Auf­bruch­stim­mung

Mario­net­ten­thea­ter Bamberg

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Im Barockflügel von Schloss Geyerswörth hat das Bamberger Marionettentheater eine neue Unterkunft gefunden. Foto: Pressestelle Stadt Bamberg/Steffen Schützwohl
Auch im Bam­ber­ger Mario­net­ten­thea­ter war in den zurück­lie­gen­den ein­ein­halb Jah­ren ein gere­gel­ter Betrieb nicht mög­lich. Hin­zu kamen Que­re­len zwi­schen Ensem­ble und der Thea­ter­lei­tung und die Suche nach einer neu­en Spiel­stät­te. Seit eini­gen Wochen kann aber wie­der regel­mä­ßig gespielt wer­den, ins Team ist Har­mo­nie zurück­ge­kehrt und mit Schloss Gey­ers­wörth ist auch eine neue Unter­kunft gefun­den. Wir haben mit Maria Czepl, der 1. Vor­stän­din, und Schrift­füh­re­rin Judith Aumül­ler-Kirch­schla­ger über die­se ereig­nis­rei­chen Zei­ten im Mario­net­ten­thea­ter gesprochen.

Frau Czepl, Frau Aumül­ler-Kirch­schla­ger, wie waren die zurück­lie­gen­den ein­ein­halb Jah­re für das Bam­ber­ger Marionettentheater?

Judith Aumül­ler-Kirch­schla­ger: Das Mario­net­ten­thea­ter hat in mehr­fa­cher Hin­sicht im ver­gan­ge­nen Jahr eine schwe­re Zeit hin­ter sich gebracht. Pan­de­mie­be­dingt sahen wir uns, wie die Kul­tur­sze­ne ins­ge­samt, mit einem nie zuvor dage­we­se­nen Still­stand kon­fron­tiert. Dar­aus resul­tie­rend hat­ten wir mit dem Aus­fall sämt­li­cher Ver­an­stal­tun­gen, spä­ter mit in der Umset­zung auf­wen­di­ger Hygie­ne­kon­zep­te und – für alle Akteu­re beson­ders bit­ter – mit kom­plett feh­len­den Ein­nah­men zu kämp­fen. Inter­ne Unstim­mig­kei­ten im Ver­ein und im Ensem­ble haben die schwie­ri­ge Gesamt­si­tua­ti­on wei­ter verschärft.


Waren Sie immer posi­tiv, nach den Beschrän­kun­gen wei­ter­ma­chen zu kön­nen oder war die Zukunft des Thea­ters jemals ungewiss?

Maria Czepl: Es gab tat­säch­lich den Zeit­punkt, an dem wir uns die Fra­ge nach Auf­ge­ben oder Wei­ter­ma­chen stell­ten. Vom alten Ensem­ble war uns eine ein­zi­ge Spie­le­rin geblie­ben, The­re­se Frosch. Das Vor­stands­team bestand nur noch aus dem ers­ten und zwei­ten Vor­stand, aus Man­fred Kreidl und mir, der Schatz­meis­te­rin Chris­ti­ne Göhl und der Thea­ter­lei­tung Maria Sebald. Doch wir fass­ten noch im Dezem­ber 2020 neu­en Mut. Wir erhiel­ten inten­si­ve Unter­stüt­zung durch exter­nes Coa­ching von Judith Aumül­ler-Kirch­schla­ger und konn­ten in nur sechs Mona­ten auf Basis eines umfas­sen­den Pro­jekt­plans nicht nur ein neu­es Ensem­ble auf­bau­en, das sich nun suk­zes­si­ve alle Stü­cke aneig­net, son­dern auch zum Mai 2021 unter stren­gen Coro­na-Auf­la­gen die neue Spiel­zeit eröff­nen. Es gelang uns par­al­lel dazu, die Neu­in­sze­nie­rung von „Dorn-Rös­chen“ mit sämt­li­chen erfor­der­li­chen Kom­po­nen­ten wie Musik, Sprech­tex­te, Kulis­sen, Pup­pen­bau und Kos­tü­me zu stem­men und eine aus­ge­spro­chen erfolg­rei­che Pre­mie­re Anfang Juli zu rea­li­sie­ren. Unse­re gemein­sa­men Anstren­gun­gen wur­den am 21. Juli in der Jah­res­haupt­ver­samm­lung belohnt. Der ers­te und zwei­te Vor­stand sowie die Schatz­meis­te­rin wur­den erneut in ihrem Amt bestä­tigt. Drei wei­te­re Team­mit­glie­der, die uns hal­fen, den Neu­start des Mario­net­ten­thea­ters zu bewerk­stel­li­gen, wur­den als Schrift­füh­re­rin, Judith Aumül­ler-Kirch­schla­ger, und Bei­rä­te, Andre­as Rei­chert und Dr. Dr. Mat­thi­as Scher­baum, gewählt.


Unter eini­gen ehe­ma­li­gen Ensem­ble-Mit­glie­dern gab es Unmut, es war sogar von einer Meu­te­rei gegen Maria Sebald und ihre Arbeits­wei­se die Rede. Was war da los?

Maria Czepl: Zwi­schen Tei­len des Vor­stan­des, dem Ensem­ble und der Thea­ter­lei­tung kam es zu Unstim­mig­kei­ten im Hin­blick auf die inter­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on und Ver­zö­ge­run­gen bezüg­lich der Neu­in­sze­nie­rung des Stü­ckes „Dorn-Rös­chen“. Auf der Jah­res­haupt­ver­samm­lung konn­ten eini­ge die­ser Kri­tik­punk­te ange­spro­chen wer­den und am Ende kam es in per­sön­li­chen Gesprä­chen zu ver­söhn­li­chen Anklängen.


Der Vor­stand hat an Maria Sebald fest­ge­hal­ten. Womit hat sie Sie überzeugt?

Maria Czepl: Maria Sebald über­zeugt einer­seits als bil­den­de Künst­le­rin in Ver­bin­dung mit dem Stu­di­um der Lite­ra­tur­wis­sen­schaf­ten und durch ihre krea­ti­ven Fähig­kei­ten. Ihre Lie­be zum Detail und zur Per­fek­ti­on wie auch ihr Ideen­reich­tum, bei­spiels­wei­se in Bezug auf Aus­stat­tung, Musik­ein­satz oder Kulis­sen wir­ken sich letzt­lich immens auf die Qua­li­tät der Stü­cke aus. Frau Sebald ver­tritt das Thea­ter gegen­über der Stadt abso­lut pro­fes­sio­nell. Ein wei­te­rer rele­van­ter Aspekt ist, dass die Thea­ter­lei­tung das Mario­net­ten­thea­ter wirk­lich gut kennt und die Inten­ti­on des Grün­ders Loo­se auf eine Wei­se ver­in­ner­licht hat, die eine sanf­te Moder­ni­sie­rung auf der pro­fun­den Basis der Tra­di­ti­on zulässt.


Nun haben Sie ein neu­es Ensem­ble. Nach wel­chen Gesichts­punk­ten haben Sie die neu­en Mit­glie­der ausgewählt?

Judith Aumül­ler-Kirch­schla­ger: Lust auf Mario­net­ten­thea­ter, Begeis­te­rung, Spiel­freu­de, Fin­ger­fer­tig­keit, Fein­füh­lig­keit, Fle­xi­bi­li­tät, Spaß an der Arbeit im Team und Acht­sam­keit inner­halb des Teams.


Ist die Stim­mung mit dem neu­en Ensem­ble wie­der besser?

Judith Aumül­ler-Kirch­schla­ger: Die Stim­mung ist tat­säch­lich groß­ar­tig. Es ist die Stim­mung des Auf­bruchs. Jetzt Zukunft!


Spiel­plan und Optik der Insze­nie­run­gen sind klas­sisch-roman­tisch geprägt. Hal­ten Sie an die­ser Her­an­ge­hens­wei­se fest oder wird es in Zukunft auch moder­ne­re Stü­cke und aktu­el­le Bezü­ge geben?

Judith Aumül­ler-Kirch­schla­ger: Das Bam­ber­ger Mario­net­ten­thea­ter ist ein Barock­thea­ter, also aus sich selbst her­aus dem klas­sisch-roman­ti­schen zuge­eig­net. Den­noch stre­ben wir zeit­nah eine behut­sa­me Erneue­rung des Mario­net­ten­thea­ters an und wol­len uns künf­tig auch Stü­cken mit aktu­el­len Inhal­ten und Bezü­gen widmen.

Der neue Vor­stand des Mario­net­ten­thea­ters von links nach rechts: Andre­as Rei­chert (Bei­rat), Micha­el Behr (2.Kassenprüfer), Judith Aumül­ler-Kirch­schla­ger (Schrift­füh­re­rin), Man­fred Kreidl (2. Vor­stand), Maria Czepl (1. Vor­stand), Mat­thi­as Wen­zel (1. Kas­sen­prü­fer), Maria Sebald (Thea­ter­lei­tung), Chris­ti­ne Göhl (Schatz­meis­te­rin). Es fehlt: Dr. Dr. Mat­thi­as Scher­baum (Bei­rat). Foto: Andre­as Reuß

Nach wel­chen Gesichts­punk­ten haben Sie den Spiel­plan der aktu­el­len Spiel­zeit zusammengestellt?

Maria Czepl: Aktu­ell spie­len wir coro­na­ge­rech­te Stü­cke, also kür­ze­re Stü­cke, die ohne Pau­se aus­kom­men und mit den Hygie­ne­auf­la­gen gut ver­ein­bar sind. Wir bie­ten daher auch zeit­lich sehr fle­xi­bel Son­der­vor­stel­lun­gen nach Wunsch für klei­ne­re Grup­pen an. Über den Som­mer wird das Ensem­ble sein Reper­toire suk­zes­si­ve erwei­tern. Ab Mit­te Sep­tem­ber gehen wir dann mit erwei­ter­tem Spiel­plan in die Herbst- und Wintersaison.


Wel­che sind die High­lights des Spielplans?

Judith Aumül­ler-Kirch­schla­ger: Ein High­light stellt sicher­lich die Neu­in­sze­nie­rung des „Dorn-Rös­chen“ für den Herbst dar. Außer­dem wird die roman­ti­sche Oper „Die Zau­ber­flö­te“ den Spiel­plan berei­chern. Als Weih­nachts­mär­chen pla­nen wir den „Schwei­ne­hirt“.


Wer­den Sie in den Auf­füh­run­gen auf die Pan­de­mie eingehen?

Judith Aumül­ler-Kirch­schla­ger: In den Stü­cken selbst sicher nicht. Im Mario­net­ten­thea­ter ist ein kurz­zei­ti­ges Abtau­chen in eine ande­re Welt und Zeit mög­lich und das ver­söhnt viel­leicht auch man­ches Mal mit der aktu­ell doch auch zuwei­len unge­müt­li­chen Wirk­lich­keit. In den Ein­füh­run­gen, die jeder Auf­füh­rung vor­aus­geht, ist das The­ma sicher­lich auch in der kom­men­den Spiel­zeit nach wie vor präsent.


Wie sah in der Coro­na-Zeit die Zusam­men­ar­beit mit der Stadt aus?

Maria Czepl: Die Stadt Bam­berg hat uns grund­sätz­lich sehr gut unter­stützt. Das Kul­tur­amt stand uns immer bera­tend zur Sei­te, vor allem in Sachen För­der­gel­der. Wir fühl­ten uns nicht allein gelassen.


In etwa zwei Jah­ren geht die Resi­denz des Mario­net­ten­thea­ters im Staub­schen Haus zu Ende. Nun hat der Kul­tur­se­nat der Stadt beschlos­sen, Ihnen als neue Heim­stät­te Räum­lich­kei­ten in Schloss Gey­ers­wörth zur Ver­fü­gung zu stel­len. Wie kam die­se Ent­wick­lung zustande?

Maria Czepl: Der Barock­flü­gel in Schloß Gey­ers­wörth stand vor eini­ger Zeit schon ein­mal zur Dis­kus­si­on als neue Hei­mat für das Mario­net­ten­thea­ter. Die­se Mög­lich­keit wur­de damals ver­wor­fen, weil das Raum­an­ge­bot nicht für das Mario­net­ten­thea­ter aus­reich­te. Nun sind dort aber wei­te­re, ehe­mals von der Stadt als Büro­räu­me genutz­te Räum­lich­kei­ten frei­ge­wor­den, was dem Thea­ter zusätz­li­che Ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten eröffnet.


Was macht Gey­ers­wörth für das Mario­net­ten­thea­ter beson­ders attraktiv?

Judith Aumül­ler-Kirch­schla­ger: Zual­ler­erst die zen­tra­le Lage mit­ten im Welt­kul­tur­er­be. Hohe Lauf-Fre­quenz von Bam­ber­gern, Men­schen aus dem Bam­ber­ger Umland, Tages­gäs­ten und Urlau­bern. Gleich dane­ben gibt es eine Tief­ga­ra­ge und der Tou­ris­mus & Kon­gress Ser­vice sowie zahl­rei­che Gas­tro­no­mie­an­ge­bo­te befin­den sich in aller­nächs­ter Nähe. Bes­ser geht es kaum.


Die aktu­el­le Spiel­zeit läuft seit 26. Juni. Wie sieht das Publi­kums­in­ter­es­se aus, wie die Reaktionen?

Maria Czepl: Wir sind gut gebucht. Die Neu­in­sze­nie­rung „Dorn-Rös­chen“ brach­te uns zur Pre­mie­re hohe Auf­merk­sam­keit und kommt beim Publi­kum sehr gut an. Das Mär­chen „Hän­sel und Gre­tel“ erfreut sich nach wie vor gro­ßer Beliebt­heit. Da wir durch das pan­de­mie­be­ding­te Hygie­ne­kon­zept von den Plät­zen her schon ein­ge­schränkt sind, pla­nen wir für den Herbst die Ein­bin­dung unse­res „Salons“, den wir mit­tels Strea­ming als zusätz­li­chen Thea­ter­raum gewin­nen wollen.

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