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Blaues Kreuz

Inter­na­tio­nal Blue Cross

Der Alko­hol­kon­sum steigt

Die Schwei­zer Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­ti­on Inter­na­tio­nal Blue Cross (IBC) hat den Auf­trag, Men­schen vor alko­hol- und dro­gen­be­ding­ten Schä­den zu schüt­zen. Um die­sem gerecht zu wer­den, bie­tet das IBC welt­weit Prä­ven­ti­ons­maß­nah­men und Ent­wick­lungs­pro­gram­me an. Für die knapp 40 natio­na­len Mit­glieds­ver­bän­de arbei­ten etwa 100.000 Per­so­nen rund um den Glo­bus. In Zei­ten der Aus­gangs­be­schrän­kun­gen der Coro­na-Kri­se sind die Men­schen anfäl­li­ger für 
Son­ja Pönisch
über­mä­ßi­gen Alko­hol­kon­sum und damit Alko­hol­sucht gewor­den. Über Falsch­in­for­ma­tio­nen über Alko­hol und das Virus, den Umgang der Gesund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on IBC mit der Pan­de­mie, vor allem in Län­dern mit kaum vor­han­de­nen Gesund­heits-Sys­te­men, haben wir mit Son­ja Pönisch, die von Bam­berg aus Auf­ga­ben der Ver­wal­tung und Netz­werk­pfle­ge über­nimmt, gesprochen.

Wie wirkt sich die Coro­na-Kri­se auf den Alko­hol­kon­sum der Men­schen aus?

Son­ja Pönisch: Der Alko­hol­kon­sum ist nach­weis­lich in allen Län­dern gestie­gen, die von der Kri­se betrof­fen sind. Wir bekom­men ent­spre­chen­de Zah­len von der WHO, den Ver­ein­ten Natio­nen und Moven­di Inter­na­tio­nal. Die­ser Anstieg kommt natür­lich unter ande­rem daher, dass vie­le Men­schen auf­grund der Beschrän­kungs­maß­nah­men zuhau­se sind, frei haben oder im Home­of­fice arbei­ten und nichts mit der Zeit anzu­fan­gen wis­sen. Pro­ble­ma­tisch ist aber nicht nur der Alko­hol­kon­sum, der dadurch steigt, son­dern auch die Zunah­me an häus­li­cher Gewalt.

Wird auch Alko­hol gehamstert?

Son­ja Pönisch: Er wird zumin­dest mehr gekauft. In Ugan­da zum Bei­spiel ist der Ver­kauf von Alko­hol mitt­ler­wei­le schon ver­bo­ten wor­den. In ande­ren Län­dern hat der Ver­kauf abge­nom­men, aber der Alko­hol, der in armen Län­dern wie dem Kon­go oder dem Tschad zuhau­se pro­du­ziert wird, hat zugenommen.

Wie sieht das Blaue Kreuz ent­spre­chend die Beschrän­kungs-Maß­nah­men zur Ein­däm­mung der Ver­brei­tung des Virus?

Son­ja Pönisch: Wir sind kei­ne Exper­ten in die­sem Feld, kei­ne Viro­lo­gen, des­we­gen kön­nen und dür­fen wir da kei­ne Rat­schlä­ge geben. Aber Prä­ven­ti­ons­maß­nah­men wie Hygie­ne­vor­schrif­ten sind gera­de in armen Län­dern sehr wich­tig. Dort sind die Fall­zah­len glück­li­cher­wei­se zwar noch sehr nied­rig, aber gera­de dort muss Prä­ven­ti­on unbe­dingt betrie­ben wer­den, da die­se Län­der sehr anfäl­lig sind und nicht über die not­wen­di­ge Infra­struk­tur des Gesund­heits­sys­tems für den Fall eines ernst­haf­ten Anstiegs der COVID-19 Fäl­le ver­fü­gen. Die Umset­zung der Maß­nah­men ist in armen Regio­nen, wo bei­spiels­wie­se Was­ser­knapp­heit besteht, natür­lich sehr schwierig.

Wel­che IBC-Bera­tungs­an­ge­bo­te sind noch möglich?

Son­ja Pönisch: Weil wir in armen Län­dern in Sachen Auf­klä­rung nur noch schwer an unse­re Ziel­grup­pen her­an­kom­men – Schu­len sind geschlos­sen, wir kön­nen also bei­spiels­wei­se kei­ne Auf­klä­rungs­kur­se mehr anbie­ten, kei­ne Akti­vi­tä­ten in Kir­chen oder Gemein­den – haben wir reagiert und kos­ten­lo­se Hot­lines ein­ge­rich­tet, Infor­ma­ti­ons­ma­te­ri­al über Prä­ven­ti­ons­maß­nah­men und sozia­le Distanz ver­öf­fent­licht oder dar­über, wie man rich­ti­ge Ent­schei­dun­gen trifft, wenn es zum Bei­spiel zu häus­li­cher Gewalt kommt. Wir sehen, dass gera­de in Kri­sen wie die­ser die Anwen­dung und Aus­übung von Lebens­kom­pe­ten­zen umso wich­ti­ger ist, da es ein Poten­zi­al für enor­me inne­re Kon­flik­te gibt: finan­zi­el­le Sor­gen, Unfä­hig­keit, aus­zu­ge­hen, etc. Hier in Euro­pa ist die Rate der häus­li­chen Gewalt seit Beginn der Kri­se erheb­lich gestie­gen. Der Ver­lust der täg­li­chen Rou­ti­ne ist ein gro­ßer Stress für Kin­der und Jugend­li­che. Auch haben wir uns über unse­re Social-Media-Kanä­le noch stär­ker mit den Län­dern, in denen wir arbei­ten, ver­netzt und ver­schi­cken jede Woche einen News­let­ter an unse­re Part­ner- und Mit­glieds­län­der. Die­ses Instru­men­ta­ri­um ermög­licht es uns auch, in stän­di­gem Aus­tausch mit unse­ren Mit­glie­dern zu stehen.

Gestal­tet sich die Bera­tungs­ar­beit des IBC der­zeit schwie­ri­ger als zuvor?

Son­ja Pönisch: Ja, eben weil vie­les auf den Online-Kon­takt oder Tele­fon-Hot­lines umge­stellt wer­den muss­te. Selbst­hil­fe­grup­pen kön­nen zum Bei­spiel gar nicht statt­fin­den oder die genann­ten Prä­ven­ti­ons­an­ge­bo­te in Schu­len oder in Gefäng­nis­sen. Ver­hin­dern, dass häus­li­cher Kon­sum von Alko­hol steigt, kön­nen wir aber nach wie vor nicht, son­dern nur mit dem Prä­ven­ti­ons­an­satz wei­ter machen.

Kann Alko­hol­kon­sum den Ver­lauf einer Coro­na-Infek­ti­on verschlimmern?

Son­ja Pönisch: Alko­hol schwächt den Kör­per, wodurch man anfäl­li­ger für eine Infek­ti­on wird. Und Alko­hol­ab­hän­gig­keit ist eine Krank­heit, wodurch man der Risi­ko­grup­pe der Men­schen mit Vor­er­kran­kung ange­hört. Vor allem in Afri­ka, haben wir fest­ge­stellt, sind ver­mehrt Falsch­in­for­ma­tio­nen im Umlauf, zum Bei­spiel, dass Alko­hol hilft, sich vor Covid-19 zu schüt­zen. Das ist aber in keins­ter Wei­se so.