Nachdem sich einige hiesige Parteien bereits negativ über die Entscheidung geäußert hatten, hat nun auch der Bamberger Jugendhilfeträger „iSo“ den Förderstopp für
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Demokratieprojekt
Ende von „Demokratie leben!“ – Rückschlag für ziviles Engagement
Nachdem sich hiesige Parteien bereits negativ über die Entscheidung geäußert hatten, hat nun auch der Bamberger Jugendhilfeträger „iSo“ den Förderstopp für das Projekt „Demokratie leben!“ kritisiert. Der Verlust von Fördermitteln gefährde die politische Bildung und den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Landkreis.
Der Jugendhilfeträger „iSo – Innovative Sozialarbeit“ und das Bildungsbüro des Landkreises Bamberg sowie kooperierende Wohlfahrtsverbände, Vereine und Kreistagsfraktionen zeigen sich laut einer Mitteilung von „iSo“ tief enttäuscht über die Entscheidung des Bundesfamilienministeriums, das bundesweite Förderprogramm „Demokratie leben!“ im Landkreis Bamberg ab 2025 nicht weiter zu fördern. Diese abrupte und unbegründete Mitteilung habe Verantwortliche und Engagierte gleichermaßen schockiert. Zahlreiche Projekte zur Demokratieförderung, die im Rahmen des Programms initiiert und unterstützt wurden, könnten deswegen nicht mehr durchgeführt werden.
Seit 2015 fördert „Demokratie leben!“ landesweit Projekte und Initiativen zur Stärkung demokratischer Werte und zur Bekämpfung von Rassismus und Radikalisierung. Allein im Landkreis Bamberg konnten mittels der Unterstützung mehr als 60 Projekte verwirklicht werden. Dazu gehörten Stolpersteinverlegungen, Workshops zur religiösen Vielfalt und Demokratieprojekte an Schulen. Der Wegfall dieser Förderung bedeutet laut „iSo“ nicht nur das Aus vieler wichtiger Initiativen, sondern auch den Verlust einer zentralen Grundlage für demokratiebildende Maßnahmen in der Region.
„Der Wegfall der Partnerschaft für Demokratie in Stadt und Landkreis Bamberg würde die Förderung demokratischer Werte in unserer Region erheblich schwächen“, sagt Matthias Gensner, Geschäftsführer von „iSo“. „Gemeinsam mit unseren Partnern möchten wir der Bundesregierung ein klares Signal senden, dass diese Entscheidung verheerende Folgen hat und ein destruktives Signal an unsere demokratische Gesellschaft sendet – vor allem an die junge Generation.“ Die Entscheidung, die ohne jede Begründung den durchführenden Organisationen übermittelt wurde, verstärke zudem das Gefühl von Willkür und untergrabe das Vertrauen in eine verlässliche Demokratieförderung, so Gensner.
Gesellschaftliche Risiken bei Ende der Demokratieförderung
Das Ende der Förderung gefährdet die Fortführung vieler Projekte, die zur politischen Bildung und Integration beitragen, so die Mitteilung weiter. Dies sehen auch die Mitglieder des Begleitausschusses der Partnerschaft für Demokratie Bamberg Land kritisch. „Ohne diese Unterstützung brechen zentrale Pfeiler der Demokratiearbeit weg, und das in einer Zeit, in der wir sie dringender brauchen denn je“, sagt Nurşen Ergin, Leiterin des Migrationssozialdiensts beim Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Bamberg Stadt und Land.
Die Folgen dieses Einschnitts könnten langfristig schwerwiegende Konsequenzen haben. Zahlreiche gemeinnützige Institutionen und Vereine würden ohne die Mittel aus „Demokratie leben!“ nicht mehr in der Lage sein, Projekte zur Demokratieförderung zu realisieren. Und ohne gezielte Förderung könnten Maßnahmen gegen Formen von Extremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit massiv geschwächt werden.
„Das Streichen der Mittel ist ein verheerendes Signal im gesellschaftlichen Kampf gegen Extremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“, betont David Klanke, vom Caritasverband Bamberg. Kinder und Jugendliche bräuchten aber Perspektiven und das Vertrauen in eine funktionierende Demokratie. „Die Projekte von ‚Demokratie leben!‘ haben genau das gefördert, indem sie junge Menschen für demokratische Werte und eine offene Gesellschaft sensibilisiert haben.“
Die Entscheidung gefährde somit nicht nur die politische Bildung und gesellschaftliche Teilhabe junger Menschen, sondern schwäche die gesamte Region Bamberg in ihrer Arbeit für ein demokratisches Miteinander. Angesichts des zunehmenden Aufkommens von Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, besonders unter Jugendlichen, sei die Fortführung von Demokratieförderprogrammen heute wichtiger denn je.
„iSo“ appelliert daher an die Verantwortlichen, die Entscheidung zu überdenken und den Erhalt der Partnerschaft für Demokratie in der Region zu sichern. „Nur mit kontinuierlicher finanzieller Unterstützung können wir demokratische Grundwerte vor Ort stärken und eine offene Gesellschaft fördern,“ so die abschließende Forderung.
Demokratie-Initiative
Örtliche Politik entsetzt über Ende von „Demokratie leben!“ in Bamberg
Grünes Bamberg und das Landratsamt zeigen sich erschüttert über die Nachricht, dass die Fördergelder für „Demokratie leben!“ ab 2025 nicht mehr nach Bamberg gehen. Der Wegfall der Mittel verhindere die Fortsetzung vieler wichtigen Initiativen.
Unter dem Dach der Initiative „Demokratie leben!“ sei in den vergangenen Jahren mit Geldern des Bundes vieles in der Stadt Bamberg angestoßen worden, teilen die Bamberger Grünen aktuell mit. Demokratiebildung in Schulen gehörte genauso dazu wie Finanzierung von politischen Vorträgen, Workshops oder die Unterstützung von Veranstaltungen der Zivilgesellschaft. Nun legte jedoch ein Brief des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend offen, dass Bamberg in der nächsten Förderrunde ab 2025 keine Gelder mehr aus dem Bundesprogramm erhält.
Luis Reithmeier, Vorstandssprecher von Grünes Bamberg, sagt dazu: „Die Neuigkeit kommt einer Katastrophe für unsere Zivilgesellschaft gleich. Viele Veranstaltungen und Projekte konnten nur durch die Fördergelder und mit der guten Unterstützung der Angestellten umgesetzt werden. Jetzt sieht es so aus, dass die Gelder vom Bund zwar in Summe gleich hoch bleiben, aber neu auf andere Regionen verteilt werden. Wenn die Gelder aber hier vor Ort wegfallen, dann stehen die vielen Verbesserungen für Ehrenamtliche seit Einführung von ‚Demokratie leben!‘ auf der Kippe. Das bisherige Engagement und die neu aufgebauten Strukturen ließen sich nicht weiter so aufrechterhalten.“
Michaela Reimann, Vorstandssprecherin von Grünes Bamberg, fügt an: „Die Gelder des Bundesministeriums werden in der neuen Förderperiode für die Städte Nürnberg, Augsburg, Würzburg, Bayreuth und Bamberg sowie die Landkreise Bamberg, Bayreuth und Haßberge einfach gestrichen. Dabei haben alle zur Demokratieförderung wirksame Arbeit geleistet. Finanzierungen für Bamberg aus einem ohnehin angespannten städtischen Haushalt werden das sicher nicht auffangen können.“
Und Fraktionssprecherin Ulrike Sänger ergänzt: „Gerade jetzt, wo extremistische Parteien immer stärker werden, braucht es Gelder für politische Bildung, für Integrationsprojekte und Projekte zur Stärkung des demokratischen Miteinanders.“
Reaktion aus dem Landratsamt
Auch im Landkreis Bamberg kam die Entscheidung aus dem Ministerium nicht gut an. Diese sei ohne jegliche Begründung gefallen und stelle einen herben Rückschlag für zahlreiche Projekte dar, die in den vergangenen Jahren im Rahmen des Programms initiiert wurden, teilt das Landratsamt mit.
Landrat Johann Kalb sagt: „In unserem Land gibt es immer mehr Spannungen und populistische Gruppen versuchen, unsere Demokratie zu schwächen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass die Menschen Vertrauen in die Demokratie haben und sich dafür engagieren. Mit ‚Demokratie leben!‘ haben wir hier Netzwerke geschaffen, die den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft stärken. Wenn die Förderung gestrichen wird, bringt das all die Strukturen in Gefahr, die wir über viele Jahre hinweg aufgebaut haben.“
Das Bundesprogramm unterstützt seit Jahren Initiativen zur Stärkung der Demokratie und zur Bekämpfung von Rassismus und Radikalisierung. Allein im Landkreis Bamberg seien in den vergangenen fünf Jahren durch „Demokratie leben!“ mehr als 60 Projekte mit einem Fördervolumen von insgesamt rund 650.000 Euro unterstützt worden. Darunter befanden sich zum Beispiel Stolpersteinverlegungen, Workshops zu religiöser Vielfalt und Demokratiearbeit an Schulen. Der Wegfall dieser Mittel verhindere die Fortsetzung vieler dieser wichtigen Initiativen.
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Demokratiepflege-Projekt im Landkreis
„Demokratie leben!“ wird fortgesetzt
Bambergs Kreisausschuss folgt dem Vorschlag von Landrat Johann Kalb, das Projekt „Demokratie leben!“ fortzusetzen. So sollen junge Menschen auch 2023 und 2024 das Angebot der Partnerschaft für Demokratie wahrnehmen können.
2015 hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ ausgeschrieben. Damit möchte das Ministerium zivilgesellschaftliches Engagement und demokratisches Miteinander stärken. Städte, Landkreise und Kommunen können sich dabei um Förderung für demokratiepflegende Projekte und Initiativen bewerben.
Denn junge Menschen zum demokratischen Denken und Handeln zu befähigen, sei eine zentrale gesellschaftliche Herausforderung, zitiert eine Mitteilung des Landratsamtes Landrat Johann Kalb. „Deshalb führen wir das Projekt „Demokratie leben!“ in den Jahren 2023 und 2024 fort.“
Kalb dankte den Mitgliedern des Kreisausschusses dafür, dass das Gremium seinem Vorschlag folgte, das Projekt fortzusetzen. „Seit 2019 haben, trotz Pandemie, mehr als 8.000 Menschen an Projekten der Partnerschaft für Demokratie teilgenommen“, sagte Kalb. Daraus habe sich zum Beispiel der Jugendkreistag, die Veranstaltungsreihe „Politik zum Anfassen“, Demokratiekonferenzen und Ausstellungen entwickelt.
Bis zu 124.000 Euro jährlich stehen aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“ für Aktionen und Initiativen bereit. Der Landkreis Bamberg bringt zehn Prozent Eigenmittel auf und trägt die Personalkosten für eine Halbtageskraft.
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Landkreis Bamberg beteiligt sich zum vierten Mal
Projekt „Demokratie leben!“
Seit 2019 beteiligt sich der Landkreis Bamberg am Bundesprogramm „Demokratie leben!“ Auch 2022 werden spannende Projekte gefördert und durchgeführt, unter anderem wird es Vorträge und Workshops für Fachkräfte oder Mitmachprojekte für Kinder und Jugendliche geben.
Die Stärkung demokratischer Strukturen, die Prävention von Extremismus sowie die Gestaltung einer vielfältigen Gesellschaft sind wichtige und dauerhafte Aufgaben, zu denen viele lokale Initiativen beitragen. Das Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend fördert dieses Engagement im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“, an dem sich seit 2019 auch der Landkreis Bamberg beteiligt.
Für das Jahr 2022 hat der Landkreis Bamberg 124.000 Euro beantragt, mit denen wie in den Vorjahren unter anderem Vorträge und Workshops für Fachkräfte, Theaterstücke, Ausstellungen oder Mitmachprojekte für Kinder und Jugendliche finanziell gefördert werden können.
Landrat Johann Kalb hebt die Bedeutung dieser Bundesförderung hervor: „Gerade in der aktuellen Zeit, in der unsere demokratischen Werte auf die Probe gestellt werden und eine Spaltung der Gesellschaft droht, braucht es Initiativen, die dem entgegenwirken. „Demokratie leben!“ gibt uns die Möglichkeit, die Zivilgesellschaft dabei zu unterstützen.“
Die Partnerschaft für Demokratie im Landkreis Bamberg, die vom Bildungsbüro des Landkreises verwaltet und vom Jugendhilfeträger iSo e.V. inhaltlich gestaltet wird, hat in den vergangenen Jahren zahlreiche spannende Projekte gefördert und auch selbst durchgeführt. Dazu zählen die Veranstaltungsreihe „Guter Ort“ im Kontext des Festjahres „1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland“, die Plakataktion „Kinderrechte ins Grundgesetz“ zur Bundestagswahl 2021 sowie Interviews und Diskussionsrunden mit politischen Vertreter*innen. Die Beteiligung an der bayernweiten „Langen Nacht der Demokratie“ im Bürgerhaus Baunach mit Autor und Sozialaktivist Ali Can sowie die Podiumsdiskussion mit Dr. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, im Kulturboden Hallstadt zählten zu den Meilensteinen im zurückliegenden Jahr.
Speziell für junge Menschen gibt es auch 2022 wieder mehrere „Wunschkonzerte“. Ganzjährig können Jugendliche Anträge auf finanzielle Förderung ihrer Projektideen für Gemeinden, Vereine oder Jugendgruppen stellen, über deren Bewilligung sie selbst abstimmen und somit Demokratie hautnah mitgestalten.