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Carola Schmidt

Neue Lei­te­rin des Diözesanmuseums 

Caro­la Schmidt im Interview

Seit Anfang des Jah­res ist Caro­la Schmidt die neue Lei­te­rin des Diö­ze­san­mu­se­ums. Vor­her war die Salz­bur­ger Kunst­his­to­ri­ke­rin unter ande­rem in der Wie­ner Alber­ti­na, im Berg­bau- und Gotik­mu­se­um Leo­gang und im Dom­quar­tier Salz­burg tätig. Ihren Dienst in Bam­berg trat sie mit der Absicht an, dem Diö­ze­san­mu­se­um ein schär­fe­res Pro­fil zu ver­lei­hen. Mit Foto möch­te sie sich noch nicht abge­bil­det sehen, um in der Stadt noch eine zeit­lang uner­kannt über das Muse­um ins Gespräch kom­men zu können.
Frau Schmidt, Sie sind seit knapp einem Jahr in Bam­berg. Haben Sie sich schon eingelebt?

Caro­la Schmidt: Ja, soweit ein Ein­le­ben unter Coro­na-Bedin­gun­gen mög­lich ist.

Wie waren die ers­ten Ein­drü­cke der Stadt?

Caro­la Schmidt: Ich bin mit­ten im Lock­down her­ge­zo­gen, es war also sehr ruhig.

Wie waren die ers­ten Ein­drü­cke, die Sie über die Bam­ber­ger Kul­tur­land­schaft sam­meln konnten?

Caro­la Schmidt: Auch hier war alles geschlos­sen und ich habe mich ohne­hin pri­mär auf das Diö­ze­san­mu­se­um kon­zen­triert. Aber man hat­te mir im Vor­feld viel berich­tet – über die Sym­pho­ni­ker zum Beispiel.

Wel­ches Bild hat­ten Sie vor­her vom Diözesanmuseum?

Caro­la Schmidt: Das Diö­ze­san­mu­se­um hat eine span­nen­de Samm­lung mit sehr viel Mate­ri­al, vor allem Tex­ti­li­en. Was mit­tel­al­ter­li­che Tex­ti­li­en angeht, gibt es eigent­lich kein ver­gleich­ba­res Muse­um. Was die Samm­lung so ein­zig­ar­tig macht, ist die Tat­sa­che, dass in ihr Tex­ti­li­en bewahrt wur­den und nicht wie andern­orts nur Gemäl­de von Per­so­nen, die die­se Tex­ti­li­en tru­gen. Gewun­dert hat mich aller­dings, wie wenig sich die Bam­ber­ge­rin­nen und Bam­ber­ger die­ser Ein­zig­ar­tig­keit bewusst zu sein scheinen.

Wor­an liegt die­ses man­geln­de Bewusstsein?

Caro­la Schmidt: Manch­mal, wenn man irgend­wo in der Stadt unter­wegs ist und erzählt, dass man vom Diö­ze­san­mu­se­um ist, reagie­ren die Leu­te schon mit Aner­ken­nung der schö­nen Tex­ti­li­en. Ande­re sagen zumin­dest noch Din­ge wie „das ist doch nur altes Zeug“. Man­chen sagt das Ange­bot des Diö­ze­san­mu­se­ums aber tat­säch­lich gar nichts. Da macht sich eine zuneh­men­de Säku­la­ri­sie­rung bemerkbar.

Sind Ihnen bei Ihren ers­ten Ein­drü­cken des Diö­ze­san­mu­se­ums Din­ge auf­ge­fal­len, die Sie nicht gut fanden?

Caro­la Schmidt: Das wäre, glau­be ich, zu stark gewich­tet. Aber das Muse­um hat seit den 1990er Jah­ren kein Make­over bekom­men, um moder­nen Seh­ge­wohn­hei­ten gerecht zu werden.

Wor­in bestehen die­se Sehgewohnheiten?

Caro­la Schmidt: Was zum Bei­spiel die Objekt­zahl in einer Aus­stel­lung angeht, ist weni­ger heu­te mehr. Auch geht es dar­um, den Hin­ter­grund oder Kon­text der Objek­te inter­re­li­gi­ös zu the­ma­ti­sie­ren. War­um sind die Objek­te Katho­li­ken wich­tig, war­um kann es aber auch durch­aus für säku­la­ri­sier­te Men­schen span­nend sein, sie sich anzuschauen?

Spie­len bei die­sen Seh­ge­wohn­hei­ten auch Aspek­te einer poten­ti­el­len Ver­wert­bar­keit in sozia­len Medi­en eine Rolle?

Caro­la Schmidt: Auf jeden Fall. Das Diö­ze­san­mu­se­um hat selbst einen Face­book- und einen Insta­gram-Account. Und die­se Platt­for­men sind als Bild-Con­tent-Lie­fe­ran­ten maßgeblich.

Sie haben also nichts dage­gen, wenn das Publi­kum Aus­stel­lungs­ob­jek­te foto­gra­fiert, um die Bil­der online zu posten?

Caro­la Schmidt: Genau, solan­ge ohne Blitz für pri­va­te Zwe­cke foto­gra­fiert wird, dann ist das kein Pro­blem. Wenn der rich­ti­ge Hash­tag #Dioe­ze­san­mu­se­um­Bam­berg ver­wen­det und das Diö­ze­san­mu­se­um ver­linkt wird, sind wir sogar glücklich.

Wie sehen Sie die Stel­lung des Diö­ze­san­mu­se­ums in der ört­li­chen Kulturszene?

Caro­la Schmidt: Ich den­ke, den kul­tu­rel­len Prot­ago­nis­ten ist schon klar, dass wir eine der besu­cher­stärks­ten Insti­tu­tio­nen in der Stadt sind.

Wie geht es dem Diö­ze­san­mu­se­um nach bald zwei Jah­ren Pan­de­mie, auch wirtschaftlich?

Caro­la Schmidt: Bes­ser als vie­len ande­ren Insti­tu­tio­nen. Wir sind mit unse­rer fes­ten Samm­lung nicht auf so vie­le Leih­ga­ben ange­wie­sen. Was das Finan­zi­el­le angeht: Wir bekom­men dank unse­rer vie­len tol­len Objek­te in der Samm­lung gute Dritt­mit­tel, aber wie immer in der Kul­tur könn­te es natür­lich mehr sein. Aber wäh­rend der Pan­de­mie dar­über zu jam­mern, wäre müsig, vor allem im Ange­sicht kul­tu­rel­ler Ein­zel­schick­sa­le, die viel här­ter sind.

Haben Sie sich um die Stel­le der Lei­tung des Diö­ze­san­mu­se­ums bewor­ben oder wur­den Sie abgeworben?

Caro­la Schmidt: Ich habe mich bewor­ben. Für eine stu­dier­te Kunst­his­to­ri­ke­rin mit Tex­til­schwer­punkt wie mich gibt es nicht so vie­le Häu­ser, die mich der­art rei­zen. Als ich die Aus­schrei­bung gese­hen habe, dach­te ich, ich ver­su­che es. Ich kann­te hier vor­her nie­man­den, hat­te also auch kei­ne Ver­bin­dun­gen. Das spricht viel­leicht für die Bam­ber­ger Kul­tur­land­schaft, dass Lei­tungs­po­si­tio­nen hier offen­sicht­lich ganz kor­rekt aus­ge­schrie­ben und besetzt wer­den und das, was man Vit­amin B nen­nen kann, nicht so wich­tig ist.

Sie haben ange­kün­digt, dem Diö­ze­san­mu­se­um ein schär­fe­res Pro­fil zu ver­lei­hen. Was heißt das?

Caro­la Schmidt: Das schär­fe­re Pro­fil besteht dar­in, mehr Bewusst­sein dafür zu bil­den, dass die Tex­ti­li­en ein­zig­ar­tig sind. Auch soll es beim Rund­gang durchs Haus einen deut­li­che­ren roten Faden geben, eine Kon­tex­tua­li­sie­rung, die klar macht, dass die Kunst im Diö­ze­san­mu­se­um über Jahr­hun­der­te bewahrt wur­de, aber auch heu­te durch­aus noch zur Selbst­re­fle­xi­on und Unter­hal­tung anregt, also aus ver­schie­de­nen Per­spek­ti­ven gele­sen wer­den kann, die aber für alle nach­voll­zieh­bar ist.

Möch­ten Sie das Pro­fil auch im Sin­ne von poli­ti­scher Hal­tung schärfen?

Caro­la Schmidt: Wir haben eine Weih­nachts­krip­pen­aus­stel­lung namens „Will­kom­me­ne Frem­de“. Das wür­de ich schon ein Pro­fil nen­nen. Wie bereits im letz­ten Jahr stel­len wir Krip­pen im Diö­ze­san­mu­se­um und in den Schau­fens­tern von Bam­ber­ger Geschäf­ten rund um den Dom­berg aus. In eini­gen die­ser Krip­pen haben wir für die The­ma­tik frem­de Figu­ren plat­ziert. Sie ste­hen für die christ­li­che Gast­freund­schaft und sym­bo­lisch für die Flucht und Ver­trei­bung in ver­schie­de­nen Nationen.

Wie scharf kann das Pro­fil einer kirch­li­chen Insti­tu­ti­on aber sein? Ist man nicht immer gezwun­gen, ein Stück weit im Ver­gan­ge­nen ver­haf­tet zu bleiben?

Caro­la Schmidt: Über­haupt nicht. Es gibt kei­nen Ort, wo ein moder­ner Reli­gi­ons­dia­log bes­ser funk­tio­niert als in einem Muse­um. Dar­um ist es uns auch so wich­tig, dass zum Bei­spiel das The­ma Eccle­sia-Syn­ago­ga aus katho­li­scher, jüdi­scher und säku­la­ri­sier­ter Sicht beleuch­tet wird.

Die Zei­chen ste­hen also auf Neukonzeption?

Caro­la Schmidt: Ja. Es ist auch so, dass wir das Haus bar­rie­re­frei machen wol­len. Dazu wird der Hin­ter­ein­gang umge­baut. Gera­de ein Haus mit einem katho­li­schen Trä­ger muss Inklu­si­on soweit wie mög­lich leben. Dazu gehört Barrierefreiheit.

Ihr Vor­gän­ger Hol­ger Kemp­kens hat­te dem Diö­ze­san­mu­se­um mit Aus­stel­lun­gen wie „Der Fun­ke Got­tes“ zuletzt eine sehr zeit­ge­nös­si­sche Aus­rich­tung ver­lie­hen. Wer­den Sie einen ähn­li­chen Ansatz verfolgen?

Caro­la Schmidt: Ja. Ich den­ke, mit einer zeit­ge­nös­si­schen The­ma­tik kann man am klars­ten nach außen kom­mu­ni­zie­ren, dass man nicht in der Ver­gan­gen­heit ver­haf­tet ist. Dem­entspre­chend wird es bei uns immer wie­der einen moder­nen Input geben.

Betrei­ben Sie Koope­ra­tio­nen mit ande­ren Kul­tur­anbie­tern der Stadt?

Caro­la Schmidt: Wir ste­hen in Kon­takt mit den Ver­ant­wort­li­chen von zum Bei­spiel Kunst­ver­ein oder BBK, wir sit­zen ja in den­sel­ben Gre­mi­en. Coro­nabe­dingt ist es da aber zur­zeit schwer, län­ger­fris­ti­ge Koope­ra­tio­nen zu planen.

Was ist im Diö­ze­san­mu­se­um für 2022 geplant?

Caro­la Schmidt: Sofern die es die Situa­ti­on auf dem Bau­markt zulässt, wir genug Bau­ma­te­ria­li­en zusam­men­be­kom­men – es herrscht ja zur­zeit eine gewis­se Knapp­heit – wer­den wir, wie gesagt, den Umbau zur Bar­rie­re­frei­heit ange­hen. Im Som­mer steht außer­dem zum Bei­spiel eine Aus­stel­lung an, die exqui­si­te Stü­cke aus der Metro­po­li­tan­bi­blio­thek zeigt. Die­se wird 2022 200 Jah­re alt.

Gibt es gro­ße Namen, Künst­le­rin­nen oder Künst­ler, deren Wer­ke Sie ein­mal gern im Diö­ze­san­mu­se­um prä­sen­tie­ren würden?

Caro­la Schmidt: Ich glau­be, gro­ße Namen kom­men in dem Moment von selbst, wenn sie wis­sen, dass ein Haus die Räum­lich­kei­ten bie­tet, die sie brau­chen. Das Diö­ze­san­mu­se­um hat die dazu nöti­ge Aura, tol­les Licht und eine siche­re Alarm­an­la­ge. Es ist ein­zig­ar­tig. Das Gebäu­de ist direkt am Dom, erzählt Geschich­te in jedem Detail und wur­de nie­mals über­re­no­viert. Wenn ein Künst­ler in Bay­ern in beson­de­ren Räum­lich­kei­ten aus­stel­len möch­te, weiß er, wo er anfra­gen muss.

2019 gelang dem Diö­ze­san­mu­se­um was man als einen kul­tu­rel­len Knül­ler bezeich­nen könn­te, als im Zuge der Aus­stel­lung „Der Fun­ke Got­tes“ zwi­schen den Tür­men des Doms das Werk „Good God“ von Via Lewan­dow­ski ange­bracht wur­de. Wer­den Sie einen adäqua­ten Nach­fol­ger präsentieren?

Caro­la Schmidt: „Good God“ war eine genia­le Idee und es wird genau sol­che Ideen wie­der geben und dann wer­den sie umge­setzt. Wir möch­ten noch mehr in die Stadt hin­ein­wir­ken und auch ganz nie­der­schwel­li­ge Fra­gen beantworten.

Zum Bei­spiel?

Caro­la Schmidt: Was hat Reli­gi­on mit der Stadt gemacht, was macht sie heu­te, wie wird sie prak­ti­ziert. Oder auch: Wer waren Kuni­gun­de und Hein­rich, was haben sie für die Stadt gemacht?

Sie haben den Ein­druck, dass nicht ein­mal Kuni­gun­de und Hein­rich in der Stadt bekannt sind?

Caro­la Schmidt: Ja. Ich habe in Bam­berg den Vor­teil, also noch, dass nicht jeder weiß, wer ich bin. So kann ich mich mit den Leu­ten viel frei­er unter­hal­ten und sie geben mir
viel frei­er Aus­kunft über zum Bei­spiel sol­che Themen.

Markt­for­schung inko­gni­to in der Knei­pe sozusagen?

Caro­la Schmidt: Bingo.