Im 17. Jahr ihres Bestehens veröffentlichen Bambägga im Juli ihr siebtes Album „Brotzeit“. Im Vorfeld gab von es Jonas Ochs, Constantin „Cony“
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Wu-Tang und Wirsing
Bambägga-Album „Brotzeit“
Im 17. Jahr ihres Bestehens veröffentlichen Bambägga im Juli ihr siebtes Album „Brotzeit“. Im Vorfeld gab von es Jonas Ochs, Constantin „Cony“ Kern und David „DJ Startklar“ Ochs die ersten beiden Single-Auskopplungen „Solange“ und „Wu-Tang und Wirsing“ zu hören. Klanglich deuten sie auf ein etwas ernsteres Album, als es der Vorgänger „Brot und Spiele“ war, hin. Wir haben Jonas Ochs zum Gespräch getroffen.
Der Titel des neuen Bambägga-Albums ist „Brotzeit„“, seine Vorgänger hießen „Der Bägga hat gerufen“, „Zwieback“, „Alarmstufe Brot“, „Laib und Seele“, „Brotlose Kunst“ und „Brot und Spiele“. Habt ihr schonmal durchgezählt: Wie viele Titel mit Brotwortspielen kann man noch machen?
Jonas Ochs: Es gab bandintern schon mal die Diskussion, das aufzubrechen und einen Titel ohne Brot zu suchen. Aber auf der anderen Seite: Schuster bleib’ bei deinen Leisten. Bis wir alt und grau sind, wird es Titel mit Brotspielen geben. Die scheinen sowieso unendlich viele zu sein. Genau wie beim Album davor, haben wir auch diesmal wieder eine superlustige Umfrage bei den Fans gestartet, wie das Album heißen könnte. Die besten Namensvorschläge haben wir im Booklet aufgelistet. Es gab zum Beispiel „Täglich Brot“, „Backware“, „Ährensache“ oder „Brotkrastination“.
Das Album entstand 2022. Ist „Brotzeit“ ein Corona-Album?
Jonas Ochs: Die großen gesellschaftlichen Themen lassen einen natürlich nicht kalt und die Umstände der Produktion waren schon speziell. Das hat dann natürlich auch Auswirkungen auf Texte und Klang. Für „Brot und Spiele“ mussten wir alle Konzerte absagen und wir sind innerlich, wie alle anderen Kulturschaffenden auch, erstmal zusammengefallen. Also haben wir begonnen, mit allen Lockdown-Hindernissen, ein neues Album zu machen. Aber Corona ist nicht das herausgehobene Thema, dazu haben sich schon genug andere geäußert. Aber wir verarbeiten die Pandemie. Ein Stück heißt zum Beispiel „Nauswärds“ – das ist so ein bisschen der fränkische Hilfeschrei und Bezugnahme auf die Situation. Ein anderer Song heißt „Zuversicht“, bei dem es – unterschwellig – darum geht, ein bisschen Optimismus zu verbreiten. Aber die Stücke sind nicht schwermütig. Wir möchten den Leuten etwas Positives mitgeben.
Die erste Singleauskopplung heißt „Solange“. Um was geht es?
Jonas Ochs: Wir wollten damit grundlegend zurückblicken und erzählen, wie lange wir das schon machen. Es geht aber auch darum, das Feuer weiterzutragen und die ganzen Geschichten weiterzuerzählen, die uns passiert sind. Das trägt uns auch als Kumpels. Gerade wenn es finanziell um nichts geht und das Dasein einer Band schon fast ehrenamtlich ist, ist es zwischenmenschlich immer eine zusätzliche Herausforderung, solange befreundet zu sein. Wir sind als Schülerband gestartet, waren dann 16 Semester lang Studentenband, jetzt sind wir Berufsband oder Vaterband und Kinderband.
Aber ist ein Rückblick nicht immer auch ein Abschluss? Steht Bambägga vor einem Abschluss?
Jonas Ochs: Diese Band ist so tief in unserer Persönlichkeit drin, dass es, glaube ich, einen Abschluss nicht geben kann. Ich kann mir nicht vorstellen und ich glaube, die anderen beiden sehen das auch so, dass es irgendwann endet. Wir haben ja sowieso eine besondere Konstellation. Cony und ich sind mehr oder weniger am selben Tag im selben Krankenhaus geboren und unser DJ ist mein Bruder. Ob wir immer miteinander Musik machen werden, weiß ich nicht. Aber Bambägga wird es immer geben, selbst wenn es nur als Lebenseinstellung ist.
Warum habt ihr „Solange“ als erste Single ausgewählt?
Jonas Ochs: Zuerst hatten wir den Beat von unserem Beatmaker, Lucas. Beim Anhören habe ich mir vorgestellt, wieder vor einem Publikum zu stehen. Es ist nicht nur die erste Single, sondern auch das erste Stück auf dem Album. Die Entscheidung dafür fiel aber gar nicht so sehr wegen des Texts, sondern wegen seiner Energie. Das Lied hat einen sich immer weiter aufbauenden Klang, ein Element, das ankündigt, dass sich jetzt so langsam wieder etwas aufbaut – zum Beispiel Kulturleben.
Euer letztes Album war, was Inhalt und Vermarktung anging, sehr auf dich zugeschnitten. Spielt Cony jetzt wieder eine größere Rolle?
Jonas Ochs: Ja, für „Brotzeit“ war es uns ganz wichtig, wieder mehr als Team aufzutreten. Das letzte Album war von mir mehr oder weniger ein Soloalbum. Jetzt haben wir wieder ein gute Ausgewogenheit. Auch beim Schreiben haben wir darauf geachtet, dass wir das wieder zusammen machen.
„Wu-Tang und Wirsing“ ist die zweite Single. Um was geht es hier?
Jonas Ochs: Durch die 17 Jahre Bambägga gibt es ein sich durchziehendes Thema: Die Auseinandersetzung mit der Ortschaft, in der man lebt: Bamberg. In unserer Anfangszeit war es für die Subkultur Hip Hop in Bamberg ziemlich schwer, weil sie kaum Mitglieder hatte. Also hat man das wenige, das es gab, noch mehr zu schätzen gelernt. Der eine hatte das Tape, der andere das auf Kassette – es war wie eine Schatzsuche. In einer Stadt zu leben, die heute teilweise noch genauso aussieht wie auf Ansichten von vor 200 Jahren, ist schon schön, aber auch immer gleich. Aber sie ist Teil unserer Identität: Wir sind schon cool wie Wu-Tang, aber auch fränkisch wie Wirsing. Wir stehen zu unserem Zeug. Es ist immer auch ein bisschen zwischen Größenwahn und Provinztheater. Das spiegelt sich ja auch in Lokalpolitik wider.
Wieso verdient der Wirsching ein musikalisches Denkmal?
Jonas Ochs: Er ist etwas, das immer da ist. Also in Franken. In vielen Ecken Deutschlands ist er überhaupt nicht bekannt. Eine Freundin meines Bruders, sie war aus dem Norden, sagte einmal: Spannend, was man aus Avocado alles machen kann.
Das Video zu „Wu-Tang und Wirsing“ habt ihr in der Gärtnerstadt und der Küche deiner Großmutter gedreht. Welche Zusammenhänge gibt es da?
Jonas Ochs: Da, in der Gärtnerstadt, unter den Äckern liegen die besten Ideen. Das Haus meiner Großmutter haben wir auch schon in anderen Liedern besungen, zum Beispiel „Herz aus Presssack“. Außerdem können die Leute in der Gärtnerstadt Geschichten erzählen, das würde für fünf Kinofilme reichen.
Beide Singles haben einen eher ernsten Klang. Ist es insgesamt ein ernsteres Album?
Jonas Ochs: Nein, es geht auch schon viel nach vorne und es wird lustig. Wobei lustig vielleicht zu viel gesagt ist. Nicht dass wir den Spaß verloren haben, aber vielleicht ist die Stimmung eher positiv optimistisch. Es geht um Liebe und Freundschaft und es sollte warm klingen.
Seid ihr reifer geworden?
Jonas Ochs: Ich denke schon, ja, aber nicht abgestanden, sondern mit einer Tiefe, die das Erwachsenenalter eben mit sich bringt. Wir sehen uns auch überhaupt nicht in irgendeiner Konkurrenz mit jungen Bands. Wir sind 36-jährige Rapper und das ist gut so.