Die zurückliegende Spielzeit des ETA Hoffmann Theaters musste abgebrochen werden, die kommende kann nur unter Auflagen stattfinden. Aber stattfinden wird sie. Heute Vormittag stellten Intendantin Sibylle Broll-Pape, Chefdramaturg Remsi Al Khalisi und Bambergs neuer Kulturbürgermeister Jonas Glüsenkamp das Programm der Saison 2020/2021 vor und gaben Auskunft, wie eine Theateraufführung unter Einhaltung von Corona-Maßnahmen aussehen könnte.
Die Wiedereröffnung des Theaters sei wie ein Löwenzahn, der durch eine Betondecke bricht, sagte Jonas Glüsenkamp zu Beginn der Spielzeitvorstellung auf der großen Bühne des ETA Hoffmann Theaters. „Ich freue mich, dass es wieder losgeht.“
Das Motto der kommenden Monate lautet „Wo stehen wir?“. Schon vor der Corona-Krise gewählt passt die Devise aber immer noch. Gesellschaftlichen Fragen nach dem Stand der Demokratie, der Grundrechte, der Klimakrise oder dem Umsichgreifen des Nationalismus nachzugehen, sei immer die Aufgabe des Theaters, sagte Broll-Pape. Außerdem beziehe sich das Motto auch auf eine eher persönlicher gefärbte Bestandaufnahme des Zustandes des Theaters nach fünf Jahren Intendanz.
Das Programm der neuen Spielzeit haben Broll-Pape und Al Khalisi erneut aus Klassikern wie „Der Kirschgarten“ von Anton Tschechow, „Kasimir und Karoline“ von Ödön von Horvárth oder William Shakespeares „Was ihr wollt“ für die Calderón-Spiele und zeitgenössischen Stücken wie „Paradies“ von Thomas Köck oder „Gott ist 3 Frauen“ von Miroslava Svolikova zusammengestellt. Vier der 12 Stücke des Spielplans sind Ur- oder Erstaufführungen. Einen ausdrücklichen Corona-Schwerpunkt hat jedoch keines davon. „Wir wollten uns mit Themen beschäftigen, die darüber hinausgehen“, sagte Broll-Pape. Langsam habe man auch keine Lust mehr, über Corona überhaupt zu sprechen.
„Vor der Spielzeiteröffnung feiern wir aber die Tatsache, dass es wieder losgehen kann“, sagte Al Khalisi, „indem wir am 3. Oktober einen Liederabend mit dem Titel „Schöne Aussichten“ veranstalten.“ Die eigentliche Eröffnung markiert am 9. Oktober die Aufführung des erwähnten „Kirschgartens“.
Wie eine solche Theateraufführung mit den Vorgaben des Social Distancings vereinbar ist, ist allerdings noch genauso ungeklärt wie die Frage, ob der geplante Spielplan vollständig umgesetzt werden kann. „Wir wollen alle Stücke spielen, aber wir werden wahrscheinlich nicht wie bisher Theater machen können“, sagte Broll-Pape. Um Abstand in den Publikumsreihen zu garantieren, können dort nicht mehr wie bisher etwa 400, sondern nur noch etwa 70 Menschen Platz finden. Auch das Bühnengeschehen wird anders aussehen. Masken wird niemand tragen, aber die Ensemblemitglieder sind angehalten, die gebotenen 1,5 Meter einzuhalten. „Es wird ziemlich schwer für das Publikum und das Ensemble, aber wir wollen die Stücke unbedingt machen“, sagte Broll-Pape. So soll der gesamte Bühnenraum ausgenutzt und körperliche Szenen eher andeutungsweise gestaltet werden.
Auch finanziell hat das Theater schwere Zeiten hinter und vor sich. „Finanziell“, sagte Broll-Pape, „sind wir in ein tiefes Loch gefallen.“ Trotz Sparmaßnahmen wie die Wieder- beziehungsweise Erstverwertung von Kulissen, die für ausgefallene Stücke vorgesehen waren, oder dem Verschieben sehr teurer Produktionen nach hinten im Spielplan, sei das Theater nach wie vor auf Subventionen aus dem städtischen Kulturetat angewiesen. „Hoffentlich lässt uns die Stadt finanziell nicht allein“, gab Broll-Pape Jonas Glüsenkamp zu bedenken.
Da für die Stadt Kultur zwar nichts sei, antwortet dieser, was nebenbei passiere, sondern zentraler Bestandteil des städtischen Lebens, und man im Rathaus bereits an entsprechenden Konzepten arbeite, dabei aber noch genau nicht wisse, wie sich der Haushalt entwickeln werde, wollte der zweite Bürgermeister an diesem Tag noch keine Zugeständnisse machen.