Eine Reise durch die Geschichte und die Vielfalt der Druckgrafik verspricht die BBK-Ausstellung „Druck im Kesselhaus“. Mehr als 200 Werke entstanden aus
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BBK Oberfranken
Ausstellung: Druck im Kesselhaus
Eine Reise durch die Geschichte und die Vielfalt der Druckgrafik verspricht die BBK-Ausstellung „Druck im Kesselhaus“. Mehr als 200 Werke entstanden aus verschiedenen Drucktechniken halten das Versprechen.
Am 15. März 2018 nahm die deutsche UNESCO-Kommission traditionelle Drucktechniken in ihr bundesweites Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes auf. Seitdem begeht der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) jedes Jahr Mitte März den „Tag der Druckkunst“. Dieser hat sich der Förderung und Präsentation von Druckgrafik verschrieben.
Anlässlich dieses Tages steht die Druckkunst nun auch im Mittelpunkt der Ausstellung „Druck im Kesselhaus“ des BBK Oberfranken. Seit 16. März zeigt die Schau Druckwerke verschiedener Genres von knapp 30 Künstler:innen. Vertreten sind Drucktechniken wie Holzschnitt, Linolschnitt, Radierung, Monotypien, Collagen, Materialdrucke, Mixed Media- oder Ready-made-Drucke. Entsprechend möchte die Ausstellung zeigen, wie die Grenzen der Druckgrafik immer wieder neu ausgelotet und innovative Techniken erprobt werden.
„Weil es in unserem Verband viele Leute gibt, die auf die eine oder andere Art und Weise mit Drucktechniken arbeiten“, sagt Gerhard Schlötzer, 1. Vorsitzender des BBK Oberfranken, „haben wir für unsere jährliche Kesselhaus-Ausstellung und anlässlich des Tages der Druckkunst dieses Thema genommen.“ Da Druckkunstwerke normalerweise aber eher kleinformatig sind und entsprechend im hohen und dominanten Raum des Kesselhauses nur schwer bestehen könnten und leicht untergehen würden, hat sich der BBK entschieden, „nach nur minimaler Vorsichtung“, wie Gerhard Schlötzer sagt, „so gut wie alle, die beim BBK etwas mit Druck machen, in die Ausstellung aufzunehmen.“ Das klingt im ersten Moment ein wenig anspruchslos gegenüber der eigenen Veranstaltung. Aber sie funktioniert.
Kuratiert und gehängt wurde sie von den Ausstellenden selbst, durch ein Organisations- und Hängeteam um dessen Leiter Gerhard Hagen. Die zahlreichen, vereinzelt bis knapp unter die Decke, ringsum an den Wänden des Ausstellungsraums verteilten Werke ergeben nicht nur ein buntes Gesamtbild, das Wirkung entfaltet, ohne dass man das Auge auf einem Einzelteil ruhen lassen müsste. Der Kontrast zur Schroffheit der Wände kommt dem sogar zugute. Auch die einzelnen Arbeiten bieten Schauwerte und Einblicke in die Möglichkeiten ihres Genres, dem Druck.
Der Zufall im Druck
Bei Druckgrafiken stellt sich manchmal die Frage: Hätte das jeweilige, drucktechnisch verewigte Motiv auch ein Motiv für ein Gemälde abgeben können, wäre es, mit anderen Worten, handwerklich reizvoll gewesen, dieses Motiv zu malen? Zugegebenermaßen ist die Antwort oft „nein“. Angesichts einer gedruckten Machart kann der Fall beim selben Motiv aber auch anders liegen.
Denn in der Druckkunst beschränkt der handwerkliche Prozess die Freiheit der Kunstschaffenden, schenkt ihnen aber auch Ausdrucksqualitäten, die so nicht vollständig planbar sind. Mit anderen Worten: Sie bezieht den Zufall mit ein. So kann eine Druckplatte noch so fein und detailreich bearbeitet und vorbereitet sein, ob das letztliche Druckergebnis genau wie geplant aussieht, lässt sich vorher oft nicht sagen. Auf diese Unsicherheit bezüglich des Resultats legen es viele, die sich der Drucktechnik verschrieben haben, allerdings geradezu an. „Das liegt daran“, sagt Gerhard Schlötzer, „dass es bei künstlerischen Druck-Prozessen, egal mit welcher Technik man dabei arbeitet, oft um das Spannungsverhältnis zwischen vorher Gemachtem und am Ende Gewordenem geht. Das Gewordene ist das, was man als sehender Mensch wahrnimmt.“ Dieses Ergebnis hat im besten Falle von sich aus schon eine gewisse künstlerische Relevanz. Sollte dem aber nicht so sein, kann das Gemachte, also der handwerkliche Prozess des Herstellens einer Druckplatte, der Relevanz nachhelfen und entsprechend eine weitere künstlerische Ebene hinzufügen.
„Wenn jemand direkt mit Farbe aufs Papier geht und ein Gemälde anfertigt, ist es das letzte, was er für das jeweilige Werk künstlerisch gemacht hat. Aber es ist kein weiterer, in dem Fall handwerklicher Prozess dabei, der das Ergebnis noch überlagert und so auf eine andere Ebene bringen könnte. Ich glaube, das ist, was viele am Druck interessiert.“ Es geht also darum, den Zufall einzupreisen, zuzulassen, auszustellen und ihm künstlerischen Wert zu verleihen.
So geschieht es auch bei vielen Werken in der Ausstellung „Druck im Kesselhaus“. Auf einige davon soll hier näher eingegangen werden.
Die Varianten des Drucks
Walli Bauer hat ihre Serie „Streifzüge durch die Natur“ im Hochdruckverfahren geschaffen. Hochdruck ist eines der ältesten Druckverfahren. Dabei sind die druckenden Bereiche eines Druckträgers höher als tieferliegende Bereiche, die nicht drucken sollen. Bauers Holzschnitt-Werke schöpfen dieses Verfahren aus und zeigen zum Beispiel feindetaillierte Pflanzenmotive. Ihr Projekt „Kulturlandschaften” widmet sich hingegen von Menschenhand geprägten Landschaften. Diese Werke hat sie im Tiefdruckverfahren produziert, bei dem nur die tieferliegenden Bereiche eines Druckträgers mit Farbe bedeckt sind.
Auch Judith Bauer-Bornemann hat sich dem Hochdruckverfahren verschrieben. Dafür kombiniert sie Linolschnitt mit anderen Druckträgermaterialien und erzielt durch diese Überlagerungen freie, an Blätter erinnernde, manchmal morbide Strukturen.
Henrike Franz hat für ihre Serie „Joluwa” auf wissenschaftliche Erkenntnisse zurückgegriffen, nach denen eine Galaxie existiert, die die Form einer Banane hat. Inspiriert von dieser Form kreiert sie galaktische Räume als Linoldruck in endlos-spiralisierenden Kombinationen.
Gerhard Hagen zeigt Holzschnitte mit Bäumen und Dickicht im Wald. Die Schnitte in der Druckplatte hat er per Kettensäge eingefügt. Nach dem Druck mit einer ersten Farbe bearbeitet er die Platte weiter, um anschließend mit der nächsten Farbe zu drucken. Dieser Prozess kann beliebig oft wiederholt werden, wobei immer mehr Material von der Druckplatte abgetragen wird. Anders als mehrfarbige Drucke mit mehreren Platten sind diese Drucke später nicht reproduzierbar.
Irmgard Kramer beschäftigt sich in ihrer Serie „Klangformen“ mit der möglichst authentischen grafischen Wiedergabe von Tönen und Musik. Dafür hat sie Sand auf eine Metallplatte gestreut und die Platte mit einem Geigenbogen in Schwingung versetzt. Für die die Werkgruppe „La peinture et la musique“ wiederholte sie diese Herangehensweise, indem sie die Platte per Lautsprecher und Jazz beziehungsweise Rockmusik zum Schwingen brachte. Die durch die Vibrationen auf der Platte frei gerüttelten Stellen, die visuell also den Klängen der Musik und des Geigenbogens entsprechen, wandelte Kramer dann mittels Ätzungen durch Säure in Tiefdruckplatten um.
Gemäß dem japanischen Wabi-Sabi-Prinzip, das grob gesagt Schönheit erst als solche anerkennt, wenn sie mit einem Makel behaftet ist, verwendet Andrea Landwehr-Ratka Materialien aus ihrer Umgebung, die sie etwa auf Spaziergängen findet. So dienen ihr zum Beispiel Gingkoblätter aus dem eigenen Garten als Druckvorlage.
Thomas Michel stellt Linolschnitte mit schwarzer Druckfarbe auf weißem Papier her. Dabei erzeugt er durch Linienstrukturen feinste Grauabstufungen. Sein Bild „Monstera” ist ein Stillleben mit Vanitas-Symbolik. Die Darstellung von Schädeln ist seit dem 20. Jahrhundert eng mit der Entdeckung der Röntgenstrahlen verbunden, die die Köpfe als Negative abbilden. Beim Linolschnitt ist es wichtig, auf dem Druckträger positive und negative Flächen richtig anzulegen, um einen korrekten Abzug herzustellen. Indem Thomas Michel dieses Prinzip absichtlich umkehrt, erzeugt er ein Negativ eines Schädels, das Assoziationen an Röntgenaufnahmen weckt.
Michaela Schwarzmann produziert Materialdrucke auf Chinapapier. Das Material, das sie dabei reliefartig auf das Papier überträgt, sind menschliche Haare. Genauer gesagt ihre eigenen Haare. Diese sammelte Schwarzmann beim Kämmen über einen Zeitraum von mehreren Monaten. Die Komposition auf der Druckplatte entsteht durch die Abwechslung einzelner Haaren und Knäueln als Verdichtung.
Außerdem zeigt die Ausstellung „Druck im Kesselhaus“ Werke von Teresa Casanueva, Thomas Gröhling, Stephan Klenner-Otto, Georg Köster, Waltraud Scheidel, Christiana Sieben und Maria Söllner.
Neben den Werken bietet die Ausstellung dem Publikum zudem die Möglichkeit, an Workshops teilzunehmen. Dafür hat der BBK ein Begleitprogramm zusammengestellt, das verschiedene Drucktechniken demonstriert und bei dem man eigene Drucke schaffen kann.
Weitere drei Jahre Unterstützung für Bildende Kunst
Kunstministerium und BBK Landesverband verlängern Kooperationsvereinbarung
Der Landesverband Bayern des BBK und das bayerische Kunstministerium möchten ihre Zusammenarbeit stärken. Dazu haben sie nun eine Kooperationsvereinbarung verlängert, die gegenseitige Unterstützung vorsieht.
Bayernweit setzen sich BBKs (Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler) mit Ausstellungen und Öffentlichkeitsarbeit für die Bildende Kunst ein. Die hiesige Vertretung ist der BBK Oberfranken, der seinen Sitz in der Bamberger Schützenstraße hat.
Bayerns Kunstminister Markus Blume (CSU) und der Vorsitzende des Landesverbandes Bayern des BBK, Christian Schnurer, haben am Mittwoch (13. Dezember) in München nun eine Verlängerung einer Kooperationsvereinbarung zur Förderung der Bildenden Kunst in Bayern unterzeichnet. Um weitere drei Jahre, bis 2027, soll die Vereinbarung laufen.
Blume sagte dazu: „Zusammen ist man stärker. Gemeinsam mit dem BBK unterstützen wir unsere Bildenden Künstlerinnen und Künstler im Freistaat. In Bayern sind wir stolz auf unsere lebendige, vielfältige und inspirierende Freie Kunstszene und wollen den Boden mit passgenauen Förderinstrumenten weiterhin fruchtbar halten. Denn Kunst ist Ausdruck unserer freiheitlichen Gesellschaft.“
Und Christian Schnurer betonte: „Der BBK Landesverband Bayern freut sich über die Fortsetzung der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst. Gemeinsam konnten substanzielle Verbesserungen für freischaffende Künstlerinnen und Künstler realisiert werden.“
Auf Basis der Kooperationsvereinbarung unterstützt das Kunstministerium den BBK Landesverband Bayern mit einer jährlichen Förderung. Der Landesverband unterstützt das Kunstministerium im Gegenzug mit seinem Fachwissen im Bereich der Bildenden Kunst. Mit Hilfe der Förderung soll der Verband zum einen Projekte mit der Freien Kunstszene umsetzen. Zum anderen soll er als Berater und Ansprechpartner für KünstlerInnen fungieren. Zudem stehen dem BBK jährlich Projektmittel zur Weitergabe für Ausstellungen der BBK Regionalverbände zur Verfügung. So möchte der BBK auch im kommenden Kooperationszeitraum dazu beitragen, die Zahl an Präsentationsmöglichkeiten für in Bayern wirkende KünstlerInnen zu erhöhen.
Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler
Ausstellung „Zeitenwende“: Was macht die Kunst im Wandel der Zeit?
Der BBK Oberfranken hat sich das Scholz’sche Wort der „Zeitenwende“ zu eigen gemacht und eine Ausstellung dazu entworfen. 29 KünstlerInnen beziehen darin kreativ Stellung zu diesem Begriff, der mehreren von ihnen als gute Inspirationsquelle gedient zu haben scheint.
„Der russische Überfall auf die Ukraine markiert eine Zeitenwende“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz in einer Rede vor dem Bundestag einen Tag nachdem Russland 2022 die Ukraine angegriffen hatte. Und so schwammig der Begriff der Zeitenwende mittlerweile auch geworden sein mag, fand in der Folge in mehreren politisch-gesellschaftlichen Feldern durchaus ein Umdenken und Neuorientieren statt, zum Beispiel was Energie- und Sicherheitspolitik oder den Glauben an ein Europa in Frieden betrifft.
Auch die Kunst sieht sich von dieser Zeitenwende betroffen. So hat der BBK Oberfranken (Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler) den Begriff seiner neuen Ausstellung als Titel und Motto vorangestellt. Gerhard Schlötzer, 1. Vorsitzender des hiesigen BBK, sagt dazu: „Dieses Wort ist in aller Munde und lässt gleichzeitig viele Interpretationsmöglichkeiten offen.“ Ein Wort, also fast wie gemacht, um künstlerisch verwertet zu werden, denn: „In der Kunst muss sich immer etwas wenden, damit neue Impulse in die Gesellschaft zurückfließen können.“
Entsprechend waren die Mitglieder des Verbandes aufgerufen, sich für die Ausstellung kreativ zum Thema zu positionieren. Gleichermaßen soll die Ausstellung mit dem Scholz’schen Titel gegen ein bequemes „Weiter so“, worin eher der Name „Merkel“ mitschwingt, gerichtet sein. Kunst soll es sich nicht gemütlich machen. „Die Kunst ist frei“, sagt Gerhard Schlötzer, „was heißt, dass sie zwar alles tun kann, in ihrem Tun und für sich selber oder für eine Gesellschaft – je nachdem, welche Aufgabe sie sich gibt – aber immer eine gewisse Relevanz entwickeln und sich darum weiterentwickeln sollte.“
Zeitenwende auch beim BBK?
Blickt man jedoch auf die von Nachwuchsmangel gezeichnete hohe Altersstruktur der BBK-Mitglieder, scheint die Zeitenwende beim Berufsverband allerdings noch auf sich warten zu lassen. „Bei uns müsste man eher Jugendwende sagen“, sagt Gerhard Schlötzer. „Wann diese jedoch kommt, weiß ich nicht. Wir sind auf jeden Fall für alle offen und bieten zum Beispiel Studententarife an. Obwohl wir tatsächlich viele langjährige Mitglieder haben, wie zum Beispiel Heidrun Schimmel, die mit ihren 82 Jahren immer noch sehr aktiv ist, sind in den letzten Jahren aber durchaus auch ein paar jüngere Künstlerinnen und Künstler eingetreten.“
Wobei „jüngere“ in diesem Fall bedeutet, nicht vor etwa 1980 geboren zu sein. Aber Oberfranken sei nun einmal nach wie vor eine Kunstdiaspora. „Um zu studieren, um lebhaften Austausch mit anderen Kunstschaffenden zu finden, um eine Erwerbsperspektive zu haben, müssen junge Menschen, die sich für Bildende Kunst interessieren, Oberfranken verlassen. Und nur wenige kehren zurück. Aber wenn man sich auf die eine oder andere Weise etabliert hat, lässt es sich auch in Oberfranken gut mit der Kunst leben, wenn auch nur die Wenigsten hier von der Kunst leben können.“
Rundgang durch die Ausstellung: Kalaschnikow, Schwanensee und Traueranzeige
29 dieser BBK-Oberfranken-Mitglieder hat nun eine verbandsinterne Jury für die Ausstellung „Zeitenwende“ ausgewählt. Noch bis 12. November stellen die KünstlerInnen entweder eigens für die Schau angefertigte oder bereits existierende Werke, die aber zufällig gut zum Begriff passten, in der Villa Dessauer aus.
Beteiligt sind: Kerstin Amend-Pohlig, Judith Bauer-Bornemann, Thomas Brix, Chris Engels, Harald Göbel, Thomas Gröhling, Christine Gruber, Gerhard Hagen, Adelbert Heil, Fritz Herrmann, Claudia Hölzel, Luzie Kazda, Andrea Landwehr-Ratka, Ruth Loibl, Thomas Michel, Cornelia Morsch, Dagmar Ohrndorf, Stephan Pfeiffer, Margit Rehner, Gert Ressel, Waltraud Scheidel, Heidrun Schimmel, Katrin Schinner, Peter Schoppel, Gudrun Schüler, Michaela Schwarzmann, Maria Söllner, Ingrid Wachsmann und Andrea Wunderlich.
Zu sehen sind in „Zeitenwende“ Gemälde, Skulpturen und Installationen, die sich dem Begriff auf verschiedenste Art und Weise nähern. Mehreren der Werke scheint das Wort dabei eine fruchtbare Inspirationsquelle geliefert zu haben: Viele gehen unverblümt auf den Kriegsaspekt der Thematik oder gesellschaftliche Bezüge wie den Klimawandel ein, manche machen sie an persönlichen, umwälzenden Erfahrungen fest. Nicht alle Werke der Schau beeindrucken, aber die die es tun, tun es umso mehr. Auf einige davon soll hier näher eingegangen werden.
In den unteren Ausstellungsräumen der Villa Dessauer sind Krieg und Verlust thematisch allgegenwärtig. Stephan Pfeiffer kommt in „Spiegelungen“, ein Gemälde mit Collage-Anteilen, direkt zur Sache. Zwei gleichartige Figuren scheinen sich die Hände reichen zu wollen. Aber die Friedlichkeit der Handlung dieses Zwillings- oder Brüderpaars, wie es zwei (zumindest ehemalige) Bruder-Nationen wie Russland und die Ukraine abgeben könnten, steht unter einem schlechten, weil kalschnikowförmigen Stern. Die russische Kriegswaffe hängt griffbereit für den an der Wand, der die Hand in die andere Richtung ausstreckt.
Noch drastischer wird es in Thomas Michels Gemälde „Schwanensee“. Das gleichnamige Ballettstück von Pjotr Tschaikowski ist ein maßgebliches Werk russischer kultureller Identität. Zu Sowjetzeiten diente es aber auch immer wieder der Ablenkung von der grauen sozialistischen Realität und wurde im Fernsehen anstatt negativer Nachrichten gezeigt. Im Stück selbst versucht Prinz Siegfried die in einen Schwan verwandelte Odette vor dem Dämon Rothbart zu retten.
Es gelingt ihm nicht und beide ertrinken am Ende in einem See. Bei Thomas Michel geht der Schwan in einem See aus Blut unter – ein Suizid der russischen Kultur soll hier mitschwingen. Und der Schauplatz der Szene erinnert an eine U‑Bahnstation. In ebensolchen suchen Menschen in ukrainischen Städten bekanntermaßen immer wieder Schutz vor russischen Bomben.
Chris Engels verarbeitet in ihrem Beitrag eine persönliche Zeitenwende. In einer Grafik, die wie eine Traueranzeige aufgemacht ist, zeigt sie ein Kreuz und daneben stehen die Worte „Ich nehme Abschied von meinem Partner“. Ein ruhiges und würdevolles Werk, dessen Titel „Nichts wird mehr so sein, wie es war“ zusätzlich über sich selbst hinaus- und auf die Weltpolitik hinweist.
Rustikaler geht es bei Thomas Gröhling zu. Er hat für „Zeitenwende“ Tierskulpturen aus Eichenholzstämmen geschnitzt. Die so entstandenen sieben Stelen, die an ihren oberen Enden alle in herausgemeiselten Tierfiguren münden, versinnbildlichen die sieben Kontinente und die Tatsache, dass in allen Erdteilen ein Artensterben vor sich geht.
Cornelia Morsch setzt auch auf das Thema verlorengehender Natur, wenn auch etwas filigraner, wie schon der Titel ihrer Werkreihe „Fragilität und Behutsamkeit“ andeutet. Ihre Zeichnungen von geöffneten Früchten oder Nüssen auf Holztafeln weisen auf die Brüchigkeit der Natur hin. Oder auf eine wegen Ausbeutung und übermäßigem Ressourcenverbrauch brüchig gewordene Natur. Gestalterische Anklänge an – beschädigte – Gehirn- oder Embryo-Formen sind dabei durchaus gewollt.
Helikopter, Recycling und Kuscheltiere
Bei der bereits erwähnten Heidrun Schimmel wird es im zweiten Stock der Ausstellung „Zeitenwende“ erneut etwas persönlicher. Ihre mehrere Quadratmeter große gewobene Textil-Arbeit „Fadenscheinig“ stellt dem Wandel der Zeiten, und seiner Geschwindigkeit, nicht nur den Zeitaufwand, den die textile Produktionsweise braucht, gegenüber. Auch öffnet sie Assoziationen zu Nachhaltigkeit in der Bekleidungsindustrie, zur Allgegenwärtigkeit von Netzwerken oder der Unübersichtlichkeit von Informationen im Wandel. Und als gebürtige Bambergerin kann sich Frau Schimmel auch noch an die Zeit erinnern, in der das heutige Wohn- und Studiergebiet der Erba-Insel zu großen Teilen in der Hand des Textilgewerbes war.
Thomas Brix will sich am liebsten nicht erinnern. Unbehagen, Ekel und Hilflosigkeit habe er gespürt als der die Zeitenwende einläutende Angriffskrieg begann. Künstlerisch dazu geäußert hat er sich aber doch. Zwar graut es ihm, wie er sagt, solche Bilder zu malen, aber er musste sie loswerden. Wobei es sich eher um ein Übermalen handelte. Seine Gemälde-Serie „Helikopter“ zeigt mit erkennbar kraftvollen, um nicht zu sagen gewaltvollen Pinselstrichen übermalte oder zerkratzte Landschaftsansichten. Die einzigen Details, die noch erkennbar sind, sind aufgestempelte Mini-Grafiken von Militärhubschraubern.
Auch bei Kerstin Amend-Pohlig lösen sich Formen und ihre Grenzen auf. Für ihre Skulpturenreihe „Boxenstopp“ nimmt sie sich des Themas der Umweltverschmutzung unter dem Gesichtspunkt des Recyclings an. Der Klimawandel, die Verschmutzung – irgendwie muss man mit dem Müll ja umgehen. Wieso Müllstücke verschiedenster Art also nicht miteinander verarbeiten und kombinieren oder verschmelzen und die so gewonnenen Objekte auf Sockeln oder in schreinartigen Boxen präsentieren? Eine dem Ganzen zur Seite gestellte Recycling-Lichtskulptur beleuchtet die bizarren Gebilde.
Waltraud Scheidel geht der Zeitenwende nicht in einer bestimmten Richtung nach – sie sagt mit ihrer Grafik „No“ einfach „nein“ zum Status quo. Entstanden ist das Werk zwar schon 2013, seine den Verhältnissen gegenüber ablehnende Haltung ist aber zeitlos. Mehrfach steht das Wort „no“ geschrieben, Verneinung und Ablehnung sind nicht verhandelbar, und um das alles zu unterstreichen hat Scheidel noch einen verächtlich wirkenden Farbklecks auf die Leinwand geklatscht.
Judith Bauer-Bornemanns Kuscheltier-Skulptur „Identity“ kommt gleichzeitig süß, bedrohlich und skurril daher. Bärchen, Äffchen, Schäfchen oder Pinguine hat sie eingenäht in schwarzen Strumpfhosenstoff und sie in eine Gruppe von Maskierten oder Verbrannten verwandelt. Hier ist Unschuld verlorengegangen.
Andrea Landwehr-Ratkas Installation „Es wird eng für uns“ wurde sinnigerweise kurz vor das Ende des Ausstellungsrundgangs platziert. Durch die an zwei gegenüberliegende Seiten offene Holzkonstruktion kann und soll man zum Abschluss hindurchgehen. Allerdings verengt sich dieser Durchgang von seiner einen zur anderen Seite und es stellt sich ein gewisses Gefühl der Beklemmung ein – ganz passend zur sich wandelnden Zeit.
BBK Oberfranken
Tage der offenen Ateliers: ARTUR 26
Mitglieder des Berufsverbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberfranken (BBK) öffnen Mitte September zu den Tagen der offenen Ateliers erneut die Türen ihrer Arbeitsräume. So soll dem Publikum auch bei der 26. Ausgabe von ARTUR ein Einblick in künstlerisches Schaffen gegeben werden.
Mehr als 30 Künstlerinnen und Künstler aus Bamberg und Umgebung nehmen an ARTUR 26 teil. Vertreten sind dabei sämtliche Genres der bildenden Kunst. Zwei Tage lang (16. und 17. September) kann das Publikum Ateliers besuchen, sich fertige und noch im Entstehen begriffene Werke ansehen und mit den KünstlerInnen ins Gespräch kommen.
ARTUR 26 in Bamberg
- Gudrun Besslein-Bauer: Zeichnung und Plastik – Nonnenbrücke 10
- Thomas Gröhling: Bildhauerei, Gast: Astrid Struck: Plastik und Malerei – Wiesenteich 7
- Johanna Galefske: Schmuck und Objekt – Dorotheenstraße 7
- Adelbert Heil: Bildhauerei – Mühlwörth 19a
- Christa Hoppe: Textil, Malerei und Installation – Die Bergner 11
- Barbara Klein: Malerei, Druckgrafik und Skulptur, Gast: Christiana Sieben: Malerei, Objekt und Druckgrafik – Maternstraße 2
- Ruth Loibl: Plastik, Zeichnung und Montage – Concordiastraße 17
- Alexandre Madureira: Malerei – Luitpoldstraße 9
- Hubert Sowa: Zeichnung und Malerei – Concordiastraße 17
- Christiane Toewe: Porzellan – Hainstraße 57
- Bernd Wagenhäuser: Plastik und Installation, Gast: Friedemann Haertl: Schmuck und Objekte –Gertraudenstraße 10.
ARTUR 26 in der Region
- Brigitte Böhler: Malerei und Objekt, Gast: Doris Bocka: Malerei – Kirchröthe 12, Mistelbach
- Mathias Börner: Malerei – Glender Straße 15, Coburg
- Stefan Dünkel: Verwandlungskunst – Gemein 40, Bindlach
- Angelika Gigauri: Zeichnung und Malerei, Gast: Beka Gigauri: Malerei – Klostergasse 3, Kulmbach
- Lucie Kazda: Malerei – Logistikpark 2, Bayreuth;
- Rüdiger Klein: Malerei und Grafik – Ochsenanger 1i, Heinrich-Semlinger Straße, Gaustadt
- Doris Müller: Malerei, Fotografie und Objekt – Ochsenanger 1i, Heinrich-Semlinger Straße, Gaustadt
- Dagmar Ohrndorf: Malerei und Objektkunst – Germanenstraße 8, Altendorf
- Margit Rehner: Malerei und Grafik – Logistikpark 2, Bayreuth
- Katrin Schinner: Objekte, Skulpturen und Mixedmedia – Preuschwitzer Straße 37, Bayreuth
- Peter Schoppel: Malerei und Druckgrafik, Gast: Hans Salomon-Schneider: Malerei – Bamberger Straße 7, Gundelsheim
- Gudrun Schüler: Malerei und Grafik – Markgrafenallee 44, Bayreuth
- Michaela Schwarzmann: Malerei, Papier und Textil – Gäste: Reiner Schütz: Grafik und Zeichnung, und Evelyn Hesselmann: Keramik – Hartmannstraße 5, Eggolsheim
- Ute Westien: Malerei – Logistikpark 2, Bayreuth.
BBK-Jahresausstellung zum 200. Todestag von E.T.A. Hoffmann
„unheimlich fantastisch oder total real“
Vor 200 Jahren starb E.T.A. Hoffmann – ein Anlass, dem nun auch der Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberfranken, der BBK, eine Ausstellung widmet. Für „unheimlich fantastisch oder total real“ sind noch bis 27. November die Werke von 24 Mitgliedern des Verbands in der Villa Dessauer zu sehen. Thematisch gibt es das E.T.A.-Übliche, inhaltlich zeigt die Schau aber abwechslungsreiche und neuartige Interpretationen davon.
Einigen Werken der Ausstellung „unheimlich fantastisch oder total real“ sieht man an, dass sie nicht speziell für das E.T.A. Hoffmann-Thema angefertigt, vom BBK aber für die Ausstellung ausgewählt wurden, weil sie zufällig gut dazu passen. Thomas Brixs Zeichnung „Heil-Land“ aus dem Jahr 2021 ist ein Beispiel dafür, Christine Grubers „Floria Tosca“, 2005, ein anderes. Ersteres kann im Sinne der Automatenthematik aus Hoffmanns „Der Sandmann“ ausgelegt werden; in Zweiterem hat der BBK das Unheimlich-Fantastische, das viele Werke E.T.A.s durchdringt, ausgemacht.
Andere Werke, wie Gerhard Hagens „Berganza Reloaded“ (2022) oder Ute Westiens „Elexiere des Teufels“, wurden unterdessen eigens für die Schau in der Villa Dessauer angefertigt. Insgesamt 24 Künstlerinnen und Künstler zeigt die Ausstellung, namentlich: Kerstin Amend-Pohlig, Mathias Börner, Chris Engels, Henrike Franz, Barbara Gröne-Trux, Andrea Landwehr-Ratka, Ruth Loibl, Cornelia Morsch, Wolfgang Müller, Stephan Pfeiffer, Gert Ressel, Veronika Riedl, Waltraud Scheidel, Nelly Schrott, Maria Söllner, Hubert Sowa und Cordula Utermöhlen.
Auch Walli Bauer und Thomas Michel haben Neugeschaffenes beigesteuert. Wir haben die beiden zum Gespräch über „unheimlich fantastisch oder total real“ getroffen.
Frau Bauer, Herr Michel, warum hat sich auch der BBK Oberfranken für seine Jahresausstellung dem Thema des 200. Todestages von E.T.A. Hoffmann angeschlossen?
Thomas Michel: Das war für den BBK die Chance, auch einmal auf einen größeren thematischen Zug aufzuspringen und außerdem einen Wiedererkennungswert zu erzeugen, mit der Ausstellung „Unheimlich fantastisch“, die in der Staatsbibliothek zu sehen war.
Walli Bauer: Wir wollten uns mit der Ausstellung einerseits anhängen an das große Bamberger Kulturthema 2022, den 200. Todestag von E.T.A. Hoffmann. Andererseits sollte es aber auch die Möglichkeit bieten, künstlerisch freier darüber zu denken und damit zu arbeiten.
Im Angesicht dieser Freiheit, die der BBK im Umgang mit dem Thema gegeben hat, haben sich die 24 KünstleriInnen dann aber doch an den üblichen E.T.A. Hoffmann-Motiven wie gespaltene Persönlichkeit, Universalgenie, Automat und dem Hund abgearbeitet. Was zeigt die Ausstellung, was andere noch nicht gezeigt haben?
Thomas Michel: Ich denke, das sieht man an den Werken und ihren verschiedenen Genres. 24 Künstlerinnen und Künstler, die sich dem Thema widmen, war noch nicht da. Es gibt einige Künstlerinnen und Künstler, die sich intensiv und neuartig mit E.T.A. Hoffmann auseinandergesetzt haben.
Walli Bauer: Der BBK hatte das Thema ausgeschrieben, das heißt, man konnte sich bewerben und sich auf das Thema einlassen oder eben nicht. Was mich an Hoffmann interessiert hat, war, mich auf den Mann einzulassen, um nachzugraben, wer er war, was er fühlte und was er dachte. Hoffmann war ein mehrfach begabter Künstler, so gesehen eben anders als andere. Auf jeden Fall war er ein empfindsamer Mensch, der sich von seiner Umwelt sehr oft nicht verstanden fühlte und oft aneckte, was man in seiner Bamberger Zeit sehr gut beobachten kann. Heute würde man vielleicht sagen, er war sozial nicht angepasst. Das ist Thema meiner Holzschnitte.
Haben es 24 Künstlerinnen und Künstler geschafft, in „unheimlich fantastisch oder total real“ ein vollständiges Bild von E.T.A. Hoffmann zu zeichnen?
Thomas Michel: E.T.A. Hoffmann ist schon ein spezielles Thema, mit dem man sich schon umfangreich auseinandersetzen kann. Aber das Thema konnte ja sehr frei angegangen werden, man musste sich nicht allzu deutlich an Hoffmann abarbeiten oder ein vollständiges Bild schaffen. Es ging eher darum zu schauen, dass man in den Rahmen des Themas einen Ansatz integriert, der weiter geht.
Auf eine Facette von Hoffmanns Schaffen geht die Ausstellung allerdings nicht ein, nämlich auf sein Schaffen als Karikaturist. Wieso verkennt ihn die Ausstellung in dieser Richtung?
Thomas Michel: Jede Künstlerin, jeder Künstler hat Hoffmann anders aufgegriffen. Ich glaube auch, dass man Karikatur sehr zeitgenössisch aufgreifen kann, wie zum Beispiel in der Manga-Community. Karikatur ist aber ein sehr spezielles Metier, und selbst herausragende Künstlerinnen und Künstler, die gegenständlich arbeiten, sind nicht unbedingt gute Karikaturistinnen und Karikaturisten. Auch umgekehrt muss es nicht zwangsläufig so sein. Wilhelm Busch und Loriot kamen auch nicht aus der Kunstszene. Deshalb bitte ich in diesem Punkt für die BBK-Künstlerinnen und ‑Künstler um gewisse Nachsicht. Außerdem haben wir Gert Ressel mit seinem Gemälde „Der Vielseitige“. Dessen entfremdete Figuren gehen schon in die Richtung der Karikatur.
Kann man für seine Kunst heute noch Ärger bekommen so wie E.T.A. Hoffmann für seine Karikaturen?
Thomas Michel: Es ist schwierig. Es gibt ja in der Kunst nur noch ganz wenige Tabus, die man noch brechen könnte. Es sei denn, man kommt aus dem globalen Süden und stellt auf der Documenta aus.
Walli Bauer: Es gibt wohl wenig, das noch kritische, politische Grenzgänge zeigt. Arbeiten, die sich mit politischen Themen auseinandersetzen, sollten sensibel umgesetzt werden.
Herr Michel, Sie haben zur Ausstellung unter anderem das Gemälde „Olimpia“, das das Doppelgängerthema aus „Der Sandmann“ aufgreift, beigesteuert. Was sprach Sie daran an?
Thomas Michel: Was ich beim Sandmann total faszinierend finde, ist das Thema mit den Automaten. Die Menschen im 18. und 19. Jahrhundert waren, was das angeht, schon ziemlich weit entwickelt – es gab Musikautomaten oder Schreibautomaten. Hinzu kam für mich das Urthema oder die Urangst der unbelebten Materie oder Puppe, die zum Leben erweckt wird. Dann habe ich mir überlegt, was die Entsprechung zu den Automaten im 21. Jahrhundert ist. Das sind für mich humanoide Roboter oder künstliche Intelligenz. Deswegen habe ich die Vorlage, dieses Frauengesicht, das das Gemälde zeigt, einer biometrischen Datenbank entnommen, die mit einem Algorithmus aus Millionen von Gesichtern neue erschafft und diese per Zufallsgenerator dem Betrachter zeigt, der sich durch diese Datenbank scrollt. So gesehen spielt der Zufall auch bei der Auswahl eine große Rolle. Aber egal, welche Vorlagen ich verwende, es geht dabei immer um einen Transformationsprozess.
Das Spannende daran ist zu beobachten, was passiert, wenn man ein glattes virtuelles Digitalbild in reale physische Farbmaterie in Öl auf Leinwand übersetzt. Das Bild bekommt dann etwas wesentlich Authentischeres. Vieles an der vom Algorithmus erzeugten Vorlage musste ich noch korrigieren oder ergänzen, zum Beispiel die Brustpartie unterhalb des Halses oder den oberen Haarbereich. Auch die Farben sind kompositorisch und psychologisch bewusst gewählt. Weiß steht für Reinheit, rot für die Liebe beziehungsweise das Begehren und rückt das Gemälde farbenpsychologisch näher an den Betrachter heran.
Was hat es mit den Textblöcken unterhalb der Gemälde auf sich, die sagen: She stole my memories. Believe me, she is a transhuman fake?
Thomas Michel: Die Textblöcke setzen ein Dreiergespräch zwischen den beiden Bildnissen und dem Betrachter in Gang. Die beiden Porträts bezichtigen sich gegenseitig, ein Fake zu sein und der Betrachter muss dazu irgendwie einen Standpunkt finden. Es geht um Original und Fälschung und die Manipulierbarkeit des Betrachters. Das Wort „transhuman“ spielt auf die philosophische Bewegung des Transhumanismus an, wo diskutiert wird, wie zum Beispiel künstliche Intelligenz in Bezug auf die menschliche Zukunft angewandt wird, das Klonen, so wie die beiden Bilder geklont sind, spielt dabei eine wichtige Rolle.
Wieso mutet das Gesicht, das dieser Algorithmus ausgerechnet hat, asiatisch an?
Thomas Michel: Letztendlich habe ich das Gesicht ausgewählt, das mir am ausdrucksstärksten erschien. Hautfarbe und Herkunft und so weiter haben dabei aber keine Rolle gespielt. Dass eine Asiatin den Idealvorstellungen der internationalen Männerwelt entspricht, kann man durchaus so stehen lassen, das war mir während des Auswahlprozesses aber gar nicht bewusst.
Frau Bauer mit ihrem Holzschnitt „E.T.A. Hoffmann tritt neben sich“ haben auch Sie sich des Themas des Doppelgängers angenommen.
Walli Bauer: Ich wollte damit näher auf den Menschen E.T.A. Hoffmann eingehen, auf den unverstandenen E.T.A. oder den traurigen eigentlich. Man sieht seinen Umriss hinter seinen vergrößerten Schatten in einer anderen Farbe. Hoffmann ist hier in verschiedenen Stimmungslagen zu sehen. Er existierte sozusagen wie eine zweite Person neben sich. Nicht nur als Ehemann und Jurist und Künstler, sondern auch jemand, der, wie eine gespaltene Persönlichkeit, seine wahnhaften oder utopischen Geschichten während er sie schrieb vielleicht auch durchlebt hat. Ein Mensch, der neben sich steht.
Offene Ateliertage des BBK Oberfranken
ARTUR 25
Für ARTUR 25 – Offene Ateliertage öffnen Mitglieder des Berufsverbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberfranken der Öffentlichkeit ihre Arbeitsräume und gewähren Einblicke in ihr Schaffen.
Knapp 30 KünstlerInnen nehmen von 16. bis 18. September an ARTUR 25 – Offene Ateliertage des BBK Oberfranken teil. Wie der BBK mitteilte sind neben den klassischen Techniken wie Malerei, Bildhauerei, Druckgraphik und Papierkunst viele weitere künstlerische Disziplinen vertreten.
In den offenen Ateliers in Bamberg, Bayreuth und der Region kann das Publikum mit den Künstlerinnen und Künstlern über ihre Werke und Arbeitsweise sprechen. Los geht es morgen Abend im Kesselhaus mit der Vernissage der Ausstellung „Trio9“.
ARTUR 25: Teilnehmende Künstlerinnen und Künstler
In Bamberg:
Albert Ultsch
Adelbert Heil
Andrea Landwehr-Ratka
Gerhard Hagen
Hubert Sowa, Atelier Concordia mit Gast: Fritz Herrmann
Norbert Beck
Ruth Loibl, Atelier Concordia
Thomas Gröhling mit Gast: Michaela Schwarzmann
Walli Bauer mit Gast: Katharina Schween
Atelier Lebenskunst, KUFA Bamberg
Umland:
Christiana Sieben, Gundelsheim
Cordula Utermöhlen, Bad Rodach
Brigitte Böhler mit Gast: Rosemarie Stoll, Mistelbach
Gerd Kanz, Untermerzbach
Mathias Börner mit Gast: Aleksandr Markin, Coburg
Roland Schön, Neudrossenfeld
Thomas Brix, Eckersdorf
Udo Rödl, Münchberg
Bayreuth:
Gudrun Schüler
Lucie Kazda
Margit Rehner
Ute Westien
Werner Geister
Ein besonderer Gast wird dieses Jahr das Atelier Lebenskunst der Lebenshilfe Bamberg sein. Am Sonntag zeigen in der KUFA (Ohmstraße 3) behinderte und nicht-behinderte Künstlerinnen und Künstler ihre Werke bei Kaffee und Kuchen.
Weitere Informationen zu ARTUR 25 finden sich auf der Homepage des BBK Oberfranken.