Die vor etwa eineinhalb Jahren gegründete Interessengemeinschaft Freie Darstellende Künste Bamberg setzt sich für die Förderung gleichnamiger Künste in Bamberg ein. Diese
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Kulturlandschaft
„Verlorene Umsätze werden sich kaum nachholen lassen“
Die vor etwa eineinhalb Jahren gegründete Interessengemeinschaft Freie Darstellende Künste Bamberg setzt sich für die Förderung gleichnamiger Künste in Bamberg ein. Diese sind derzeit zu weitgehender Beschäftigungslosigkeit verdammt und sehen sich großen, vor allem finanziellen Verlusten ausgesetzt. Hans-Günter Brünker ist Sprecher der IG. Mit ihm haben wir über den Zustand der Bamberger Kulturlandschaft gesprochen.
Kulturschaffende und vor allem Bühnenschaffende scheinen von der Corona-Krise besonders hart getroffen zu sein. Woran könnte das Ihrer Meinung nach liegen?
Hans-Günter Brünker: Viele Kollegen, die ihre Tätigkeit hauptberuflich ausüben, verfügen über ein zweites Standbein, um sich finanziell abzusichern. Meist ist das eine Tätigkeit in der Gastronomie oder im Tourismusgewerbe. Dies hat zur Folge, dass durch den Lockdown oft alle Einnahmequellen gleichzeitig weggebrochen sind.
Wie hart wurde die freie Bamberger Kulturszene vom Lockdown getroffen? In welchem Zustand befindet sie sich zwei Wochen nach den ersten Schließungen?
Hans-Günter Brünker: Es gibt praktisch keine Aufführungen und auch die Probenarbeit ruht wohl komplett. Das heißt, es ist zu erwarten, dass die dramatischen Folgen des Lockdowns noch lange zu spüren sein werden. Manche Künstler versuchen, neue Geschäftsmodelle zu erarbeiten, aber ob diese wirklich funktionieren, muss sich erst noch zeigen.
Welche sind die häufigsten Nöte?
Hans-Günter Brünker: Finanzielle Sorgen. Aber natürlich auch das lähmende Gefühl, nicht mehr künstlerisch tätig sein zu können. Letzteres trifft natürlich vor allem Künstler, die mit Publikum arbeiten. Bildende Künstler haben diesbezüglich eine bessere Situation.
Gibt es auch Hoffnungsschimmer?
Hans-Günter Brünker: Viele Menschen in der Bevölkerung zeigen sich solidarisch. So werden gebuchte Karten bei Entfall der Veranstaltung mitunter nicht zurückgegeben. Ich wurde von einer Seniorin direkt kontaktiert, die eine Spendenaktion für lokale Künstler ins Leben rufen möchte. Diese ist nun in Zusammenarbeit mit dem Fränkischen Tag in Vorbereitung – solche Menschen sind einfach wunderbar!
Welche Hilfsmittel stehen der Interessengemeinschaft zur Verfügung?
Hans-Günter Brünker: Von außen derzeit keine. Intern haben wir kürzlich eine Facebook-Gruppe ins Leben gerufen, die Künstlern die Möglichkeit geben soll, wichtige Informationen zu teilen und sich auszutauschen.
Welche bayerischen oder nationalen Hilfsangebote können Kulturschaffende in Anspruch nehmen? Sind diese ausreichend?
Hans-Günter Brünker: Diesbezüglich wurden verschiedene Hilfsangebote veröffentlicht. Von der Stadt, dem Land und dem Bund. Wie schnell und unbürokratisch diese Hilfe tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, muss sich in den nächsten Tagen und Wochen noch zeigen.
Die Stadt Bamberg hat ergänzend zum nationalen Rettungsangebot ein Rettungspacket von 3 Millionen Euro eingerichtet und wird Darlehen von bis zu einem Jahr Laufzeit anbieten. Wie sehen Sie das Angebot? Gibt es bereits Erfahrungswerte zum Beispiel bezüglich (Un-)Kompliziertheit und Geschwindigkeit des Antrags?
Hans-Günter Brünker: Ich persönlich habe diesbezüglich noch keine Erfahrungswerte. Ich sehe aber durchaus das Problem, dass insbesondere Kulturschaffenden ein Kredit meist nicht helfen wird. Verlorene Umsätze werden sich kaum nachholen lassen und dann stellt sich die Frage, wovon der Kredit zurückgezahlt werden soll.
Wie sehen Sie das Bamberger Krisenmanagement allgemein?
Hans-Günter Brünker: Das Krisenmanagement an sich kann ich kaum beurteilen, da ich nicht wirklich eingebunden bin. Ich denke, alle Beteiligten versuchen ihr Bestes. Aber die Tatsache, dass noch wenige Tage vor der Wahl OB-Kandidaten von großen Parteien händeschüttelnd durch die Stadt gelaufen sind, hat mich entsetzt. Vielleicht hatte ich, als ehemaliger Naturwissenschaftler, ein bisschen mehr Verständnis für die Situation, aber zu diesem Zeitpunkt müsste allen führenden Politikern schon längst klar gewesen sein, dass das fahrlässig war. Ich hoffe, solche Fehler kommen im laufenden Krisenmanagement nicht mehr vor.
Gibt es kulturelle Institutionen in Bamberg, die bereits vollständig, also für immer, schließen mussten?
Hans-Günter Brünker: Persönlich ist mir bislang keine bekannt. Aber je länger die Krise andauert, umso mehr ist davon auszugehen, dass dies passieren wird.
Besteht eine berechtigte Hoffnung, dass die vielseitige Bamberger Kulturszene nach der Krise noch so aussehen wird, oder wieder so aussehen kann, wie davor?
Hans-Günter Brünker: Ich denke, man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass die Kulturszene nach der Krise anders aussehen wird. Aber wir haben in Bamberg tolle Künstler und wenn die Bamberger sie ein bisschen unterstützen, dann werden diese Künstler alles daransetzen, dass die Stadt nach der Krise genauso lebenswert sein wird wie davor.
- Sebastian Quenzer
- Foto: Hans-Günter Brünker