Vacu­um Urban Art­forms gestal­ten wir die Wand im regel­mä­ßi­gen Tur­nus von zwei bis sechs Wochen immer wie­der neu“, sagt Mathes Kri­vy, einer von vier Künst­lern im Street Art Pro­jekt und Koor­di­na­tor der „Kun­ni Hall“. Kri­vy ist lang­jäh­ri­ger Tat­too-Künst­ler und betreibt ein eige­nes Stu­dio in der Stadt.

Die Idee für eine neue Street Art Gal­lery kam ihm in der Coro­na­zeit. „Ich habe nach einer Flä­che gesucht, auf der regio­na­le, über­re­gio­na­le und inter­na­tio­na­le Künst­ler ihre Street Art zei­gen kön­nen“, erzählt er. „Dabei bin ich auf die­se Wand hier am Kuni­gun­den­damm gesto­ßen, die eigent­lich die Rück­wand einer Gara­gen­zei­le ist, aber völ­lig her­un­ter­ge­kom­men und ein­ge­wach­sen war. Der Ort an sich war zudem äußert ver­ru­fen und zuge­müllt – das woll­te ich ändern.“

Kunni Hall
Von links: Nor­man Pfitz­ner und Mathes Krivy
Ver­wahr­los­ter Ort mit neu­em Anstrich

Nach­dem nach mona­te­lan­ger Suche die Eigen­tü­me­rin aus­fin­dig gemacht und die Rah­men­be­din­gun­gen geklärt waren, begann Kri­vy zusam­men mit dem Bam­ber­ger Street Art-Künst­ler und Figu­ren-Spray­er „Cane“ im Früh­jahr 2022, die Beton­wand in mühe­vol­ler Wochen­end­ar­beit zu reno­vie­ren und auf einen neu­en Anstrich vor­zu­be­rei­ten. „Das war gar nicht so ein­fach. Wir haben sehr viel Müll weg­ge­schafft, Defek­te repa­riert, die Wand abge­wa­schen, neu grun­diert und ich muss­te sogar einen Baum fäl­len“, sagt er und lacht. Um das gan­ze Aus­maß der Ver­wahr­lo­sung zu zei­gen, hat er zur Orts­be­ge­hung sein Tablet mit­ge­bracht, auf dem Fotos die Ent­rüm­pe­lungs- und Reno­vie­rungs­ar­bei­ten dokumentieren.

Die Inspi­ra­ti­on für sei­ne Arbeit hol­te sich Mathes Kri­vy ursprüng­lich in den zehn Jah­ren, in denen er in Ber­lin gelebt hat. Sein Inter­es­se für gra­fi­sche Street Art und kon­zep­tio­nel­le Designs spie­gelt sich in sei­nen Tat­toos wider und ist sein Mar­ken­zei­chen. Zur Fas­sa­den­ma­le­rei kam er zuletzt in Bam­berg unter ande­rem durch Mit­hil­fe bei der Gestal­tung und tech­ni­schen Aus­füh­rung einer Fas­sa­de für die Mäl­ze­rei Wey­er­mann in der Bren­ner­stra­ße, deren Design, Bild­kon­zept und Auf­trag von dem Leip­zi­ger Künst­ler Sebas­ti­an Magnus stammt. Auch die Auf­ma­chung und das gra­fi­sche Design der Fas­sa­de beim Amt für Kon­ver­si­on in der Wei­ßen­burg­stra­ße 12 geht auf Kri­vys kon­zep­tio­nel­le Arbei­ten zurück.

Street Art Künst­ler aus der Region

Cane gilt hin­ge­gen als Indi­vi­dua­list der Graf­fi­ti-Sze­ne. Sein Künst­ler­na­me steht für Street Art auf hohem Niveau und unver­wech­sel­ba­re Styl­es, die deutsch­land­weit Aner­ken­nung fin­den. Zu Cane, der sich von Anfang an gleich für das Vacu­um-Pro­jekt begeis­tern konn­te, kamen kur­ze Zeit spä­ter die Künst­ler Nor­man Pfitz­ner und Bas­ti­an Heind­richs hinzu.

Wäh­rend Nor­man, der aus Dres­den nach Bam­berg kam, sich vor­wie­gend auf Wand­ge­stal­tung, Illus­tra­tio­nen und Comic Art spe­zia­li­siert hat, setzt Bas­ti­an, der ursprüng­lich aus Ber­lin-Kreuz­berg stammt und seit zehn Jah­ren in Bam­berg lebt, auf Style Wri­ting. Bei­de geben zudem Work­shops für Kin­der und Jugend­li­che und zei­gen so, wie man Styl­es, also Schrift­lo­gos, ent­wirft und gesprüh­te Street Art ent­steht. Von ihnen bei­den stamm­te die Street Art im Space-Style mit zot­te­li­gen blau­en Ali­ens in kuge­li­gen Raum­schif­fen, aus einem Kin­der­buch, an dem Nor­man zur­zeit arbei­tet, und Bas­ti­ans gol­de­ner Schrift­lo­go „BASD“ in der Mit­te. Wäh­rend die­ses Bild Mit­te Mai nahe­zu über Nacht dem Bild von Gree­do wich, ist Norm­ans Dar­stel­lung der Ali­ens mit den Buch­sta­ben­bal­lons „ANPY“ geblie­ben und auch wei­ter­hin zu sehen.

Als Street Art-Künst­ler an der „Kun­ni Hall“ zu Gast waren im April auch „Manos“ aus Bay­reuth und „Tesar“ aus Wei­den mit ihrem Style Wri­ting sowie „Barns“ aus Bay­reuth mit bewusst sim­pel gehal­te­ner Typo­gra­phie im tra­di­tio­nel­len Stil der Street Art. Sie haben die ande­ren bun­ten Schrift­zü­ge, die aktu­ell auf der Wand zu sehen sind, gesprayt. Einen extra Bonus ver­lei­he der Wand zudem auch „Spar“ aus Bay­reuth, der sich mit sei­ner Kolo­ra­ti­on im male­risch frei­en Stil zur Meis­ter­lich­keit ent­wi­ckelt habe, fin­den Mathes Kri­vy und Nor­man Pfitz­ner, als sie sich die ein­zel­nen Styl­es noch­mal genau­er ansehen.

Dass auch Spa­zier­gän­gern und Rad­fah­rern die Kunst ins Auge fällt, davon geht das Team aus und hat eine ganz ein­fa­che Bot­schaft: „Die Leu­te, die an der „Kun­ni Hall“ vor­bei­kom­men, sol­len mit unse­rer Street Art ein­mal kurz aus ihrem all­täg­li­chen Trott her­aus­kom­men und in unse­re Bil­der­welt ein­tau­chen“, sagt Mathes Krivy.

Tat­säch­lich bemerkt auch eine älte­re Spa­zier­gän­ge­rin, die an der bun­ten Beton­wand ent­lang­läuft, gleich die pro­fes­sio­nel­le Street Art. „Das ist end­lich mal etwas ande­res als die Schmie­re­rei­en, die man so oft sieht“, sagt sie aner­ken­nend. In einem soge­nann­ten Spring-Jam und einem Win­ter-Jam sol­len, zusätz­lich zum regel­mä­ßi­gen Mal­tur­nus, künf­tig auf der Kon­zept­wand immer wie­der sowohl die Far­ben als auch die Moti­ve und Sze­nen geän­dert werden.

Bewer­ben für die „Kun­ni Hall“

Anders als bei der „Hall of Fame“ an der Euro­pa­brü­cke, auf der sich als lega­le Übungs­wand inter­es­sier­te Spray­er mit ihren Graf­fi­tis aus­pro­bie­ren kön­nen, kann auf der „Kun­ni Hall“ sein künst­le­ri­sches Talent nur zei­gen und Street Art erzäh­len, wer sich vor­her bewor­ben hat und aus­ge­wählt wur­de. „Bei uns kann man sich mit sei­nen Arbei­ten bewer­ben und an einem Aus­wahl­ver­fah­ren teil­neh­men“, erklärt Kri­vy. „Wir wol­len, dass in unse­rem Pro­jekt gewis­se und hohe Stan­dards hin­sicht­lich der Gestal­tung und der Qua­li­tät erfüllt wer­den, auch was den Ein­satz der Mate­ria­li­en betrifft.“ Spray­en kann dem­nach nur, wer eine gewis­se Can Con­trol vor­wei­sen, das heißt, wer mit der Spray­do­se umge­hen und pro­fes­sio­nell arbei­ten kann und sein Motiv kon­zep­tio­nell vor­stellt. Port­fo­li­os, Skiz­zen und Farb­ab­spra­chen gehö­ren eben­falls dazu, damit sich das Ergeb­nis har­mo­nisch in ein gro­ßes Gan­zes auf der Wand einfügt.

„Im Pro­jekt wol­len wir uns gegen­sei­tig unter­stüt­zen, gemein­sam Spaß haben und ein­an­der för­dern“, sagt Nor­man Pfitzner.„Die Gale­rie ver­ste­hen wir als Aus­hän­ge­schild unse­rer künst­le­ri­schen Arbeit, für die es auch Richt­li­ni­en gibt, an die wir uns hal­ten.“ Wäh­rend in grö­ße­ren Städ­ten bereits vie­ler­orts Robo­ter zum Ein­satz kom­men, die an Fas­sa­den ent­lang­fah­ren und nach einem vor­be­stimm­ten Pro­gramm Wän­de bedru­cken kön­nen, setzt das Bam­ber­ger Team auch in Zukunft auf ech­te Hand­werks­kunst. „Bei uns ist die Kunst von rea­len Leu­ten gemacht, die viel Erfah­rung aus ihrem gestal­te­ri­schen Beruf und vor allem Herz­blut für die Sache mit­brin­gen“, betont Gra­fi­ker Norman.

Vacu­um-Pro­jekt zur Vernetzung

„Das Pro­jekt Vacu­um Urban Art­forms soll mit der Street Art Gal­lery nicht nur Kunst im öffent­li­chen Raum ermög­li­chen und erleb­bar machen, indem ein Vaku­um gefüllt und Poten­zi­al erkannt wird, son­dern auch eine Platt­form für ein Künst­ler­kol­lek­tiv schaf­fen, auf der man sich ver­net­zen und aus­tau­schen kann“, sagt Mathes Kri­vy. Der frei zugäng­li­che Ort städ­ti­scher Natur im Luit­pold­hain bie­te zudem Mög­lich­kei­ten für Ver­an­stal­tun­gen und die „Kun­ni Hall“ sei nicht nur für regio­na­le, son­dern auch für natio­na­le und inter­na­tio­na­le Künst­ler interessant.

„Wir möch­ten aus­ge­fal­le­ne Sachen zei­gen und kei­nen Main­stream. Dabei bie­ten wir die Frei­heit und die Mög­lich­keit, gemein­sam Ideen zu ver­wirk­li­chen, künst­le­ri­sches Talent zu för­dern, sich zu ver­net­zen und die eige­ne Arbeit so auf ein neu­es Level zu heben“, so der Pro­jekt­ko­or­di­na­tor. „Und wenn wir mit der „Kun­ni Hall“ auch natio­na­len oder gar inter­na­tio­na­len Grö­ßen der Street Art-Sze­ne in Zukunft eine Flä­che für ihre künst­le­ri­schen Dar­stel­lun­gen bie­ten kön­nen, freut uns das umso mehr.“

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