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Der Brandner Kasper

Lui­sen­burg-Fest­spie­le 2021

Him­mel und Hölle

Der Spiel­plan steht, die Frei­luft­büh­ne ist bereit, die Vor­ver­käu­fe lau­fen – wenn sich die Pan­de­mie zufrie­den­stel­lend zurück­ent­wi­ckelt, kann in Wun­sie­del am 1. Juli die Pre­mie­re der Lui­sen­burg-Fest­spie­le 2021 gefei­ert wer­den. Mit Bir­git Simm­ler, der künst­le­ri­schen Thea­ter­lei­te­rin, haben wir über die Fest­spie­le, wirt­schaft­li­chen Druck, KUSS-Dra­ma­tur­gie und Impf-Opti­mis­mus gesprochen.

Frau Simm­ler, den dies­jäh­ri­gen Lui­sen­burg-Fest­spie­len haben Sie das Mot­to „Him­mel und Höl­le“ vor­an­ge­stellt. Was bedeu­tet es?

Bir­git Simm­ler: Es geht um eige­ne und frem­de Dämo­nen, eige­ne und frem­de Para­die­se. Wie fin­det man sein Para­dies und ist es wirk­lich so gut, wie man es sich erträumt hat. Also das ewi­ge The­ma im Thea­ter: Wie fin­de ich zu einem erfüll­ten Leben?


Am 1. Juli ist die Eröff­nung mit einer Musi­cal­ver­si­on von “Pinoc­chio”. War­um begin­nen Sie die Spiel­zeit mit die­sem Stück?

Bir­git Simm­ler: Pinoc­chio möch­te ein Mensch wer­den, eine Fami­lie haben, ein ech­ter Jun­ge sein. Das ist eine klas­si­sche „Coming-of-Age“-Story oder, wie man es frü­her genannt hät­te, ein Stück nach dem Vor­bild des klas­si­schen Ent­wick­lungs- oder Bil­dungs­ro­mans. Auf dem Weg begeg­net Pinoc­chio jeder Men­ge Dämo­nen und er geht reif und gestärkt aus die­sen wich­ti­gen Erfah­run­gen her­vor. Passt auch zu Kin­dern in Pan­de­mie­zei­ten, auch wenn der Spiel­plan vor der Pan­de­mie schon stand.


Nach wel­chen Gesichts­punk­ten haben Sie den wei­te­ren Spiel­plan zusammengestellt?

Bir­git Simm­ler: Ich arbei­te mit der KUSS-Dra­ma­tur­gie: Ein Spiel­plan soll alle vom Publi­kum gesuch­ten Gefüh­le aus­lö­sen kön­nen – komisch, unter­hal­tend, sinn­lich, seri­ös. Jedes Stück hat hier einen unter­schied­li­chen Schwer­punkt. Wenn dabei ein KUSS her­aus­kommt, stimmt der Mix. Dazu kommt das Spiel­zeit-Mot­to als the­ma­ti­sche Klam­mer, also 2021 „Him­mel und Hölle“.


“Der Name der Rose” spielt im Mit­tel­al­ter, “Der Brand­ner Kas­per” und “Zucker” im 19. Jahr­hun­dert, “Faust” im 18. und auch “Die Fle­der­maus” ist schon über 100 Jah­re alt. Wie­so wird im Spiel­plan so stark die Ver­gan­gen­heit bemüht?

Bir­git Simm­ler: Die Spiel­zeit der Stü­cke ist in der Ver­gan­gen­heit – ihre Schreib­zeit ist ganz aktu­ell: “Rose”, “Brand­ner” und “Zucker” sind alle zwi­schen 2017 und in 2018 geschrie­ben worden.

Hier wer­den über die Ver­gan­gen­heit also genau­so heu­ti­ge Lebens­wel­ten behan­delt. “Der Name der Rose” als Adap­ti­on von Umber­to Ecos Klas­si­ker spielt mit der Suche nach Erkennt­nis, die die Auto­ri­tä­ten dog­ma­tisch ver­wei­gern wol­len. “Der Brand­ner Kas­par 2” ist eine Volks­stück-Komö­die über die Ban­de der Fami­lie über den Tod hin­aus. Und in “Zucker” schla­gen lis­ti­ge Land­be­woh­ner den Mäch­ti­gen ein Schnipp­chen und unter­lau­fen ein macht­po­li­tisch moti­vier­tes Wirt­schafts­em­bar­go – es geht mit Rüben gegen Napoleon.

Bir­git Simm­ler, künst­le­ri­sche Thea­ter­lei­te­rin der Lui­sen­burg-Fest­spie­le. Foto Lui­sen­burg-Fest­spie­le /​Flo­ri­an Miedl

“Faust” ist sowie­so zeit­los und immer aktu­ell. Bei der “Fle­der­maus” haben Sie recht: Hier geht es um leich­te, gute Unter­hal­tung unterm Ster­nen­zelt über der Fel­sen­büh­ne der Luisenburg-Festspiele.


“Der Watz­mann ruft” ist ein Rusti­cal. Was hat es damit auf sich?

Bir­git Simm­ler: Das Stück ist eine uri­ge Per­si­fla­ge auf das klas­si­sche Volks­stück, geschrie­ben unter ande­rem von Wolf­gang Ambros, Man­fred Tau­chen und Josef Pro­ko­petz, mit pop­pi­ger öster­rei­chi­scher Volks- und Rock­mu­sik. Das Beson­de­re ist, dass wir zum 130-jäh­ri­gen Jubi­lä­um der Lui­sen­burg-Fest­spie­le zu ihren Ursprün­gen zurück­ge­hen und das Stück im Fel­sen­la­by­rinth direkt neben der heu­ti­gen Büh­ne spie­len und damit auf dem dama­li­gen Thea­ter­platz. Als wei­te­re Ver­beu­gung vor der Tra­di­ti­on die­ser ältes­ten Frei­licht­büh­ne Deutsch­lands spie­len wir mit einem Mix aus Pro­fis und dazu in Chor und Tanz­grup­pe mit regio­na­len Talen­ten aus der Kreis­mu­sik­schu­le Tirschenreuth.


Was macht Sie opti­mis­tisch, dass im Juli kul­tu­rel­le Ver­an­stal­tun­gen vor Publi­kum wie­der mög­lich sein werden?

Bir­git Simm­ler: Die Erfah­run­gen aus 2020 zei­gen, dass im Som­mer die Anste­ckung stark abflaut. Par­al­lel dürf­te bis dahin ein guter Impf­sta­tus der Bevöl­ke­rung erreicht sein. Wir gehen also davon aus, im Lau­fe des Som­mers spie­len zu können.


Wie sehen die Pla­nun­gen aus, wenn Ter­mi­ne aus­fal­len müs­sen sollten?

Bir­git Simm­ler: Wir kön­nen im Lau­fe der Spiel­zeit noch Vor­stel­lun­gen ver­dich­ten. Dazu gibt es Plä­ne, so dass wir im Fall der Fäl­le noch Ver­schie­be­mas­se haben. Opti­mal wäre natür­lich, nach der ursprüng­li­chen Pla­nung spie­len zu kön­nen. Wir sind auf jeden Fall auf alles vorbereitet.


Wie groß muss die Publi­kums-Aus­las­tung sei, wie vie­le Ter­mi­ne müs­sen statt­fin­den, damit sich die Fest­spie­le wirt­schaft­lich rechnen?

Bir­git Simm­ler: Nor­ma­ler­wei­se brau­chen wir eine Aus­las­tung von etwa 85 Pro­zent. Das ist schon unter nor­ma­len Bedin­gun­gen ein fast absurd hoher Wert inner­halb der deut­schen Thea­ter­land­schaft. Aller­dings ent­steht uns auch, wenn wir nicht spie­len, ein hohes Defi­zit, anders als bei den meis­ten Stadt‑, Lan­des- und Staats­thea­tern. Hier ist es dann eine Abwä­gungs­sa­che, was bes­ser ist: Mie­se machen ohne zu spie­len oder Mie­se machen und spie­len. Da fällt unse­re Wahl klar auf die zwei­te Option.


Wie ent­wi­ckeln sich die Vorverkäufe?

Bir­git Simm­ler: Wir haben aus 2020 noch 90.000 ver­kauf­te Tickets. Wir haben ein treu­es Publi­kum, bei dem ich mich gar nicht genug bedan­ken kann. Im Moment ver­kauft sich pan­de­mie-bedingt natür­lich wenig dazu, und das ist okay. Das Publi­kum möch­te wis­sen, wie wir genau spie­len, bevor sie kau­fen. Ich rech­ne damit, dass die Käu­fe dann eben kurz­fris­ti­ger kom­men, wenn das Publi­kum weiß, wie genau es die Kunst genie­ßen kön­nen wird.


Lässt sich ein­schät­zen, ob sei­tens des Publi­kums Vor­freu­de auf die Fest­spie­le herrscht oder eher Beden­ken teil­zu­neh­men wegen der Pandemie?

Bir­git Simm­ler: Nun, bei den 90.000 gehal­te­nen Kar­ten und dem, was mir die weni­gen Leu­te, die man noch trifft, und was unse­re Kun­den uns am Tele­fon sagen, herrscht Vor­freu­de und das Ver­trau­en, dass wir das Rich­ti­ge tun und unser Publi­kum in Pan­de­mie­zei­ten schüt­zen. Und das wer­den wir auch.


Wei­te­re Infor­ma­tio­nen
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https://www.luisenburg-aktuell.de/