Ver­eins-Reit­schu­le für Kin­der und Inklu­si­on zieht um

Neu­es Zuhau­se für Ver­ein Pfer­de­part­ner Franken

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Pferdepartner Franken
Kinder der Reitschule beim Ausritt über Land, Foto: Pferdepartner Franken e. V.
Der Ver­ein Pfer­de­part­ner Fran­ken e. V. wird Mit­te des Jah­res von Bau­nach nach Neu­stadt an der Aisch umzie­hen. Nach 13 Jah­ren Arbeit als Kin­der­reit­schu­le und bay­ern­weit in die­ser Form auch ein­zig­ar­ti­ge Reit­schu­le für Inklu­si­on ver­lässt der Ver­ein die Region.

„Die Pfer­de­hal­tung auf dem Ver­eins­grund­stück muss ein­ge­stellt wer­den“, bedau­ert Michae­la Hohl­stein, Lei­te­rin der Aus­bil­dungs­stät­te des Ver­eins und des Stalls von Pfer­de­part­ner Fran­ken e. V.. Aus der Bebau­ung des geplan­ten Aus­weich­grund­stücks sei lei­der auch nichts geworden.

Statt­des­sen steht gegen Mit­te des Jah­res ein Umzug der Ver­eins­reit­schu­le weg aus dem hei­mi­schen Bau­nach nach Neu­stadt an der Aisch an. „Nach lan­gem hin und her müs­sen wir zwar aus dem Land­kreis Bam­berg weg­zie­hen, dafür bie­ten sich dem Ver­ein aber tol­le neue Chan­cen in Neu­stadt“, sagt Hohl­stein und freut sich, „denn dort gibt es bereits einen Ver­ein ohne Reit­schu­le und Lehr­pferd­her­de. Wir brin­gen bei­des mit und wol­len zusam­men neue Wege gehen.“

Vor knapp 15 Jah­ren kam die Reit­trai­ne­rin und Aus­bil­de­rin im Reit­sport, auch für Men­schen mit Behin­de­rung, nach Bau­nach. Was zunächst pri­vat begann, fand schnell gro­ßen Anklang. Vor allem bei Kin­dern war Pony­rei­ten beliebt. Schnell wur­de die Nach­fra­ge am Stall und die Moti­va­ti­on, rund um das Trai­ning und die Reit­sport­an­ge­bo­te mit­zu­ma­chen, immer grö­ßer, so dass die Unter­stüt­zer 2010 den Ver­ein Pfer­de­part­ner Fran­ken e. V. gründeten.

Eige­ne Lehr­pferd­her­de im Offenstall

Der Ver­ein ver­steht sich seit­her nicht nur als Aus­bil­dungs­stät­te mit jähr­li­chen Prü­fun­gen sowie als zer­ti­fi­zier­ter VFD Kids Stall (Ver­ei­ni­gung der Frei­zeit­rei­ter), son­dern auch als Reit­schul­be­trieb, bei dem man eine ganz­heit­li­che Basis­aus­bil­dung erwer­ben kann, bei der Boden­ar­beit, Dres­sur und Spring­gym­nas­tik eben­so dazu gehö­ren wie das Erler­nen von Geschick­lich­keit mit dem Pferd und Geländereiten.

Das Beson­de­re dabei: Die Reit­schu­le des Ver­eins hat eine eige­ne Lehr­pferd­her­de im Offen­stall. „Alle unse­re Pfer­de leben auf­grund ihres natür­li­chen Umfelds einen natür­li­chen Sozi­al­aspekt und sind vom Wesen her aus­ge­gli­chen“, meint Hohlstein.

Zwi­schen 15 und 20 Mit­glie­der küm­mern sich ehren­amt­lich im täg­li­chen Wech­sel nahe­zu rund um die Uhr um die Tie­re. Rund ums Pferd Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men, anfangs als Fort­ge­schrit­te­ner Schü­ler hin zur Assis­tenz und spä­ter etwa auch zur Anlei­tung einer eige­nen Grup­pe und Fol­ge­grup­pe, kann man in der Reit­schu­le des Ver­eins ler­nen. „Sich küm­mern, den Stall sau­ber­ma­chen und Fut­ter her­rich­ten ist neben dem Rei­ten natür­lich auch eine täg­li­che Auf­ga­be“, sagt Hohl­stein. „Es macht Spaß zu sehen, wie die Kin­der mit den Pfer­den umge­hen und dass sie ger­ne kommen.“

Wer­te­ver­mitt­lung wie Pünkt­lich­keit und Respekt und Wert­schät­zung der Tie­re wie auch ein Aus­tausch mit den ande­ren Reit­schü­lern sei­en dabei beson­ders wich­tig. „Wer etwas schon bes­ser kann, darf ande­re beglei­ten.“ Und wer mehr wis­sen oder ler­nen möch­te, kann zudem selbst Aus­bil­der­an­wär­ter wer­den. „Wir haben schon vie­le Schü­ler aus­ge­bil­det, die jah­re­lang dabei waren. Erst haben sie sich mit ihrer Lei­den­schaft für Pfer­de her­vor­ge­tan, sich dann lang­sam an die Auf­ga­ben her­an­ge­tas­tet und schließ­lich selbst die Betreu­ung im Reit­un­ter­richt über­nom­men, sprich auch selbst aus­ge­bil­det und kor­ri­giert. Dazu braucht es aber viel Erfah­rung und auch einen ent­spre­chen­den Wer­de­gang, den wir ver­mit­teln können.“

Grund­aus­bil­dung als Ziel

Ins­ge­samt 15 Lehr­pfer­de unter­schied­li­cher Pfer­de­ras­sen hat die Reit­schu­le der­zeit in ihrer Her­de. „Vom Kalt­blut bis zum Voll­blut übers Pony ist alles dabei“, sagt Michae­la Hohl­stein. „Ziel ist für uns die Grund­aus­bil­dung von Pferd und Rei­ter. Mit dabei sind auch Dres­sur, Boden­ar­beit und mal ein Sprung und natür­lich auch das Rei­ten im Gelän­de oder Lon­gie­ren des Pfer­des in der Hal­le sowie Theoretisches.“

Inklu­si­on ist dabei ganz gro­ßes The­ma und „jeder ist will­kom­men.“ Die Ein­schrän­kung kön­ne dabei ganz unter­schied­lich sein. Ob eine phy­si­sche Beein­träch­ti­gung, eine Hör- oder Seh­be­hin­de­rung oder aber auch eine Angst­stö­rung, ein Burn­out oder eine Depres­si­on vor­liegt – beim Ver­ein Pfer­de­part­ner Fran­ken e. V. kön­ne jeder teilhaben.

„Egal wer kommt, macht mit“, sagt die Reit­trai­ne­rin. Die Gemein­schaft und die Tie­re sei­en dabei glei­cher­ma­ßen von Nut­zen. „Die Arbeit an der fri­schen Luft und das Mit­ein­an­der hilft Men­schen, den All­tag inten­si­ver zu leben und im Hier und Jetzt zu sein. Die Pfer­de leh­ren einen das und die Men­schen trau­en sich bei uns mehr, dies auch zu sagen.“

Ziel die­ses Inklu­si­ons­rei­tens ist es, dass die Betrof­fe­nen sich mit der Zeit selb­stän­dig in eine Grup­pe inte­grie­ren. „Wir begin­nen meist mit Ein­zel­stun­den, in denen sich Pferd und Rei­ter lang­sam ken­nen­ler­nen kön­nen, denn oft las­tet auf unse­ren Anfän­gern beim Inklu­si­ons­rei­ten ein hoher Lei­dens­druck durch das Erleb­te und die Fami­lie, der hin­der­lich ist. Die Tie­re hel­fen in den meis­ten Fäl­len zumin­dest für den Moment der Reit­stun­de dar­über hinweg.“

Vie­le Erfolgs­bei­spie­le hat der Ver­ein hier auch in Zusam­men­ar­beit mit den Koope­ra­ti­ons­part­nern Inte­gra Mensch, Don Bosco Jugend­werk und Lebens­hil­fe immer wie­der erlebt. Neben dem orga­ni­sa­to­ri­schen Wis­sen, das hier gefragt ist, ist die Teil­ha­be am Inklu­si­ons­rei­ten aber auch kos­ten- und per­so­nal­in­ten­siv. „Die­se spe­zi­el­len Ange­bo­te zu rea­li­sie­ren, ist nicht ein­fach, zumal die Pfer­de grund­sätz­lich einen kor­rek­ten Beritt brau­chen. Feh­len aber Kör­per­ge­fühl oder Dyna­mik des Rei­ters, muss dies im Nach­gang noch­mals aus­ge­gli­chen werden.“

Die zuneh­mend feh­len­de Teil­nah­me am Ehren­amt und die wei­ter stei­gen­den Prei­se auf allen Ebe­nen führ­ten dazu, dass man­che spe­zi­el­len Ange­bo­te in der Reit­schu­le weg­fal­len muss­ten. Dabei brau­che Inklu­si­on auch wei­ter­hin viel mehr Unter­stüt­zung. „Die Leu­te kom­men von weit her, um bei­spiels­wei­se ihrem gehan­di­cap­ten Kind ein paar Reit­stun­den zu ermög­li­chen“, sagt Hohl­stein. „Wir hof­fen, dass sie auch an unse­rem neu­en Stand­ort den Weg zu uns fin­den und dass vie­le Ehren­amt­li­che mit ihrem Enga­ge­ment trotz der Ent­fer­nung für den Ver­ein wei­ter mitziehen.“

Freund­schafts­spiel mit Ex-Cluberern

Auch Jörg Ditt­war, frü­he­rer Fuß­ball­spie­ler beim 1. FC Nürn­berg, ehe­ma­li­ger Jugend­trai­ner des Clubs und Trai­ner ver­schie­de­ner Ama­teur­ver­ei­ne, hat als Bun­des­trai­ner der Fuß­bal­ler mit intel­lek­tu­el­ler Beein­träch­ti­gung von 2009 bis 2017 vie­le Jah­re Inklu­si­ons­ar­beit im Sport geleis­tet. „Mich hat immer die Lei­den­schaft und Ruhe der Men­schen mit Behin­de­rung beein­druckt“, sagt er.

In den letz­ten sechs Jah­ren trai­nier­te er eine offe­ne Behin­der­ten­grup­pe beim Club und hat erst im Som­mer letz­ten Jah­res mit sei­ner Trai­ner­tä­tig­keit auf­ge­hört. Ursprüng­lich kam er zur Behin­der­ten­ar­beit in sei­ner akti­ven Kar­rie­re in den 1980er und 1990er Jah­ren. „Wir haben als Club­spie­ler vie­le Fan­clubs, dar­un­ter auch Ein­rich­tun­gen für Behin­der­te, Schu­len und För­der­schu­len besucht und in die­ser Zusam­men­ar­beit den Inklu­si­ons­ge­dan­ken gestärkt.“

Auch ande­re Sport­ar­ten und Ver­ei­ne in ihrer Inklu­si­ons­ar­beit zu unter­stüt­zen, fin­det er wich­tig und hat für den Reit­ver­ein auch schon eine Idee: „Viel­leicht kön­nen wir in Neu­stadt mal ein Freund­schafts­spiel mit Ex-Pro­fis machen und so Leu­te gewin­nen, die mit­hel­fen und sich betei­li­gen wol­len.“ Denn in nächs­ter Nähe der neu­en Reit­an­la­ge befin­det sich auch ein Sport­platz. So kön­ne man zwi­schen den Sport­ar­ten Fuß­ball und Rei­ten beim The­ma Inklu­si­on eine star­ke Ver­bin­dung knüp­fen. Inklu­si­on im Sport sei eben­so viel­sei­tig wie die Beein­träch­ti­gun­gen, die die Men­schen haben.

Spen­den für den Umzug

Für die Rea­li­sie­rung des Umzugs­pro­jekts mit eige­ner Lehr­pferd­her­de und Reit­schu­le im Gepäck hofft Pfer­de­part­ner Fran­ken e. V. auf eine erfolg­rei­che Spen­den­ak­ti­on. „Für die Aus­stat­tung unse­res neu­en Stand­orts in Neu­stadt an der Aisch pla­nen wir zudem den Neu­bau eines Offen­stalls, die Ein­rich­tung einer neu­en Sat­tel­kam­mer und eines Auf­ent­halts­rau­mes, spe­zi­ell für unse­re Kin­der­reit­schu­le“, sagt Michae­la Hohl­stein. Um alles zu rea­li­sie­ren und den Reit­schul­be­trieb Mit­te des Jah­res wie­der neu auf­neh­men zu kön­nen, benö­tigt der Ver­ein rund 30.000 Euro. Infor­ma­tio­nen zu den Spen­den­mög­lich­kei­ten stellt der Ver­ein auf sei­ner Home­page unter www.pferdepartner-franken.de zur Verfügung.

„Wenn wir nicht umzie­hen, müs­sen wir alle Pfer­de ver­kau­fen und den Betrieb unse­rer Reit­schu­le ein­stel­len. Das wäre sehr scha­de“, sagt Hohl­stein. „Vor allem, da wir jetzt einen Part­ner­ver­ein gefun­den haben, mit dem wir auch für die Zukunft gut auf­ge­stellt sind.“

Der neue Stand­ort hat zudem wei­te­re Vor­tei­le und eine gute Infra­struk­tur: „Wir blei­ben in Fran­ken und die Stre­cke ist fahr­bar, auch mit dem Zug. Vom dor­ti­gen Bahn­hof sind es nur fünf Minu­ten Fuß­weg bis zum Stall, so sind wir vor allem auch für Jugend­li­che gut erreich­bar und für unse­re Aus­bil­der und Ver­sor­ger, die zum Teil mehr­mals pro Woche kommen.“

Viel­leicht kom­men auch inklu­si­ve Sport­ler der Dele­ga­ti­on aus Bah­rain, die an den Spe­cial Olym­pics World Games 2023 vom 17. bis 24. Juni in Ber­lin teil­neh­men und im Rah­men des Pro­gramms „Host Town“ in Bam­berg zu Gast sein wer­den. „Wir wür­den uns sehr freu­en, die Reit­sport­ler aus Bah­rain auch an unse­rem neu­en Stand­ort begrü­ßen zu dür­fen“, so Hohlstein.

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