Ab 19. Mai im Kesselhaus

José­phi­ne Sagna: The fee­ling in your gut is right

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Joséphine Sagna
Joséphine Sagna, Foto: Sebastian Heemann
In sei­ner ers­ten Aus­stel­lung des Jah­res 2024 prä­sen­tiert der Kunst­ver­ein Bam­berg Wer­ke von José­phi­ne Sagna. Die stu­dier­te Künst­le­rin und Mode­de­si­gne­rin zeigt ab 19. Mai groß­for­ma­ti­ge, far­big-expres­si­ve Gemäl­de im Kes­sel­haus und Klei­dungs-ent­wür­fe. Ihre The­men sind unter ande­rem Ras­sis­mus- und Dis­kri­mi­nie­rungs-Erfah­run­gen einer schwar­zen Frau in einer mehr­heit­lich wei­ßen Gesell­schaft und in der Kul­tur­sze­ne oder die Fei­er der schwar­zen Frau mit all ihren Facet­ten. Wir haben José­phi­ne Sagna über die Aus­stel­lung interviewt.
Frau Sagna, was hat es mit dem Aus­stel­lungs-Titel „The fee­ling in your gut is right“ auf sich?

José­phi­ne Sagna: So gut wie alle mei­ne Arbei­ten tra­gen Titel, die sich auf The­men bezie­hen, die über all mei­nen Arbei­ten schwe­ben. Dabei geht es um Ste­reo­ty­pe, struk­tu­rel­len Ras­sis­mus oder Vor­ur­tei­le. Und bei „The fee­ling in your gut is right“ geht es dar­um, dass man als schwar­ze Frau Gefüh­len, die man in bestimm­ten zum Bei­spiel dis­kri­mi­nie­ren­den Situa­tio­nen hat, ver­trau­en soll­te, anstatt sich ein­re­den zu las­sen, dass man mit ihnen falsch liegt und man sich die Dis­kri­mi­nie­rung nur ein­bil­det. Erst als ich vor eini­gen Jah­ren begann, mich mit mei­nem Schwarz­sein näher aus­ein­an­der­zu­set­zen, begann ich zu ver­ste­hen, war­um ich mich unwohl fühl­te und wie ich die­se Gefüh­le in Wor­te bezie­hungs­wei­se Gemäl­de fas­sen kann.

Fast alle Ihre Gemäl­de zei­gen schwar­ze Frau­en in ver­schie­de­nen Kör­per­hal­tun­gen oder Bild­aus­schnit­ten. Gibt es dabei eine künst­le­ri­sche Absicht, die all die­sen Moti­ven zugrun­de liegt?

José­phi­ne Sagna: Ja, und auch das möch­te der Titel aus­sa­gen: Die­se Per­so­nen sind alle rich­tig, so wie sie sind. Ich möch­te ihre Facet­ten fei­ern. Wir haben viel­leicht alle gemein­sam, dass wir schwarz sind, aber letzt­end­lich geht es dar­um, dass wir alle auch unter­schied­lich sind. Wie alle ande­ren Men­schen auch. Bei schwar­zen Men­schen, oder beson­ders bei schwar­zen Frau­en, wird das aber häu­fig über­se­hen. Wir wer­den in einen Kli­schee-Topf gepackt, weil wir sind ja alle so oder so. Mir geht es aber dar­um, Viel­falt dar­zu­stel­len, auch im Hin­blick auf die vie­len bun­ten Far­ben, die ich verwende.

Wie ist es, sich als schwar­ze Künst­le­rin im wei­ßen Raum der Bil­den­den Kunst zu bewe­gen. Muss man sich erklä­ren, sei­nen Platz immer noch erkämp­fen oder lau­fen die Din­ge heu­te einfacher?

José­phi­ne Sagna: Ich weiß nicht, ob die Din­ge all­ge­mein ein­fa­cher lau­fen. Bei mir per­sön­lich lief es bis­her aber ziem­lich gut. Ich bekom­me Platz, mei­ne Arbei­ten aus­zu­stel­len und mei­ne Arbei­ten wer­den gekauft. Das ist schon mal ein ziem­li­ches Pri­vi­leg, das eine schwar­ze Frau frü­her kaum hät­te haben kön­nen. Ich habe mich aller­dings schon öfter gefragt, wenn ich mich in einem Raum bewe­ge, der so weiß und männ­lich ist: Wer­de ich zu Aus­stel­lungs­pro­jek­ten ein­ge­la­den, weil ich eine schwar­ze Frau bin oder weil mei­ne Kunst über­zeugt? Aber mitt­ler­wei­le habe ich mich damit abge­fun­den, mir zu sagen, dass es egal ist, war­um ich aus­stel­len darf. Ich habe mei­ne Daseins­be­rech­ti­gung und es war ganz lan­ge so, dass ich auf­grund mei­ner Haut­far­be und mei­nes Geschlechts die­se Mög­lich­keit nicht gehabt hät­te. Trotz­dem erle­be ich auch heu­te noch auf fast jeder Aus­stel­lungs­er­öff­nung irgend­wel­che komi­schen Vor­fäl­le, dass Leu­te trotz­dem ras­sis­ti­sche Din­ge sagen oder mir komi­sche Fra­gen stellen.

Was wäre ein Bei­spiel dafür?

José­phi­ne Sagna: Stich­wort Mikro­ag­gres­sio­nen. Als ich vor Kur­zem auf der „art Karls­ru­he“ aus­stell­te, wur­den immer wie­der Publi­kums-Grup­pen durch die Mes­se geführt. Als eine sol­che Grup­pe bei mei­nem Stand war, kam das Gespräch auf Mikro­ag­gres­sio­nen. Als Bei­spiel dafür nann­te ich die Fra­ge: Wo kommst du eigent­lich her, also, wo kommst du wirk­lich her? Und die Leu­te in der Grup­pe ver­such­ten dann zu erklä­ren, dass das doch nur eine Nach­fra­ge wäre, weil sie doch sehen wür­den, dass man als Schwar­ze ja nicht aus Karls­ru­he oder Deutsch­land kom­men kann. Die­se Din­ge sind meis­tens nicht böse gemeint, aber wenn man die Leu­te dann dar­auf hin­weist, füh­len sie sich ange­grif­fen und fan­gen an, sich zu recht­fer­ti­gen und machen Vor­wür­fe, dass das unfair sei. Und schon wird man aus der Opfer­rol­le in die Täter­rol­le gedrängt. So etwas pas­siert ständig.

Wie sehen die Rück­mel­dun­gen des nicht-wei­ßen Publi­kums auf Ihre Kunst aus?

José­phi­ne Sagna: Ich bekom­me eigent­lich nur posi­ti­ve Rück­mel­dun­gen. Die Leu­te, die mei­ne Kunst nicht mögen, sehen sie sich nicht an oder sagen mir ihre Mei­nun­gen nicht. Auch den­ke ich, dass sich das schwar­ze Publi­kum gese­hen fühlt und etwas Posi­ti­ves aus mei­nen Aus­stel­lun­gen mit­nimmt. Das wird mir schon gesagt.

Vie­le der Frau­en in Ihren Gemäl­den schei­nen aus den Bil­dern her­aus zu spre­chen, zu schrei­en oder zumin­dest zu schau­en, also der betrach­ten­den Instanz ent­ge­gen. In eini­gen der Bli­cke scheint zudem eine Distanz oder Unver­söhn­lich­keit mit­zu­schwin­gen. Unver­söhn­lich­keit im Sin­ne von: Schwar­ze Künstler:innen wer­den ein­ge­la­den in die wei­ßen Räu­me der Kul­tur­sze­ne, sie kön­nen dort aus­stel­len, die Sze­ne kann sich mit ihnen viel­leicht auch ein biss­chen schmü­cken, aber des­we­gen sind die Unge­rech­tig­kei­ten der Ver­gan­gen­heit noch nicht vergessen.

José­phi­ne Sagna: Ja, Unver­söhn­lich­keit ist auf jeden Fall dabei, aber nicht in Bezug auf die Aus­stel­lungs­räu­me, son­dern in Bezug auf die wei­ße Mehr­heits­ge­sell­schaft. Die­se will vie­le Din­ge immer noch nicht ein­se­hen oder uns Schwar­zen oft immer noch nicht glau­ben, wenn wir Dis­kri­mi­nie­rung anspre­chen. Auch wer­den uns teil­wei­se Din­ge abge­spro­chen. Man will uns zum Bei­spiel nicht wütend sein las­sen. Denn in die­ser Unver­söhn­lich­keit liegt auch etwas Wüten­des. Das ist etwas, das ich sehr wich­tig fin­de. Klar ist ein kon­struk­ti­ver Dis­kurs im Mit­ein­an­der nötig, aber gleich­zei­tig muss man auch das Recht haben, angry zu sein über all das, was war und immer noch ist.

Eines Ihrer Gemäl­de zeigt Yaa Asan­te­waa, ein Vor­bild für den afri­ka­ni­schen anti­ko­lo­nia­len Wider­stand Anfang des 20. Jahr­hun­derts. Ist Wider­stand auch ein The­ma Ihrer Gemälde?

José­phi­ne Sagna: Ja, Wider­stand ist wich­tig. Er kann die Form von Frei­heits­kämp­fen wie bei Asan­te­waa oder von Demons­tra­tio­nen haben. Er kann sub­til sein oder offen, wenn man sich ein­fach nichts mehr gefal­len lässt. Ich habe mich zum Bei­spiel, nach­dem Geor­ge Floyd ermor­det wor­den war, sehr stark von Bil­dern der Black Lives Mat­ter-Demons­tra­tio­nen inspi­rie­ren lassen.

Wie­so haben Sie für Ihre Gemäl­de einen expres­sio­nis­ti­schen Ansatz gewählt und nicht einen rea­lis­ti­schen, wie er in der Por­trät­ma­le­rei öfter vorkommt?

José­phi­ne Sagna: Ich habe eigent­lich kei­ne Lust rea­lis­tisch oder anders gesagt foto­rea­lis­tisch zu malen – das könn­te ich auch gar nicht. Mei­ne Art zu malen und mich aus­zu­drü­cken, ist eben die­se. Ich bin nie­mand, die sehr detail­liert oder klein-klein an Din­gen arbei­tet. Ich den­ke, ich bin auch ein­fach eine lau­te Per­son und mei­ne Arbei­ten ent­spre­chen inso­fern mei­nem Cha­rak­ter. Und die­sen Stil wer­de ich auch so schnell nicht ver­än­dern. Ich male unge­zwun­gen, so, wie die Din­ge aus mir raus­kom­men, und wie es mir Spaß macht.

Im Kes­sel­haus wer­den Sie auch Ihre Mode­wer­ke zei­gen. Was lässt sich damit aus­drü­cken, das mit Gemäl­den nicht geht?

José­phi­ne Sagna: Ich fin­de, mit der Male­rei stel­le ich Per­sön­lich­kei­ten dar, bei der Mode geht es um Inter­ak­ti­on. Da schaf­fe ich eher Cha­rak­te­re. Wenn ich mir vor­stel­le, dass eine Per­son die­se Jacke oder die­ses Kleid trägt, dann macht die­se Klei­dung etwas mit der Per­son. Man trägt die Kunst auf der Haut, wird Teil des Kunst­werks und ändert je nach Per­son dabei auch die Wir­kung des Stücks. Und abge­se­hen davon ist das Arbei­ten auf einer Lein­wand natür­lich ein fla­ches Arbei­ten, wäh­rend man bei der Mode das Drei­di­men­sio­na­le erforscht. Man kann in alle Rich­tun­gen gehen und muss auch in alle Rich­tun­gen denken.

Wie könn­te die Inter­ak­ti­on Ihrer Wer­ke mit den bru­ta­len, nack­ten Beton­wän­den des Kes­sel­hau­ses aussehen?

José­phi­ne Sagna: Ich ken­nen das Kes­sel­haus bis­her nur von Fotos, aber ich glau­be das wird span­nend. Ich mache mir da auch über­haupt kei­ne Sor­gen, weil ich es immer gut fin­de, wenn die Arbei­ten nicht ein­fach nur auf einer wei­ßen Wand hän­gen, son­dern der Hin­ter­grund abwechs­lungs­reich ist. Ich ver­su­che, auch dabei frei zu sein und Din­ge auszuprobieren.

Joséphine Sagna
Links: „Being it“, 2024, Acryl und Pas­tell­krei­de auf Lein­wand; Mit­te: „can you ima­gi­ne“, 2024, Acryl und Pas­tell­krei­de, auf Lein­wand, Fotos: José­phi­ne Sagna; rechts: Out­fits aus der Mode­kol­lek­ti­on „Being it“, Foto: Lau­rel Chokoago
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