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Covid19-Langzeitfolgen

For­schung am Uni-Kli­ni­kum Erlangen

Pro­jekt über Lang­zeit­fol­gen von COVID-19 wird gefördert

Bay­erns Gesund­heits­mi­nis­ter Klaus Holet­schek treibt die For­schung über die Spät­fol­gen von Coro­na-Erkran­kun­gen wei­ter vor­an. Für ein inno­va­ti­ves Pro­jekt in Erlan­gen, das mit mehr als einer Mil­li­on Euro geför­dert wird, erhielt das Uni-Kli­ni­kum Erlan­gen ges­tern den Förderbescheid.

Anläss­lich der Über­ga­be des För­der­be­scheids an das Uni-Kli­ni­kum Erlan­gen sag­te Holet­schek am Frei­tag: „Etwa zehn Pro­zent aller an COVID-19-erkrank­ten Erwach­se­nen kämp­fen mit den Spät­fol­gen. Zu den Sym­pto­men gehö­ren unter ande­rem Kopf­schmer­zen, Kon­zen­tra­ti­ons­stö­run­gen und Erschöp­fung. Es feh­len bis­lang noch dia­gnos­ti­sche Mög­lich­kei­ten, die Behand­lung erfolgt anhand der Sym­pto­me.“ Hier set­ze das viel­ver­spre­chen­de Pro­jekt des Uni-Kli­ni­kums Erlan­gen an, das Long-COVID dia­gnos­ti­zie­ren und erfolg­reich the­ra­pie­ren will, und das mit mehr als einer Mil­li­on Euro geför­dert wer­de. Dar­über infor­mier­te das Baye­ri­sche Gesundheitsministerium.

„Ein­zig­ar­tig in ganz Deutschland“

Ziel des Modell­pro­jekts „dis­CO­Ver“ (dia­gno­sis Long-COVID Erlan­gen) ist es, mit Hil­fe einer Ana­mne­se und inno­va­ti­ver medi­zi­ni­scher Dia­gnos­tik drei Long-COVID-Sub­ty­pen zu dia­gnos­ti­zie­ren. Anschlie­ßend soll aus ins­ge­samt drei The­ra­pie­for­men jeweils die­je­ni­ge aus­ge­wählt wer­den, die für die Long-COVID-Pati­en­tin­nen und ‑Pati­en­ten indi­vi­du­ell am bes­ten passt und den größt­mög­li­chen The­ra­pie­er­folg verspricht.

Holet­schek erläu­ter­te: „Das Pro­jekt kann als ein­zig­ar­tig in ganz Deutsch­land betrach­tet wer­den, da zum ers­ten Mal eine objek­ti­ve Dia­gno­se von Long-COVID erfol­gen soll. Wenn das Pro­jekt erfolg­reich ist, wird es einen Mei­len­stein in der Behand­lung des Long-COVID- und Post-COVID-Syn­droms dar­stel­len. Zudem sol­len die Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten spe­zi­fisch und – erst­ma­lig in Deutsch­land – aus­ge­hend von der Krank­heits­ur­sa­che behan­delt wer­den, nicht mehr nur symptomorientiert.“

Dazu wer­den expe­ri­men­tel­le und eta­blier­te Ansät­ze kom­bi­niert. Eben­so kom­men moderns­te Gerät­schaf­ten zum Ein­satz, etwa bei der Bestim­mung phy­si­ka­li­scher Eigen­schaf­ten von Blut­zel­len. Und bei­spiels­wei­se bei der Iden­ti­fi­ka­ti­on von Mus­tern und sys­te­ma­ti­schen Auf­fäl­lig­kei­ten hilft Künst­li­che Intel­li­genz (KI).

Bei der Ent­wick­lung inno­va­ti­ver Ver­fah­ren zur Dia­gno­se von Long-COVID spielt die Abtei­lung Bio­lo­gi­sche Opto­me­cha­nik des Erlan­ger Max-Planck-Insti­tuts für die Phy­sik des Lichts (MPL) inner­halb des dis­CO­Ver-Pro­jekts eine Schlüs­sel­rol­le. Die For­schen­den um Direk­tor Jochen Guck und Post­doc Mar­tin Krä­ter haben eine Metho­de namens Echt­zeit-Ver­for­mungs­zy­to­me­trie ent­wi­ckelt, mit deren Hil­fe sich die phy­si­ka­li­schen Eigen­schaf­ten von bis zu tau­send Blut­zel­len pro Sekun­de mes­sen las­sen. Anschlie­ßend erfolgt dann die Ana­ly­se der Mess­da­ten durch Metho­den des maschi­nel­len Ler­nens. Die­se KI-Algo­rith­men sol­len es ermög­li­chen, die drei pos­tu­lier­ten Long-COVID-Sub­ty­pen zu unterscheiden.

„Unse­re ers­ten Stu­di­en­ergeb­nis­se sind sehr viel­ver­spre­chend. Die Zusam­men­ar­beit mit den Ver­sor­gungs­zen­tren in ganz Bay­ern hilft uns, die Echt­zeit-Ver­for­mungs­zy­to­me­trie zu einem Rou­tin­ever­fah­ren in der Dia­gnos­tik wei­ter­zu­ent­wi­ckeln“, erklär­te Guck. Par­al­lel arbei­ten die Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler zusam­men mit Part­nern dar­an, Mess- und Aus­wer­te­ver­fah­ren zu ver­klei­nern. Das Ziel: Ein Gerät, das eines Tages in jeder Arzt­pra­xis ste­hen kann und erlaubt, die Dia­gno­se von Long-COVID zuver­läs­sig zu unterstützen.

Pri­vat­do­zen­tin Dr. Dr. Bet­ti­na Hoh­ber­ger aus dem Uni-Kli­ni­kum Erlan­gen sag­te: „Wir sind sehr dank­bar für die­se groß­zü­gi­ge För­de­rung, damit wir eine Modell­ver­sor­gung zur Dia­gno­se- und The­ra­pie von Long-COVID-Pati­en­ten auf wis­sen­schaft­li­cher Grund­la­ge auf­bau­en kön­nen, die vie­len Long-COVID-Pati­en­ten direkt zu Gute kommt.“

Die Dia­gno­se­stel­lung soll in Erlan­gen und bay­ern­weit an fünf dezen­tra­len Stand­or­ten erfol­gen. Die Daten wer­den anschlie­ßend zen­tral am Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Erlan­gen aus­ge­wer­tet. Im drit­ten Schritt wer­den die Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten einem von drei defi­nier­ten The­ra­pie­we­gen zugewiesen.

The­ra­pie­we­ge

1. Reha­bi­li­ta­ti­on in einer von zwei spe­zia­li­sier­ten Reha­kli­ni­ken (Kli­nik Bad Wöris­ho­fen, Fach­kli­nik für Herz-Kreis­lauf­erkran­kun­gen und Ortho­pä­die und die m&i‑Fachklinik Her­zo­gen­au­rach, Fach­kli­nik für Spe­zia­li­sier­te Akut­me­di­zin und Medi­zi­ni­sche Rehabilitation)

2. Auf­fri­schungs­imp­fung mit einem der aktu­ell ver­füg­ba­ren mRNA-Impfstoffe

3. Neu­tra­li­sie­rung von Auto­an­ti­kör­pern durch zum Bei­spiel BC 007

„Das Wis­sen aus dem Pro­jekt soll den Grund­stein für eine flä­chen­de­cken­de Ver­sor­gung der Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten legen“, unter­strich Minis­ter Holetschek.

Am Pro­jekt sind neben der Pro­jekt­lei­tung durch das Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Erlan­gen auch das Max-Planck-Insti­tut für die Phy­sik des Lichts, das Max-Planck-Zen­trum für Phy­sik und Medi­zin, das Helm­holtz Zen­trum Mün­chen, fünf wei­te­re dezen­tra­le Stand­or­te in Bay­ern sowie Reha­bi­li­ta­ti­ons­ein­rich­tun­gen beteiligt.

Geför­dert wird das Pro­jekt im Rah­men der Initia­ti­ve „Ver­sor­gungs­for­schung zum Post-COVID-Syn­drom“, die die Staats­re­gie­rung im Juni 2021 mit einem Volu­men von fünf Mil­lio­nen Euro auf­ge­legt hat, um die Ver­sor­gung von Post-COVID-Pati­en­tin­nen und ‑Pati­en­ten zu ver­bes­sern. Das Pro­jekt läuft vom 01.12.2021 bis 31.12.2022. Die För­der­initia­ti­ve des Frei­staats Bay­ern schließt eine Lücke in der bis­he­ri­gen bun­des­wei­ten For­schung und ergänzt ein För­der­pro­gramm des Bun­des zur all­ge­mei­nen wis­sen­schaft­li­chen Unter­su­chung des Post-COVID-Syndroms.

Eines der vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Bil­dung und For­schung geför­der­ten Pro­jek­te ist eine Pilot­stu­die des Uni-Kli­ni­kums Erlan­gen. Es unter­sucht das Vor­kom­men von Auto­an­ti­kör­pern im Blut von Long-COVID-Pati­en­tin­nen und ‑Pati­en­ten und ihre Wir­kung auf die Blut­zir­ku­la­ti­on in den feins­ten Gefä­ßen. Ein mög­li­cher the­ra­peu­ti­scher Ansatz ist die Sub­stanz BC 007, wel­che Auto­an­ti­kör­per bin­det und neu­tra­li­siert. Ers­te Heil­ver­su­che mit BC 007 bei Long-COVID wur­den bereits erfolg­reich durchgeführt.

Minis­ter Holet­schek beton­te: „Das von uns geför­der­te Pro­jekt ‚dis­CO­Ver‘ ist die idea­le Ergän­zung zum Pro­jekt, das vom Bund geför­dert wird. Es schlägt die Brü­cke zwi­schen der Grund­la­gen­for­schung und der direk­ten Anwen­dung: Bei einer der drei The­ra­pien kommt der Wirk­stoff BC 007 zum Einsatz.“

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zum Pro­jekt sind hier zu finden.