Mit einem literarischen Spaziergang erweckt Thomas Heilmann nächsten Mittwoch Pablo Novals Roman „Die Stadt der Vergessenen“ zum Leben. Wir haben den Buchhändler zum Interview getroffen.
Die geschmückten Fassaden Bambergs prädestinieren die Stadt auf den ersten Blick nicht unbedingt als Kulisse für Kriminalgeschichten. Zahlreiche Bamberg-Krimis zeichnen jedoch ein gegenteiliges Bild: Hinter diesen Fassaden scheinen Mord und Totschlag zu herrschen. So auch in Pablo Novals Mystery-Krimi „Die Stadt der Vergessenen“. Der Roman des Spaniers, der seit mehreren Jahren in Bamberg lebt, handelt von Max Dresslen, der in die Domstadt zieht, um sein Studium zu beenden. Der Vormieter seiner Wohnung in der Concordiastraße, Railey, kam unter ungeklärten Umständen ums Leben. Zusammen mit dessen Tochter Elisabeth versucht Max, die Hintergründe des Verbrechens aufzuklären.
An den Stationen eines literarischen Spaziergangs liest Thomas Heilmann Passagen des Romans an einigen seiner Schauplätze vor. Zwischen Concordiastraße, Dom, Unterer Brücke und Kranen eröffnet sich dem Publikum mehr und mehr, wie Max und Elisabeth den Geheimnissen um Raileys Tod auf die Spur kommen.
Herr Heilmann, warum haben Sie für den literarischen Spaziergang das Buch „Die Stadt der Vergessenen“ von Pablo L.T. Noval ausgewählt?
Thomas Heilmann: Wir, Pablo und ich, hatten geplant, eine Lesung mit „Die Stadt der Vergessenen“ zu veranstalten und haben einen Rahmen gesucht, in dem das unter Corona-Umständen klappt. In innenliegenden Räumen ist gerade wegen der Abstandregelungen zu wenig Platz, weswegen wir die Lesung nach draußen verlegt und sie gleich mit einem Spaziergang zu mehreren Stationen aus dem Buch verbunden haben.
Hat das Buch aktuelle Bezüge, die sich betonen lassen?
Thomas Heilmann: Ja. Der Protagonist lebt zurückgezogen und in gewisser Weise in Isolation. Das könnte man anwenden auf die Umstände des Lockdowns.
Was braucht ein Werk, um die Grundlage eines solchen Spaziergangs abgeben zu können?
Thomas Heilmann: In dem Fall bot es sich natürlich an, weil der Roman in Bamberg spielt und man die Schauplätze mit Lesungen verbinden kann. Generell, glaube ich, braucht ein Buch aber keine bestimmten Voraussetzungen, um so eine Lesung in die Wege zu leiten.
Schwingt die Absicht mit, der Literatur dadurch eine zusätzliche Tiefe oder Wertigkeit zu verleihen?
Thomas Heilmann: Ja, ich denke schon, dass sich so eine neue Tiefe erreichen lässt. Auch durch das Proklamierende des Lesens. Vor kurzem haben wir ja bereits einen literarischen Spaziergang mit „Ulysses“ von James Joyce veranstaltet. Danach kamen Gespräche über das Werk zustande, die sonst wahrscheinlich nicht geführt worden wären. Es gibt währenddessen einfach mehr zu sehen als bei einer Wasserglas-Lesung, bei der einer vorne sitzt und liest. Durch den Spaziergang entsteht eine Öffnung des Raums, die die Literatur für das Publikum mit der Umgebung verbindet, in der sich die Leute befinden.
Kommt dabei auch ein darstellerischer Aspekt hinzu? Werden Sie die Figuren im Roman ein wenig spielen?
Thomas Heilmann: Nein, das nicht, aber mit verschiedenen Stimmen werde ich teilweise sprechen, um an die Charaktere näher ranzugehen.
Was macht gutes Vorlesen aus?
Thomas Heilmann: Wenn man während der Vorbereitungen auf eine Lesung beginnt, den Text fast auswendig zu können, ist man tief in ihm drin und fängt an, die Schwingungen und die Atmosphäre, die in den Sätzen entstehen, zu spüren. Ich denke, ein guter Vorleser sollte so im Text drin sein, dass er durch Sprachrhythmus und Tonlage diese Schwingungen über den Text hinaus transportiert und versucht, sie dem Publikum bemerkbar zu machen.
„Die Stadt der Vergessenen“ ist eine Kriminalgeschichte. Ist Bamberg mit seinen pittoresken Fachwerken eine gute Kulisse für solche Erzählungen?
Thomas Heilmann: Ja, würde ich behaupten. Es ist ja nicht nur schön, sondern auf gewisse Weise schwingt auch immer so eine E.T.A.-Hoffmann-mäßige Düsternis mit. Gerade, wenn man nachts durch die alten Gassen läuft.
Pablo Noval wird beim literarischen Spaziergang dabei sein und einige Anekdoten beisteuern. Was erwartet das Publikum dabei?
Thomas Heilmann: Er hat mir noch nicht genau gesagt, was er da geplant hat. Aber ich denke, er wird auf Inspirationen und Entstehungsgeschichte des Romans eingehen.
Literarischer Spaziergang – „Die Stadt der Vergessenen“
Mittwoch, 29. Juli, 19 Uhr, Pfahlplätzchen
Um Anmeldung wird gebeten unter: