Ober­fran­kens Mal­te­ser-Grup­pen­füh­rer nach Fluteinsatz

„Hät­te nie gedacht, dass mich in Deutsch­land jemand um Essen anfleht“

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Ein letzter Schnappschuss vor der Rückkehr: das oberfränkische Einsatzteam mit Mitgliedern aus Waischenfeld, Kulmbach und Bamberg
Fabi­an Pecht hat trotz sei­ner jun­gen Jah­re als Not­fall­sa­ni­tä­ter und Ein­satz­lei­ter im Bam­ber­ger Ret­tungs­dienst schon viel gese­hen: schwe­re Unfäl­le, lebens­be­droh­li­che Ver­let­zun­gen, gro­ße Kata­stro­phen­la­gen. Als Grup­pen­füh­rer war der 27-jäh­ri­ge Refe­rent für Not­fall­vor­sor­ge in der Mal­te­ser Diö­ze­san­ge­schäfts­stel­le Bam­berg im Juli gleich zwei­mal in Rhein­land-Pflanz im Hoch­was­ser­ein­satz. Was Pecht dort gese­hen hat, lässt ihn nur schwer los.

„Dra­ma­tisch wäre für die Lage dort noch unter­trie­ben. Das war wie im Krieg, gera­de im ers­ten Ein­satz. Ich hät­te nie gedacht, dass mich in einem Land wie Deutsch­land mal jemand so direkt und emo­tio­nal um Essen anfle­hen wür­de“, sagt Pecht immer noch fassungslos.


Der jun­ge Mal­te­ser war im Ahrtal ver­ant­wort­lich für die Schnell­ein­satz­grup­pen (SEG) Betreu­ung aus Bam­berg und Behand­lung aus Wai­schen­feld, die im Zuge eines soge­nann­ten ober­frän­ki­schen Kon­tin­gent­ein­sat­zes den vom Hoch­was­ser betrof­fe­nen und obdach­los gewor­de­nen Men­schen in den Kri­sen­ge­bie­ten gehol­fen haben. Mit dabei waren auch ehren­amt­li­che Hel­fe­rin­nen und Hel­fer aus Kulm­bach. „Im ers­ten Ein­satz waren wir in Bad Neu­en­ahr ein­ge­setzt und haben dort mit Kol­le­gen des BRK Forch­heim Essen und Geträn­ke an Hel­fer und Bevöl­ke­rung aus­ge­ge­ben. Im zwei­ten Ein­satz haben wir ein Medi­zi­ni­sches Ver­sor­gungs­zen­trum betrie­ben, wo Ein­satz­kräf­te und Flut­op­fer von Ärz­ten behan­delt wur­den“, berich­tet Pecht.


„Team­work und Kame­rad­schaft machen uns stark!“


Glück­lich ist der Not­fall­sa­ni­tä­ter dar­über, dass alle Ein­sät­ze unter dem Strich pro­blem­los und gut ver­lau­fen sind – und es kei­ne kri­ti­schen Momen­te für sei­ne Mann­schaft gab. Sicher­heit und Eigen­schutz sei­en bei sol­chen Lagen das Aller­wich­tigs­te. Des­halb ist er auch stolz auf sei­ne ehren­amt­li­chen Kräf­te: „Ich bin froh, dass ich auf so ein Team inner­halb mei­ner Diö­ze­se bau­en darf. Team­work und Kame­rad­schaft machen uns stark!“ Ganz oben auf der Lis­te steht aller­dings die Dank­bar­keit der betrof­fe­nen Bevöl­ke­rung. „Wir haben hier Mensch­lich­keit von ihrer größ­ten und bes­ten Sei­te erfah­ren“, sagt Pecht. Er ver­hehlt aber auch nicht, dass es lei­der eini­ge weni­ge gab, die die Hel­fe­rin­nen und Hel­fer belei­digt und ihnen Vor­wür­fe gemacht hätten.

Fabi­an Pecht in der blau­en Gruppenführerweste

Zer­stör­te Häu­ser, Lei­chen und Schwerst­ver­letz­te im Schlamm, kei­ner­lei Infra­struk­tur mehr, ver­nich­te­te Exis­ten­zen: Bekommt man solch schreck­li­che Bil­der als Ein­satz­kraft wie­der aus dem Kopf? „Reden, reden, reden – das ist das ein­zi­ge, was hilft“, ant­wor­tet Pecht. Sei­ne Freun­din, selbst gelern­te Ret­tungs­as­sis­ten­tin, hel­fe ihm bei der trau­ma­ti­schen Bewäl­ti­gung der Erleb­nis­se sehr. „Ob das auf Dau­er gut­geht, die­se Fra­ge kann ich im Moment nicht beant­wor­ten. Dafür sind die Ein­sät­ze noch zu prä­sent“, sagt der 27-Jäh­ri­ge aus Ebern in Unter­fran­ken. Dazu kamen auch die kör­per­li­chen Stra­pa­zen, allen vor­an der Man­gel an aus­rei­chen­dem Schlaf.

„Wir waren häu­fig vom frü­hen Mor­gen bis in den spä­ten Abend im Ein­satz. Da nutzt man jede Sekun­de, in der man schla­fen kann.“ An sei­ne Kame­ra­den appel­liert er, sich auf jeden Fall Hil­fe zu suchen, wenn sie mer­ken, dass sie Hil­fe brau­chen. „Das ist kei­ne Schan­de“, unter­streicht der Gruppenführer.

„Ich bereue kei­ne Sekun­de, ein Mal­te­ser zu sein!“


Zufrie­den ist Pecht, dass die Alar­mie­rungs­ket­te bei den Mal­te­sern gut funk­tio­niert hat. „Für den ers­ten Ein­satz kam die Benach­rich­ti­gung am frü­hen Mor­gen. Da muss­te natür­lich alles schnell gehen“, erin­nert sich Pecht. Wegen eines Vor­alarms sei­en die Hel­fer aber bereits fest geplant und die Fahr­zeu­ge bela­den gewe­sen. „Dann habe ich alle Hel­fer und Füh­rungs­kräf­te ange­ru­fen, mei­ne Sachen gepackt, mich noch kurz bei mei­ner Freun­din ver­ab­schie­det – und dann ging’s los.“ Ein gro­ßes Dan­ke­schön rich­tet der Ein­satz­lei­ter dabei an alle Arbeit­ge­ber der ehren­amt­li­chen Hel­fe­rin­nen und Hel­fer, aber auch an die eige­ne Mal­te­ser-Füh­rung. Die Unter­neh­men hät­ten ihre Mit­ar­bei­ten­den durch­weg ohne Pro­ble­me frei­ge­stellt, damit die­se in den Flut­ge­bie­ten hel­fen konnten.

Was bewegt Men­schen wie Fabi­an Pecht und sein Team, sich ehren­amt­lich für sol­che durch­aus nicht unge­fähr­li­chen Ein­sät­ze zu enga­gie­ren? „Die Lie­be, ande­ren Men­schen zu hel­fen – gera­de in sol­chen Situa­tio­nen“, ant­wor­tet der jun­ge Mann ganz spon­tan. Und hofft, dass sich wei­te­re Ehren­amt­li­che fin­den, die bei den Mal­te­sern mit­ar­bei­ten wol­len. Sein Ver­spre­chen: Mög­li­che Inter­es­sen­ten dür­fen sich auf eine tol­le Kame­rad­schaft, auf Gemein­schaft, Rück­halt, eine gute Aus­bil­dung und gefes­tig­te Struk­tu­ren freu­en. Als Fabi­an Pecht das sagt, liegt ein beson­de­rer Glanz in sei­nen Augen. Ver­mut­lich, weil er gleich mit einer gehö­ri­gen Por­ti­on Pathos hin­ter­her­schiebt: „Ich selbst bereue kei­ne Sekun­de, ein Mal­te­ser zu sein!“

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