Im Quartier an den Stadtmauern liegt ein bisschen versteckt zwischen Supermarkt, Wohnhäusern und Passage das 2020 eröffnete Dokumentationszentrum Mikwe der Museen der Stadt Bamberg. Dort befinden sich auf etwa 30 Quadratmetern Teile der historischen Stadtmauer aus dem 13., ein barockes Wohnhaus aus dem 18. und vor allem Reste eines jüdischen Ritualbades aus dem 15. Jahrhundert, die Mikwe.
Dr. Regina Hanemann ist Direktorin der Museen der Stadt Bamberg. Mit ihr haben wir über die Mikwe gesprochen.
Frau Hanemann, was ist das Besondere an der historischen Stätte der Mikwe?
Regina Hanemann: Das Besondere an der Mikwe ist, dass es einer der wenigen authentischen Orte in Bamberg ist, an denen man das jüdische Quartier rund um die Keßlerstraße festmachen kann. In Bamberg gab es mehrere jüdische Wohnbereiche. Zum Beispiel in der Judenstraße und in den Theatergassen. Von diesen Bereichen wissen wir aber nur aus alten Akten und Unterlagen, denn Bausubstanz haben wir, im Gegensatz zur Mikwe, dort nicht.
Welche Bedeutung oder Stellenwert hat die Mikwe in der jüdischen Kultur?
Regina Hanemann: Die Mikwe ist ein Tauchbad. Sie muss an ein „lebendiges“ das heißt Grundwasser fließendes Wasser oder Quellwasser, also ein natürliches Gewässer angeschlossen sein. In ihr werden rituelle Bäder unternommen, die sozusagen Geist und Seele reinigen. Bevor man in die Mikwe geht, muss man sich waschen, damit man sauber eintaucht. Und es geht immer so eine Art Zeuge mit, um zu schauen, dass nicht noch irgendein Körperteil aus dem Wasser schaut. Man muss ganz untertauchen. Und: Sie ist kein Badehaus, das möchte ich betonen. Man darf sich das auch nicht romantisch und warm vorstellen, wie vielleicht in altrömischen Bädern.
Die Mikwe stammt aus dem 15. Jahrhundert. 2003 wurde sie bei Bauarbeiten wiederentdeckt. Warum war sie so lange verschüttet?
Regina Hanemann: Die Häuser, die im Lauf der Jahrhunderte darüber gebaut wurden, haben sie verdeckt, vor allem dasjenige, das aus barocken Zeiten stammt. Dieses Wohnhaus hatte einen anderen Grundriss als das Haus, das die Mikwe beherbergte. Außerdem wurde das Bad nicht mehr benutzt. So geriet die Mikwe in Vergessenheit. Als das Quartier an den Stadtmauern gebaut wurde, wurde die Mikwe wiederentdeckt.
Was bietet das Dokumentationszentrum Mikwe dem Publikum?
Regina Hanemann: Das Dokumentationszentrum ist ein authentischer Ort, der spürbar machen soll, was dort war. Vermittelt wird das den Besuchern durch einen Blick auf die freigelegte Mikwestelle und Überreste von Treppenstufen, die zu ihr führen, inklusive anderer Grabungsfunde. Dann gibt es noch eine Multimedia-Schau, die veranschaulicht, wie das jüdische Leben in Bamberg aussah und wozu eine Mikwe diente. Und wenn man aus dem Dokumentationszentrum wieder rausgeht, blickt man glaube ich mit ein bisschen anderen Augen auf Bamberg. Und wenn man dann noch der Abteilung „Jüdisches Bamberg“ bei uns im Historischen Museum einen Besuch abstattet, wird das Bild noch etwas runder.
Jüdische Einrichtungen sind immer wieder Opfer antisemitischer Angriffe und Zerstörungen. Kam es auch beim Dokumentationszentrum schon zu solchen Vorfällen?
Regina Hanemann: Bisher hatten wir in Bamberg und auch bei der Mikwe zum Glück noch keine solchen Vorfälle. Ich kann nur sagen “toi, toi, toi”. Ich muss aber auch dazu sagen, dass wir zum Schutze der Mikwe auch nicht allzu viel Werbung für sie gemacht haben. Es gibt zwar kleine Wegweiser, aber allzu auffällig sind sie nicht. Man muss sie schon suchen.
Aber haben Sie das Gefühl, dass das Dokumentationszentrum in der Stadt bekannt ist?
Regina Hanemann: Ich denke, bei den Menschen, die sich für jüdische Geschichte interessieren, sind wir bekannt. Bei Museen ist es ja immer so, dass sich nur etwa zehn Prozent der Bevölkerung für sie interessieren. Das ist bei der Mikwe auch nicht anders.
Quartier an den Stadtmauern: Dokumentationszentrum Mikwe
An den Stadtmauern 5–7
Öffnungszeiten: Jeden Sonntag 14 bis 17 Uhr
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