Motorenlärm und den Fuß am Gaspedal – am 12. und 13. September trifft sich die Motorsportszene zum „DMSB-Frühjahrsslalom” auf dem Gelände des ADAC Fahrsicherheitszentrums
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Run um die Pylonen
DMSB-Frühjahrsslalom in Schlüsselfeld
Motorenlärm und den Fuß am Gaspedal – am 12. und 13.
September trifft sich die Motorsportszene zum „DMSB-Frühjahrsslalom” auf
dem Gelände des ADAC Fahrsicherheitszentrums in Schlüsselfeld.
Eigentlich sollte der DMSB-Frühjahrsslalom (Deutscher Motorsport Bund e. V.) wie immer im April stattfinden. Wegen der Corona-Krise musste das Turnier wie so viele Veranstaltungen in den Herbst verschoben werden. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Die Motorsportszene fiebert dem langersehnten Wettkampfwochenende in Schlüsselfeld entgegen, wie wohl kaum eine andere. Bekannte Rennen in der Region sind zum Beispiel auch auf Flugplätzen nahe Bindlach, Speichersdorf und Marktheidenfeld. „Bisher konnte noch kein einziges Rennen stattfinden“, bedauert Robert Nikol, erster Vorsitzender des MSC Scheßlitz. Das soll sich nun ändern – die Reifen laufen wieder heiß.
Der DMSB-Frühjahrsslalom, der unter der Initiierung des AC Ebern jedes Jahr und nun schon zum zweiten Mal in Kooperation mit dem MSC Scheßlitz stattfindet, war im Frühjahr bereits in kurzer Zeit bis auf den letzten Listenplatz ausgebucht. „Aktuell haben wir 97 männliche und neun weibliche Teilnehmer. Maximal zugelassen sind 110 Startplätze“, sagt Markus Terhar, erster Vorsitzender des AC Ebern. Zusammen mit dem zweiten Vorsitzenden Carsten Dünisch hat er die Rennleitung und somit die sportliche Ausrichtung inne. Rund sechs Monate Vorplanung und eine enge Abstimmung mit allen Funktionären sind nötig, damit der DMSB-Frühjahrsslalom stattfinden kann.
50 Vereinsmitglieder am Rennwochenende im Einsatz
Das Motorsportturnier in Schlüsselfeld gibt es seit nunmehr sieben Jahren. „Es ist jedes Jahr gewachsen“, meint Terhar. Und es hat sich von einem Wettkampftag seit dem Einstieg des MSC Scheßlitz im letzten Jahr auf ein ganzes Wochenende erweitert. Für die beiden Nachbarvereine, die sich bereits aus diversen Rallye-Veranstaltungen kannten, eine Win-win-Situation. In der Organisation ist daher mächtig Manpower gefragt. Nahezu 50 Mitglieder aus beiden Vereinen fungieren in der Wettkampfkommission als sportliche und technische Kommissare, als Streckenposten oder kümmern sich um die Betreuung und Verpflegung der Fahrer und Teams. Alle ehrenamtlich, versteht sich.
Sportleiterin Katrin Peter vom MSC Scheßlitz nimmt am Wettkampftag die Fahrer in Empfang. In ihrem mobilen Büro findet die Dokumentenabnahme statt. Die Anmeldung erfolgt erst nach Prüfung der Fahrerlizenz und der Fahrzeugpapiere. Denn an den Start gehen darf nur, wer beim DMSB-Frühjahrsslalom mit seinem Auto registriert ist. Rund 30 Euro kostet die Fahrerlaubnis für ein Jahr. Dazu kommt das Nenngeld von 58 Euro pro Renntag für die Veranstaltung.
Analoge Erfassung und hohe Sicherheitsstandards
Mit ihrem Orgateam ist Katrin Peter am Rennwochenende auch in viele andere Aufgaben eingebunden. Etwa Sonnenschirme, Warnwesten und weiteres Material für die Streckenposten oder auch Verpflegung vor Ort bereit zu stellen. Zusammen mit der Vereinskassiererin und der Küchenfee kümmert sie sich ums Drum-Herum an den Rennsporttagen. In Schlüsselfeld steht praktischerweise ein hauseigenes Restaurant zur Verfügung. Der Aufbau an der Strecke erfolgt in zwei bis drei Stunden am Vorabend. Zwar stellt der ADAC das meiste Equipment, dennoch braucht der Rennleitungskader einen Anhänger mit zusätzlicher Ausrüstung wie etwa einem Zelt oder einer Musikanlage samt Lautsprechern.
Die Erfassung der Ergebnisse beim DMSB-Frühjahrsslalom erfolgt analog. Verbunden über Funkgeräte mit der Rennkommission teilen die Streckenposten Änderungen bei der Zeitnahme mit. Die Ergebnisse werden ganz klassisch in Listen eingetragen. Über 20 Vereinsmitglieder stehen für einen reibungslosen Ablauf in sicherer Distanz an ausgewählten Strecken-Punkten als Streckenposten zur Verfügung.
„Wir wünschen uns eine spannende und unfallfreie Veranstaltung, möglichst nur mit verbogenem Blech, aber nicht mit verbogenen Knochen“, sagt Robert Nikol. Ein Hygienekonzept wird es in diesem Jahr auch geben. „Daran arbeiten wir“, sagt Markus Terhar, „bestimmte Einschränkungen werden wir wohl in Kauf nehmen müssen, damit sich nicht gleichzeitig zu viele Personen an einem Ort befinden.“ Die Abstandsregeln müssen zudem eingehalten werde. „Wir haben aber eine gute Zugangskontrolle über das abgesperrte Gelände“, sagt Nikol. Ein offenes Fahrerlager, bei dem man die Fahrer treffen, ihre Autos anschauen und sich austauschen kann, wird heuer allerdings nicht möglich sein.
Das Gelände des ADAC-Fahrsicherheitszentrums bietet für das Rennsportwochenende Idealbedingungen: Großzügige Auslaufzonen und weitläufig angelegte Kiesbetten sorgen für hohe Sicherheitsstandards. „Für den Notfall haben wir einen Rettungsdienst vor Ort“, sagt Markus Terhar. Tatsächlich werde die Slalomstrecke in Schlüsselfeld ähnlich der Nürburgring-Nordschleife in der Motorsportszene als „Kleine grüne Hölle“ bezeichnet. In dem Rundkurs von über 800 Metern Länge gäbe es durchaus Steigungen und Gefälle, die es in sich hätten, weiß Terhar. Aber genau das macht die Teilnahme in am DMSB-Frühjahrsslalom Schlüsselfeld für die Fahrer so interessant.
„Das ist einmalig im deutschen Slalomkalender“, so der Rennleiter. Während die meisten Teilnehmer aus dem süddeutschen Raum stammen, reisen auch aus anderen Teilen Deutschlands Fahrer an. Dass auch weiterhin Rennen für Hobbyfahrer stattfinden, und Vereinsmitglieder selbst bei einer anderen Veranstaltung mitfahren und Spaß haben können, sei auch in Zukunft wichtig, meint Terhar: „Der Zeitaufwand für die Vereine ist hoch. Das machen Aktive für Aktive.“
Gestartet wird wie gewohnt mit einem Trainingslauf und drei Wertungsläufen in drei Gruppen, unterteilt in 12 Klassen: Die Gruppe G füllen seriennahe Fahrzeuge, die nicht mehr Leistung beziehungsweise PS als auf der Straße und auch sonst nur Veränderungen am Fahrwerk und den Reifen haben dürfen. Die Klassen sind dabei nach Leistungsgewicht der Fahrzeuge, sprich PS pro Kilogramm, unterteilt.
In der Gruppe F fahren die verbesserten Fahrzeuge. Sie können beispielsweise nur noch einen Sitz für den Fahrer haben, die Veränderungen am Fahrzeug müssen aber eintragungsfähig sein. Für die Klassifizierung in dieser Gruppe ist jeweils der Hubraum entscheidend.
In der Gruppe H der stark verbesserten Fahrzeuge sind auch Veränderungen am Motor oder Getriebe erlaubt und es darf faktisch alles ausgeräumt werden, was nicht notwendig ist, so dass nur noch der Fahrer Platz findet. „Ziel ist es, Gewicht zu sparen“, erklärt Terhar. Deshalb fahren bei den Rennen meist Autos älteren Datums mit, da die Neuwagen auf Grund der modernen Technik im Inneren einfach zu schwer sind. „Bei uns sind Fahrzeuge jeder Preisklasse vertreten“, sagt Terhar, „wobei die Autos der 1980er und ‑90er Jahre natürlich günstiger sind, auch was die Investitionen betrifft.“
Und diese sind für die Teilnahme an einem Rennwochenende nicht gerade gering. Das Startgeld, der Fahrzeugunterhalt, spezielle Reifen und die ein oder anderen Kosten für den Verschleiß machen das Rennauto und somit den Rennsport zu einem Hobby, dem bisweilen nur wenige junge Leute nachgehen. „Das Smartphone und die Partyszene scheinen oft wichtiger“, meint Nikol. Dabei hat der Rennsport viel mehr zu bieten – nicht nur zuhause vor dem TV, wenn die Elite fährt. Fahren lernen kann jeder, der sich ernsthaft dafür interessiert. Beim AC Ebern anfangs auch kostengünstig mit dem Vereinsauto, einem Mazda MX5.
Ein wenig Talent ist dennoch von Vorteil. Meist beginnt die Leidenschaft in jungen Jahren mit dem Kart. So kamen auch Robert Nikol und Katrin Peter über ihre kartbegeisterten Töchter zum MSC. Und wenn der Vater Slalom fährt wie Markus Terhar, steigt auch der Sohn ins Kart mit ein. Eine Art Familiendynastie im Kleinen.
Wie auch bei Markus Firsching und Vater Robert. Schon in jungen Jahren hat er seinen Vater bei vielen Slalom-Meisterschaften quer durch Deutschland begleitet. „Bei einer Probefahrt mit dem Kart eines Bekannten meines Vaters hat es dann angefangen“, erzählt der 20-Jährige. Prompt meldete er sich nach einem Jahr Training 2015 für den Süddeutschen ADAC Kart Cup an und fuhr eine Saison lang mit. Viele Trainingseinheiten und fördernde als auch fordernde Rennwochenenden quer durch Deutschland bescherten ihm anfangs sogar einen Platz im Mittelfeld. Im Junioren-Autoslalom probierte er sein Talent erstmals im Youngster-Cup 2016 aus, bei dem man bereits mit 16 Jahren auf einem vom ADAC gestellten Fahrzeug antreten darf. „Beim Kartfahren hat man eine extrem hohe Beschleunigung und Kurvendynamik, das habe ich im seriennahen Opel Corsa ein bisschen vermisst“, meint der regionale Nachwuchs-Rennfahrer. Erst 2019 ist Firsching, selbst Mitglied im AC Schweinfurt, in den normalen Autoslalom mit leistungsstärkeren Fahrzeugen eingestiegen.
„Der Wechsel von der Kart-Rundstrecke in den Slalom war anfangs schon schwierig, aber mit dem eigenen Führerschein kam auch das Verlangen ein Auto im Grenzbereich zu bewegen“, erzählt er. Den schwarzen BMW 328i Coupé, Baujahr 1997, eigentlich das alte Rennauto seines Vaters Robert, fährt er auch im Alltag. Robert Firsching selbst fährt bei Slalomrennen üblicherweise mit einem weißen BMW 320is der Vorgängerbaureihe in der Gruppe F.
Kurs kommt normaler Rennstrecke nahe
Für das Wettbewerbswochenende im Herbst beim Schlüsselfelder DMSB-Frühjahrsslalom konnte sich Firsching Junior einen der begehrten Teilnehmer-Plätze in der Gruppe G ergattern. Bereits im letzten Jahr fuhr er mit dem Auto beim 50. Schweinfurter ADAC Slalom im Mai in seiner Gruppe auf Anhieb auf den zweiten Platz und im Anschluss beim 9. Bindlacher ADAC/DMSB Flugplatz-Rennslalom im Juni auf den ersten. Ideale Voraussetzungen also für die Teilnahme an der Deutschen Slalom-Meisterschaft in diesem Jahr, wie er findet.
Die Strecke in Schlüsselfeld gefällt ihm zudem gut. „Es ist ein schöner Kurs inmitten der Natur, der einer normalen Rennstrecke sehr nahekommt“, meint der 20-Jährige. Für ein Rennwochenende umfunktionierte, weitläufige Flugplatz-Landebahnen wären schwieriger zu fahren. „Dort ist die Übersicht über den Streckenverlauf noch wichtiger. Das fällt auf Strecken wie Schlüsselfeld leichter, aber dennoch ist es eine große Herausforderung, möglichst viel Schwung aus den engen Kurven heraus mitzunehmen. Vor allem, wenn man das erste Mal auf der Strecke ist und auf Anhieb schnell sein muss“, sagt Firsching. In Schlüsselfeld hat er schon mehrere Trainings absolviert und ist auch schon die Nordbayerische ADAC Slalom-Meisterschaft mitgefahren. Die Strecke ist für ihn also eine Art Heimspiel. Zwar bestehe der Slalom mit einem normalen Rennauto aus weniger Speed, Konzentration und Präzision seien aber ebenso gefragt.
„Es ist ein Tanz um die Pylonen“, schwärmt Firsching, „wer Fehler macht, bekommt in der Wertung gleich Strafsekunden abgezogen.“ Pro Pylone, die umgefahren wird, sind das sogar drei. Bei einer Strecke, die nur knapp einen Kilometer lang ist und zwei Runden dauert und auf der für die Fahrt nur rund eine Minute und 20 Sekunden bleiben, ist kaum Zeit zum Überlegen. Technik und Erfahrung machen den Erfolg. Im Wettkampf konnten Vater und Sohn das bereits feststellen. „Beim letzten Slalom im letzten Jahr sind wir mit dem gleichen Auto gegeneinander angetreten“, erzählt Firsching und lacht, „am Ende lag mein Vater vorne.“
Ältere Autos geben Fahrern mehr Rückmeldung
Regelmäßiges Training und Vorbereitung sind wichtig für ein Rennen wie dem DMSB-Frühjahrsslalom. Firsching spielt in seiner Freizeit aktiv Fußball, das bringe eine gute Kondition. Dazu macht er ein wenig Krafttraining und fährt natürlich Kart. Die zwei eigenen Karts in der heimischen Garage gehen immer wieder in den Trainingslauf.
Wenn auch nicht mehr im Wettbewerb, so bleibt Kartfahren nach wie vor Firschings größtes Hobby in seiner Freizeit. Dafür fährt die Familie an mehreren Wochenenden im Jahr auch ein paar Stunden mit dem Anhänger zum nächsten Trainingstag.
Für den DMSB-Frühjahrsslalom, wenn das Kart in der Garage bleibt, wird das Rennauto aufgepeppt. Den Unterschied vom Straßenfahrzeug zum Rennauto machen in der kostengünstigen Gruppe G maßgeblich sicherheitstechnische Aspekte: Sportsitze, spezielle Sicherheitsgurte, Fahrwerk einstellen und Slicks aufziehen – für ein Rennwochenende bereitet das Vater-Sohn-Team alles selbst vor. Für einen Einsatz in der schnelleren Gruppe F ist der Rennfahrer aus Burgebrach auch noch auf der Suche nach Sponsoren.
In seiner Gruppe tritt er oft auch gegen modernere Rennwagen an. Dass sein Auto schon älter ist, sei dabei eher von Vorteil. „Ältere Autos sind kompakter, leichter und direkter – sie geben dem Fahrer mehr Rückmeldung“, erklärt Firsching.
Ähnlich verhält es sich bei den Fahrern selbst. In einer Altersspanne von 18 bis 60 Jahren ist die Rennfahrerszene bunt gemischt und umgeben von einem gewissen Flair. „Man kennt sich, der Austausch ist gut und es gibt auch die ein oder anderen Freund- und Bekanntschaften“, erzählt er. Da in diesem Jahr noch kein Rennen stattfinden konnte, setzt die Szene all ihre Hoffnungen auf den Spätsommer und Herbst. Ob mit oder ohne Pokal scheint dabei erst einmal zweitrangig.
„Für mich sind es einfach der Motorenlärm und die Geschwindigkeit. Die Grenzen der Fahrphysik auszutesten und mich dabei stetig zu verbessern“, sagt Firsching, „das macht einfach Spaß.“ Und spricht damit wohl vielen Rennfahrerherzen aus der Seele.
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