Es liegen wohl keine allzu erfolgreichen Wochen hinter den Juristen der Stadt Bamberg. – Wenn auch sonst jeder polierte Pflasterstein als Erfolgsmeldung aus dem hochgerüsteten Presseamt feierlich in die Welt hinausgeschmettert wird, verliert man über manche, durchaus auch interessante Themen lieber kaum ein Wort.
Zum Beispiel, wie der Sachstand in der Akte „Hallstadt“ ist: Als es darum ging, die Klage gegen die Vorstadt zu thematisieren, titelten die hiesigen Lokalzeitungen (hihi, ja, die Mehrzahl ist Absicht) zufällig recht schnell großflächig und versprachen die Innenstadtrettung gegen diese Zwergensiedlung, dieses ranzige Dorf im Bamberger Norden, das die Domstadt seit Jahrzehnten bei Gewerbesteuer und Ansiedlung von Handel vorführt. Breitbeinig wie Prinzregent Luitpold am Schönleinsplatz und siegessicher wie die Brose Baskets vor zehn Jahren wollte der OB persönlich, seines Zeichens Volljurist, gegen das Shoppingcenter-Bauvorhaben einer stadtbekannten Familie vorgehen, die – obwohl sie Bamberg und dem Rathaus ja alles(!) zu verdanken hat – den wesentlichen Teil an Gewerbesteuer ein paar hundert Meter hinter der Stadtgrenze zu Bamberg abführen. Zwischenfrage: Skandalös oder schlicht nachvollziehbar, dass Bambergs Stadtmarketingchef als Oberlobbyist des Innenstadthandels lieber in Hallstadt wohnt? – Und weil das Kreativste, was in der aktuell tatsächlich auch für den Einzelhandel in der Innenstadt brenzligen Situation aus der Königsstraße kam, die Ideen „Wir gründen eine Facebookgruppe!“ und „Wir teilen Geschwurbel zum Thema Freiheit“ waren, wird der Stadtverwaltung als Rettungsversuch wohl nichts anderes übrig bleiben, als juristisch ohne Sinn und Verstand gegen den eigenen Mittelstand weiterzumetzeln. Ohne Sinn? Ja, ungefähr so, nur etwas juristischer hat es das Gericht in einer ersten Einschätzung ausgedrückt. Die eigene Innenstadt wird jedenfalls nicht attraktiver, wenn man dem Nachbarn an die Hauswand pinkelt.
So viel Engagement wie gegen Hallstadt wünscht man sich von der Stadtverwaltung, wenn es um das Bescheiden von Bauanträgen und Nutzungsänderungen vor der eigenen Haustür geht. Da musste der OB in den letzten Tagen sogar gerichtlich höflichst darauf hingewiesen werden, dass man Anträge nicht jahrelang und ewig von links nach rechts und wieder nach links schieben darf.
Es könnte, so mein Verdacht, einen indirekt proportionalen Zusammenhang geben zwischen Wohnortsnähe von Stadträten und der Geschwindigkeit bei der Bearbeitung von Bauanträgen. Aber! Psst! Nur ein Verdacht! Sicher ist: Auch dort geht es um eine Bamberger Unternehmerfamilie und inzwischen einige Millionen Euro Schaden.
Etwas neidisch dürften viele Bamberger Unternehmer auf den Amphibienmichel schauen, wenn er wieder mal in seiner Schwimmmuschel aus Coburg über den Berlinger Ring nach Bamberg fährt, um ohne Termin beim OB direkt ins Rathaus durchzuschippern, um nicht nur Gehör bei ihm zu finden, sondern vor allem um kurz zu sagen, was er will. Und was er macht. Und vor allem, was er nicht mehr macht. Es kann nämlich schnell vorbei sein mit seiner Begeisterung für Bamberg, wenn woanders vielleicht nicht nur eine Straße, sondern ein ganzer Stadtteil nach ihm benannt wird. Das ist nur eine der Risiken, mit denen man leben muss, wenn man große Namen mit viel Geld aber ohne Bambergverbundenheit hierher lockt.
Das Risiko, dass es schnell vorbei sein kann, war bekannt, weil Bamberg keine Herzensangelegenheit und Brose nur Mittel zum Zweck war. Fehlende Verbundenheit war der Preis für Glanz, Gloria und „Oleole und Schalalala!“ auf dem Maxplatz. Damit ist es bald vorbei, wenn der OB nicht einen zahlungskräftigen Gesellschafter und wohl auch Sponsor für die Zukunft findet. Am besten einen mit viel Herz und Sinn für die Stadt, bei dem die Juristen aus dem Rathaus noch keine verbrannte Erde hinterlassen haben. Ich trau mich zu behaupten, dass er so jemanden im Hallstadter Gewerbegebiet nicht findet.
Ihr Florian Herrnleben
- 30. Mai 2020
- Text und Foto: Florian Herrnleben