Die fünf jungen Bamberger Musiker von Rickbop & The Hurricanes haben sich dem musikalischen Lebensgefühl der 1950-er und 1960-er Jahre verschrieben. Über die Szene hinaus sind sie keine Unbekannten mehr, genießen Rückhalt durch Fans und Medien und fiebern der Rückkehr auf die Bühnen sehnsüchtig entgegen. Wir haben Schlagzeuger Julian „Rollin’ JJ“ Göller zum Gespräch getroffen.
Rickbop & The Hurricanes haben sich musikalisch und optisch dem Rockabilly-Stil verschrieben. Was spricht euch daran besonders an?
Julian Göller: In den USA waren die 1950-er und ‑60-er Jahre geprägt von kleinen Revolutionen und Neuerungen. Diese gesellschaftlichen Änderungen spiegelten sich auch in Deutschland wider. Die Rock ’n’ Roll- und Rockabilly-Szene war die Geburtsstätte unvergesslicher Trends und Styles: Swingende Petticoats, chromblitzende Autos, schmalztriefende Frisuren – eine Zeit, in der alte Tabus gebrochen, die Hüfte geschwungen und getanzt wurde, bis der Arzt kommt.
An welchen Künstlern orientiert sich euer Sound speziell?
Julian Göller: Bei Rickbop & the Hurricanes ist wirklich alles dabei. Angefangen mit den klassischen Gründervätern wie Elvis Presley, Jerry Lee Lewis und Chuck Berry beschränken wir uns aber nicht nur auf die 50-er und 60-er. Auch moderne Songs haben wir umgemünzt auf Rock ’n’ Roll, unser Repertoire erweitert und aus stilfremden Liedern echte Rock ’n’ Roll-Versionen erschaffen. So findet sich zum Beispiel auch ein „Verlieben verloren“ von Wolfgang Petry oder „Angels“ von Robbie Williams in unserem Repertoire wieder. Ein wenig abgeändert, aber das macht es besonders spannend. So etwas haben die Leute einfach noch nicht gehört.
Würdet ihr zustimmen, dass ihr und euer Publikum eher im Mainstream zuhause seid, weniger in der Rockabilly‑, Neo-Rockabilly oder Punk-A-Billy-Szene?
Julian Göller: Prinzipiell sind wir echte Rock’n’Roller. Das ist auch unser Erfolgsrezept. Wir sind offen für alle Abzweigungen, aber bleiben unserer Hauptrichtung und dem Mainstream treu. So schnuppern wir wie schon gesagt auch gerne in stilfremde Bereiche, versuchen aber, Brücken zu schlagen zum klassischen Rock‘n‘Roll. Wenn man so will, kreieren wir manchmal auch „Fusionsmusik“ zwischen verschiedenen Stilrichtungen. Das bringt Abwechslung in das Programm.
Führt ihr das Quintett auf der Basis gemeinschaftlicher Entscheidungen oder gibt es einen Anführer?
Julian Göller: Eine Band ist oder sollte immer eine Gemeinschaft sein. Aber natürlich tritt vorrangig einer in Kontakt mit zum Beispiel Veranstaltern, oder einer macht die Moderation auf der Bühne oder ein anderer kümmert sich um die musikalische Konzeption und so weiter. Aber wir verstehen uns auch privat gut und da gibt es keinen Grund, dass einer ein Leader sein muss. Das funktioniert für uns zumindest am besten.
Die Texte von Rickbop & the Hurricanes sind auf Englisch. Gab es im Laufe eures Bestehens auch deutschsprachige Stücke im Programm und wie ist generell das Verhältnis zwischen Cover-Versionen und eigenen Titeln?
Julian Göller: Tatsächlich haben wir in unserer Setliste auch deutsche Titel. Zum Beispiel „Wie ein Tiger“ von Peter Kraus, der Song zählt sogar zu unseren Lieblingsstücken. Die Mehrzahl, das ist richtig, sind aber englischsprachige Klassiker. Einige Songs von Künstlern aus einem ganz anderen Genre haben wir in dem Stil der 50-er und 60-er Jahre umgeschrieben. Dazu gehören Hits von Michael Jackson, Wolfgang Petry und Guns ‘n‘ Roses.
Die Songs sind das eine, die Bühnenshow das andere. Welchen Stellenwert im Selbstbild hat eure Bühnen-Performance?
Julian Göller: Am Anfang stand bei uns die Musik. Mit der Zeit kamen immer mehr Showelemente dazu. Während der Liveshows haben wir einfach gemerkt, dass das bei den Leuten sehr gut ankommt. Wir versuchen, einen gesunden Mix aus qualitativ hochwertiger Musik und Showeinlagen zu spielen. Dabei haben wir als Band auch eine Lernkurve durchgemacht. Je mehr Showeinlagen wir eingebaut haben, desto mehr hat die Musik unter der Ablenkung gelitten. Jetzt haben wir einen guten Mix gefunden. Die Showeinlagen fordern aber ihren Tribut: Über die Jahre hatten wir alles, vom kaputten Piano bis zum zerbeulten Saxophon.
Gab es in der Vergangenheit Auftritte mit einem namhaften Künstler, an die ihr euch gerne erinnert? Beziehungsweise was war euer miesester Bühnenmoment?
Julian Göller: Im Vorprogramm einer Hommage für Peter Kraus und an diesem Premierenabend sogar mit Peter Kraus, durften wir die Besucher auf den Abend einstimmen. Wir waren damals noch nicht so lange als Band formiert und es war schon etwas Besonderes. Eine Nacht voller Pleiten, Pech und Pannen haben wir bei einer Weihnachtsfeier im Jelmoli, dem ersten Kaufhaus am Platz in Zürich erlebt. Als Highlight gedacht, stürmten Jonas und Robin während „Johnny B. Goode“ von der Bühne in die Menschentraube. Michael sprang auf den Kontrabass und während er sein Solo begann, zerlegte sich seine Gitarre in alle Einzelteile. Mit der Ersatzgitarre ging es weiter, bis bei einer Jerry Lee Lewis-Nummer das Piano von Ulrich in hohem Bogen von der Bühne flog. Zum Glück konnten wir unseren Pianisten noch rechtzeitig davon abhalten, die Drahtkommode in Brand zu stecken.
Und besondere Momente?
Julian Göller: Jeder von uns hat sicherlich seine eigenen Momente, die ganz besonders waren. Jeder Abend hat auch seine eigene Geschichte. Doch beeindruckend für alle von uns war der Jazzband-Ball in Erlangen. Im Konzertsaal, vollgestopft mit hunderten von Tänzern, spielten wir um unser Leben. Nach wenigen Minuten war es heißer als in einer Dampfsauna und das Publikum war entfesselt. Wir spielten und feierten mit den Leuten, bis man uns von der Bühne zerrte.
Wie sieht es bei euch mit Sex, Drugs & Rock´n Roll aus? Notwendig für gute Musik oder eher nicht?
Julian Göller: Wenn wir ehrlich sind, ist für gute Musik ein gewisser Fokus wichtig. Die Leute würden sofort merken, wenn jemand neben der Spur ist. Das wollen sie gar nicht sehen. Wir sind eher aus der bodenständigen Ecke, mit einer großen gemeinsamen Passion, der Musik und dem Rock‘n‘Roll.
Ihr habt bisher keine Plattenveröffentlichung angestrebt. Warum nicht?
Julian Göller: Durch die Interaktionen mit dem Publikum, ist jede Show bei uns ein Unikat. Ein Abend mit uns verläuft nie gleich. Unsere Songs werden auch jedes Mal neu gelebt. Man kann sagen, durch diese Improvisation wird das Programm lebendig und durch die energiegeladene Show übertragen wir unsere Leidenschaft für den Rock ‘n‘ Roll auf die Zuhörer. Darum fühlen wir uns in einem Studio nicht so wohl, wir haben stattdessen einige Live-Videos produziert. Unter anderem auch von der Eröffnungsfeier der Landesgartenschau oder von heißen Nächten in Clubs.
Wohin soll die musikalische Reise mit Rickbop & The Hurricanes noch gehen?
Julian Göller: Unser aktuell größtes Ziel ist es, so bald wie möglich wieder in einem Tanzsaal voller Tänzer und Rock ’n‘ Roll-Liebhabern spielen zu können und mit unserer Musik die Leidenschaft unserer Gäste zu entfesseln. Zu unserem Jubiläum integrieren wir gerade einige Gastmusiker in unserem Programm. Zudem arbeiten wir ständig an unserem Repertoire, neue Song-Ideen gibt es immer.