„Die Corona-Pandemie hat die Schwächen des Standortes Deutschland in aller Deutlichkeit aufgezeigt”, so Sonja Weigand, Präsidentin der IHK für Oberfranken Bayreuth, anlässlich des IHK-Unternehmensbarometers zur Bundestagswahl. Sie appelliert an die Politik, den Standort Deutschland wettbewerbsfähiger zu gestalten und die Verwaltung in ein zeitgemäßes, digitales Zeitalter zu führen.
530 IHK-Mitgliedsunternehmen waren aufgefordert, die Qualität des Standortes nach Schulnoten zu bewerten. „Eltern wären mit einem solchen Zeugnis ihrer Zöglinge wohl wenig glücklich”, macht Gabriele Hohenner deutlich, Hauptgeschäftsführerin der IHK für Oberfranken Bayreuth.
Bürokratie in Deutschland: “mangelhaft”
Besonders negativ fiel die Bewertung des Standortfaktors “Bürokratie” aus, einerseits durch die Vielzahl und Komplexität von Regeln, andererseits wegen der Dauer von Planungs- und Genehmigungsverfahren. „Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass es hier dringenden Handlungsbedarf gibt. Der Reformstau in der öffentlichen Verwaltung bremst die Wirtschaft immer stärker aus”, so Weigand. Über ein “mangelhaft” (Note 4,7) kam der Standort Deutschland bei der Bürokratie nicht hinaus. 88 Prozent der befragten oberfränkischen Unternehmen fordern deshalb, dass die nächste Bundesregierung die staatlichen Strukturen verschlankt, digitalisiert und beschleunigt. Weigand: „Viele Unternehmen sehen die aus ihrer Sicht zu träge und zu komplizierte Bürokratie als sehr kritisch.”
“Standort D” unter Druck
Eine weitere Lehre aus der Pandemie ist, dass der weltweite Handel widerstandsfähiger und der Produktionsstandort Deutschland wieder attraktiver werden müssen, was 57 Prozent der Unternehmen fordern.
Dies zeigt sich auch an der Beurteilung weiterer wichtiger Standortfaktoren. Auffallend negativ wurden dabei die Energiepreise (Note 4,7) und die Unternehmensbesteuerung (Note 4,1) bewertet, zwei entscheidende Faktoren für die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland.
Aber auch bei der Digitalisierung (3,9), beim Fachkräfteangebot (3,8), der Höhe der Arbeitskosten (3,6) und der Gründerfreundlichkeit (3,4) fiel die Beurteilung eher zurückhaltend aus. Recht positiv dagegen die Bewertungen von Verkehrsinfrastruktur (Note 2,8), Finanzierungsbedingungen sowie Forschung und Innovation (jeweils 2,7).
Lehren aus der Pandemie
Klar wird aber auch, dass Wirtschaft und Gesellschaft die Chancen und Potentiale der Digitalisierung noch viel stärker nutzen müssen (54 Prozent Zustimmung). Hier sehen sich auch die Unternehmerinnen und Unternehmer selbst in der Pflicht. Konsequenzen aus der Pandemie ziehen die oberfränkischen Unternehmen vor allem bei der Stärkung der digitalen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bei der Etablierung virtueller Besprechungen und Dienstreisen (jeweils 90 Prozent Zustimmung) sowie der Ausweitung des mobilen Arbeitens (83 Prozent). „Die oberfränkischen Unternehmen haben aus der Krise gelernt, ihre Lehren gezogen und die Weichen für die Zukunft gestellt”, so Hohenner.
Neue Bundesregierung muss Weichen stellen
„Nun ist der Staat in der Verantwortung und in der Pflicht, nachzuziehen. Auch wenn uns die Corona-Pandemie Schwächen aufgezeigt hat, eröffnet sie uns gleichwohl Chancen, diese in Stärken umzuwandeln und so gestärkt aus dieser Pandemie herauszugehen”, so Weigand. „Aus meiner Sicht ist das die Hauptaufgabe der kommenden Regierung und Voraussetzung, wenn wir in der Weltspitze bleiben wollen.”
Gemeinsam mit allen anderen bayerischen IHKs wurden konkrete Vorschläge ausgearbeitet, was die kommende Bundesregierung vorrangig angehen muss, um diese Ziele zu erreichen. Alle Informationen zu den Ergebnissen des Unternehmensbarometers und den IHK-Positionen zur Wahl sind zu finden unter http://ihkofr.de/positionen2021