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FC OVI-Teunz

Deutsch­land-Pre­mie­re in der Oberpfalz

Punkt­spiel-Pre­mie­re: zwei Damen im Herren-Fußball

Deutsch­land-Pre­mie­re in Bay­ern – und ein garan­tiert his­to­ri­scher Tag für den Ama­teur­fuß­ball hier­zu­lan­de! Nur 22 Tage nach der Grund­satz­ent­schei­dung am 26. Ordent­li­chen Ver­bands­tag des Baye­ri­schen Fuß­ball-Ver­ban­des (BFV), fort­an Frau­en die Mög­lich­keit zu eröff­nen, auf Antrag bei den Her­ren Punkt­spie­le zu bestrei­ten, ist die Ober­pfalz ist Schau­platz des deutsch­land­wei­ten Novums. Jes­si­ca Eckl (38) und San­dra Pfan­nen­stein (28) sind am heu­ti­gen Sonn­tag für den FC OVI-Teunz II in der B‑Klasse Cham/​Schwandorf 2 der Män­ner in der Par­tie gegen den SC Alt­fal­ter II (1:6) aufgelaufen.

„Ich kann es noch gar nicht fas­sen, bei solch einer Pre­mie­re mit die­ser Trag­wei­te dabei gewe­sen zu sein – es war eine wirk­lich tol­le Sache, die mir gro­ßen Spaß gemacht hat“, so das Fazit von Jes­si­ca Eckl nach der Par­tie. San­dra Pfan­nen­stein sah indes das gro­ße Gan­ze: „Es ist abso­lut bemer­kens­wert, dass der Baye­ri­sche Fuß­ball-Ver­band die­se Mög­lich­keit neu geschaf­fen hat. Das ist in der heu­ti­gen Zeit ein­fach nur pas­send. Ich kann allen nur emp­feh­len, es selbst ein­mal aus­zu­pro­bie­ren. Auf dem Feld war es wie immer – im Umgang mit­ein­an­der gab es da kei­ne Unter­schie­de. So macht Fuß­ball Spaß!“ Für Mit­spie­ler Sigi Eckl war „auch spie­le­risch kein Unter­schied zu erken­nen, die bei­den Mädels sind tech­nisch rich­ti­ge gute Kicke­rin­nen. Und spä­tes­tens mit dem Anpfiff über­legst du auch gar nicht, ob du jetzt Mann oder Frau anspielst – am Ende spie­len wir ein­fach Fußball.“

Ein ganz beson­de­rer Tag für Fami­lie Eckl

Für Jes­si­ca Eckl und San­dra Pfan­nen­stein ist die­ser Tage Schwit­zen ange­sagt. Die bei­den Defen­siv­spie­le­rin­nen des FC OVI-Teunz aus dem Ober­viech­ta­cher Land im Land­kreis Schwan­dorf haben die Vor­be­rei­tung auf die neue Spiel­zeit auf­ge­nom­men. Für den sou­ve­rä­nen Meis­ter der Frau­en-Bezirks­li­ga Nord (16 Punk­te Vor­sprung) geht es ab dem 3. Sep­tem­ber eine Eta­ge höher in der Bezirks­ober­li­ga an den Start – dann ist Sai­son-Auf­takt aus­wärts beim 1. FC Schwar­zen­feld. Doch das Mit­tel­feld-Duo hat sich bereits jetzt auf die Jagd nach Pflicht­spiel-Punk­ten gemacht – für die B‑Klas­sen-Her­ren ihres Hei­mat­ver­eins. Ja, in der Tat! Dies ist seit dem Beschluss des Ver­bands­ta­ges mög­lich, §39 der BFV-Spiel­ord­nung erlaubt es seit die­ser Sai­son, dass Frau­en auch bei Män­nern spie­len können.

„Wir haben davon gewusst und jetzt eben gleich dar­auf reagiert“, sagt Pfan­nen­stein – bin­nen 48 Stun­den hat­te der Ver­bands-Frau­en- und Mäd­chen-Aus­schuss (VFMA) mit sei­ner Vor­sit­zen­den San­dra Hof­mann den Antrag des Ober­pfäl­zer Duos geneh­migt und den Weg geeb­net. „Es hat jetzt ein­fach ganz gut gepasst, wir sind da ganz prag­ma­tisch. Als Mädel habe ich eh immer bei den Buben gespielt, auch in der Arbeit gab es immer gemisch­te Frei­zeit-Teams“, sag­te die 28 Jah­re alte frei­ge­stell­te Betriebs­rä­tin: „Also alles kein Pro­blem.“ Für die zwei­fa­che Mut­ter Jes­si­ca Eckl, die als Fach­in­for­ma­ti­ke­rin arbei­tet, ist die­ser Tag ein noch­mals bedeut­sa­mer – nicht nur, weil sie den B‑Klassisten als Kapi­tä­nin aufs Feld führt: „Ich habe jetzt die Gele­gen­heit bekom­men, mit mei­nen bei­den Brü­dern in einem Pflicht­spiel auf­zu­lau­fen – und das am 65. Geburts­tags mei­nes Vaters, der zwei­ter Vor­sit­zen­der und Sta­di­on­spre­cher ist.“ Außer­dem, so sagt sie, sei die Per­so­nal­de­cke der zwei­ten Mann­schaft etwas dünn, „so haben wir dann auch etwas hel­fen und zur Ent­span­nung bei­tra­gen können“.

San­dra Hof­mann: „Wir wol­len kei­ne ein­zi­ge Frau verlieren“
(von links) Wer­ner Mages (Kreis­vor­sit­zen­der des BFV), Jes­si­ca Eckl, San­dra Pfan­nen­stein, Kers­tin Cos­ta (Ver­bands­spiel­lei­te­rin Frau­en), Tho­mas Graml (Bezirks­vor­sit­zen­der des BFV). Foto: Fabi­an Früh­wirth /​Baye­ri­scher Fußball-Verband

Für San­dra Hof­mann, VFMA-Vor­sit­zen­de in Bay­ern und Mit­glied im Frau­en- und Mäd­chen­aus­schuss beim Deut­schen Fuß­ball-Bund (DFB), ist Letz­te­res „maxi­mal ein will­kom­me­ner, posi­ti­ver Neben­ef­fekt. Dar­um geht es uns bei der Grund­satz­ent­schei­dung aber schluss­end­lich gar nicht. Uns geht es viel­mehr dar­um, dass wir kei­ne ein­zi­ge Frau ver­lie­ren wol­len, nur weil ihr die Mög­lich­keit fehlt, bei einem Frau­en-Team zu spie­len, die nicht so flä­chen­de­ckend ver­tre­ten sind wie Männermannschaften.“ 

In Bay­ern waren zum jüngs­ten Erhe­bungs­stich­tag im Okto­ber 2021 ins­ge­samt 6245 Her­ren- und 796 Frau­en-Teams gemel­det. Immer wie­der erhielt Hof­mann in der Ver­gan­gen­heit Anfra­gen, war­um ein Mäd­chen, das von klein auf mit den Jungs spielt, nicht auch in der A‑Jugend wei­ter mit dabei sein darf. „Einen A‑Ju­nio­rin­nen-Spiel­be­trieb haben wir im weib­li­chen Bereich nicht, wir woll­ten so bewusst die Frau­en­teams stär­ken. Doch wir haben den Weg genau die­ser anfra­gen­den Spie­le­rin­nen ver­folgt, die wenigs­ten tau­chen dann in Frau­en-Teams auf, sehr vie­le hören ganz mit dem Fuß­ball­spie­len auf.“

Der Pro­zess wird eng begleitet

Das Beob­ach­ten und Ver­fol­gen ist jetzt Auf­ga­be des Aus­schus­ses unter Vor­sitz der Neu­mark­te­r­in: „Es ist ein Ver­such, wir sehen das Vor­ge­hen als eine Art Pilot­pro­jekt. Wir wer­den die­sen Pro­zess eng beglei­ten, indem wir die Mög­lich­keit nicht ein­fach nur schaf­fen, son­dern das Spiel­recht durch einen ein­fa­chen und unkom­pli­zier­ten Antrag geneh­mi­gen. Wir wol­len fak­tisch wis­sen, in wel­chen Ver­ei­nen, Regio­nen und Alters­klas­sen die­se Opti­on gezo­gen wird.“ Wäh­rend die­ses Vor­ge­hen des Baye­ri­schen Fuß­ball-Ver­ban­des so in Deutsch­land ein­ma­lig ist, war es vor Jah­res­frist bereits in den Nie­der­lan­den ein­ge­führt und als längst über­fäl­li­ge, weil zeit­ge­mä­ße „Revo­lu­ti­on“ beti­telt wor­den. Im Frei­staat wird der­weil eif­rig dis­ku­tiert, was Hof­mann gut und wich­tig fin­det, aber gleich betont, „dass wir es hier mit kei­nem Mas­sen-Phä­no­men zu tun haben wer­den. Es ist eine Mög­lich­keit, natür­lich kein Muss. Ver­ein und die Spieler*innen müs­sen selbst bewer­ten und kön­nen selbst ent­schei­den. Und natür­lich müs­sen wir auch abwar­ten, wie vie­len Spie­le­rin­nen es am Ende über­haupt Spaß macht und Freu­de berei­tet. Die Ana­to­mie von Mann und Frau ist und bleibt nun ein­mal eine andere“.

Das weiß nach der Par­tie auch San­dra Pfan­nen­stein: „Ja, klar, kör­per­lich sind die­se Unter­schie­de nicht weg­zu­dis­ku­tie­ren. Gera­de in Sachen Geschwin­dig­keit ist der Unter­schied schon spür­bar, das war rich­tig her­aus­for­dernd – ent­spre­chend platt bin ich jetzt auch. Aber Spaß hat es in jedem Fall gemacht.“