Der Berganzapreis des Bamberger Kunstvereins geht in diesem Jahr an den Architekten Christoph Gatz. Damit hat die Vereinigung in erster Linie einen
... weiter
Frische Luft unter der Glasglocke
Beganzapreisträger Christoph Gatz
Der Berganzapreis des Bamberger Kunstvereins geht in diesem Jahr an den Architekten Christoph Gatz. Damit hat die Vereinigung in erster Linie einen Unterstützer der örtlichen Kunst und Kultur und nicht einen ihrer Akteure, anders ausgedrückt einen Künstler, ausgezeichnet. Zur Begründung nennt der Kunstverein unter anderem Gatz’ Einsatz für zeitgenössische Kunst. Außerdem haben Gatz’ Bauten den hiesigen Blick auf Architektur erweitert. Denn: Es muss nicht immer alles alt sein.
Seine Entwurfsansätze bezeichnet der Architekt Christoph Gatz als modern – nicht modisch –, unaufgeregt und einfach. Er verfolge eher einen konzeptionellen Zugang zur Gestaltung, der im gedachten Dialog mit umstehenden, bereits bestehenden Gebäuden und Baustilen liege, als die Bauweise einer exaltierten, „fast schon skulptural anmutenden Architektur, wie sie immer häufiger zu finden ist.“

„Welchen Dialog mit bereits bestehender Bausubstanz kann man eingehen?“, sagt Christoph Gatz. „Was kann man an dieser Stelle für die Menschen, für die wir bauen, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln machen? Wir wollen einfach und gut bauen. Das haben, glaube ich, Architekten häufig nicht mehr auf ihrem Firmenschild stehen. Viele wollen etwas Einmaliges, etwas ganz Besonderes entstehen lassen. Das ist nicht unsere allererste Handlungsmaxime.“
Der von Christoph Gatz und seinem Team entworfene Glasbau des Appartementhauses der Villa Concordia ist ein gutes Beispiel dafür. Anstatt den prunkvollen, geschmückten Barockstil des Wasserschlosses fortzuführen, oder zu kopieren, entschied man sich, durch eine reduzierte Gestaltung Spannung mit der Villa zu erzeugen.
Der Rhythmus der Fensterreihen des historischen Gebäudes wurde zwar beibehalten, aber ohne die entsprechenden Bestandteile der Glasfassade etwa durch Rahmen oder Abtrennungen besonders hervorzuheben. Die Konstruktion des Glasbaus verschwindet hinter dem Glas. Dieses Nebeneinanderstellen von Historischem und Modernem, dieses gleichzeitige Zitieren und Reduzieren der Gestaltung der Villa erzeugt architektonische Spannung. Besonders wichtig war dem Architekten, die großen Bäume zu erhalten, weshalb das Gebäude auf einzelne Pfähle gestellt wurde, um die Wurzeln nicht zu verletzen.
Eine derartige Bauweise war im Jahr 1999, als die ersten Stipendiatinnen und Stipendiaten einzogen, noch relativ neu in Bamberg und trug trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer Unspektakulärheit zu einem Umdenken beim Thema „Alt-Neu“ bei. Teilweise löste sie sogar heftige Reaktionen in der Bevölkerung aus.
Unter der Glasglocke
Die kulturelle Situation, die Christoph Gatz 1985 nach seiner Rückkehr in seine Heimatstadt nach Studienjahren in Karlsruhe, München und Nordafrika und ersten Berufsjahren in München vorfand, war nämlich eher eine konservative. Bamberg hatte sich, so Gatz, baukulturell unter eine Glasglocke begeben. Man ruhte sich auf dem Titel der Weltkulturerbestadt aus. Die Bewahrung der Bautradition, die Pflege der Denkmäler und ganz allgemein das Geschichtsbewusstsein stand ganz oben. Und das Programm der Symphoniker bewegte sich vorwiegend im Bereich der Klassik.
Und so freute es Christoph Gatz, den Liebhaber zeitgenössischer Kunst, als mit dem von Dr. Bernd Goldmann initiierten Skulpturenpfad die Moderne an vielen Orten im Stadtbild sichtbar zu werden begann. „Das war ein ganz wichtiger Impuls.“
Dieser Überbetonung des zwar Altehrwürdigen, aber eben auch Alten, steuert Gatz, kurz gesagt, seinerseits seit jeher architektonisch entgegen. Was ihn für den Kunstverein aber vornehmlich berganzapreisträchtig gemacht hat, waren nicht so sehr künstlerische Erwägungen seiner zeitgenössischen Bauweise. Er sieht sich ohnehin ausdrücklich nicht als Künstler. Der hundeförmige Preis wurde ihm vor allem für den genannten Diskussionsanstoß und seinen Einsatz für die Bamberger Kultur, soll heißen für die Etablierung der zeitgenössischen Kunst vor Ort zugesprochen.
Für die zeitgenössische Kunst in Bamberg
Seit 1989 vergibt der Kunstverein Bamberg jährlich den Berganzapreis an kunst- oder kulturschaffende Personen oder Einrichtungen Bambergs. In der Begründung, Christoph Gatz die diesjährige Auszeichnung zu verleihen, heißt es: „Als Berganza-Preisträger hat der Vorstand des Kunstvereins in diesem Jahr eine Persönlichkeit ausgewählt, die sich gemäß unseren Kriterien seit vielen Jahren mit Leidenschaft, Idealismus, Selbstlosigkeit und nicht zuletzt intensiver Arbeit im Kulturleben der Stadt engagiert.“
Und weiter: „So verdanken wir seinem initiativen und unermüdlichen Einsatz für das Kesselhaus, dass wir dieses Haus seit nun schon zehn Jahren bespielen können. Er ist seit vielen Jahren auch ein Förderer des Levi-Strauss-Museums in Buttenheim und hat als langjähriger Sprecher des Architektur-Treffs-Bamberg die Diskussion um neue Architektur in dieser Stadt befördert. (…) Nicht zuletzt dank seines Engagements sind auch die großartigen Fenster von Markus Lüpertz in der Elisabethenkirche nahezu fertig gestellt.“
Überrascht habe ihn die Nachricht von der Verleihung des Berganzapreises aber schon, sagt Christoph Gatz. „Das dauerhafte Engagement der VR Bamberg-Forchheim und des Bamberger Kunstvereines finde ich sehr bemerkenswert. Ich weiß auch schon, in welches künstlerische Projekt ich das Geld stecken werde.“ Moderner Kunst jenseits von Welterbe und Barock einen Platz in der Stadt zu schaffen, ihr zu ermöglichen, dass sie stattfinden kann, ist sein großes Anliegen.
„Vor über zehn Jahren habe ich zusammen mit Gerhard Schlötzer vom Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberfranken eine Begehung im Kesselhaus gemacht. Der Raum lag damals zwar noch mehr oder weniger in Schutt und Asche, aber ich wusste sofort, dass wir daraus was machen können.“
2011 konnte der Kunstverein die erste Ausstellung im ehemaligen Heizraum Kesselhaus eröffnen. Dort, zwischen der Unteren Sandstraße und dem Leinritt, hat zeitgenössische Kunst seit 2015 ununterbrochen bis heute einen Platz, von dem aus sie in die Stadt und den öffentlichen Raum hineinwirken kann.
Lüpertz in Bamberg
Ein weiteres Projekt, in das Christoph Gatz seit sieben Jahren sehr viel Energie steckt, ist die Ausstattung der Kirche St. Elisabeth im Sand mit vom Maler und Bildhauer Markus Lüpertz gestalteten Fenstern. Bei der Enthüllung der Bronzefigur des Apoll unmittelbar vor der Kirche soll der Künstler den Vorschlag gemacht haben, die Glasfenster durch farbige Neuschaffungen zu ersetzen. Pfarrer Hans Lyer war natürlich sofort begeistert. Er übergab die Organisation des Projektes und vor allem die Akquise der Geldmittel aber wenig später an seinen Freund aus Kindertagen, Christoph Gatz.
Die Beschaffung der nicht kleinen Summe stellt sich seitdem als Daueraufgabe dar. 2019 konnte das erste der acht geplanten Fenster eingesetzt werden, bereits wenige Monate später das zweite, nach vier weiteren im Jahr 2021 soll der Abschluss des Projektes im Juni 2022 mit einem Fest gefeiert werden. Denn es waren vornehmlich die Kunstliebhaber, die den größten Teil der Summe aufgebracht haben.
Für Christoph Gatz war es eine reizvolle Aufgabe, das Entstehen der farbigen Glaskunst in einem historischen Kirchengebäude begleiten zu dürfen. „Die Kirchenfenster sind eines der ganz wenigen Beispiele zeitgenössischer Malerei in der Stadt Bamberg. Obwohl das Fensterprojekt noch nicht fertiggestellt ist, hat es bundesweite Bekanntheit und Aufmerksamkeit gewonnen.“
Während der samstäglichen Gottesdienste spielt Gatz in St. Elisabeth übrigens Keyboard. „Ich bin musikalisch ein ziemlicher Dilettant, aber die Leute hören es gerne und singen kräftig mit.“
Beispiele für Gatz‘ Schaffen
Das Bauen im historischen Umfeld nimmt einen sehr großen Platz im Werk des Architekten Christoph Gatz ein. Kultur- und Bildungseinrichtungen stehen im Vordergrund. Eine Ausnahme ist der Bau der Zuschauertribüne des Fuchs-Park-Stadions – Heimstätte des FC Eintracht Bamberg.
Auch hier war der Umgang mit historischem Gebäudebestand gefragt, galt es doch, das Eingangsgebäude aus der Wende zwischen 19. und 20. Jahrhundert zu erhalten. Der Architekt setzte wiederum auf einen Dialog zwischen Neuem und Bestehendem und auf die Spannung, die sich daraus ergibt.
Das Tribünendach stellte seine eigenen Anforderungen. „Das sehr weite Hinausragen der Dachkonstruktion musste mit einfachen Mitteln bewältigt werden. Aufgeregte Konstruktionen wollten wir aus Respekt gegenüber dem Denkmal nicht.“ Und das Grün der Sitze auf der Tribüne passt sogar zum Grün des Rasens.
Christoph Gatz ist und war außerdem auch immer schon außerhalb Bambergs tätig. Überregionale Beispiele seines Schaffens lassen sich überall in Franken finden. In Coburg entstand aus seinen Plänen ein Hörsaalgebäude der Hochschule und in Fürth das Jüdische Museum Franken.
In Memmelsdorf fertigte er die Baupläne der Orangerie des Schlosses Seehof an und in Buttenheim zeichnete er verantwortlich für die Renovierung und Erweiterung des Levi-Strauss-Museums. Und aktuell arbeitet er mit seinem Team am Bau eines neuen Rathauses in Burgebrach, an Wohnanlagen in Frensdorf und Schlüsselfeld, an Schulen in Scheßlitz und Buttenheim.
Noch nicht hat er den Gedanken daran aufgegeben, dass eines Tages das Kesselhaus in Bamberg ein ständiger Ort für zeitgenössische Kunst in Bamberg sein wird. Das läge wohl in der Familie. „Mein Vater und mein Großvater hatten sich als Vorstände des Kunstvereines Bamberg immer eigene Ausstellungsräume gewünscht.“
Das könnte Sie auch interessieren...
„Die Qualität muss stimmen“
Berganzapreis
Alljährlich vergibt der Bamberger Kunstverein den Berganzapreis. Ausgezeichnet werden die, die den „selbstmörderischen Ansprüchen“ E.T.A. Hoffmanns gerecht werden.
So formulierte es zumindest einst der Gründer des Berganzapreises Hans Neubauer. Anders ausgedrückt geht die mit 4.000 Euro dotierte Auszeichnung an Kunst- oder Kulturschaffende und kulturelle Einrichtungen, die sich durch ihr Schaffen oder ihre Arbeit um die Qualität der regionalen Kultur verdient gemacht haben. Die Liste bisheriger Preisträgerinnen und Preisträger liest sich wie ein Who-is-who der örtlichen Szene (auch wenn einer der größten örtlichen Namen fehlt): Gerrit Zachrich, Chapeau Claque oder Werner Kohn wurden schon mit dem Berganzapreis ausgezeichnet, genau wie Gerhard Schlötzer oder, als eine der wenigen Frauen, Christiane Toewe. Als Preisträger des Jahres 2020 hat sich die Jury aus den Kunstverein-Vorstandsmitgliedern Barbara Kahle, Maren Jensen, Notburga Karl, Jürgen Wilhelm, Franz Ulrich und Karlheinz Erbe für den Gundelsheimer Grafiker Peter Schoppel entschieden. Wir haben Barbara Kahle zum Gespräch getroffen.

Frau Kahle, seit 1989 vergibt der Kunstverein Bamberg den Berganzapreis. Wie kam es zur Entscheidung, die Auszeichnung in diesem Jahr zum ersten Mal zu vergeben?
Barbara Kahle: In den 80er Jahren des zurückliegenden Jahrhunderts gab es in Bamberg überhaupt keine Kulturpreise. Aber es lag in der Luft, dass sich Kulturinteressierte zu überlegen begannen, dass es sinnvoll sein könnte, die regionale Kulturszene durch einen Preis zu stärken und zu würdigen. Der Kulturförderpreis beziehungsweise der E.-T.-A.-Hoffmann-Preis der Stadt Bamberg ist auch 1989 zum ersten Mal vergeben worden. Der damalige Vorsitzende des Kunstvereins, Hans Neubauer, der in den 80er Jahren viele, positive Neuerungen für den Kunstverein eingeführt hat, arbeitete auch an der Ausschreibung eines Kunstpreises. Bei der Namensgebung, für die es eines griffigen Begriffs bedurfte, kam man natürlich zuerst auf E.T.A. Hoffmann, der seinerzeit Gründungsmitglied des Kunstvereins war. Ein Preis mit dem Namen „E.T.A. Hoffmann Preis“ ins Leben zu rufen, wäre also naheliegend gewesen, aber diesen Namen hatte die Stadt dem Kunstverein schon weggeschnappt. Also besann man sich auf die Hoffmann’sche Figur des Hundes Berganza, mit dem sich Hoffmann in „Nachricht von den neuesten Schicksalen des Hundes Berganza“ über Bamberger Kultur unterhält. Darin gibt es auch eine Stelle, die als Vorlage der Eigenschaften diente, die die Preisträgerinnen und Preisträger haben müssen.
Wie lautet diese Stelle?
Barbara Kahle (liest aus einem Jahresheft des Kunstvereins vor): „In gewissem Sinn ist jeder nur irgend exzentrische Kopf wahnsinnig und scheint es desto mehr zu sein, je eifriger er sich bemüht, das äußere matte, tote Leben durch seine inneren, glühenden Erscheinungen zu entzünden. Jeden, der einer großen, heiligen Idee, die nur der höheren, göttlichen Natur eigen, Glück, Wohlstand, ja selbst das Leben opfert, schilt gewiss der, dessen höchste Bemühungen im Leben sich endlich dahin konzentrieren, besser zu essen und zu trinken und keine Schulden zu haben, wahnsinnig, und er erhebt ihn vielleicht, indem er ihn zu schelten glaubt, da er als ein höchst verständiger Mensch jeder Gemeinschaft mit ihm entsagt.“ Das war eine Sprache! Aber Hans Neubauer hat daraus das Ziel für die Findung der Preisträger abgeleitet und gesagt, dass alljährlich die Person ausgezeichnet werden solle, die diesen selbstmörderischen Ansprüchen am besten genüge.
Wie erfüllt der aktuelle Preisträger Peter Schoppel diese selbstmörderischen Ansprüche?
Barbara Kahle: Er füllt sie schon dadurch, dass er sich entschlossen hat, freiberuflicher Künstler zu werden. Aber die Kriterien der Vergabe sind, wie auch beim Kulturpreis der Stadt, relativ weit ausgelegt. Es sollen Personen gewürdigt werden, die sich durch ihr künstlerisches oder ihr gesellschaftliches Engagement auszeichnen. 2014 haben wir beispielsweise den Gefängnispfarrer Hans Lyer für sein Engagement im künstlerischen Bereich mit Gefangenen gewürdigt. Ähnliches galt für das Neue Palais, Gerrit Zachrich oder den Jazzclub. Es werden also keine unterschiedlichen Kriterien angelegt, sondern die einzelnen Kandidaten erfüllen die Kriterien auf unterschiedliche Art und Weise. Wir haben bei der Entscheidung für Peter Schoppel auf zwei Dinge geachtet, nämlich auf sein künstlerisches Werk – er ist ein exzellenter Grafiker – und auf die Tatsache, dass er sich stark in der örtlichen Kulturszene, im Kunstverein und im BBK engagiert. Außerdem haben wir dieses Jahr darauf geachtet, jemanden auszuzeichnen, der nicht über ein festes Einkommen verfügt. In diesen Corona-Zeiten befinden sich freischaffende Künstler in noch prekäreren Umständen als sonst. Das heißt aber nicht, dass der Berganzapreis ein Sozialpreis ist.
Heißt das im Umkehrschluss, dass, wenn Künstler, die neben der Kunst einem Beruf nachgehen, ausgezeichnet werden, Hobby-Künstler den Preis bekommen?
Barbara Kahle: Nein, das sicher nicht. Wenn wir Bildende Künstler auszeichnen, schauen wir immer sehr stark auf das künstlerische Werk. Die Qualität muss stimmen.
Ist es in der gemeinsamen Zeit von Berganzapreis und Kulturförderpreis der Stadt beziehungsweise E.-T.-A.-Hoffmann-Preis vorgekommen, dass man sich gegenseitig potenzielle Preisträger weggenommen hat?
Barbara Kahle: Nein, aber man schaut immer ein bisschen darauf, was die anderen machen und im Lauf der Jahre haben sich Übereinstimmungen zwischen unserer und deren Preisträgerliste ergeben. Fotograf Werner Kohn hat zum Beispiel beide Preise bekommen oder Hans Wollschläger, der Schriftsteller. Obwohl ich schon sagen muss, dass der E.-T.-A.-Hoffmann-Preis noch ein bisschen mehr Anerkennung genießt.
Ein großer Bamberger Name, der auf Ihrer Liste fehlt, auf der des E.-T.-A.-Hoffmann-Preis jedoch nicht, ist der von Paul Maar.
Barbara Kahle: Die Frage, Paul Maar auszuzeichnen oder nicht, ist eine, die sich uns schon lange stellt. Er hat schon so viele Preise gewonnen, dass es bei uns Diskussionen gibt, ob man ihm den Berganzapreis auch noch geben muss oder wir lieber Leute auszeichnen, deren Wirken noch nicht so bekannt ist.
Wie sieht die Entscheidungsfindung in der Jury aus?
Barbara Kahle: Nach Mehrheitsbeschluss. Wir diskutieren, bis wir ein einstimmiges Ergebnis haben. Klar ist es dabei schon vorgekommen, dass die eine oder der andere mit der Meinung ein bisschen zurückstehen musste, aber es hat nie einen derartigen Dissens gegeben, dass jemand mit einer Entscheidung überhaupt nicht einverstanden war.
1998 wurde Martin Neubauer, der Sohn des damaligen Kunstverein-Vorsitzenden Hans Neubauer, ausgezeichnet. Gab es damals Stimmen, die in dieser Entscheidung einen gewissen Beigeschmack ausgemacht haben?
Barbara Kahle: Nein, aber da muss man schon aufpassen. Genau wie man beim E.-T.-A.-Hoffmann-Preis hätte darauf achten müssen, dass Leute, die in der Jury sitzen, zum Beispiel Tanja Kinkel, den Preis nicht gewinnen.
Würden Sie sagen, dass der Berganzapreis ein fester, etablierter Termin im örtlichen Kulturbetrieb ist?
Barbara Kahle: Ja, auf jeden Fall. Und er ist vor allem eine feste Größe, was Auszeichnungen für Bildende Künstler angeht.
Wie profitieren die Preisträgerinnen und Preisträger von der Auszeichnung mit dem Berganzapreis?
Barbara Kahle: Abgesehen von den 4.000 Euro Preisgeld tragen sie Renommee davon. Ein Künstler lebt von seinen Verkäufen und in seinem Lebenslauf ist ein ganz wichtiger Punkt, welche Auszeichnungen und Preise er gewonnen hat. Solche Auszeichnungen aufführen zu können, hebt einen Künstler von der riesigen Masse anderer Künstler ab.
Das durchschnittliche Alter der bisher Ausgezeichneten scheint bei etwa 40 Jahren zu liegen. Wie kommt dieser vergleichsweise hohe Schnitt zustande?
Barbara Kahle: Es ist schon so, dass wir bisher mehr diejenigen ausgezeichnet haben, die schon länger künstlerisch aktiv und darum schon ein bisschen älter sind. Aber es gibt Überlegungen, um auch die junge Szene zu stärken, ab und zu auch jüngere Künstlerinnen und Künstler auszuzeichnen.
Eine weitere auffällige Eigenschaft der bisher Ausgezeichneten besteht darin, dass sehr wenige Frauen den Preis erhalten haben. Die erste Künstlerin, die den Preis erhielt, war Dinah Politiki im Jahr 2000.
Barbara Kahle: Ja, das stimmt absolut. Obwohl der örtliche Kulturbetrieb in einigen Spitzenpositionen wie in Museen, Theatern oder im Kulturamt sehr stark weiblich besetzt ist, hat sich das bedauerlicherweise nicht in der Zahl unserer Preisträgerinnen niedergeschlagen.
Wie wird die Verleihungszeremonie in Corona-Zeiten ablaufen?
Barbara Kahle: Sie soll stattfinden, in der Villa Dessauer, auch wenn wir noch nicht genau wissen, wann. Allerdings haben wir das Problem, dass höchstens 30 Leute anwesend sein dürfen. Aber dann gibt es eben eine kleinere Feier.