Gaia Protection betreibt lokale Hilfsprojekte, um sich der Herausforderung der globalen Umweltzerstörung zu stellen. Vor allem der Beseitigung von Plastikmüll und der
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Für mehr Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein
Umweltschutz-Verein Gaia Protection
Gaia Protection betreibt lokale Hilfsprojekte, um sich der Herausforderung der globalen Umweltzerstörung zu stellen. Vor allem der Beseitigung von Plastikmüll und der Kreislaufwirtschaft widmet sich der Bamberger Umweltschutz-Verein und hat dabei in der Stadt bereits Spuren hinterlassen.
Nach ihrem Abitur im Jahr 2017 bereiste Lila Behr Indonesien und verlor laut eigener Aussage an einem Strand mit 18 Jahren fast die Hoffnung. „An diesem Strand sah ich zum ersten Mal extreme Umweltverschmutzung. Im Wasser und im Sand war wahnsinnig viel Plastikmüll und ich bin in Öl geschwommen“, sagt sie. „Das hat mich richtig fertig gemacht. Aber, ich habe die Zusammenhänge zwischen Wirtschaft, Umwelt und sozialer Ungleichheit wahrgenommen und schwor mir: Egal was ich in Zukunft mache, ich muss aktiv Teil der Entstehung einer besseren Welt sein.“
Glücklicherweise lagen die Mittel dazu nahe. Lila Behrs Vater, Siegfried Ramming, hatte in den 1990er Jahren ein Stück Land im zentralamerikanischen Costa Rica gekauft, um es vor Abholzung und Zerstörung zu bewahren.
Zusätzlich dazu gründete er 2002 die Stiftung Gaia Protection, welche es sich zur Aufgabe machte, Bioreservate um die Nationalparks in Costa Rica herum zu schaffen und somit Flora und Fauna zu beschützen. So sollten die Abstände zwischen der unberührten Natur der Parks und besiedelten Gebieten noch vergrößert und natürlicher Lebensraum und seine Artenvielfalt beschützt werden. 2005 starb Siegfried Ramming jedoch bei einem Autounfall und die Arbeit der Gaia-Stiftung kam zum Stillstand.
Erst 2017 erstand Gaia auf, zwar an anderer Stelle, aber im selben Geist. In ihrem Geburtsland Costa Rica und unter dem erschütternden Eindruck der auf Sumatra herrschenden Umweltverschmutzung startete Lila Behr ihr erstes Umweltschutzprojekt. Zusammen mit einer örtlichen Schule baute sie ein Plastikrecyclingsystem auf, um das Problem anzugehen. „Es gibt eine globale Recyling-Bewegung namens „Precious Plastic“, die kostenlos und lizenzfrei Baupläne für Recycling-Anlagen zur Verfügung stellt. Damit haben wir in den dortigen Communities ein Wiederverwertungs-Kreislaufsystem für Plastik etabliert. Diese Idee hat mich fasziniert und so habe ich in Costa Rica das Projekt gestartet und zum Beispiel an Schulen Workshops gegeben.“
Zurück in Bamberg, wo sie neben Costa Rica den Großteil ihrer Kindheit und Jugend verbracht hatte, nutzte sie den Schwung, den ihr das Projekt in Südamerika verliehen hatte, und organisierte 2018 das eintägige Umweltschutzfestival „Projekt Erde“. Dort fand sie Gleichgesinnte, mit denen sie am 11. November 2018 Gaia Protection als gemeinnützigen Verein neu gründete und wieder ins Leben rief.
„Plastikmüll muss nicht automatisch schlecht sein“
In der griechischen Mythologie personifiziert die Göttin Gaia die Erde und verbindet das Ganze mit dem Individuum. Eine Umweltschutzorganisation nach Gaia zu benennen, bietet sich also an.
„Wir sehen die Erde als Gesamtorganismus“, sagt Pauline Reichelt, genau wie Lila Behr Vorständin bei Gaia Protection und 2019 Mitorganisatorin von „Projekt Erde“. „Wir sehen die Erde als sich selbst regulierendes System, bei dem verschiedene Umweltsysteme miteinander interagieren. Und wir Menschen sind Teil dieses Gesamtsystems. Man kann sich als Menschheit nicht isoliert sehen, weil man einen direkten Einfluss auf die Umwelt hat.“
Davon ausgehend hat Gaia das Ziel, seinen Teil zum Schutz der Umwelt, des großen Ganzen, durch kleine lokale Aktionen oder Initiativen beizutragen. Global denken, lokal handeln, lautet das Motto. „Dafür muss aber grundlegend das allgemeine Umweltbewusstsein und Umweltverhalten gestärkt, gefördert und leichter gemacht werden. Es muss mehr Willen geben, die Umwelt zu schützen.“
Dank der Demonstrationen von Fridays for Future habe sich in dieser Richtung in den letzten Jahren auch schon einiges getan. „An vielen Stellen, bei den Menschen und in der Politik, hat sich das Narrativ geändert. Umweltschutz ist jetzt ein allgegenwärtiges Thema und vor allem junge Leute sehen die Umweltzerstörung immer mehr als Bedrohung.“
„Aber“, sagt Lila Behr, „ich finde Demos sehr wichtig, um Aufmerksamkeit zu generieren und mehr über verschiedene Themen aufzuklären. Da fängt es an. Ich bin allerdings der Meinung, dass ein langfristiger Wandel auf allen Ebenen stattfinden muss. Individuen, Organisationen und vor allem lokale Regierungen müssen zusammenarbeiten, um schwierigen Themen unserer Zeit anzupacken.“
Anstatt zu demonstrieren, geht Gaia Protection darum eher den aktiveren Weg des sozialen Unternehmertums, der nachhaltige Lösungen anstrebt, indem er nachhaltige Projekte betreibt und fördert.
Ein Grundstein solcher Nachhaltigkeit und des dazu nötigen Bewusstseins, in diesem Fall des Umweltbewusstseins, lässt sich zum Beispiel auf die Art und Weise legen, wie es Pauline Reichelt im Zuge ihrer Psychologie-Masterarbeit anstrebt.
„Ich nehme Kontakt mit Schulen auf“, sagt sie, „und biete dort im Namen von Gaia Protection Umweltbildung an. So möchten wir das Bewusstsein zu Umweltthemen an die nächste Generation weitergeben, Wissen darüber, wie man sich im Alltag nachhaltig verhält. Außerdem arbeiten wir daran, an Bamberger Schulen Plastiksammelstellen für die Lebenshilfe aufzustellen, um Schüler und Schülerinnen die Möglichkeit zu geben, selbst aktiv zu sein und Selbstwirksamkeit zu erfahren.“
Das Recycling von Plastik stellt ohnehin ein besonderes Anliegen von Gaia Protection dar. Seit Lila Behr 2017 an jenem zugemüllten Strand Indonesiens stand, hat sich diese Variante der Umweltverschmutzung nämlich kaum gebessert. Sogenanntes Mikroplastik ist in fast allen Umweltbereichen nachweisbar.
Was mit „Precious Plastic“ in Costa Rica anfing, führt Gaia Protection heute in Bamberg mit mehreren Kooperationen fort. „Man kann als Einzelperson aktiv Teil von Veränderung werden“, sagt Lila Behr, „so haben wir vor vier Jahren begonnen, mit einem Team von etwa 20 Leuten viele kleine Projekte in Bamberg anzugehen.“
Unter dem Namen „Bamberger Plastik Evolution“ wendete sich Gaia Protection 2019 an die Stadt, Supermärkte und gastronomische Betriebe, um diese für Umweltschutz-Projekte zu gewinnen. Nicht ohne Erfolg. Wenig später veröffentlichte das Rathaus einen Nachhaltigkeits-Navigator, soll heißen, einen Stadtplan, auf dem Umweltschutz-Initiativen eingezeichnet sind.
Auch der Jutebeutel-Baum in einem Supermarkt in der Langen Straße steht dort auf das Betreiben von Gaia Protection hin. Und die Kooperation mit gastronomischen Betrieben läuft unter dem Stichwort „Trinkhalme aus ökologisch angebautem Zuckerrohr“. „Dafür sind wir an Restaurants herangetreten und haben gefragt, ob sie ihre Plastik-Trinkhalme nicht durch biologisch abbaubare Halme ersetzen wollen. Und zwar bevor es europaweit verboten wurde. Gaia ist der Vermittler, der die Halme auf Masse bestellt und sie an die Läden weiterverkauft. Der Ertrag geht direkt an weitere nachhaltige Projekte, wie den Kauf von Plastik Recycling Maschinen in Bamberg.“
Das aktuellste Projekt von Gaia Protection ist gleichzeitig das bisher größte. Zusammen mit der Lebenshilfe Bamberg haben Lila Behr und Pauline Reichelt die Bamberger Kunststoff Manufaktur eröffnet. Das Stichwort hierbei lautet: „Plastikmüll muss nicht automatisch schlecht sein.“
„Mit diesem Plastik-Recycling-Projekt können wir ein nachhaltiges Kreislaufsystem schaffen und langfristig für mehr gesellschaftliche Sensibilisierung sorgen“, sagen die beiden Vorständinnen von Gaia Protection. „Denn Plastik ist nicht immer schlecht. Es ist ein wertvoller Rohstoff, der
wiederverwendet werden kann und nicht als Einwegprodukt im Müll landen sollte. Vor allem in Ländern, in denen es kein funktionierendes Recyclingsystem gibt, kann es als neues Wirtschaftskreislaufsystem dienen. In Bamberg hat es vor allem im Bezug auf Umweltbildung und Sensibilisierung zur Müllvermeidung bereits einen großen Einfluss. Ob in den Schulen in Bamberg oder auch auf Festivals, unser Ziel ist es, Menschen auf Möglichkeiten der Müllvermeidung aufmerksam zu machen.“
Herzstück der Kunststoff Manufaktur sind zwei Maschinen in der Werkstatt der Lebenshilfe, die Plastikmüll häckseln, schmelzen und in Form pressen. Heraus kommen dabei Schlüsselanhänger, Lineale und Karabinerhaken. Aber Gaia Protection und die Lebenshilfe seien noch auf der Suche nach weiteren sinnvollen Produkten, die man so herstellen könnte. Eine Möglichkeit sieht die Kunststoff Manufaktur darin, Aufträge von Industrie oder anderen lokalen Unternehmen anzunehmen, welche normalerweise Produkte aus neuem Plastik herstellen würden.
Anlaufstelle für die Ideen
Gaia Protection betreibt aber nicht nur eigene Projekte und Bewusstseinsbildung. Der ehrenamtliche Verein sieht sich auch als Anlaufstelle für die Ideen anderer. Wiederum im Sinne des „global denken, lokal handeln“ können sich Einzelpersonen oder andere Organisationen, die sich mit eigenen Projekten für die Umwelt einsetzen möchten, an Gaia wenden und um Unterstützung und Infrastruktur ersuchen.
„Gaia Protection“, sagt Lila Behr, „möchte nicht nur Aufklärung leisten, wir möchten die Leute auch ermutigen, als Einzelne, die etwas Gutes tun möchten, zu uns zu kommen – entweder mit bereits konkreten Ideen oder um für sich herauszufinden, was sie tun könnten. Alle, die sich in Bamberg sozial oder nachhaltig engagieren oder einfach aktiv werden wollen, können sich bei uns bewerben und eine legale Struktur durch uns bekommen.“
Zwei Beispiele für solche externen Projekte, mit denen Gaia in Bamberg zusammenarbeitet, sind das Müllvermeidungs-Projekt „Einmal ohne bitte“ und die Trauerinitiative „ZwischenGeZeiten“. „Gaia Protection bietet einen offenen Raum für lösungsorientierte Personen und strebt nach Kollaborationen mit anderen Vereinen, Unternehmen und lokalen Einrichtungen.“
Und Geschwindigkeit sei dabei tatsächlich ein maßgebender Faktor. „Mit 18 stand ich an diesem Strand in Sumatra und dachte: Was ist denn los in unserer Generation? Die Menschheit ist auf der Kippe, wir müssen unser Zeug jetzt auf die Reihe kriegen, sonst sieht es schlecht aus. Lieber aktiv an der Gestaltung der Welt teilnehmen, als in der Zukunft sagen zu müssen, dass wir uns nur passiv beschwert haben.“