State­ment des Lif­bi zum Weltflüchtlingstag

„Inte­gra­ti­on pas­siert nicht von allein“ – Wo ste­hen wir bei der Inte­gra­ti­on Geflüch­te­ter in Kita und Schule?

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Foto: Pixabay
Wie gelingt Inte­gra­ti­on, wenn Tau­sen­de geflüch­te­te Kin­der und Jugend­li­che auf ein Bil­dungs­sys­tem tref­fen, das auf deren Ankunft kaum vor­be­rei­tet ist? Anläss­lich des Welt­flücht­lings­tags der Ver­ein­ten Natio­nen am 20. Juni spra­chen die Bil­dungs­for­sche­rin­nen Dr. Jut­ta von Mau­rice und Dr. Gise­la Will vom Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe (LIf­Bi) über Erfol­ge, Defi­zi­te und Leh­ren aus fast 10 Jah­ren For­schung dazu – und erklär­ten, war­um sich die Erfah­run­gen aus ihren Erhe­bun­gen nicht ein­fach auf die Situa­ti­on der geflüch­te­ten Ukrai­ne­rin­nen und Ukrai­ner in Deutsch­land über­tra­gen lassen.

Die For­sche­rin­nen lei­ten am LIf­Bi seit 2016 Längs­schnitt­stu­di­en zur Bil­dungs­in­te­gra­ti­on Geflüch­te­ter in Deutsch­land. Die Daten von 7 der ins­ge­samt 9 Erhe­bun­gen ste­hen für wis­sen­schaft­li­che Aus­wer­tun­gen bereits zur Ver­fü­gung und bil­den eine ein­zig­ar­ti­ge Daten­ba­sis über die Situa­ti­on von geflüch­te­ten Kin­dern und Jugend­li­chen im deut­schen Bildungssystem.

„Die Kitas und Schu­len haben sich einer Rie­sen­her­aus­for­de­rung gestellt und heu­te wis­sen wir, dass sie Enor­mes geleis­tet haben“, sagt Dr. Gise­la Will. So besu­chen 80 Pro­zent der geflüch­te­ten Kin­der aus der Stich­pro­be der LIf­Bi-Stu­di­en nach rund zwei­ein­halb Jah­ren Auf­ent­halt in Deutsch­land eine Kin­der­ta­ges­ein­rich­tung – ein hoher Wert, der aber trotz­dem unter dem Durch­schnitt ande­rer Kin­der­grup­pen liegt. Der Zugang schei­te­re häu­fig schlicht dar­an, dass Eltern kei­nen Platz für ihr Kind fin­den. Auch in der Grund­schu­le sei das Bild gemischt: „Wir sehen, dass knapp 7 Pro­zent der Kin­der sepa­ra­te Klas­sen für Neu­zu­ge­wan­der­te besu­chen“, so Will. Eine geziel­te Sprach­för­de­rung im Vor­schul­al­ter sei hin­ge­gen nur bei rund 30 Pro­zent erfolgt – zu wenig, wie sie betont.

Dr. Jut­ta von Mau­rice ver­weist auf die andau­ern­den Defi­zi­te im Sprach­er­werb. Die geflüch­te­ten Kin­der holen bei den Deutsch­kennt­nis­sen zwi­schen den Test­zeit­punk­ten zwar auf, aber sie schlie­ßen zu den ein­hei­mi­schen Kin­dern nicht auf. „Die Sprach­för­de­rung ist defi­ni­tiv der Knack­punkt“, sagt sie und ergänzt: „Die päd­ago­gi­schen Fach­kräf­te in Kin­der­gär­ten und Schu­len müs­sen gezielt unter­stützt wer­den in den Auf­ga­ben, die wir ihnen als Gesell­schaft übertragen.“

Auf die Geflüch­te­ten aus der Ukrai­ne sind die Erkennt­nis­se aus den LIf­Bi-Stu­di­en jedoch nur bedingt über­trag­bar. Bei­spiels­wei­se waren die Bil­dungs­bio­gra­fien die­ser Grup­pe durch die Flucht weni­ger stark unter­bro­chen. Gleich­zei­tig sei das Bil­dungs­sys­tem in Deutsch­land bes­ser vor­be­rei­tet gewe­sen als es Mit­te der 2010er Jah­re der Fall war.

Die For­sche­rin­nen for­dern, Inte­gra­ti­on nicht dem Zufall zu über­las­sen. Von Mau­rice betont: „Die Gesell­schaft in Deutsch­land wird immer hete­ro­ge­ner und dies spie­gelt sich auch in den Klas­sen­zim­mern und Kin­der­ta­ges­ein­rich­tun­gen wider. Eine bes­se­re Aus­stat­tung der Bil­dungs­ein­rich­tun­gen mit gut qua­li­fi­zier­tem Per­so­nal wür­de nicht nur geflüch­te­ten, son­dern allen Kin­dern und Jugend­li­chen in unse­rem Land zugutekommen.“


Über das Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe (LIf­Bi)

Das Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe (LIf­Bi) in Bam­berg unter­sucht Bil­dungs­pro­zes­se von der Geburt bis ins hohe Erwach­se­nen­al­ter. Um die bil­dungs­wis­sen­schaft­li­che Längs­schnitt­for­schung in Deutsch­land zu för­dern, stellt das LIf­Bi eine grund­le­gen­de, über­re­gio­nal und inter­na­tio­nal bedeut­sa­me, for­schungs­ba­sier­te Infra­struk­tur für die empi­ri­sche Bil­dungs­for­schung zur Ver­fü­gung. Kern des Insti­tuts ist das Natio­na­le Bil­dungs­pa­nel (NEPS), das am LIf­Bi behei­ma­tet ist und die Exper­ti­se eines deutsch­land­wei­ten, inter­dis­zi­pli­nä­ren Exzel­lenz­netz­werks vereint.

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