Nachdem das Ergebnis steht, wandert der hüfthohe Apfelbaumsetzling auf den Sitzungstisch von Jonas Glüsenkamp. Der Grünen-Politiker bekommt die Pflanze vom sozial-demokratischen Fraktionssprecher Klaus Stieringer mit den Worten übergeben: „Damit daran rot-grüne Äpfel wachsen können.“
Kein Wunder: Über das vergangene Wochenende verhandelten Grünes Bamberg, CSU und SPD, um eine gemeinsame Kooperation für die kommenden sechs Jahre fest zu machen.
Während die Basis der Sozialdemokraten und die der Grünen den Daumen nach oben streckte, war das 200 Punkte starke Papier in der Partei der Christsozialen nicht mit Mehrheit gekrönt worden. Haushalt, Verkehr, Klimaschutz, Soziales und Digitalisierung sind nur ein paar der Oberpunkte. Brisanter als der Inhalt sind die Abmachungen zu den Personalien. Nach dem Ausstieg der CSU wirkten alle Beteiligten entsprechend angespannt, bevor sich die Tagesordnung der Sitzung zur Wahl des zweiten Bürgermeisters hinbewegte. Würde Jonas Glüsenkamp noch ausreichend Unterstützung bekommen? Gibt es eine spontane Gegenkandidatur aus dem konservativen Lager?
Die Erleichterung im Hegelsaal ist spürbar, als klar ist, dass der grüne OB-Kandidat im Rennen um das Amt des zweiten Bürgermeisters allein ist. Mit 33 Stimmen kann er auf eine solide Mehrheit bauen. Er wolle nicht nur eine „Mitmachstadt“ sondern auch einen „Mitmachstadtrat“ mit dem Ohr an den Menschen. CSU-Mann Christian Lange erklärt im Gespräch, dass auf eine Absage der Kenia-Koalition konsequenterweise keine Kandidatur auf einen Bürgermeisterposten folgen konnte. Das neue Duo an Bambergs Spitze ist derweil trotz Coronakrise optimistisch: „Wenn wir das Engagement aus der Zivilgesellschaft nutzen, dann hilft uns das auch aus der Krise“, findet der frischgebackene zweite Bürgermeister. Oberbürgermeister Andreas Starke sieht die Chance auf gute Impulse aus der deutlich verjüngten Stadtratszusammensetzung. Die Umsetzung des Kooperationspapiers soll bereits anlaufen. „Allerdings darf man die Überschrift des Haushaltsvorbehalts für alle Maßnahmen nicht vergessen“, betont Starke.
Einzig Glüsenkamps Zuständigkeiten bleiben noch offen, denn die Verhandlungen mit potenziellen politischen Partnern laufen noch weiter. Ob bis zur nächsten Sitzung Ende Mai eine Kooperation links der Mitte zustande kommt oder Grün-Rot mit wechselnden Mehrheiten arbeiten wird, muss sich zeigen.
- Julian Megerle
- Foto: Sebastian Quenzer