Am Samstag (26. August) kamen Menschen verschiedenen Alters auf dem Maxplatz zusammen, um sich mit Hilfe eines von Greenpeace entwickelten Kartenspiels über
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Umweltschutz-Aktion
Greenpeace Bamberg: Dialog der Generationen auf Maxplatz
Am Samstag (26. August) kamen Menschen verschiedenen Alters auf dem Maxplatz zusammen, um sich mit Hilfe eines von Greenpeace entwickelten Kartenspiels über ihre Zukunftswünsche, die Klimakrise und die bevorstehende bayerische Landtagswahl auszutauschen. Die Spielkarten gaben Fragen vor, mit denen die jüngere mit der älteren Generation ins Gespräch kommen konnte. Ein Ziel der Aktion bestand darin, jungen, noch nicht wahlberechtigten Menschen die Möglichkeit zu geben, ihre Zukunftswünsche bei der kommenden Landtagswahl indirekt einzubringen.
Um dem Dialog zwischen den Generationen einen einladenden Hintergrund zu geben, hatten Greenpeace-Aktive einen Biergarten mit Garnituren, Geranien und Kastanienbäumen in Kübeln auf dem Maxplatz aufgebaut. Mit dem Dialog selbst sollten Menschen über Milieu- und Generationsgrenzen hinweg zusammengebracht werden, so Greenpeace Bamberg in einer Mitteilung. „Denn der zunehmenden Spaltung in der Gesellschaft können wir in meinen Augen nur so etwas entgegensetzen – indem wir miteinander sprechen und einander zuhören”, sagte Helena Renz von der Umweltschutzorganisation.
Spielkarten mit Fragen wie „was macht dir Sorgen mit Blick auf deine Zukunft?” und „wie findest du die Debatte über den Klimawandel in Bayern?” sollten es Jung und Alt erleichtern, ins Gespräch zu finden.
An einem fünf Meter langen und drei Meter hohen Regenbogen aus Holz konnten die BesucherInnen des künstlichen Biergartens dann ihre Erfahrungen und Zukunftswünsche aufschreiben und anbringen. „Frieden für die Menschheit“ und „eine lebenswerte Umwelt für alle“ war dort unter anderem zu lesen.
Entsprechend weist Greenpeace auf die Folgen, die die Klimakrise bereits auch in Bayern hat, hin. Ihre katastrophalen Auswirkungen würden dabei vor allem die jüngeren Generationen treffen. 17 Prozent der Menschen in Bayern sind allerdings unter 18 Jahre alt und somit nicht wahlberechtigt.
Damit deren Wünsche für die Zukunft bei der Landtagswahl im Herbst aber zumindest indirekt berücksichtigt würden, brauche es die Stimmen der Älteren, so Greenpeace. Um die junge mit der älteren Generation ins Gespräch zu bringen, touren Aktive der Umweltschutzorganisation den Sommer über mit dem Dialogformat durch ganz Bayern.
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Greenpeace Bamberg
Die Umweltretter von nebenan
Mal sind ihre Aktionen spektakulär, mal eher bescheiden. Mal draußen, weit weg in der Wildnis, im Wald oder auf dem Meer. Und manchmal einfach nur ums Eck in der Innenstadt. Die Umweltschutz-Organisation Greenpeace, die in den 1970-er Jahren in Vancouver in Kanada gegründet wurde, hat seit 2012 auch einen Ableger in Bamberg. Doch was macht Greenpeace konkret vor Ort? Und wie hat sich alles entwickelt?
Ein Treffen nach Feierabend mit zwei Mitgliedern, die es wissen müssen: Franz Gerbig, welcher seit Juli 2020 als Gruppenkoordinator am Start ist. Und Florian Beck, der zu den Gründungsmitgliedern der Gruppe zählt und zuvor Gruppenkoordinator war. „Wir haben damals eine Gruppe von Studierenden über die Facebook-Gruppe von Share and Care zusammengetrommelt“, erinnert sich der Physiotherapeut Beck an die Anfangszeit. Anderthalb Jahre habe es gedauert, bis die Gruppe alle wichtigen Positionen besetzt hatte. Die Greenpeace-Organisations-Zentrale in Hamburg mache klare Vorgaben für die Strukturen der Ortsgruppen.
In vielen Richtungen aktiv
Die Liste an Themen, welcher sich Greenpeace annimmt, ist lang und ambitioniert: Der Schutz der Meere und Wälder, die Energiewende, der Wandel zu einer ökologischen Landwirtschaft, der Schutz von Arktis und Antarktis, die Frage von Endlagern, die Erhaltung der Artenvielfalt sowie der Zusammenhang von Umwelt und Wirtschaft stehen auf der Agenda. Alle diese Themenfelder werden stets auf lokale Gegebenheiten umgemünzt. Und zwar überparteilich und unabhängig von Wirtschaftsunternehmen. Dazu später mehr.
Offiziell wurde Greenpeace in Bamberg im Jahr 2014 aus der Taufe gehoben. Seitdem hat sich einiges verändert: „Viele Leute haben dann nach dem Studium eine Familie gegründet oder sind berufsmäßig weggezogen“, schildert Florian Beck den Fortgang.
Trotzdem wuchs die Gruppe ununterbrochen weiter, sodass bis heute nicht nur Studierende, sondern vom Bosch-Ingenieur, über ehemalige US-Army-Mitglieder und Lehrer bis hin zur Rentnerin diverse persönliche und soziale Hintergründe vertreten sind. Ein Umstand, welchen das langjährige Mitglied Beck bis heute schätzt: „Es ist wichtig, dass wir möglichst alle gesellschaftlichen Schichten vertreten, welchen Umweltschutz ein Anliegen ist.“ Deutschlandweit sind etwa 600.000 Menschen – mehr als bei jeder etablierten politischen Partei – Fördermitglied bei Greenpeace. 110 Gruppen verteilen sich quer durch die Bundesrepublik. „Das ist ein wichtiges Argument, wenn wir bei Aktionen unterwegs sind und Menschen abwinkend mutmaßen, dass wir nur eine kleine Gruppe von Leuten seien, die sich für die Themen stark machen“, betont Beck. Weltweit sind drei Millionen Mitglieder aktiv und in fast 50 Ländern unterhält Greenpeace Büros und beschäftigt Mitarbeitende.
Viel Aufmerksamkeit in der Altstadt
In Bamberg stehen 15 Menschen bereit, sich an Umwelt-Themen zu wagen. In der Jugendgruppe sind nochmal genauso viele Leute aktiv. Seit Dezember 2018 hat die Gruppe ein Büro in der Memmelsdorfer Straße bezogen, welches auch andere Gruppen wie Change e.V. nutzen. So trifft sich – unter normalen, coronafreien Umständen – auch die Fridays for Future-Ortsgruppe dort. Und das mittlerweile 28 Organisationen umfassende Bamberger Klimaschutzbündnis nahm dort im Sommer 2019 seine Arbeit auf.
So viel Bündnisarbeit gebe neue Energie. Apropos: Beck kann sich noch gut an die erste Aktion zum Thema Kohleverstromung erinnern, die auch medial mehr Widerhall hatte: „Wir haben damals auf dem Maxplatz auf einer großen Plakatwand den Stadtplan Bambergs abgedruckt und die Flächen farbig markiert, welche bei einem damaligen Kohleabbauprojekt in der Lausitz betroffen waren. So wollten wir mit einfachen Mitteln zeigen, in welchem Ausmaß Dörfer und Städte in Abbaugebieten der fossilen Energieerzeugung zum Opfer fielen. Damals hätten Passantinnen und Passanten nicht schlecht gestaunt, welche Auswirkungen solche Bau-Projekte haben können“, erinnert sich Beck. Übertragen auf Bamberg wären große Teile der Altstadt, über das Berggebiet bis nach Gaustadt, betroffen gewesen.
Seitdem hat die Bamberger Gruppe immer wieder für Aufsehen in der Stadt gesorgt. Im Rahmen der deutschlandweiten Aktionstage haben die Aktivistinnen und Aktivisten von Greenpeace bei strahlendem Sonnenschein zur Sandkerwazeit beispielsweise ein Banner vor der Regnitzinsel am Kranen treiben lassen. Das Logo des Mineralölkonzerns Shell zeigte sich darauf zweigeteilt: Die linke Hälfte war ein traurig dreinblickender Eisbär, bei der rechten ragte aus der Shell-Muschel ein teuflisches Horn. Der Anlass war die geplante Bohrung nach Erdöl in der Arktis, auf welche die Gruppe aufmerksam machen wollte, um den Ölriesen zum Umdenken zu bewegen. Touristinnen und Touristen sowie Einheimische seien stehen geblieben, um die Aktion fotografisch festzuhalten.
Ein Schwimmer sei immer wieder beschäftigt gewesen, die Schnüre des Banners zu lösen, damit der Gondoliere seine Gäste sicher durch den alten Kanal manövrieren konnte. Durch Zufall war ein bekannter Unterstützer auf Besuch in Bamberg: Der damalige SPD-Oberbürgermeister Münchens, Christian Ude, lehnte aus dem Boot heraus den Flyer des Schwimmers dankend ab. Die entsprechende Petition habe er schon unterschrieben und wünsche gutes Gelingen. Und tatsächlich: Im Herbst 2015 stoppte der Ölkonzern sein Projekt in der Nachbarschaft des Nordpols.
Umweltzerstörung veranschaulichen
„Wir versuchen die Menschen aufzuklären und ihnen mehr Wissen an die Hand zu geben“, beschreibt Gruppenkoordinator Franz Gerbig das Credo der Organisation. Deshalb arbeite Greenpeace nicht mit Verboten, sondern baue auf die Mündigkeit der Konsumierenden und die Einsicht der Politik. Es gehe nicht darum, die Menschen zu erreichen, welche ohnehin schon ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein an den Tag legen, sondern jene, die sich mit der Thematik noch nicht beschäftigt haben.
Aktionen können Themen und globale Zusammenhänge aufgreifen, wie den Weg „Vom Regenwald zum Schäuferla“, ein Vortrag, bei dem Gerbig und seine Mitstreitenden anschaulich über die Folgen des EU-Mercosur-Handelsabkommens aufklärten. Das Freihandelspaket soll den Absatz von Fleisch und landwirtschaftlichen Produkten aus Brasilien und seinen Nachbarstaaten in der EU erleichtern, was in Südamerika die Regenwälder gefährdet, welche für die Produktion zusehends gerodet werden. Noch ist das Abkommen jedoch nicht verabschiedet. Zu allen Themen gebe es Vorlagen von Greenpeace Deutschland, die Umsetzung vor Ort sei aber zwanglos. „Als Ortsgruppe können wir nicht auf allen Hochzeiten tanzen und müssen lokal oder regional manchmal auch andere Schwerpunkte setzen als Greenpeace Deutschland“, so Gerbig.
Statt Wälder dem Erdboden gleichzumachen, setzen sich die Greenpeace-Aktiven lieber dafür ein, dass sie erhalten bleiben. Dabei steht auch der Einsatz für einen Nationalpark Steigerwald auf der Liste. „Wir sind seit Jahren bei Ortsterminen und politischen Gesprächen dabei“, erklärt Beck.
Inzwischen hat sich das Bündnis „Steigi bleibt“ aus verschiedenen Organisationen gegründet. Und auch in Bamberg hat Greenpeace – neben anderen Umweltverbänden – Humanpower reingesteckt, um beim Bürgerentscheid zum Gewerbegebiet am Hauptsmoorwald zu verhindern, dass fast 50 Hektar Wald gefällt werden. Die Abstimmung war ein Erfolg: 75 Prozent der Bamberger Stadtgesellschaft stimmten für die Beendigung des Bebauungsplanes auf der Muna. Das Waldgebiet ist fürs Erste sicher.
Alles andere als sicher ist aufgrund der Corona-Krise jedoch die Durchführbarkeit weiterer Aktionen. Im Sommer konnte Greenpeace immerhin 150 Menschen für einen Filmabend zu nachhaltigen Alternativen auf die Jahnwiese locken. Und im Herbst haben die DJanes Laurenzia und gyn_terre mittels Fahrradstrom Drum and Bass plus Hip-Hop am Skatepark unter dem Münchner Ring zugunsten der Kulturschaffenden in Bamberg aufgelegt, gefolgt vom Auftritt der Band SoulJam. „Durch Corona werden wir in unseren Planungen zurückgeworfen“, gibt der Gruppenkoordinator zu bedenken. Aber die Gruppe tüftelt schon an neuen Dingen. Denn die Klimakrise schwelt weiter. Erste Überlegungen für kreative Onlineaktionen wollen Gerbig und Beck aber noch nicht verraten.
Aktivismus wirkt
Die meisten Aktionen von Greenpeace sind harmlos und rechtlich absolut sicher. Doch für manche braucht es mehr Geschick und Wissen, um erfolgreich sein zu können. Wenn Greenpeace-Schiffe sich im Nordatlantik zwischen Wale und Walfangschiffe schieben, gewaltige Banner von den oberen Etagen von Gebäuden herabgelassen werden oder – wie in Bamberg und an anderen Orten geschehen – Supermarktfensterscheiben mit überlebensgroßen Fotografien aus Massentierhaltungsbetrieben beklebt werden, dann braucht es dafür ausgebildetes Personal. In Hamburg können sich Interessierte das rechtliche, fachliche und sportliche Know-How draufpacken.
Die genannten Konfrontationen lohnen sich immer wieder: „Das Tierwohl-Label auf Fleischprodukten ist in Folge der Greenpeace-Aktionen durchgesetzt worden“, hält Gruppenkoordinator Gerbig fest. „Wenn mein Sohn alt genug ist und ich die Zeit dafür finde, möchte ich auch die Ausbildung angehen“, betont Gerbig, welcher als Forschungsassistent arbeitet und früher eine BUND-Jugendgruppe leitete.
Wer bei Greenpeace einsteigen möchte, muss nicht einmal formal Mitglied werden. „Im Zentrum steht, dass wir Aktionen machen, die sinnvoll sind und allen Spaß machen“, fasst es der Gruppenkoordinator Gerbig zusammen. Alle zwei Wochen treffen sich die Mitglieder zum Plenum. Momentan selbstverständlich online. Auf die Frage, ob man sich bei Greenpeace vegan ernähren müsse oder zumindest das eigene Auto verkaufen solle, müssen Franz Gerbig und Florian Beck lachen: „Wir wollen die Dinge zwanglos vermitteln. Das ist erfolgversprechender“, bekräftigt Beck. Und keine Angst: Niemand muss auf Fundraising-Tour gehen und Spenden für die Organisation sammeln. Auch Jugendliche können sich der Jugendaktionsgruppe anschließen.
Die beiden Greenpeace-Aktiven haben ihr Engagement nie bereut. Auch wenn in einer Aktionswoche mal acht Stunden Zeit in das Ehrenamt fließen. Bleibt die Frage: Was wünschen sich die Umweltschützer für ihre Zukunft? „Das beste wäre natürlich, wenn sich Greenpeace als Organisation eines Tages überflüssig machen würde, weil unsere Ziele erreicht wurden“, sagt Gruppenkoordinator Gerbig. Für seinen langjährigen Mitstreiter Beck besteht noch Hoffnung, dass die Gruppe weiterexistiert und so divers aufgestellt bleibt wie bisher. Politisch gesehen sind sich beide einig, dass die Stadt Bamberg die Forderungen des Bamberger Klimaschutzbündnisses anerkennen und ihre Reaktionen darauf nachbessern sollte. Damit nicht nur Greenpeace eine Zukunft hat.