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Interview

Qua­dro Nuevo

Von Welt­mu­sik bis Jazz

Qua­dro Nue­vo, das Münch­ner Instru­men­tal-Ensem­ble um die bei­den Grün­dungs­mit­glie­der D. D. Low­ka (Kon­tra­bass) und unse­ren Gesprächs­part­ner Mulo Fran­cel (Saxo­phon, Kla­ri­net­te), hat abseits der gän­gi­gen Gen­re-Schub­la­den eine eige­ne Spra­che der Ton­poe­sie entwickelt.

Tan­go, Bal­kan-Swing, medi­ter­ra­ne Leich­tig­keit, Impro­vi­sa­tio­nen, ori­en­ta­li­sche Groo­ves – die Inspi­ra­ti­on der Musi­ker wird von der Begeg­nung mit ande­ren Kul­tu­ren gespeist.


Seid ihr mit Qua­dro Nue­vo gut durch die Covid-19-Kri­se gekommen?

Mulo Fran­cel: Gesund­heit­lich ja. Ansons­ten den Umstän­den ent­spre­chend. Wir haben das eine oder ande­re Strea­ming-Kon­zert gege­ben, gemäß den Hygie­ne-Bestim­mun­gen wei­ter geprobt und haben im Juni bereits zwei Open Air-Shows vor Publi­kum gespielt. Das war ein unglaub­lich tol­les Gefühl, wie­der auf der Büh­ne zu stehen.


Die Band wur­de 1996 gegrün­det. Wie haben sich eure musi­ka­li­schen Ein­flüs­se bis heu­te ver­än­dert, wel­che Sti­le genie­ßen Priorität?

Mulo Fran­cel: Die Grün­dungs­mit­glie­der kamen aus unter­schied­li­chen musi­ka­li­schen Rich­tun­gen, von Fla­men­co, Tan­go, Latin und Jazz. Dann wur­de getes­tet, wel­cher Stil­mix mög­lich ist und gefällt. Durch gemein­sa­me Rei­sen und Erleb­nis­se kam noch ori­en­ta­li­sche Musik hin­zu, aber auch die Begeg­nung mit deut­scher Volks­mu­sik und medi­ter­ra­ner Musik rund um das Meer. Sehn­sucht, Rei­se­lust, Fern­weh spie­len nach wie vor tra­gen­de Rol­len bei uns.


2008 hat­te Grün­dungs­mit­glied und Gitar­rist Robert Wolf einen schwe­ren Unfall und schied aud der Band aus. Wie habt ihr ihn ersetzt?

Mulo Fran­cel: Eve­lyn Huber an Har­fe und Sal­te­rio ist seit 2008 dabei. Je nach Pro­gramm ersetzt sie Pia­nist Chris Gall, die Stel­le ist also fle­xi­bel aus­ge­füllt. Für „Mare“ arbei­ten wir zum Bei­spiel, je nach Ver­füg­bar­keit, mit dem Gitar­ris­ten Pau­lo Morel­lo oder Phil­ipp Schiepek zusam­men. Lan­ge Zeit woll­ten wir kei­ne Gitar­re und haben sie auf­grund der Unfall-Fol­gen gemie­den. Aber seit einem Jahr ist die Stel­le wie­der rotie­rend besetzt und es macht viel Spaß, die Instru­men­tie­rung so zu erweitern.


Qua­dro Nue­vo sind der­zeit mit ver­schie­de­nen Pro­gram­men wie „Mare“ oder „Tan­go Nue­vo – 100 Jah­re Astor Pia­zolla“ unter­wegs. Was ver­birgt sich dahinter?

Mulo Fran­cel: Wir sind wirk­lich froh, wie­der vor Publi­kum spie­len zu dür­fen und lösen uns daher gera­de von den star­ren Inhalts­vor­ga­ben. Zumin­dest für die nächs­ten Mona­te wird es eher eine Art Best Of-Pro­gramm aus 25 Jah­ren Qua­dro Nue­vo wer­den. Das kann ein Tan­go sein, etwas Fran­zö­si­sches, oder das grie­chisch ange­hauch­te „Ika­rus Dream“.


Ihr habt auch ein Kin­der-Pro­gramm aus­ge­ar­bei­tet. Was ist das Beson­de­re daran?

Mulo Fran­cel: Es gibt sogar zwei: „Der König hat gelacht“ und „Schö­ne Kin­der­lie­der“. Wir erklä­ren unse­re Instru­men­te und las­sen die Kin­der mit­sin­gen. So ver­mit­teln wir Freu­de an der Musik und ani­mie­ren dazu, sel­ber aktiv zu werden.


Wie es sich für eine Welt­mu­sik-Band gehört, habt ihr die Welt aus­gie­big bereist und ins­ge­samt über 3.500 Kon­zer­te im In-und Aus­land gespielt. Wel­che Höhe­punk­te sind davon beson­ders im Gedächt­nis geblieben?

Mulo Fran­cel: Reich­lich vie­le. Aber eines der letz­ten High­lights war ein Work­shop und ein Kon­zert in Hong­kong, mit einem jun­gen und sehr inter­es­sier­ten Publi­kum. Und auch der letz­te Auf­tritt in Bue­nos Aires war ein groß­ar­ti­ges Erlebnis.


Neben zwei ECHO Jazz-Aus­zeich­nun­gen blickt die Band auf wei­te­re Awards und Platz 1‑Notierungen in den World Music Charts zurück. Was bedeu­ten euch die­se Ehrungen?

Mulo Fran­cel: Sie sind die offi­zi­el­le Bestä­ti­gung und Moti­va­ti­on wei­ter­zu­ma­chen. Wie wenn der net­te Onkel zu Dir sagt: Das hast Du aber schön gebas­telt, ganz toll.


Gibt es schon the­ma­ti­sche Ideen für einen „Mare“-Nachfolger?

Mulo Fran­cel: Wir haben Anfang des Jah­res das Album „As an unper­fect actor“ mit der öster­rei­chi­schen Schau­spie­le­rin Bir­git Minich­mayr vom Wie­ner Burg­thea­ter ein­ge­spielt und ver­öf­fent­licht. Zusam­men mit dem Pia­nist Bern Lhotz­ky haben wir dafür neun Shake­speare- Sonet­te ver­tont. Und im Sep­tem­ber rei­sen wir mit einem Segel­schiff durch die sizi­lia­ni­sche Insel­welt. Die­se Rei­se wird dann the­ma­tisch Stoff für unser nächs­tes Album, Arbeits­ti­tel „Odys­see – Tra­vel Into The Light“, lie­fern und wir wer­den schon auf dem Schiff aufnehmen.


Du hast im März zusam­men mit Pia­nis­tin Nico­le Heart­see­ker ein wei­te­res Album, „For ever young“ ohne Qua­dro Nue­vo ver­öf­fent­licht. Wie­viel Frei­raum gibt das Quar­tett den ein­zel­nen Band­mit­glie­dern für Soloprojekte?

Mulo Fran­cel: Wir sind über­haupt nicht dog­ma­tisch. Wer Lust hat, etwas ande­res zu machen, darf es, soll­te aber für die Zusam­men­ar­beit mit Qua­dro Nue­vo inspi­riert blei­ben. Dann ist das nur posi­tiv, schon allei­ne wegen der Kon­tak­te zu den unter­schied­lichs­ten Musi­ke­rin­nen und Musikern.


Neben zahl­rei­chen Alben ver­öf­fent­lich­te das Ensem­ble auch ein 224 Sei­ten umfas­sen­des auto­bio­gra­phi­sches Road­book „Grand Voya­ge“ sowie Hör­bü­cher mit Ulrich Tukur, Ulri­ke Krie­ner, Udo Wacht­veitl oder Micha­el Fitz. Ist auch in die­ser Spar­te in abseh­ba­rer Zeit Neu­es geplant?

Mulo Fran­cel: Wir kön­nen uns gut vor­stel­len, den kom­men­den Segel­törn auch dies­be­züg­lich zu nut­zen. Viel­leicht ein Bild­band, es sind ja drei Foto­gra­fen auf der Rei­se dabei. Und sicher bie­tet es sich auch an, dort ein oder meh­re­re Vide­os zu drehen.

Selig

Auf­rich­tig sein in einer unauf­rich­ti­gen Zeit

Mit dem Debüt­al­bum „Selig“ schrieb das Ham­bur­ger Quin­tett Selig 1994 deutsch­spra­chi­ge Rock­ge­schich­te, nicht zuletzt dank Hits wie „Ohne dich“ und „Sie hat geschrien“. 

Zwei wei­te­re Alben folg­ten, doch per­sön­li­che und musi­ka­li­sche Dif­fe­ren­zen führ­ten bereits 1998 zur Tren­nung. Nach einer Best Of-Ver­öf­fent­li­chung mach­ten die ehe­ma­li­gen Mit­glie­der mit Bands wie Kung­fu, Zino­ba und Tem­pEau in unter­schied­li­chen Beset­zun­gen wei­ter. 2008 kam es zur über­ra­schen­den Reuni­on in der Ori­gi­nal­be­set­zung mit Sän­ger Jan Plew­ka, Gitar­rist Chris­ti­an Nean­der, Bas­sist Leo Schmidt­hals, Schlag­zeu­ger Stop­pel Eggert und Key­boar­der Mal­te Neu­mann. Mit dem Come­back-Album „Und end­lich unend­lich“ (2009) erlang­ten sie erst­mals Gold­sta­tus. Wie es danach wei­ter­ging ver­rät uns Front­mann Jan, der mit sei­ner Fami­lie in Ahrens­burg lebt.

Ein wei­ter Weg von eurem frü­hen „Hip­pie-Metal“ über dro­gen­ge­schwän­ger­ten Rock und Elek­tro­nik-Aus­flü­ge hin zum alten Stil der Band. Fühlt ihr euch heu­te als Quar­tett wie­der wohl? Ihr scheint wie­der eine Fami­lie zu sein?

Jan Plew­ka: Defi­ni­tiv, denn als wir 2014 nach dem Aus­stieg von Mal­te auf Tour­nee einen Com­pu­ter ein­setz­ten, der in Karls­ru­he auf einem Open Air kom­plett aus­fiel, war uns klar: Wenn es wei­ter­geht, dann nur ohne Key­boards und nur zu viert. Jeder ein­zel­ne von uns spürt den Geist der spä­ten 1960er und frü­hen 1970er Jah­re und der ver­bin­det sich mit unse­rem Lebens­ge­fühl und den ver­schie­de­nen Per­sön­lich­kei­ten zu aktu­el­ler Musik. Und unse­re Hand­schrift bleibt, egal ob wir Funk, Pop oder Rock spie­len. Was das Ver­hält­nis unter­ein­an­der angeht, ist es sogar tra­gi­scher als in einer Fami­lie. Es ist eine Ehe, wild und frei, die durch gegen­sei­ti­ge Frei­hei­ten, Pau­sen und Solo­pro­jek­te bes­ser als in den ers­ten vier Jah­ren läuft.


Mit drei wei­te­ren Alben und einer Best Of zwi­schen 2010 und 2017 gelang euch der Spa­gat zwi­schen alten Fans und jun­gen Anhän­gern. Was siehst du in die­sem Sin­ne rück­bli­ckend als Mei­len­stei­ne der Band-His­to­rie an?

Jan Plew­ka: Ja, das ist super, dazu gibt es auch eine Anek­do­te. Ein Mäd­chen schrieb uns: Ich habe den Plat­ten­schrank mei­ner Eltern durch­sucht und bin da auf Selig gesto­ßen. Jetzt gehen wir zusam­men zum Kon­zert. Was den zwei­ten Teil dei­ner Fra­ge angeht: Für mich sind die Mei­len­stei­ne kei­ne Alben, son­dern ein­zel­ne Lie­der auf den Alben, die für uns und für mich die per­sön­li­che Dimen­si­on erwei­tert haben. Ich habe immer das Lied am liebs­ten, das ich gera­de höre.


Für euer ach­tes Album „Myria­den“ habt ihr euch viel Zeit genom­men. Zwei Jah­re wur­de dar­an geschrie­ben. Gibt es eine Kern­aus­sa­ge zwi­schen „Süßer Vogel“ und „Du“?

Jan Plew­ka: Wir haben uns immer wie­der getrof­fen und haben unter ande­rem in einem Feri­en­haus in Däne­mark, bei Chris­ti­an in sei­nem Stu­dio in Ber­lin oder in unse­rem Pro­be­raum außer­halb von Ham­burg an den Stü­cken gear­bei­tet. Die Magie zwi­schen uns ist zurück, es war wie frü­her. Ich nut­ze ja schon seit Jah­ren Notiz­bü­cher für mei­ne Ideen, schrei­be eigent­lich immer. Und im Jam blät­te­re ich in den Büchern und wenn die Musik und die Wor­te zuein­an­der pas­sen, erge­ben sich ein­fach fas­zi­nie­ren­de Momen­te. Auf „Myria­den“ geht es dar­um, wie wir als Men­schen mit­ein­an­der und mit der Erde umge­hen, ange­sichts von zahl­rei­chen Her­aus­for­de­run­gen poli­ti­scher und gesell­schaft­li­cher Art.


Bei den Auf­nah­men zum zwei­ten Album „Hier“ (1995) habe ich euch in den ICP-Stu­di­os in Brüs­sel besucht und damals auch Pro­du­zent Franz Pla­sa ken­nen­ge­lernt. Auch mit ihm herrsch­te sehr lan­ge Funk­stil­le, ihr seid nicht im Guten aus­ein­an­der gegan­gen. Wie kam es dazu, dass er jetzt „Myria­den“ pro­du­ziert hat?

Jan Plew­ka: Wir woll­ten mit einem frem­den Pro­du­zen­ten arbei­ten. Chris­ti­an such­te eini­ge aus, spiel­te uns ver­schie­de­ne Titel vor. Der, des­sen Sound uns am bes­ten gefiel, war aus­ge­rech­net Franz. Wir haben ihn ange­ru­fen und er hat zuge­sagt, die ers­te Sin­gle zu machen. Das lief so gut, dass sich dann mit den Album-Auf­nah­men der Kreis zu frü­her schloss.


Auf dem Limi­t­ed Delu­xe Digi­pack gibt es zusätz­lich 12 „Myria­den“ Live Takes zu hören. Was hat es damit auf sich?

Jan Plew­ka: Covid-19 bedingt hat­ten wir viel Zeit. Da kamen wir im Stu­dio auf die Idee, die Songs im Anschluss an die Album-Pro­duk­ti­on noch als Live-Ver­sio­nen ein­zu­spie­len. Auf einer klei­nen Büh­ne, in einem ande­ren Gewand.


MTV und VIVA haben Mit­te der 1990er Jah­re maß­geb­lich zu eurem Erfolg bei­getra­gen. Sind euch Vide­os immer noch wichtig?

Jan Plew­ka: Social Media ver­än­dert sich rasant und damit auch die Auf­merk­sam­keits­span­ne für ein Video. Die wird lei­der immer kür­zer und auch die Bud­gets wer­den immer gerin­ger. Die Bedeu­tung der Vide­os schwin­det damit.


In unre­gel­mä­ßi­gen Abstän­den hast du auch immer wie­der als Schau­spie­ler für TV, Kino und Büh­ne auf dich auf­merk­sam gemacht. Gibt es da Neu­ig­kei­ten zu berichten?

Jan Plew­ka: Ich sehe mich als Sän­ger mit einer Affi­ni­tät zur Schau­spie­le­rei. Ich füh­le mich mehr auf der Büh­ne wohl und bin noch beson­ders beim Thea­ter lei­den­schaft­lich. Zuletzt habe ich unter ande­rem bei Elfrie­de Jeli­nek am Burg­thea­ter in Wien „Die Win­ter­rei­se“ gesun­gen. Und wenn alles gut geht, wer­de ich bald an der Auf­füh­rung des Shake­speare-Stücks „Der Sturm“ in Luxem­burg teil­neh­men. Das Thea­ter ist mir hold.


Du bis unter dem Mot­to „Jan Plew­ka singt Rio Rei­ser“ auf­ge­tre­ten. Wan­delst du noch immer erfolg­reich auf den Spu­ren der Kult­rock­band Ton Stei­ne Scherben?

Jan Plew­ka: Ja, mit zwei unter­schied­li­chen Shows und Schwer­punk­ten, die auf Rio Rei­ser und auf Ton Stei­ne Scher­ben aus­ge­rich­tet sind. Ins­ge­samt sind wir damit jetzt seit 17 Jah­ren unter­wegs. Mit Selig rech­ne ich aller­dings erst mit einer Tour­nee im Früh­jahr 2022. Zumin­dest hat­ten wir kürz­lich ein Live-Stream-Kon­zert in Bre­men gespielt, das uns allen rie­sig Spaß gemacht hat.

Impf-Kam­pa­gne

Dr. Klaus Wei­ner, Lei­ter des Bam­ber­ger Impf­zen­trums, im Interview

Es hat ein wenig gedau­ert, aber so lang­sam beschleu­nigt sich die natio­na­le Impf­kam­pa­gne zur Bekämp­fung des Coro­na-Virus. So auch in Ober­fran­ken. Wir haben mit Dr. Klaus Wei­ner, dem ärzt­li­chen Lei­ter des Bam­ber­ger Impf­zen­trums, über den Stand der Imp­fun­gen in Bam­berg, den gebeu­tel­ten Impf­stoff von Astra­Ze­ne­ca und die bun­des­wei­te Impf­kam­pa­gne gesprochen. 

Das Bam­ber­ger Land­rats­amt ver­zeich­net knapp 25.000 Erst­imp­fun­gen und knapp 15.000 Zweit­imp­fun­gen (Stand 6. April). Wie zufrie­den sind Sie mit die­sen Zah­len? Könn­te man schon mehr Men­schen geimpft haben oder ist man nah am mög­li­chen Maximum?

Klaus Wei­ner: Trotz der durch uns nicht zu beein­flus­sen­den Gege­ben­hei­ten, wie zeit­wei­se unsi­che­re Impf­stoff­ver­sor­gung, bis hin zu aus­ge­blie­be­nen Lie­fe­run­gen, ist es uns gelun­gen, einem Groß­teil der teils immo­bi­len Bewoh­ner in sämt­li­chen Pfle­ge­ein­rich­tun­gen in Stadt und Land­kreis sowie dem Pfle­ge­per­so­nal zeit­nah ein Impf­an­ge­bot zu machen. Eben­so konn­te die über­wie­gen­de Mehr­zahl der in der soge­nann­ten Prio­ri­sie­rungs­stu­fe 1 gelis­te­ten ande­ren Impf­wil­li­gen min­des­tens mit der ers­ten, teil­wei­se bereits mit der zwei­ten Impf­do­sis ver­se­hen wer­den. Dar­über hin­aus wird bereits die viel brei­te­re Stu­fe 2 abge­ar­bei­tet. Inso­fern sind wir mit dem Geleis­te­ten erst­mal nicht unzu­frie­den. Was wir zur Ver­fü­gung hat­ten, wur­de ver­impft. Natür­lich wäre unter etwas güns­ti­ge­ren Vor­aus­set­zun­gen ein höhe­res Tem­po mög­lich gewe­sen. Den Man­gel ver­wal­ten muss­ten wir – auch wenn die Poli­tik den “Tur­bo” einfordert.


Wor­an liegt das zu lang­sa­me Vorankommen?

Klaus Wei­ner: Wie schon benannt: Durch teils schlep­pen­de Impf­stoff­ver­sor­gung, aber auch durch zeit­rau­ben­den büro­kra­ti­schen Auf­wand. Zu beden­ken ist aber auch: Wir hat­ten eine Viel­zahl von sehr alten Men­schen mit all ihren Ein­schrän­kun­gen, wie erschwer­te Kom­mu­ni­ka­ti­on, Mobi­li­tät, mühe­vol­lem zeit­rau­ben­den Aus- und Anklei­den im Win­ter, zu versorgen.


Gibt es ein Ziel, wie vie­le Men­schen im Bam­ber­ger Impf­zen­trum geimpft wer­den sol­len? Wie groß ist sozu­sa­gen sein Einzugsgebiet?

Klaus Wei­ner: Unser Ein­zugs­ge­biet ist Stadt und Land­kreis Bam­berg mit etwa 200.000 Ein­woh­nern. Unser Ziel ist kein ande­res, als das von der Poli­tik Ver­spro­che­ne: Allen Impf­wil­li­gen ein rea­lis­tisch zeit­na­hes Impf­an­ge­bot zu machen.


Wie vie­le Leu­te haben Sie bereits per­sön­lich geimpft?

Klaus Wei­ner: Vie­le, sicher im vier­stel­li­gen Bereich.


Ande­re Impf­zen­tren muss­ten bereits vor­über­ge­hend geschlos­sen wer­den, weil kein Impf­stoff nach­ge­lie­fert wur­de. Ist auch das Bam­ber­ger Impf­zen­trum die­ser Gefahr ausgesetzt?

Klaus Wei­ner: Nein, zumal die Ver­sor­gungs­la­ge wohl zuneh­mend bes­ser wer­den dürf­te – laut Poli­tik ab Mit­te April.


Der Impf­stoff von Astra­Ze­ne­ca stand zuletzt mehr­fach in der Kri­tik auf­grund mög­li­cher gefähr­li­cher Neben­wir­kun­gen. Kön­nen Sie die Kri­tik nachvollziehen?

Klaus Wei­ner: Die Ver­un­si­che­rung und Ängs­te, her­vor­ge­ru­fen durch die Ent­wick­lung der ver­gan­ge­nen Wochen, kann ich sehr gut nach­voll­zie­hen und ver­ste­hen. Poten­ti­ell sehr schwer­wie­gen­de Fol­gen im Bereich des Gerin­nungs­sy­tems sind beschrie­ben. Es han­delt sich um eine immu­no­lo­gisch beding­te Akti­vie­rung der Blut­plätt­chen. Eine sel­te­ne gene­ti­sche Dis­po­si­ti­on scheint auch eine Rol­le zu spie­len. Die­se Throm­bo­se-Ent­ste­hung geschieht auf einem völ­lig ande­ren Weg als eine “nor­ma­le” Throm­bo­se-Ent­wick­lung. Das ist der Kennt­nis­stand vom 11. April 2021. Aber: Sie ist sehr sel­ten. Eine Ein­gren­zung auf bestimm­te Alters­grup­pen konn­te fest­ge­stellt wer­den. Es gibt eine gute Behand­lungs­mög­lich­keit bei früh­zei­ti­ger Dia­gno­se. Die Zulas­sungs­or­ga­ne auf euro­päi­scher Sei­te, die EMA, und auf deut­scher, das Paul-Ehr­lich-Insti­tut und die Stän­di­ge Impf­kom­mis­si­on, haben reagiert und eine Neu­be­wer­tung der Risi­ko­ab­wä­gung vor­ge­nom­men. Dies ist ein Beweis für das Grei­fen unse­rer hohen Sicher­heits­stan­dards. Die kom­mu­ni­ka­ti­ve Ver­mitt­lung aller bekann­ten Tat­sa­chen und Begrün­dung, der dar­aus fol­gen­den Kon­se­quen­zen sei­tens genann­ter Orga­ne, war jedoch nicht immer aus­rei­chend und ein­deu­tig. Sowohl Poli­tik als auch Pres­se haben hier gro­ße Verantwortung.


Wird Astra­Zenaca in Bam­berg verimpft?

Klaus Wei­ner: Ja, wir nut­zen alle ver­füg­ba­ren Impfstoffe.


Wie ste­hen die Impf­lin­ge dem Impf­stoff gegen­über? Gibt es Bedenken?

Klaus Wei­ner: Natür­lich gibt es die­se. Wir haben hier einen beson­ders gro­ßen Auf­klä­rungs- und Erklärungsbedarf.


Wel­che sind die Risi­ken bei BionTech, John­son & John­son und Moderna?

Klaus Wei­ner: Wie bei allen Impf­stof­fen sind sehr sel­ten auf­tre­ten­de All­er­gien zu berück­sich­ti­gen. Die Anwen­dung von John­son & John­son ist in USA aktu­ell, Stand 13.April, gestoppt. Es erfolgt der­zeit kei­ne Aus­lie­fe­rung nach Euro­pa. Der Grund sind ein­zeln auf­ge­tre­te­ne Sinus­ve­nen­throm­bo­sen, ähn­lich wie bei Astra­Ze­ne­ca. Die­se wer­den der­zeit unter­sucht und bewer­tet. Aber zuge­las­sen ist die­ser Impf­stoff in Deutsch­land ohne­hin noch nicht.


Klä­ren Sie vor der Imp­fung über Risi­ken auf?

Klaus Wei­ner: Selbst­ver­ständ­lich, ja.


Was pas­siert, wenn Impf­lin­ge einen bestimm­ten Impf­stoff nicht und dafür einen ande­ren wol­len? Sind Sie fle­xi­bel und ver­ab­rei­chen dann spon­tan einen ande­ren? Oder muss ein neu­er Impf­ter­min ange­setzt werden?

Klaus Wei­ner: Eine Wahl­mög­lich­keit nach Wunsch ist nicht vor­ge­se­hen. Besteht aber eine medi­zi­ni­sche Begrün­dung, einen ande­ren Impf­stoff als den vor­ge­se­he­nen zu ver­ab­rei­chen, wird zeit­gleich – vor­be­halt­lich der Ver­füg­bar­keit – umge­stellt. Ansons­ten ist eine Neu­ter­mi­nie­rung notwendig.


Wie kön­nen sich Men­schen, die womög­lich nicht über Inter­net­zu­gang ver­fü­gen, im Vor­feld informieren?

Klaus Wei­ner: Wer die Tages­pres­se auf­merk­sam ver­folgt, hat zumin­dest eine grund­le­gen­de Ahnung.


Kann man sich auch dar­über infor­mie­ren, wel­cher Impf­stoff der pas­sends­te bei wel­cher medi­zi­ni­schen Vor­ge­schich­te ist?

Klaus Wei­ner: Grund­sätz­lich ja, aber unkri­ti­sche Lai­en­be­wer­tung kann gro­ße Unsi­cher­heit und Fehl­ein­schät­zung hin­ter­las­sen. Ein Arzt­ge­spräch ist dar­um unverzichtbar!


Die Bun­des­re­gie­rung hat das Ver­spre­chen abge­ge­ben, allen Bürger*innen bis Sep­tem­ber ein Impf­an­ge­bot zu machen. In der Bevöl­ke­rung machen sich im Ange­sicht des lang­sa­men Impf­fort­schritts aber immer stär­ke­re Zwei­fel an der Ein­hal­tung die­ses Ver­spre­chens breit. Wie steht es um Ihre Zwei­fel oder Ihren Glau­ben an die­ses Versprechen?

Klaus Wei­ner: Ver­spre­chen zu bewer­ten, sehe ich nicht als mei­ne Auf­ga­be. Wir sind durch ver­bes­ser­te Abläu­fe schnel­ler gewor­den und könn­ten durch Erwei­te­rung der Impf­stra­ßen womög­lich noch an Geschwin­dig­keit zulegen.


Wie müss­te die Impf­stra­te­gie geän­dert wer­den, um sie zu beschleunigen?

Klaus Wei­ner: Ein Abbau büro­kra­ti­scher Erschwer­nis­se sowie all­zu strin­gen­ter Hand­ha­bung der Prio­ri­sie­rungs­vor­ga­ben wäre eine Möglichkeit.


Was hal­ten Sie von der jüngst begon­ne­nen Aus­wei­tung der Impf-Kam­pa­gne auf Arztpraxen?

Klaus Wei­ner: Ich fin­de sie abso­lut not­wen­dig! Anders kön­nen zum Bei­spiel immo­bi­le, häus­lich gepfleg­te, drin­gend Impf­be­dürf­ti­ge nicht in erfor­der­li­cher Anzahl ver­sorgt werden.

Dr. Klaus Wei­ner im Interview

„Astra­Ze­ne­ca ist hochwirksam“

Seit zwei Mona­ten ist Dr. Klaus Wei­ner Ärzt­li­cher Lei­ter am Impf­zen­trum Bam­berg in der Bro­se-Are­na. Im Inter­view mit der Stadt Bam­berg beant­wor­tet er die wich­tigs­ten Fra­gen zum AstraZeneca-Impfstoff. 

Sehr geehr­ter Herr Dr. Wei­ner, wirkt Astra­Ze­ne­ca bes­ser oder schlech­ter als ande­re Impfstoffe?

Dr. Klaus Wei­ner: Alle zuge­las­se­nen Impf­stof­fe sind hoch­wirk­sam und sicher, Astra­Ze­ne­ca macht da kei­ne Aus­nah­me. Die Zulas­sungs­stu­di­en deu­ten zunächst auf eine 70%ige Wirk­sam­keit hin. Dies schien, gemes­sen an 95% bei BionTech und 94% bei Moder­na, zunächst ein­mal nied­ri­ger und somit „schlech­ter“ wirk­sam. Nach mil­lio­nen­fa­cher Ver­imp­fung in Groß­bri­tan­ni­en zeich­net sich jedoch ein ande­res Wirk­sam­keits­pro­fil ab: Das Risi­ko für einen Kli­nik­auf­ent­halt wird laut einer schot­ti­schen Stu­die bereits nach Ver­ab­rei­chung der ers­ten Impf­do­sis um 94% redu­ziert. Bei BionTech sind es „nur“ 85%. Dar­aus ist ersicht­lich, dass man sich bei der Beur­tei­lung von „bes­ser oder schlech­ter“ nicht nur auf eine Zahl ver­las­sen soll­te. Abschlie­ßen­de Daten lie­gen lei­der natur­ge­mäß noch nicht vor.


Wie ver­hält es sich mit Impf­re­ak­tio­nen und Nebenwirkungen?

Dr. Klaus Wei­ner: Impf­re­ak­tio­nen sind bei Astra­Ze­ne­ca etwas häu­fi­ger, zumal bei jün­ge­ren Per­so­nen das Immun­sys­tem noch stär­ker reagiert als bei älte­ren Men­schen. Eine Reak­ti­on auf die Imp­fung ist zwar uner­wünscht, spricht aber für eine gute Immun­ant­wort und ist harmlos. 

Viel­leicht noch eine Unter­schei­dung zur Klä­rung: Unspe­zi­fi­sche Sym­pto­me nach einer Imp­fung wie leich­tes Fie­ber, Glie­der­schmer­zen, oder Kopf­schmer­zen sind kei­ne Neben­wir­kung einer Imp­fung, son­dern eine Impf­re­ak­ti­on. Die­se Reak­tio­nen sind Aus­druck der erwünsch­ten Aus­ein­an­der­set­zung des Immun­sys­tems mit dem Impf­stoff und klin­gen in der Regel nach weni­gen Tagen kom­plett ab. Neben­wir­kun­gen sind schwe­re und anhal­ten­de Impf­kom­pli­ka­tio­nen oder ‑schä­den.

Dr. Klaus Wei­ner, Foto: privat

War­um steht der Impf­stoff in der Kritik?

Dr. Klaus Wei­ner: Der Haupt­grund dürf­te sein, dass die Zulas­sung in Deutsch­land durch die ver­ant­wort­li­chen Stel­len zunächst nur für 18- bis 65-Jäh­ri­ge erfolg­te und die Begrün­dung nur schlecht erklärt wur­de. Näm­lich: In den zur Zulas­sung füh­ren­den Stu­di­en war nur die ange­spro­che­ne Alters­grup­pe ver­tre­ten, es lagen also kei­ner­lei Daten für Älte­re und Jün­ge­re vor. Fol­ge­rich­tig erfolg­te die Zulas­sung nur für den getes­te­ten Per­so­nen­kreis. Dies unter­streicht nur den hohen Sicher­heits­stan­dard, auf den wir in Deutsch­land zurecht stolz sein kön­nen. Auf­grund neu­er, aktu­el­ler Daten­er­he­bung ist die Alters­be­schrän­kung für über 65-Jäh­ri­ge bereits auf­ge­ho­ben. Wei­te­re Grün­de für den Vor­be­halt gegen die­sen Impf­stoff lie­gen wohl in dem schwie­ri­gen, für einen Lai­en schwer nach­voll­zieh­ba­ren Wirk­sam­keits­nach­weis, wie oben beschrieben.


Gibt es Stu­di­en, die bewei­sen, dass Astra­Ze­ne­ca bes­ser als sein Ruf ist?

Dr. Klaus Wei­ner: Eine von schot­ti­schen Uni­ver­si­tä­ten für die schot­ti­schen Gesund­heits­be­hör­den erstell­te Stu­die wur­de jüngst ver­öf­fent­licht (Pre­print im LANCET, Uni­ver­si­tät Edin­burgh: „Effec­ti­ve­ness of First Dose of Covid-19 Vac­ci­nes Against Hos­pi­tal Admis­si­ons in Scot­land: Natio­nal Pro­s­pec­ti­ve Cohort Stu­dy of 5.4 Mil­li­on Peo­p­le“). Eine wei­te­re eng­li­sche Stu­die („Public Health Eng­land“), kommt zu fol­gen­dem Ergeb­nis: Älte­re (Prio­ri­sie­rungs­stu­fe 1 ent­spre­chend) haben bei BionTech und Astra­Ze­ne­ca einen ver­gleich­ba­ren Schutz. Die Zweit­imp­fung mit Astra­Ze­ne­ca erfolgt im Übri­gen nach vier bis zwölf Wochen.


Wie ver­hält es sich mit der Anste­ckungs­ge­fahr für ande­re nach einer Imp­fung mit AstraZeneca?

Dr. Klaus Wei­ner: Noch gibt es dazu kei­ne belast­ba­ren Daten, die­se müs­sen in wei­te­ren Stu­di­en erho­ben wer­den. Dafür reicht der seit Impf­be­ginn ver­stri­che­ne Zeit­rah­men nicht aus.


Was sagen Sie Men­schen, die den Impf­stoff ablehnen?

Dr. Klaus Wei­ner: Astra­Ze­ne­ca ist kein Impf­stoff „zwei­ter Klas­se“, er ist hoch wirk­sam und sicher.

Coro­na-Pan­de­mie

BFV-Prä­si­dent Rai­ner Koch zur Lage des Amateurfußballs

Der Ama­teur­fuß­ball befin­det sich wei­ter­hin im Lock­down. Was bedeu­tet das? Wie vie­le Sor­gen muss man sich um die Zukunft machen? Was den­ken und tun die Ver­bän­de? Was muss pas­sie­ren? Dr. Rai­ner Koch, Prä­si­dent des Baye­ri­schen Fuß­ball-Ver­ban­des (BFV) und 1. DFB-Vize­prä­si­dent Ama­teu­re, bezieht im Inter­view klar Stel­lung, wie der Baye­ri­sche Fuß­ball-Ver­band mit­teilt. Er betont, wo und war­um der Brei­ten­sport stär­ker ins Bewusst­sein rücken muss. Dar­über hin­aus erklärt er, wes­halb der Ama­teur­fuß­ball trotz aller Her­aus­for­de­run­gen mit Hoff­nung und ohne Angst nach vor­ne bli­cken sollte.

Herr Koch, wie beur­tei­len Sie die aktu­el­le Situa­ti­on des Ama­teur­fuß­balls im zwei­ten Lockdown?

Rai­ner Koch: Klar ist: Der Ama­teur­sport benö­tigt eine greif­ba­re Per­spek­ti­ve, ein Signal, wann wir wie­der zurück auf die Sport­plät­ze kön­nen – Schritt für Schritt, sehr ver­ant­wor­tungs­voll, mit den Hygie­ne­kon­zep­ten der Ver­ei­ne, die sich schon beim Re-Start im ver­gan­ge­nen Som­mer bewährt haben. Der Ama­teur­fuß­ball und der gesam­te Brei­ten­sport sind seit Beginn der Pan­de­mie ein ver­läss­li­cher Part­ner der Poli­tik. Der Sport hat sich immer zurück­ge­nom­men und in den Dienst der Covid-19-Bekämp­fung gestellt – und das trotz der immensen Zahl an Men­schen, die Fuß­ball in ihrer Frei­zeit spie­len. Wir haben nie eine Son­der­rol­le für uns bean­sprucht, son­dern unse­re Inter­es­sen im Sin­ne der Sache hin­ten ange­stellt. Jetzt muss der Ama­teur­fuß­ball mit sei­nen akri­bisch aus­ge­ar­bei­te­ten und nach­weis­lich nahe­zu per­fekt umge­setz­ten Hygie­ne­kon­zep­ten drin­gend von der Poli­tik als fes­ter Teil der Lösung gese­hen wer­den, wenn wir über Locke­run­gen sprechen.


War­um?

Rai­ner Koch: Den gesam­ten Brei­ten­sport in der Dis­kus­si­on völ­lig außen vor zu las­sen, wird sonst schlim­me Fol­gen für unse­re Gesell­schaft haben, spe­zi­ell bei den Kin­dern und Jugend­li­chen, wie zuletzt auch Ralf Rang­nick deut­lich gemacht hat. Kei­ner ver­steht es, wenn Wech­sel­un­ter­richt in Schu­len statt­fin­det, am Nach­mit­tag die Kin­der unter Auf­sicht und Ein­hal­tung etwa­ig not­wen­di­ger Regeln aber nicht an der fri­schen Luft gemein­sam trai­nie­ren dür­fen. Der orga­ni­sier­te Ver­eins­sport bie­tet hier einen sehr wich­ti­gen Anker. Spe­zi­ell der Fuß­ball hat als Frei­luft­sport nach­ge­wie­sen, mit sei­nen Kon­zep­ten kei­ne Risi­ko­quel­le zu sein.


Wie wich­tig ist der Amateursport?

Rai­ner Koch: Sehr – und zwar sowohl unter gesell­schaft­li­chen Gesichts­punk­ten als auch im Sin­ne der all­ge­mei­nen Gesund­heits­för­de­rung. Wir wün­schen uns ein deut­lich stär­ke­res Bewusst­sein und mehr Sen­si­bi­li­tät für die Wich­tig­keit des Ama­teur­sports. Laut Stu­di­en der Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on WHO beweg­ten sich schon vor Coro­na rund 80 Pro­zent der Jun­gen und 88 Pro­zent der Mäd­chen in Deutsch­land sport­lich zu wenig. Brei­ten­sport muss also noch viel wich­ti­ger wer­den und darf nicht stief­müt­ter­lich behan­delt wer­den. Unse­re Sport­ver­ei­ne bie­ten eine her­vor­ra­gen­de Grund­la­ge, um dar­auf auf­zu­bau­en. Dies gilt es nach­hal­tig zu schüt­zen und zu fördern.


Laut eini­gen Medi­en geht die gro­ße Angst unter den Ver­ei­nen im Ama­teur­fuß­ball um.

Rai­ner Koch: Die Situa­ti­on für den Ama­teur­fuß­ball und sei­ne Ver­ei­ne ist schwie­rig und eine Ver­län­ge­rung des Lock­downs wür­de die Situa­ti­on natür­lich nicht ver­bes­sern. Es ist aber nicht ange­bracht, Unter­gangs­sze­na­ri­en an die Wand zu wer­fen und wei­te­re Ängs­te zu schü­ren. Dafür gibt es kei­ne vali­de, umfas­sen­de Fak­ten­grund­la­ge. Der DFB plant aktu­ell eine Umfra­ge unter Deutsch­lands Ama­teur­ver­ei­nen, um ein detail­lier­te­res Bild zu erhal­ten. Die Erfah­run­gen aus dem ver­gan­ge­nen Jahr waren in der Flä­che, dass wäh­rend des ers­ten Lock­downs ein erkenn­ba­rer Rück­gang an Neu­ein­trit­ten in Ver­ei­nen zu ver­zeich­nen war, wäh­rend die Zahl der Mit­glieds­aus­trit­te im Ver­gleich zu den Vor­jah­ren rela­tiv sta­bil war. Nach dem Re-Start setz­te dann ein kla­rer Auf­hol­ef­fekt – auch bei der Aus­stel­lung von neu­en Spie­ler­päs­sen – ein, der durch den zwei­ten Lock­down wie­der gestoppt wurde.


Ren­nen den Ver­ei­nen die Mit­glie­der weg?

Rai­ner Koch: Wir stel­len fest, dass sich vie­le Mit­glie­der soli­da­risch zei­gen – vor allem im länd­li­chen Bereich. Signi­fi­kan­te­re Zah­len an Aus­trit­ten betref­fen nach unse­ren Beob­ach­tun­gen eher Groß­ver­ei­ne, die im All­tag bei­spiels­wei­se mit Kurs­an­ge­bo­ten arbei­ten. Kann der Kurs nicht mehr statt­fin­den, tre­ten vie­le aus, weil die grund­sätz­li­che Bin­dung der Per­son an den Ver­ein, der in die­sem Fall vor allem Dienst­leis­ter ist, gerin­ger ist. Das „klas­si­sche“ Ver­eins­mit­glied, das zum Bei­spiel zu einer Mann­schaft gehört, ist deut­lich weni­ger betroffen.


Wie fällt Ihr Blick nach vor­ne aus?

Rai­ner Koch: Wir soll­ten vor allem die Chan­cen sehen. Der ver­gan­ge­ne Som­mer hat gezeigt, dass sehr vie­le Men­schen vol­ler Begeis­te­rung auf die Sport­plät­ze zurück­ge­kehrt sind, um wie­der Fuß­ball zu spie­len, bekann­te Gesich­ter zu sehen, die ver­bin­den­de Kraft des Fuß­balls und des sozia­len Umgangs zu genie­ßen. Dank der Hygie­ne­kon­zep­te ist das bei­spiel­haft gelun­gen. Vie­le haben gro­ße Sehn­sucht danach, wie­der raus zu kom­men. Der Fuß­ball kann hier ein tol­les Ange­bot schaf­fen, gera­de für Kin­der und Jugend­li­che. Der orga­ni­sier­te Ver­eins­sport bie­tet dafür einen geschütz­ten Raum. Wir tun also gut dar­an, uns in die­sen har­ten Zei­ten davon lei­ten zu las­sen, wie­der Begeis­te­rung zu schaf­fen, statt uns von einer Furcht trei­ben zu las­sen, nur Scha­dens­be­gren­zung zu betrei­ben. Der Fuß­ball kann Vor­bild­funk­ti­on haben.


Inwie­fern ist der Ama­teur­fuß­ball aktu­ell finan­zi­ell in sei­ner Exis­tenz bedroht?

Rai­ner Koch: In einer Umfra­ge des BFV unter den baye­ri­schen Ver­ei­nen kam im Dezem­ber 2020 unter ande­rem her­aus, dass weni­ger Ver­ei­ne eine Bedro­hung ihrer Exis­tenz wahr­neh­men als noch im Früh­jahr 2020, als die Pan­de­mie neu war. Das wirt­schaft­li­che Pro­blem im Ama­teur­fuß­ball sind weni­ger die die feh­len­den Ein­tritts­gel­der der Spie­le. Belas­tend für die Etats ist, dass den Ver­ei­nen ihre Ver­an­stal­tun­gen wie Som­mer­fes­te oder Jugend­tur­nie­re als Ein­nah­me­quel­le feh­len. Auch Pach­ten für Ver­eins­gast­stät­ten spie­len zum Teil eine wich­ti­ge Rol­le. Wich­tig ist, dass die Ver­ei­ne per­spek­ti­visch wie­der ihre ori­gi­nä­ren Ange­bo­te machen kön­nen – näm­lich Sport zu trei­ben. Hin­sicht­lich der Finanz­hil­fen stellt sich das Bild je nach Bun­des­land unter­schied­lich dar. In Bay­ern wur­de bei­spiels­wei­se die Übungs­lei­ter­pau­scha­le ver­dop­pelt, in ande­ren Bun­des­län­dern gab es direk­te Hil­fen vom Land.


Kann der DFB finan­zi­ell helfen?

Rai­ner Koch: Finan­zi­el­le Direkt­hil­fen des DFB sind recht­lich nicht zuläs­sig. Sie wären in nach­hal­ti­ger, flä­chen­de­cken­der Form auch unrea­lis­tisch. Hypo­the­ti­sches Bei­spiel: Jeder Ver­ein wür­de 5.000 Euro erhal­ten, dann wäre das ange­sichts unse­rer knapp 24.500 Ver­ei­ne ein Gesamt­vo­lu­men von mehr als 122 Mil­lio­nen Euro – ohne lang­fris­ti­gen Effekt.


Was kön­nen der DFB und sei­ne Mit­glieds­ver­bän­de statt­des­sen tun?

Rai­ner Koch: Die Ver­bän­de müs­sen mit Pro­gram­men und Inhal­ten über­zeu­gen, gemein­sam mit den Ver­ei­nen Über­zeu­gungs­ar­beit für den Brei­ten­sport leis­ten. Der DFB hat mit Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­tern aus dem Ama­teur­be­reich den Mas­ter­plan Ama­teur­fuß­ball ent­wi­ckelt, der kon­kre­te Ver­bes­se­run­gen bis 2024 zum Ziel hat, um gezielt die posi­ti­ven Effek­te der EURO 2024 im eige­nen Land für den Brei­ten­sport zu nut­zen. Denn wir dür­fen nicht ver­ges­sen: Pro­ble­me und essen­zi­el­le Her­aus­for­de­run­gen hat­te der Ama­teur­fuß­ball bereits vor Coro­na. Bei­spiels­wei­se die Fra­ge: Wie blei­ben der Fuß­ball und sei­ne Ver­ei­ne attrak­tiv für Kin­der und nicht zuletzt auch für Ehren­amt­ler? Die Pan­de­mie ist wie in vie­len ande­ren Gesell­schafts­be­rei­chen ein Brenn­glas, das Miss­stän­de deut­li­cher macht und Dring­lich­kei­ten erhöht. Das ist dem DFB und sei­nen Mit­glieds­ver­bän­den bewusst und die­se Auf­ga­be gehen wir an der Sei­te der Ver­ei­ne wei­ter an. Mit Hoff­nung statt Angst. Damit sich das rie­si­ge Poten­zi­al des Ama­teur­sports in Zukunft wie­der ent­fal­ten kann.

Zir­kus Giovanni

„Die der­zei­ti­ge Situa­ti­on über­trifft alles Bisherige“

Das Bam­ber­ger Don Bosco Jugend­werk leis­tet mit dem Zir­kus Gio­van­ni ein sel­te­nes päd­ago­gi­sches Ange­bot: Die Zir­kus­päd­ago­gik ver­sucht Kin­dern und Jugend­li­chen aus sozi­al schwie­ri­gen Ver­hält­nis­sen anhand von Zir­kus­dis­zi­pli­nen wie Artis­tik oder Akro­ba­tik Selbst­ver­trau­en und Selbst­wert­ge­fühl zu ver­lei­hen. Auch hier ist der­zeit kein Pro­ben- oder Auf­füh­rungs­be­trieb mög­lich. Vol­ker Trau­mann, Lei­ter des Zir­kus Gio­van­ni, blickt mit Sor­ge auf den Zirkus.

Herr Trau­mann, in wel­chem Zustand befin­det sich der Zir­kus Gio­van­ni nach einem Jahr Pan­de­mie und meh­re­ren Lockdowns?

Vol­ker Trau­mann: Tat­säch­lich setzt uns die Covid-19-Situa­ti­on sehr zu. Auf­grund der wie­der­keh­ren­den Lock­downs seit März 2020 konn­ten wir im ver­gan­ge­nen Jahr mit unse­ren Ange­bo­ten nur 750 jun­ge Men­schen errei­chen. Im Jahr zuvor waren es noch über 2.000 Kin­der und Jugend­li­che. Hin­ter die­sen Zah­len ver­birgt sich ein ernst­zu­neh­men­der Trend. Zum einen erleb­ten vie­le Kin­der und Jugend­li­che in Deutsch­land das ver­gan­ge­ne Jahr als Zeit mit deut­li­chen Zugangs­be­schrän­kun­gen zu für sie wich­ti­gen Bildungs‑, Beziehungs‑, Frei­zeit- und Hilfs­er­fah­run­gen, die für eine gelin­gen­de Sozia­li­sa­ti­on in die­sem Alter zen­tral und not­wen­dig sind. Zum ande­ren gera­ten sozia­le und kul­tu­rel­le Anbie­ter wie der Zir­kus Gio­van­ni zuneh­mend in Exis­tenz­ge­fahr. Bei annä­hernd gleich­blei­ben­den Grund­kos­ten ent­stand uns im letz­ten Jahr ein Defi­zit von 40.000 Euro an Teil­neh­mer­bei­trä­gen. Die Sor­gen sind ent­spre­chend groß.

Inwie­weit waren Zir­kus­be­trieb und Auf­füh­run­gen im Zelt am Teu­fels­gra­ben 2020 möglich?

Vol­ker Trau­mann: In den lock­down­frei­en Zei­ten konn­ten wir unter strik­ter Ein­hal­tung der Coro­na-Bestim­mun­gen ein­ge­schränkt Zir­kus­an­ge­bo­te und Auf­füh­run­gen durch­füh­ren. Vie­le Zir­kus­dis­zi­pli­nen, wie die Akro­ba­tik, leben jedoch vom direk­ten Kör­per­kon­takt. Auch unse­re Päd­ago­gik lebt von Nähe und Fami­lia­ri­tät. Die Kin­der und Jugend­li­chen sol­len den Zir­kus Gio­van­ni als siche­ren und ver­trau­ten Ort erle­ben, als Raum für Begeg­nung, Bezie­hung und gemein­sa­mer Inter­ak­ti­on. Die­ses Kon­zept ließ sich unter Coro­na-Bedin­gun­gen nur erschwert umsetzen.

Als Ein­rich­tung des Bam­ber­ger Don Bosco Jugend­werks för­dert der Zir­kus Gio­van­ni im zir­kus­päd­ago­gi­schen Bereich sozi­al benach­tei­lig­te Kin­der und Jugend­li­che. Was konn­ten Sie in die­sem Zusam­men­hang 2020 tun?

Vol­ker Trau­mann: Vor allem wäh­rend des Schul-Lock­downs von März bis Anfang Juni ergab sich eine ein­zig­ar­ti­ge Mög­lich­keit. Zwan­zig Kin­der und Jugend­li­che aus den the­ra­peu­ti­schen Wohn­grup­pen des Don Bosco Jugend­werks such­ten eine Bil­dungs­hei­mat. Durch den Coro­na-Lock­down und den Weg­fall des ver­trau­ten und wich­ti­gen Tages­rhyth­mus´ aus Schu­le, Haus­auf­ga­ben­zeit und Frei­zeit ent­stand ab 17. März eine gro­ße Unsi­cher­heit bei den jun­gen Men­schen. Wo soll ich ler­nen? Wer ist für mich da? Wer betreut mich anstatt der Leh­rer? Als Lösung ent­stand ein deutsch­land­weit ein­zig­ar­ti­ges Projekt. 

Zir­kus­lei­ter Vol­ker Trau­mann, Foto: Sascha Hüttenhain/​Zirkus Giovanni

Die Kin­der und Jugend­li­chen besuch­ten elf Wochen lang anstatt der Schu­le jeden Mor­gen den Zir­kus Gio­van­ni. Auch hier wur­de gelernt: Ver­trau­en auf­bau­en bei gemein­sa­men Pyra­mi­den, Ängs­te über­win­den auf dem Nagel­brett, Höhen­flü­ge erle­ben auf dem Tram­po­lin. Gleich­zei­tig wur­den die Kin­der zum Film­team: Als Regis­seu­re, Kame­ra­leu­te und Mode­ra­to­ren dreh­ten sie einen Film über ihr Pro­jekt. Im Juni konn­ten die Kin­der und Jugend­li­chen gestärkt und mit neu­er Lern­mo­ti­va­ti­on zurück in die Schu­le keh­ren.

Wie sieht Zir­kus­päd­ago­gik beim Zir­kus Gio­van­ni gene­rell aus?

Vol­ker Trau­mann: Im Mit­tel­punkt unse­res Den­kens und Han­delns steht nicht die Artis­tik, son­dern der Mensch. Gera­de für Kin­der und Jugend­li­che, ins­be­son­de­re für jun­ge Men­schen mit Han­di­caps oder belas­ten­den Bio­gra­phien, bie­tet die gemein­sa­me Zir­kus­ar­beit eine Zeit der Stär­kung und Kom­pen­sa­ti­on. Kin­der mit ein­ge­schränk­tem Selbst­wert­ge­fühl erle­ben sich auf ein­mal als stark, Her­aus­for­de­run­gen als bewäl­tig­bar und schwie­ri­ge Situa­tio­nen als beherrsch­bar und ver­än­der­bar. Wir erle­ben auf viel­fa­che Wei­se, wie die jun­gen Men­schen neu­en Lebens­mut schöp­fen und sich zum Bei­spiel Lethar­gie oder Selbst­zwei­fel in Taten­drang wan­deln. Beim gemein­sa­men Insze­nie­ren, Dis­ku­tie­ren, Orga­ni­sie­ren, Pla­nen und Gestal­ten mit ande­ren Artis­ten ler­nen die jun­gen Men­schen gleich­zei­tig ganz vie­le Soft-Skills und sozia­le Kom­pe­ten­zen, die sie für ihren wei­te­ren Lebens­weg fit machen. Um dies umzu­set­zen, arbei­ten wir in Klein­grup­pen und ach­ten dar­auf, dass unse­re Trai­ne­rin­nen und Trai­ner die Indi­vi­dua­li­tät jedes Kin­des berück­sich­ti­gen und ihm pass­ge­naue Lern­schrit­te, Inhal­te und Lern­erfol­ge ver­mit­teln. Bei den sozia­len Inter­ak­tio­nen hal­ten wir uns als Erwach­se­ne zurück und geben den jun­gen Men­schen mög­lichst viel Raum, um in der Grup­pe Din­ge aus­zu­han­deln und Erfah­run­gen zu sam­meln. Die Kin­der ent­schei­den krea­tiv über alle Fra­gen der Insze­nie­rung wie Kunst­stü­cke, Kos­tüm, Musik, Ablauf.

Sie för­dern auch psy­cho­so­zia­le Kompetenzen.

Vol­ker Trau­mann: Jeder jun­ge Mensch sam­melt im Ide­al­fall in sei­ner Sozia­li­sa­ti­on eine Viel­falt an posi­ti­ven Erfah­run­gen, die sein Ich stär­ken. In sei­nem Inners­ten kommt er zu der nach­hal­ti­gen Erkennt­nis: Ich bin eine wert­vol­le Per­son mit vie­len Fähig­kei­ten. Ich kann ande­ren ver­trau­en und es gibt Men­schen, die mich mögen und die mir hel­fen. Ein Mensch, der reich an die­sen Erfah­run­gen ist, wird im Leben sel­te­ner schei­tern und auch schwie­ri­ge Situa­tio­nen ver­su­chen aktiv und krea­tiv zum Posi­ti­ven zu ver­än­dern. Zu den psy­cho­so­zia­len Kom­pe­ten­zen zäh­len wir zum Bei­spiel die Fähig­keit, eige­ne Stär­ken zu erken­nen und an sich zu glau­ben, Kri­sen und Kon­flik­te zu meis­tern, Din­ge selbst­stän­dig in die Hand zu neh­men, Auf­ga­ben mit Spaß und Moti­va­ti­on anzu­pa­cken, eige­ne Zie­le für die Zukunft zu ent­wi­ckeln oder gemein­sam mit Ande­ren Auf­ga­ben zu lösen.

Wie unter­schei­det sich die Zir­kus­päd­ago­gik von ande­ren päd­ago­gi­schen Angeboten?

Vol­ker Trau­mann: Ich ken­ne wenig Frei­zeit- und Bil­dungs­an­ge­bo­te mit einer ähn­li­chen Offen­heit und Fle­xi­bi­li­tät, um den Bedürf­nis­sen jedes ein­zel­nen Kin­des gerecht zu wer­den. Betritt ein Kind unser Zir­kus­zelt kann es aus einer unglaub­li­chen Viel­zahl an Zir­kus­dis­zi­pli­nen, Übungs­for­men und Requi­si­ten aus­wäh­len: Akro­ba­tik, Jon­gla­ge, Aeri­al-Ring, Tra­pez, Feu­er­ar­tis­tik, Fakir-Küns­te, Tram­po­lin, Ein­rad, Stel­zen, Kugel­ba­lan­ce, Draht­seil, Ver­ti­kal­tuch, Thea­ter, Clow­ne­rie, Musik, Skate­board, Licht- und Ton­tech­nik und mehr. Geübt wer­den kann allein, zu zweit, mit vie­len. Allein im Bereich der Jon­gla­ge gibt es über zwan­zig Requi­si­ten und sicher­lich über 1.000 Spiel- und Übungs­mög­lich­kei­ten. Zir­kus gibt uns die Chan­ce, aus all die­sen Mög­lich­kei­ten für jedes Kind das pas­sen­de aus­zu­wäh­len, ein sen­si­bles Trai­nings­ge­sche­hen zu ent­wi­ckeln und für jeden jun­gen Men­schen Erfolgs­er­leb­nis­se zu garan­tie­ren.

Besteht die Gefahr, dass sich das Don Bosco Jugend­werk den Betrieb des Zir­kus’ in Zukunft nicht mehr leis­ten kann?

Vol­ker Trau­mann: Seit dem Start mit unse­rem gro­ßen Vier­mas­ter-Zelt 2005 im Teu­fels­gra­ben haben wir immer wie­der mal gro­ße Finan­zie­rungs­sor­gen gehabt, zumal wir bis­her kei­ne öffent­li­che Regel­för­de­rung bekom­men. Auch von der Stadt Bam­berg haben wir in die­sem Jahr noch kein posi­ti­ves Signal für eine För­de­rung bekom­men. Die der­zei­ti­ge Situa­ti­on über­trifft alles Bis­he­ri­ge. Aktu­ell hof­fen wir noch auf eine Zuwen­dung aus dem „Neu­start Kultur“-Fördertopf für Zir­kus­pro­jek­te. Dort sind jedoch der­zeit alle Gel­der aus­ge­schöpft und die Bun­des­re­gie­rung konn­te sich bis­her noch nicht zu einer Auf­sto­ckung die­ses För­der­top­fes durch­rin­gen. Wir sind drin­gend auf jede Spen­de ange­wie­sen. Wei­te­re Infos fin­det man auf unse­rer Home­page.

Mit wel­chen Gefüh­len und Hoff­nun­gen bli­cken Sie in die kom­men­den Monate?

Vol­ker Trau­mann: Auf der einen Sei­te ban­gen wir um unse­re Zukunft, auch finan­zi­ell. Auf der ande­ren Sei­te ver­fol­gen wir täg­lich das Coro­na-Gesche­hen und schau­en hoff­nungs­voll auf die war­me Jah­res­zeit, in der wir uns eine Rück­kehr zu einem annä­hernd nor­ma­len Zir­kus­be­trieb erhoffen.

Zir­kus Giovanni

Jakobs­platz 15
96047 Bam­berg

https://www.zirkus-giovanni.de/

Spen­den­in­for­ma­tio­nen

Spen­den­kon­to:
Stif­tung Zir­kus Gio­van­ni
IBAN: DE17 7002 0500 3741 5601 56
BIC: BFSWDE33MUE
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Ärzt­li­cher Lei­ter Impf­zen­trum Bamberg

Dr. Klaus Wei­ner im Interview

Seit zwei Wochen ist der Bam­ber­ger Arzt Dr. Klaus Wei­ner der ärzt­li­che Lei­ter des Impf­zen­trums Bam­berg. Wir haben mit dem Medi­zi­ner über die täg­li­che Arbeit im Impf­zen­trum, Impf­stoff­eng­päs­se und Impf­skep­sis gesprochen.

Herr Dr. Wei­ner, wie sieht Ihre täg­li­che Arbeit im Impf­zen­trum aus?

Klaus Wei­ner: Mor­gens habe ich eine kur­ze Bespre­chung zum Infor­ma­ti­ons­aus­tausch mit unse­rer Ver­wal­tungs­lei­tung über die tages­ak­tu­el­le Situa­ti­on. Wie vie­le Impf­stoff-Dosen haben wir vor­rä­tig, wie sieht die per­so­nel­le Ein­tei­lung der Teams aus, wie die anste­hen­de Ver­sor­gung sta­tio­nä­rer Ein­rich­tun­gen nach ein­ge­gan­ge­nen Mel­de­zah­len? Dann beginnt die akti­ve Betei­li­gung an der Impf­lo­gis­tik, mit ande­ren Wor­ten, wir imp­fen – ambu­lant oder im Zen­trum. Wei­te­re täg­li­che Auf­ga­ben bestehen in Mit­ar­bei­ter­ge­sprä­chen, zum Bei­spiel über Vor­ge­hens­wei­se bei Pro­blem­imp­fun­gen. Am Abend hal­te ich wie­der mit der orga­ni­sa­to­ri­schen Lei­te­rin ein Tagesresümee.

Wie vie­le Leu­te wur­den im Bam­ber­ger Impf­zen­trum bereits geimpft?

Klaus Wei­ner: Zum 21. Janu­ar hat­ten wir über 3.000 Erst­imp­fun­gen in Pfle­ge­ein­rich­tun­gen und über 1.000 im Impf­zen­trum. Die Zweit­imp­fun­gen sind auch schon angelaufen.


Lie­gen Sie mit die­sen Zah­len im Plan oder hät­ten bereits mehr Leu­te geimpft wer­den können?

Klaus Wei­ner: Wir lie­gen ganz gut im Plan, wur­den zeit­wei­se aber durch Impf­stoff­ver­knap­pung und durch sehr kurz­fris­tig abge­sag­te Lie­fe­rung zuge­sag­ter – und ver­plan­ter – Dosen sozu­sa­gen ausgebremst.

Im IZ sol­len bis zu 600 Imp­fun­gen täg­lich mög­lich sein. Errei­chen Sie die­se Zahl? Ist genü­gend Impf­stoff vor­han­den oder ist auch Bam­berg von Eng­päs­sen im Nach­schub betroffen?

Dr. Klaus Wei­ner, Foto: Anna Lienhardt/​Amt für Bür­ger­be­tei­li­gung, Pres­se- und Öffentlichkeitsarbeit

Klaus Wei­ner: Bei Voll­aus­las­tung aller sechs Impf­stra­ßen ist die­se Zahl rech­ne­risch im Ide­al­fall wohl denk­bar, rea­lis­tisch wür­de mei­ne Ein­schät­zung aber dar­un­ter lie­gen. Wir arbei­ten mit Men­schen, deren indi­vi­du­el­le Gege­ben­hei­ten, Ängs­te, Reak­tio­nen, Ein­schrän­kun­gen – aktu­ell imp­fen wir vie­le über 80-Jäh­ri­ge – wir zu berück­sich­ti­gen haben. Eng­päs­se gab es natür­lich, auch die Zuord­nungs­lo­gis­tik, wie die Vor­pla­nung und Bereit­stel­lung der Zweit­do­sis nach drei Wochen, bei noch unge­wis­ser Nach­lie­fe­rung, ist eine Her­aus­for­de­rung, die ein qua­si tages­ak­tu­el­les Nach­jus­tie­ren erfordert.

Wel­cher Impf­stoff wird im Bam­ber­ger IZ verwendet?

Klaus Wei­ner: Bis­lang ver­wen­den wir aus­schließ­lich den Impf­stoff von BioNTech/​Pfizer.

Lässt sich ein­schät­zen, wie aus­ge­prägt Impf­be­reit­schaft bezie­hungs­wei­se Impf­skep­sis in der Regi­on sind?

Klaus Wei­ner: Das ist schwer ein­zu­schät­zen. Wir sehen nur die Impf­wil­li­gen. In der sta­tio­nä­ren Pfle­ge ist der Anteil des impf­wil­li­gen Pfle­ge­per­so­nals aber teils noch bedrü­ckend niedrig.

Wel­che Bot­schaft wür­den Sie Impf­skep­ti­ke­rin­nen und ‑skep­ti­kern übermitteln?

Klaus Wei­ner: Infor­mie­ren Sie sich! Nut­zen Sie seriö­se Quel­len. Suchen Sie nicht nur nach Aus­sa­gen meist zwei­fel­haf­ter Kom­pe­tenz, die die eige­ne Skep­sis bestär­ken. Und im All­ge­mei­nen soll­ten die Leu­te zur Kennt­nis neh­men, dass tod- und leid­brin­gen­de Erkran­kun­gen nur durch kon­se­quen­te Impf­stra­te­gien ver­hin­dert oder sogar ganz eli­mi­niert wer­den konn­ten. Bei­spie­le hier­für sind die Pocken, Diph­te­rie, Kin­der­läh­mung, Wund­starr­krampf oder Hirn­haut­ent­zün­dung. Wir besit­zen eine schar­fe Waf­fe, die­ses Virus zu bekämp­fen: Eine wirk­sa­me und siche­re Imp­fung.
Ohne ein gewis­ses Grund­ver­trau­en in evi­denz­ba­sier­te Medi­zin wer­den wir die­se, uns alle betref­fen­de, lebens­ver­än­dern­de Pan­de­mie nicht beherr­schen. Die­ses Virus tötet, täglich.

Inter­na­tio­na­le Popgrößen

35 Jah­re Erasure

Im ver­gan­ge­nen Jahr konn­te das Syn­thie-Pop-Duo Era­su­re das 35-jäh­ri­ge Band­be­stehen fei­ern. Zusam­men haben Sän­ger Andy Bell und Musi­ker Vin­ce Clar­ke mehr als 40 Hit­sin­gles ver­öf­fent­licht und welt­weit über 25 Mil­lio­nen Alben ver­kauft. Andy Bell stand uns für ein Inter­view zur Verfügung.

Mit „The Neon“ ver­öf­fent­lich­te Era­su­re im ver­gan­ge­nen Jahr sein ins­ge­samt 18. Stu­dio­al­bum – auf Vinyl, CD und sogar Kas­set­te. Nach wie vor bürgt das Duo für musi­ka­li­sche Güte und ver­steht noch immer, wor­um es im Elek­tro­nik-Pop geht. Mit dem Lon­do­ner Andy Bell (im Foto rechts), des­sen Wahl­hei­mat Miami ist, haben wir auf die Band­ge­schich­te zurückgeblickt.

Vin­ce Clar­ke war Grün­dungs­mit­glied von Depe­che Mode, ver­ließ sie 1981 und war dann zusam­men mit Sän­ge­rin Ali­son Moy­et bis 1983 als Yazoo erfolg­reich. Danach folg­ten wei­te­re Pro­jek­te, ehe er sich Ihnen anschloss. Erin­nern Sie sich noch an die Grün­dung von Era­su­re und wie alles ange­fan­gen hat?

Andy Bell: Selbst­ver­ständ­lich. Ich leb­te in einer Gay-WG, hat­te ers­te musi­ka­li­sche Erfah­run­gen in Lon­don gesam­melt. Abba, Blon­die, Human League, Sel­ec­ter, Yazoo – mein Musik­ge­schmack war damals sehr viel­fäl­tig. Über eine Anzei­ge im Melo­dy Maker such­te Vin­ce einen Sän­ger, nann­te sich in der Anzei­ge aber nicht. Erst als ich mich bewarb, wur­de mir am Tele­fon gesagt, dass er es ist, der jeman­den sucht. Ich sang dann vor und weni­ge Tage spä­ter bekam ich das OK, ich ent­sprach genau sei­nen Vor­stel­lun­gen. Vin­ce hat­te noch mit The Assem­bly zu tun, gab mir aber einen groß­zü­gi­gen Vor­schuss, damit ich nicht irgend­wo anders anheu­er­te.

Vor allem Ihre Live-Shows sind bis heu­te spek­ta­ku­lär, die Erfol­ge lie­ßen nicht lan­ge auf sich war­ten. Die Che­mie zwi­schen Ihnen scheint also nach wie vor zu stimmen.

Andy Bell: Es ist in der Tat so etwas wie Lie­be zwi­schen uns. Eine Art größt­mög­li­cher Empa­thie, die uns bis heu­te nicht anein­an­der zwei­feln lässt, ange­fan­gen bei unse­rem Debüt „Won­der­land“ von 1986, der einen Abba-Boom aus­lö­sen­den „Abba-esque-EP“ aus dem Jahr 1992, über Kri­sen und Come­backs bis hin zu „World be gone“ mit dem wir 2017 nach 24 Jah­ren wie­der die UK Top Ten-Charts erreich­ten.

2018 wur­de zwi­schen­zeit­lich „World bey­ond“ ver­öf­fent­licht. Was hat es damit auf sich?

Andy Bell: Es ist qua­si eine Neu­ein­spie­lung von „World be gone“ in einem post-klas­si­schen Gewand. Wir haben es in Brüs­sel mit den sie­ben Musi­kern des Echo Coll­ec­ti­ves ein­ge­spielt und damit den ers­ten Platz der Bill­board-Clas­si­cal Charts erreicht.

Vin­ce lebt mit sei­ner Ehe­frau in New York, Sie mit Ihrem Ehe­mann in Lon­don und Miami. Jeder geht eige­nen Pro­jek­ten nach, Sie zuletzt unter ande­rem mit Thea­ter­ar­beit. Dane­ben kann PETA auf Ihre Unter­stüt­zung zäh­len, eben­so die AIDS-Hil­fe und die LGBT-Bewe­gung. Ist da über­haupt noch Zeit für Erasure?

Andy Bell: Ich bin seit 1998 HIV-posi­tiv und habe mich bereits 2004 geoutet. Unse­re Erfol­ge mit Era­su­re haben es mir ermög­licht, mich in vie­ler­lei Hin­sicht aktiv zu enga­gie­ren und an gesell­schaft­li­chen Ver­än­de­run­gen, vor allem im Hin­blick auf die LGBT-Com­mu­ni­ty, mit­zu­wir­ken. Was Era­su­re betrifft sind wir trotz­dem immer im Aus­tausch, Syn­thie-Pop wird uns immer ver­bin­den. Für „The Neon“ gab es kei­nen exak­ten Plan. Vin­ce hat­te 2019 ers­te Tracks in sei­nem mit Syn­the­si­zern voll­ge­pack­ten Stu­dio vor­be­rei­tet, ich ihn dort für eini­ge Zeit besucht. Wir impro­vi­sier­ten Melo­dien und Tex­te und es zeich­ne­te sich schnell ab, dass die neu­en Stü­cke für „The Neon“ mehr radio­taug­li­che Upt­em­po-Num­mern mit cat­chy Har­mo­nien wer­den und zur Ver­öf­fent­li­chung tau­gen.

Ins­ge­samt sind es dann zehn Stü­cke zwi­schen „Hey now (think I got a fee­ling)“ bis hin zu „Kid you´re not alo­ne“ gewor­den. Man kann zwei­fels­frei hören, dass Sie sich mit allen Titeln iden­ti­fi­zie­ren und bei den Auf­nah­men spi­ri­tu­ell mit sich selbst im Rei­nen waren. Wie und wo haben Sie das Album dann fertiggestellt?

Andy Bell: Wir haben ver­sucht, den Stü­cken die­ses nost­al­gi­sche 1980er Jah­re-Fee­ling zu geben, mit dem wir uns nach wie vor iden­ti­fi­zie­ren. Und gleich der Ope­ner, die ers­te Sin­gle ver­sprüht die­se Krea­ti­vi­tät und Begeis­te­rung, die sich mit Stü­cken wie „Shot a satel­li­te“ oder „Tower of love“ fort­setzt. Beson­de­re Bedeu­tung haben für mich der Titel „Dia­mond lies“ und „Ner­ves of steel“, die ich mei­nem Ehe­mann gewid­met habe. Alle Vocals habe ich final in einem ana­lo­gen Stu­dio in Atlanta/​USA ein­ge­sun­gen. Das Album strahlt die­se Spi­ri­tua­li­tät aus, die Ver­gan­gen­heit mit Gegen­wart und Zukunft ver­bin­det und mehr als alles ande­re für Era­su­re steht.

Neon ist ein che­mi­sches Ele­ment, ein Edel­gas, das durch Gas­ent­la­dun­gen Röh­ren zum Leuch­ten bringt und bis heu­te für viel­fäl­ti­ge Neon­re­kla­me ver­wen­det wird. Seit den 1960er fin­det es auch in der Kunst Ver­wen­dung. Wel­che Bedeu­tung hat ent­spre­chend der Albumtitel?

Andy Bell: Neon hat mich schon als Kind fas­zi­niert. Old fashio­ned, aber still modern. Im Lon­do­ner Stadt­vier­tel Walt­hamstow gibt es das soge­nann­te „God´s own jun­k­yard“, Euro­pas größ­tes Neon-Muse­um für Schil­der und Objek­te, ein fan­tas­ti­scher Ort. Er hat mich zum Album­ti­tel inspi­riert und dort wur­den dann auch die aktu­el­len Cover-Shoo­tings gemacht.

Syn­the­si­zer-Pop hat auch in Deutsch­land eine lan­ge Tra­di­ti­on. Acts wie Alpha­ville oder Camou­fla­ge kennt man welt­weit. Neue Grup­pen wie Sea Of Sin oder St Geor­ge bele­ben die Sze­ne. Ver­fol­gen Sie auch inter­na­tio­nal, was in die­sem Gen­re passiert?

Andy Bell: Immer noch, vor allem, wenn ich im Urlaub bin und Zeit habe, mich vor Ort damit zu beschäf­ti­gen, so wie in den 1980er Jah­ren, als ich eini­ge Zeit in Ber­lin gelebt habe. Als Samm­ler heu­te weni­ger, mei­ne Vinyl- und CD-Samm­lung habe ich aus Platz­grün­den in einer Lager­ein­rich­tung unter­ge­bracht und beschrän­ke mich musi­ka­lisch auf mobi­le End­ge­rä­te.

„The Neon“ wur­de sogar als Kas­set­te ver­öf­fent­licht. Wegen der alten Zeiten?

Andy Bell: Nein, Kas­set­ten sind ein­fach wie­der ange­sagt, es ist ein Trend. Und den bedient unser Label damit.

Clau­dia Kor­eck im Interview

„Der rote Faden bin ich“

Mit ihrem zehn­ten Stu­dio­al­bum „Auf die Frei­heit“ fei­ert Clau­dia Kor­eck den Spaß an der musi­ka­li­schen Viel­sei­tig­keit. Seit ihrem Debüt-Album „Fliang“ (2007) prä­sen­tiert die Song­wri­te­rin und Sän­ge­rin aus Ober­bay­ern mit ihrer Band einen Mix aus Bay­risch, Hoch­deutsch und Eng­lisch. Stets sozi­al enga­giert, ver­sucht die zwei­fa­che Mut­ter, trotz bestän­di­ger Chart­erfol­ge, Fami­lie und Kar­rie­re gleich­be­rech­tigt zu verbinden. 
„Auf die Frei­heit“ ist bereits Ihr zehn­tes Stu­dio­al­bum. Wo wür­den Sie es inner­halb der bis­he­ri­gen Ver­öf­fent­li­chun­gen einreihen?

Clau­dia Kor­eck: „Auf die Frei­heit“ ist ein Album, das ganz vie­le Sta­tio­nen in mei­nem Leben ver­bin­det und mich nach vor­ne schau­en lässt. Es ist ein posi­ti­ves und sehr viel­fäl­ti­ges Album, auf dem ich mich in allen Facet­ten zei­gen darf. Und es fei­ert das Leben – was ich gera­de in die­ser schwie­ri­gen Zeit schön finde.

Über wel­chen Zeit­raum hin­weg sind die elf Titel zwi­schen „Auf­g­wacht von de Doudn“ und „Koa Para­dies“ ent­stan­den? Wo haben Sie geschrie­ben? In wel­chem Stu­dio wur­de auf­ge­nom­men, wer hat die Stü­cke produziert?

Clau­dia Kor­eck: Auf­ge­nom­men wur­de zum Groß­teil bei uns daheim im Stu­dio in
Hal­la­bruck und im Down­town Stu­dio in Mün­chen. Die Songs sind alle im Lau­fe der letz­ten Jah­re ent­stan­den, ohne gro­ße Hin­ter­ge­dan­ken. Ich schrei­be wahn­sin­nig viel. Wann immer mir etwas ein­fällt, schrei­be ich es gleich auf. Meis­tens zuhau­se, nur der Song „India­ner“ war noch aus mei­ner Aus­zeit in Schwe­den, als ich eigent­lich die bei­den Weih­nachts­plat­ten geschrie­ben habe. Ein ande­rer Song ist in Grie­chen­land ent­stan­den. Ich neh­me mei­ne Gitar­re fast über­all mit hin. Dies­mal haben sich Gun­nar Grae­wert, mein Ehe­mann, und die Band­mit­glie­der alle Songs, die ich in den letz­ten Jah­ren geschrie­ben habe, durch­ge­hört. Das war eine Men­ge Arbeit, denn es gab genug Musik für über drei Tage. Und dann haben wir die Lie­der aus­ge­sucht, die uns beson­ders gefal­len haben. Und irgend­wann blie­ben dann die elf Titel des aktu­el­len Albums
übrig.

Wel­che Bedeu­tung kommt dem Album­ti­tel „Auf die Frei­heit“ zu, dem ja kein Stück auf der Plat­te zuge­ord­net ist?

Clau­dia Kor­eck: Es ist gera­de der Gedan­ke der Frei­heit, der ein solch facet­ten­rei­ches Album zulässt. Man legt nicht schon vor­her die Rich­tung fest, son­dern lässt es ein­fach gesche­hen. Und da darf alles pas­sie­ren, ohne Bar­rie­ren im Kopf oder im Herzen.

Sti­lis­tisch prä­sen­tie­ren Sie sich sehr viel­fäl­tig, wel­che Idee, wel­che Art roter Faden hält das Album zusammen?

Clau­dia Kor­eck: Der rote Faden, wenn man so will, bin dies­mal ein­fach nur ich.

Haben Sie ein Lieb­lings­lied auf der Platte?

Clau­dia Kor­eck: Ich lie­be natür­lich alle Lie­der, sonst wären sie nicht auf der Platte.

Sie haben in regel­mä­ßi­gen Abstän­den auch Plat­ten für Kin­der auf­ge­nom­men. Gibt es kon­kre­te Plä­ne für einen Nach­fol­ger von „Weih­nach­ten im Wald“ (2018)?

Clau­dia Kor­eck: Ich hat­te neu­lich mal eine neue Idee, mal sehen, was dar­aus wird.

Sie und Ihr Mann haben ein beson­de­res Ver­hält­nis zu Hawaii, wohin Sie immer wie­der rei­sen und wo Sie gehei­ra­tet haben. Hat­ten Sie Plä­ne, die Insel­grup­pe auch 2020 wie­der zu besuchen?

Clau­dia Kor­eck: Wir pla­nen in die­ser Zeit ehr­lich gesagt kei­ne wei­ten Rei­sen. Wir haben uns beim letz­ten Mal auch schon weh­mü­tig ver­ab­schie­det. Die Insel ist zwar wun­der­schön, aber auch viel zu weit weg. Aber all die schö­nen Erin­ne­run­gen, die wir auf Hawaii gemacht haben, die haben wir immer dabei.

Mit dem Pro­jekt „Men­schen­s­kin­der“ hat­ten Sie und ande­re Künst­le­rIn­nen von 2006 bis 2008 für gute Zwe­cke musi­ziert. Wäre es in der Coro­na-Kri­se nicht wie­der Zeit für ein Revival?

Clau­dia Kor­eck: Die „Menschenskinder“-Zeit war groß­ar­tig. Lau­ter lie­be Men­schen, mit denen man für gute Zwe­cke Musik macht. Ich wäre sofort mit dabei, aber wir dür­fen ja lei­der der­zeit nicht so auf­tre­ten, wie wir ger­ne wol­len wür­den. Ich hof­fe jetzt erst mal, dass wir Künst­ler und all die Men­schen, die es für ein Kon­zert und alles drum­her­um braucht, eini­ger­ma­ßen durch die Kri­se kom­men. Es ist tat­säch­lich zum Ver­zwei­feln, wenn man ein­fach nicht mehr arbei­ten darf.

Aus­bil­dungs­zen­trum der Bundespolizei

Kampf gegen Corona

Eine der Auf­ga­ben der Bun­des­po­li­zei besteht im Grenz­schutz. Seit dem 16. März führt sie zudem vor­über­ge­hen­de Grenz­kon­trol­len zu meh­re­ren Nach­bar­län­dern durch. Ziel der Maß­nah­men ist, das Rei­se­auf­kom­men nach Deutsch­land zu redu­zie­ren und somit die Ver­brei­tung des Coro­na­vi­rus zu ver­lang­sa­men. Zur aktu­el­len Lage stand uns Tho­mas Leh­mann, lei­ten­der Poli­zei­di­rek­tor des Bun­des­po­li­zei­aus- und ‑fort­bil­dungs­zen­trums Bam­berg, Rede und Antwort.
Wel­che Vor­keh­run­gen wur­den für den Stand­ort getrof­fen, um die Gefahr der Anste­ckung mit dem Coro­na-Virus best­mög­lich zu bannen?

Tho­mas Leh­mann: Wir haben zunächst die Aus­bil­dung, wo immer mög­lich, suk­zes­si­ve auf ein ange­lei­te­tes „Fern­stu­di­um“ umge­stellt. Fer­ner wur­de dem Per­so­nal des Bun­des­po­li­zei­aus- und ‑fort­bil­dungs­zen­trums Bam­berg weit­ge­hend die Mög­lich­keit zur Arbeit im Home-Office ein­ge­räumt. Neben der gene­rel­len Gesund­heits­vor­sor­ge und Betreu­ung haben sich unse­re Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen der Mini­mie­rung eines Infek­ti­ons­ri­si­kos ver­schrie­ben. Die all­ge­mein­gül­ti­gen Hin­wei­se und Emp­feh­lun­gen des Robert Koch-Insti­tuts sind für unse­re Mit­ar­bei­ter eben­so exis­tent wie für den Bür­ger. Vor­ga­ben des Gesund­heits­am­tes gel­ten entsprechend.

Tho­mas Leh­mann, lei­ten­der Poli­zei­di­rek­tor des Bun­des­po­li­zei­aus- und ‑fort­bil­dungs­zen­trums Bamberg
Wel­che Aus­wir­kun­gen hat die­se Kri­se spe­zi­ell auf den Aus­bil­dungs­be­trieb in Bamberg?

Tho­mas Leh­mann: Um die Infek­ti­ons­ket­ten zu unter­bre­chen, wur­de die Aus­bil­dung in der Bun­des­po­li­zei in ein ange­lei­te­tes Selbst­stu­di­um umge­wan­delt. Die Aus­zu­bil­den­den ver­blei­ben an ihren Hei­mat­or­ten und wer­den durch Nut­zung digi­ta­ler Medi­en unter­rich­tet. Wesent­li­che Bestand­tei­le der Aus­bil­dung in der Bun­des­po­li­zei bestehen aus der Ver­mitt­lung theo­re­ti­scher Inhal­te im Bereich der Gesell­schafts­wis­sen­schaf­ten, der Rechts­wis­sen­schaf­ten und Ein­satz­leh­re. Die­se Fächer sind teil­wei­se dazu geeig­net, auch ohne Prä­senz in der Aus­bil­dungs­ein­rich­tung ver­mit­telt zu wer­den. Neben der Über­mitt­lung von Auf­ga­ben­stel­lun­gen per E‑Mail ver­fügt die Bun­des­po­li­zei über eine e‑Lear­ning-Platt­form. Hier kön­nen die Aus­zu­bil­den­den auch von ihrem Wohn­ort aus auf Arbeits­un­ter­la­gen zugrei­fen. Nor­ma­ler­wei­se wech­seln sich die theo­re­ti­schen und prak­ti­schen Antei­le ab bezie­hungs­wei­se bau­en jeweils inhalt­lich, metho­disch und didak­tisch auf­ein­an­der auf.

Wie stark ist das Aus- und Fort­bil­dungs­zen­trum invol­viert, sprich wer­den Aus­bil­der ein­ge­setzt bezie­hungs­wei­se unter wel­chen Umstän­den wür­den auch Aus­zu­bil­den­de ein­ge­setzt werden?

Tho­mas Leh­mann: Das Bun­des­po­li­zei­aus- und ‑fort­bil­dungs­zen­trum Bam­berg unter­stützt auf Anfor­de­rung die Bun­des­be­reit­schafts­po­li­zei mit Ein­satz­zü­gen. Die­se set­zen sich aus Aus­bil­dungs­per­so­nal sowie Anwär­te­rin­nen und Anwär­tern des zwei­ten und drit­ten Dienst­jah­res zusam­men. Aktu­ell unter­stüt­zen bereits ein­ge­setz­te Ein­satz­kräf­te aus Bam­berg die vor­über­ge­hend wie­der­ein­ge­führ­ten Grenz­kon­trol­len an den Gren­zen zu Frank­reich, Öster­reich und der Schweiz.

Wie gehen die Beam­tin­nen und Beam­ten mit dem stän­dig bestehen­den Risi­ko einer Anste­ckung um?

Tho­mas Leh­mann: Durch die kon­se­quen­te Beach­tung der Hygie­ne­stan­dards und Emp­feh­lun­gen des Robert-Koch-Insti­tuts ver­su­chen wir das Infek­ti­ons­ri­si­ko zu redu­zie­ren. Dies gelang bis­her sehr gut.

Was machen Sie als ers­tes, wenn die Aus­gangs­be­schrän­kung auf­ge­ho­ben ist?

Tho­mas Leh­mann: Auf einem Bier­kel­ler ein küh­les Rauch­bier trin­ken, ein Kon­zert besu­chen, ins Thea­ter gehen und dar­auf hof­fen, dass die Mensch­heit die rich­ti­gen Leh­ren aus der Pan­de­mie zieht.

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