Zweifelsohne gehört die schwedische Formation HammerFall aus Göteborg zu den international erfolgreichsten Bands im musikalischen Spannungsfeld zwischen Hardrock, Heavy Metal und Power Metal. Mit ihrem zwölften Studioalbum „Hammer of dawn“ im Gepäck, sind der 1970 geborene Sänger Joacim Cans und seine vier Bandkollegen seit Mai bereits zusammen mit Helloween auf Tour in Europa unterwegs. Am 10. September treten die beiden Bands in der Brose Arena auf. Wir haben mit Joacim Cans gesprochen.
Deine Karriere startete als Gitarrist und Sänger bereits 1986. Welche Künstler oder Bands haben dich geprägt?
Joacim Cans: Anfänglich habe ich nur Gitarre gespielt, dann zusätzlich gesungen. Später habe ich mich nur noch auf meine Stimme konzentriert. Eternity, Highlander, die später als Lost Horizon bekannt wurden, kann man vor HammerFall durchaus nennen. Inspiriert haben mich seit meiner Jugendzeit vor allem Geoff Tate von Queensrÿche, Rob Halford von Judas Priest und Kai Hansen von Helloween. Und ich darf Elvis Presley nicht vergessen.
Für das heutige Quintett HammerFall gibt es quasi zwei unterschiedliche Anfänge. Zum einen die Bandgründung durch Gitarrist Oscar Dronjak 1993, zum anderen dein Einstieg als Sänger 1996. Richtig?
Joacim Cans: Ja, das stimmt. Oscar ist heute das einzig verbliebene Gründungsmitglied von HammerFall. Er hat sich seine Leidenschaft für Heavy Metal über all die Jahre bewahrt. Ich half HammerFall 1996 bei einem Auftritt als Sänger aus und bin danach geblieben. Beides also markante Punkte der Bandhistorie.
Zwischen dem Debüt „Glory to the brave“ von 1997 und „Hammer of dawn“, 2022, haben HammerFall eine umfangreiche Diskografie präsentiert. Wie würdest du die Entwicklung der Band über diese Zeitspanne hinweg charakterisieren?
Joacim Cans: Wir sind auf allen künstlerischen Ebenen besser geworden und haben uns sowohl individuell, wie auch als Gruppe beständig weiterentwickelt. Da braucht man nur einmal die beiden genannten Alben zu vergleichen.
Seit 2009 haben alle eure Veröffentlichungen die Top Ten-Charts in Deutschland erreicht. Kann man da von einer speziellen Verbindung zu den Fans hierzulande sprechen?
Joacim Cans: Trotz vieler unterschiedlicher Musikrichtungen um uns herum haben wir an einem festgehalten: Wir spielen die Musik, die wir lieben. Und HammerFall steht als Trademark für Heavy Metal. Und das honoriert man in Deutschland auf eine ganz besondere Art und Weise.
Einige Shows mit Helloween liegen bereits hinter euch, im Herbst geht es ausgiebig nach Südamerika. Wie kam diese Etappe zustande?
Joacim Cans: Wir haben auf dieser Tour seit Mai bereits sieben Shows gemeinsam gespielt. HammerFall sind nach wie vor große Helloween-Fans und haben zu Kai Hansen, der uns bereits 1997 persönlich als Support für seine damalige Band Gamma Ray auswählte, ein ganz besonders freundschaftliches Verhältnis. Helloween genießen in Südamerika Kult-Satus, da wird aus der Europa-Tour dann eine Helloween-plus-Special-Guest-Tournee. Da freuen wir uns mächtig, denn die Fans in Südamerika sind ebenfalls voller Enthusiasmus in Sachen Heavy Metal.
Lass uns über das aktuelle Album „Hammer of dawn“ sprechen. Ist der Opener „Brotherhood“ richtungsweisend für die restlichen Stücke? Und was kannst du zu „Venerate me“ mit Gast King Diamond aus Dänemark sagen?
Joacim Cans: Ein Teil des Titels „Brotherhood“ ist tatsächlich der langen Freundschaft zwischen Oscar und mir und innerhalb der Band gewidmet. Der Rest dem engen Verhältnis zu den Fans, ohne die wir niemals so erfolgreich geworden wären. Der Titeltrack „Hammer of dawn“ ist eine Art HammerFall-Hymne geworden, Chöre, eingängige Riffs und ein brillantes Solo von unserem Gitarristen Pontus Norgren eingeschlossen. Da er auch der Tontechniker von King Diamond ist, konnten wir ihn problemlos für einen kurzen, aber wichtigen Gastauftritt gewinnen.
Hat euch die Unterstützung in Sachen Produktion durch Frederik Nordström (unter anderem In Flames, Powerwolf) und Jacob Hansen (unter anderem Volbeat) auf ein höheres Level gebracht?
Joacim Cans: Wir haben gute Möglichkeiten, selber zu produzieren, aber durch ihre Feinjustierung haben sie uns quasi als Art Coaches zu einem besseren Ergebnis gebracht. Insgesamt ist „Hammer of dawn“ ein überzeugendes Bekenntnis zu den Traditionen des Heavy Metal geworden.
Ist euch die visuelle Umsetzung von Titeln nach wie vor wichtig? Früher habt ihr viel Zeit und Geld in Videos investiert.
Joacim Cans: Heute gibt es bis auf die eigene Webseite und YouTube kaum noch Möglichkeiten, Videos zu präsentieren. Früher haben wir mehr investiert, um die Marke HammerFall zu etablieren. Aber wir wollen unser Level schon halten und interessieren uns für das Medium.
Du hast 2004 mit „Beyond the gates“ und 2013 mit „Nu kann mörkret falla“ auch zwei Solo-Alben veröffentlicht. Hast du zukünftig vor, dich noch einmal mit eigenen Stücken zu beschäftigen?
Joacim Cans: Nein, eigentlich nicht, da ich derzeit mit HammerFall mehr als ausgefüllt bin. Oscar und ich kümmern uns um viele Dinge rund um die Band und das ist wirklich sehr zeitintensiv.
Stimmt es, dass der private Joacim Cans gerne mal ein Glas Champagner trinkt?
Joacim Cans: Das stimmt, hat aber einen ganz einfachen Grund und hängt mit einem meiner Hobbies zusammen. Ich bin lange Zeit intensiv gelaufen, lange Strecken, 20 bis 30 Kilometer die Woche. Dies musste ich aufgrund einer Verletzung aber zuletzt reduzieren. Jetzt mache ich eine Ausbildung zum Sommelier. Da geht es inhaltlich vor allem um Wein und Champagner.