Quadro Nuevo, das Münchner Instrumental-Ensemble um die beiden Gründungsmitglieder D. D. Lowka (Kontrabass) und unseren Gesprächspartner Mulo Francel (Saxophon, Klarinette), hat abseits
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Bundesfreiwilligendienst
Fürs Leben lernen
Nachdem 2011 die Wehrpflicht und damit auch der Zivildienst ausgesetzt wurden, ergab sich vor allem im sozialen Sektor, der auf die Arbeitsleistung von Mindestlohnkräften angewiesen ist, ein Mangel an Personal. Um dem gegenzusteuern, wurde unter anderem der Bundesfreiwilligendienst (BFD) eingeführt. In dieser Initiative des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben engagieren sich Bundesfreiwillige (Bufdis) in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen.

Im Juli letzten Jahres wurde der Bamberger Förderverein goolkids als Bundesfreiwilligendienst-Einsatzstelle anerkannt. Seit September 2019 beschäftigt der Verein, der sich mit sportlichen Mitteln für die Integration von Menschen mit Behinderung, sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen und Geflüchteten einsetzt, mit Julius Rosiwal (19 Jahre) seinen ersten Bufdi. Wir haben ihn und goolkids-Projektleiter Robert Bartsch zum Interview getroffen.
Warum unterhält goolkids eine Bundesfreiwilligendienst-Stelle?
Robert Bartsch: Ganz einfach, wir haben vielfältige Aufgaben im sozialen Bereich, bei denen wir Unterstützung brauchen und seitens des Vorstands tut uns der Kontakt zu jungen Menschen wie Julius gut, um zu sehen, wo deren Interessen liegen. Der BFD ist eine hervorragende Schnittstelle für unsere Jugendangebote. Wir ergänzen uns gegenseitig. Es gibt außerdem viele Tätigkeiten im sportlichen Bereich, bei denen es hilfreich ist, einen jungen Menschen dabei zu haben, der sportaffin ist und in die jeweiligen sportlichen Aktivitäten miteingebunden werden kann. Das macht den Teilnehmern auch mehr Spaß, als wenn ich dort mit rumturnen würde. Es gibt Aufgaben, die wir Julius anvertrauen und die er verantwortungsvoll übernehmen kann. Er hat die Manpower und Fähigkeiten dazu.
Julius, warum haben Sie sich für das einjährige Engagement beim BFD entschieden und warum bei goolkids?
Julius Rosiwal: Ich bin schon immer sportlich aktiv gewesen. Auch sozial bin ich sehr interessiert und wollte mich schon länger in der Hilfe für Geflüchtete und für Menschen mit Behinderung engagieren. Ich habe selbst einen Fall im Freundeskreis. Und da kam es perfekt, dass goolkids an meiner Schule eines Tages ihre Projekte vorgestellt hat. Außerdem habe ich einen Cousin, der bei goolkids tätig war und mir den Verein empfohlen hat. Ich wollte, bevor ich ein Studium anfange, praktische Erfahrungen sammeln, weil es für mich keinen Sinn ergibt, überhaupt zu studieren, bevor ich nicht weiß, wie es in der Berufswelt aussieht oder was mich da erwarten könnte.
Wie sehen die Voraussetzungen für die Stelle aus?
Bartsch: Man sollte sozial und sportlich interessiert sein – und im besten Falle auch sportlich aktiv. Und menschlich und gesellschaftlich offen sollte man sein, weil wir mit sozial benachteiligten und verhaltensoriginellen Kindern und Jugendlichen zu tun haben, mit Geflüchteten und Menschen mit Behinderung.
Rosiwal: Da auch viele organisatorische Aufgaben anfallen, braucht es auch eine gewisse Kreativität, um Lösungen zu finden. Ich habe schon viel gelernt, was mir die Schule nicht beigebracht hat, viel fürs Leben. Ein einfaches Beispiel wäre, wie man gemäß DIN-Norm einen Briefkopf richtig beschriftet.
Was sind die täglichen Aufgaben eines Bufdis bei goolkids?
Rosiwal: Nachmittags bin ich immer bei Projekten und Aktivitäten dabei. Das heißt, beim Fußball‑, Volleyball- oder Basketballtraining, oder im Fitness-Studio, wo wir mit Menschen mit Behinderung hingehen. Da fungiere ich als Trainer und Ansprechpartner. Vormittags geht es vor allem ums Organisatorische der Großprojekte, wie das anstehende inklusive Sportfest, das im Sommer zum ersten Mal stattfindet. Welche sportlichen oder technischen Faktoren müssen berücksichtigt werden, was brauchen wir fürs Unterhaltungsangebot und vieles mehr.
Bartsch: Wir haben von Anfang an versucht, Julius mit einzubauen, indem wir ihn überallhin mitnehmen. Er ist immer in meiner Nähe, damit er die Möglichkeit hat zu lernen, wie man so einen Projekttag, so ein Fest organisiert, um irgendwann völlig eigenständig Veranstaltungen durchziehen zu können. Jede Veranstaltung verhält sich nach demselben Muster. Man muss wissen, was man wann machen will und was man dazu braucht. Nur die Anforderungen sind unterschiedlich.
Rosiwal: Da goolkids vor mir noch keinen anderen Bufdi hatte, gab es keine Aufgaben, die klar für mich vorgegeben gewesen waren. Am Anfang meiner Zeit hier war es also ein gemeinsames Lernen, bei dem wir rausfinden wollten, was ich kann und was man mir anvertrauen kann. Für mich hieß das, dass ich mein Aufgabengebiet selber mitdefinieren konnte, anstatt es, wie ich es von anderen Bufdi-Stellen gehört habe, einfach vorgeklatscht zu bekommen. Das bedeutet auch viel Abwechslung im Tagesablauf, bei dem immer neue Dinge dazu kommen und ich immer dazu lernen kann. Und ich kann auch Eigeninitiative ergreifen und eigene Ideen einbringen.
Der BFD wurde 2011 als Kompensation unbesetzter, aber nötiger Stellen im sozialen Bereich, die 2011 nach dem Wegfall des verpflichtenden Zivildienstes entstanden sind, eingeführt. Funktioniert das?
Bartsch: Bei goolkids können wir dazu nichts sagen, weil wir vor Julius keinen Bufdi hatten. Aber gesamtgesellschaftlich hat das Ende des Zivildienstes schon ein gewisses Loch aufgerissen. Es gibt unbestritten viele Arbeitsbereiche, die ohne freiwillige Dienste nur schwer zurechtkommen würden.
Wie sehr sind Organisationen wie goolkids beziehungsweise der soziale Bereich auf freiwillige Dienste wie den BFD angewiesen?
Bartsch: Händeringend. Generell würden die Strukturen des sozialen Wesens in ihrer jetzigen Form ohne BFD oder das Freiwillige Soziale Jahr zusammenbrechen. Nur mit einer drastischen Erhöhung der Personalkosten könnten Freiwillige durch Festangestellte ersetzt werden.
Rosiwal: Normalerweise sieht die Definition des BFD vor, das er nur ein Aushilfs-Dienst ist. Eigentlich müsste die Organisation also auch ohne den BFD sehr gut laufen können. Unabhängig davon, dass dem, wie Robert sagt, nicht so wäre, möchte ich auch mehr als eine Aushilfe sein. Ich möchte mich einbringen und Verantwortung übernehmen können.
Lässt sich einschätzen, wie ausgeprägt die gesellschaftliche Bereitschaft ist, freiwillige, also gering oder unbezahlte, soziale Dienste zu leisten?
Rosiwal: Das finde ich schwer einzuschätzen, aber ich denke, es würde viel mehr Freiwillige geben, wenn Angebote wie der BFD zum Beispiel an Schulen viel stärker beworben werden würden. An Schulen wird im Gegenteil aber eigentlich davon abgeraten, vor dem Studium noch ein Jahr Erfahrungen zu sammeln, statt so schnell wie möglich in die Arbeitswelt einzusteigen.
Bartsch: Ich übertreibe jetzt, aber ein Problem liegt darin, dass Jugendliche in der Schule nichts fürs Leben lernen, aber danach sofort arbeiten sollen. Dafür fehlen ihnen aber praktische Erfahrungen. Da ist ein soziales Jahr die Chance, außerhalb der Arbeitswelt innezuhalten, für sich selbst den Weg zu finden und auch ein bisschen was Praktisches zu lernen.
Wird freiwilliges Engagement ausreichend durch die Politik gefördert?
Bartsch: Die Politik sieht die Sache unter anderen Gesichtspunkten. Ihre Förderung geht eher der Frage nach, wie das Personal-Defizit im sozialen Bereich durch die Förderung freiwilligen Engagements aufgefangen werden könnte. Das heißt, der Staat, die Kommune, auch Bamberg, versuchen unheimlich viel auf die freiwillige Schiene abzuwälzen, um mit kostengünstigen Freiwilligen die gleichen Leistungen zu erreichen wie mit Festangestellten.
Kann es nicht fahrlässig sein, wenn Verantwortung, die eigentlich ausgebildetes Personal übernehmen sollte, auf ungelernte Freiwillige abgewälzt wird?
Bartsch: Ja, man braucht ungefähr vier Freiwillige, um fachlich, sachlich und zeitorientiert eine gelernte Kraft zu ersetzen. Bei uns oder der Innovativen Sozialarbeit Bamberg geht es ja noch. Aber in Bereichen wie Alten- oder Krankenpflege sieht es anders aus.
Julius, haben Sie das Gefühl, sich durch den BFD bei goolkids weiterzuentwickeln?
Rosiwal: Auf jeden Fall. Zum Beispiel von Menschen mit Behinderung kann man ganz viel lernen. Sie haben in ihrem Leben große Probleme, die andere nicht haben, strahlen aber gleichzeitig so eine Lebensfreude aus. Da werden die eigenen Probleme kleiner. Das bildet den Charakter. Oder: Telefonieren mit Selbstvertrauen – wenn ich zum Beispiel bei Schulen anrufe, um goolkids vorzustellen – muss man auch erstmal können.
Bartsch: Das ist natürlich nur ein kleiner Lerninhalt, aber doch ein Effekt. Julius ist ein eher zurückhaltender Mensch, der jetzt aber kein Schüler mehr, sondern auf einmal Trainer und Betreuer, also verantwortlich für eine Sportstunde ist. Da ist der Moment erreicht, wo nicht ihm etwas gesagt wird, sondern wo er die Anweisungen gibt und sich auch mal durchsetzen muss.
Was sind die schönsten Momente der Arbeit als Bufdi?
Rosiwal: Der Umgang mit den Menschen und wenn ich sehe, dass die Leute in meinen Trainingsgruppen selbstständiger werden und Fortschritte machen. Und auf der organisatorischen Seite ist es schön dabei zu sein, wenn die Projekte, bei deren Planung ich mitgemacht habe und auf deren Umsetzung man lange hingearbeitet hat, Formen annehmen und funktionieren.
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Interview
Oberbürgermeister Andreas Starke
Andreas Starke hat zum dritten Mal die Wahl zum Bamberger Oberbürgermeister gewonnen. In einer Stichwahl setzte er sich gegen Jonas Glüsenkamp durch. Viel Grund zur Freude besteht derzeit allerdings nicht. Die Corona-Krise lässt auf der täglichen Agenda nicht viel Platz für politische Gestaltung und im ebenfalls neugewählten Stadtrat dominieren die Grünen und die CSU. Und zu allem Übel sitzt jetzt auch noch die AfD im Stadtrat. Wir haben mit dem Oberbürgermeister über Corona, das Wahlergebnis und die kommenden Zeiten gesprochen.
Welche Bamberger Probleme würden nun die größte Aufmerksamkeit erfordern, wenn nicht zu allererst die Corona-Krise bewältigt werden müsste?
Andreas Starke: Bezahlbaren Wohnraum und Kindertagesstättenplätze in genügendem Ausmaß zu schaffen. Außerdem: Die Konversion erfolgreich entwickeln und den ICE-Ausbau so organisieren, dass die Stadt weiterhin gut funktioniert.
Ihre Wiederwahl war knapp. Kam Ihnen die Corona-Krise zugute?

Foto: Matthias Hoch
Andreas Starke: Bei zehn Kandidatinnen und Kandidaten war von Anfang an klar, dass es zu einer Stichwahl kommen würde. Das Endergebnis der Stichwahl mit 59,3 Prozent ist nicht knapp, sondern war das Beste in Oberfranken. Viele Wählerinnen und Wähler wissen, dass im Bamberger Rathaus gut regiert wird. Die Corona-Krise gehört dazu, wir haben ein effektives Krisenmanagement, auch das wurde geschätzt.
Sie sind Wahlsieger, die SPD aber nur drittstärkste Fraktion im Stadtrat. Ihre Wahlkampfkampagne war sehr stark auf Sie und nur wenig auf Ihre Partei zugeschnitten. Erachten Sie die Bamberger SPD als nicht attraktiv genug, um eine Wahl zu gewinnen, und wie haben Sie das im Vorfeld der Wahl Ihren Parteikolleginnen und ‑kollegen beigebracht?
Andreas Starke: Ich bin stolz, Teil der Bamberger SPD zu sein. Allerdings sind bereits seit der Oberbürgermeisterwahl 2006 meine Wahlplakate schwarz-weiß mit orangefarbener Schrift. Niemand sollte übersehen: Oberbürgermeister-Wahlen sind Persönlichkeitswahlen und keine Parteiwahlen.
Abgesehen davon, dass Sie im Stadtrat keinen Auftrag haben, eine Mehrheit zu bilden, käme eine solche weder zusammen mit der stärksten, noch mit der zweitstärksten Fraktion zustande. Wie schwierig wird es in Zukunft, politische Inhalte zu gestalten?
Andreas Starke: Die Zersplitterung des Stadtrates bedeutet sicherlich keine einfache Situation. Ich bin aber überzeugt, dass es uns dennoch gelingen wird, die besten Beschlüsse für die Stadt Bamberg zu treffen. Dazu kann meine Integrationskraft beitragen, so wie in der letzten Legislaturperiode.
Deutschland und vor allem Bayern setzen zur Verminderung der Corona-Infektionszahlen auf Ausgangsbeschränkungen, Stilllegung und persönliche Einschränkungen. Halten Sie diese Maßnahmen für sinnvoll oder hätten Sie eine andere Vorgehensweise vorgezogen?
Andreas Starke: Mehrmals in der Woche tagt unser städtischer Krisenstab „Coronavirus“. Dort sitzen nicht nur die Vertreter der Behörden und der Rettungsdienste zusammen, sondern auch Ärzte der Sozialstiftung und des ärztlichen Kreisverbands. Das Vorgehen in Bayern wird unisono als sehr gut und sinnvoll betrachtet. Die angeordneten Ausgangsbeschränkungen sind zur Eindämmung der Corona-Krise notwendig, ja unverzichtbar.
Mit der AfD sitzt nun auch eine rechtsextreme Partei im Stadtrat. Was empfinden Sie im Angesicht der Tatsache, sich mit deren Personal auseinandersetzen zu müssen?
Andreas Starke: Es ist nicht zu ändern, auch wenn ich mir etwas anderes gewünscht habe.
Zeichnet sich bereits ab, welchen kulturellen und wirtschaftlichen Schaden Bamberg durch die Krise davontragen wird?
Andreas Starke: Der Schaden wird enorm sein. Natürlich kann er derzeit noch nicht beziffert werden. Viele Betriebe, Handwerker, Firmen, Solo-Unternehmer und Kulturschaffende haben derzeit berechtigte Angst um ihre Existenz.
Was machen Sie als erstes, wenn die Ausgangsbeschränkung aufgehoben wird?
Andreas Starke: Freunde treffen und gut essen in einem Bamberger Lokal.
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Pflegeheim
„Uns ist bewusst, dass wir eine große Verantwortung haben“
Die derzeit herrschenden Kontaktbeschränkungen beziehen sich besonders stark auf Alten- und Pflegeheime. Besuche bei Bewohnerinnen und Bewohnern solcher Einrichtung sind verboten, um Corona-Erkrankungen bei dieser Risikogruppe zu verhindern. Christine Lechner leitet das Bamberger Seniorenzentrum Albrecht Dürer. Eine Infektion gab es in der Einrichtung noch nicht. Sollte der Fall der Fälle aber eintreten, ist das Seniorenzentrum vorbereitet. Wir haben Frau Lechner interviewt.
Wie sind Stimmung und Situation im Seniorenzentrum Albrecht Dürer?
Christine Lechner: Die Stimmung ist bei allen Mitarbeitern sehr gelassen. Alle sind trotz der Umstände mit Spaß bei der Arbeit, wir lachen viel zusammen und die Stimmung geht auch auf die Bewohnerinnen und Bewohner über, was sehr wichtig ist.
Wäre im Fall einer Infizierung im Seniorenzentrum Albrecht Dürer genug Personal und Material vorhanden?
Christine Lechner: Zum Glück haben wir weder bei den Bewohnern noch beim Personal positiv getestete Fälle. Die personelle Besetzung unterscheidet sich nicht von der sonst üblichen Besetzung in normalen Zeiten. Was uns, wie auch allen anderen Einrichtungen fehlt, ist Schutzausrüstung, das heißt Schutzanzüge und Schutzmasken. Das gesamte Personal trägt lediglich selbstgenähten Mundschutz. Davon haben wir reichlich selbst hergestellt, aber auch viele von Angehörigen und Freunden bekommen.
Wie sähe die Reaktion auf einen Corona-Fall aus?
Christine Lechner: Theoretisch haben wir alle Szenarien im Haus besprochen und auch einen Pandemieplan erstellt. Wir halten seit 14 Tagen auch schon Einzelzimmer frei, für den Fall, dass eine Isolation notwendig ist. Große Unterstützung erhalten wir auch von unserem Träger, dem Diakonischen Werk Bamberg-Forchheim e.V., was Informationen, Materialbeschaffung und Transparenz angeht.
Wie gehen Heimbewohner mit der Kontaktsperre zu ihren Angehörigen um?
Christine Lechner: Ich muss ganz ehrlich sagen, recht gut. Alle Mitarbeiter, besonders die Betreuungskräfte, leisten überragende Arbeit, damit die Heimbewohner keine Einsamkeit verspüren. Wir haben seit letzter Woche auch die Möglichkeit, über ein Tablet Videoanrufe mit Angehörigen zu machen, was für beide Seiten große Erleichterung bringt, die Angehörigen einfach mal wieder zu sehen und zu hören und zu sehen, dass es ihnen gut geht.
Mit welchem Gefühl kommen Sie zur Arbeit?
Christine Lechner: Wir alle kommen täglich mit großem Hoffen und Bangen, dass die Situation so entspannt bleibt und wir alle, Bewohner und Mitarbeiter, gesund bleiben. Uns ist bewusst, dass wir eine große Verantwortung haben und halten uns alle an die Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren. In einer ruhigen Minute wird diese Verantwortung für mich als Leiterin manchmal sehr belastend.
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Spendenaktion
goolkids überrascht zu Ostern
Wegen der Corona-Krise entschloss sich der Förderkreis goolkids, das Projekt „goolkids hilft“ zu starten (wir berichteten darüber). Am Wochenende warteten die Verantwortlichen mit einer zusätzlichen Überraschung auf. Ausgestattet mit Schokoladen-Osterhasen von verschiedenen Bamberger Rewe-Märkten (Rudel, Fröhlich und Hirschmann) besuchten goolkids-Teammitglieder die Wohnheime der Lebenshilfe Bamberg und verteilten die Süßigkeiten sehr zu deren Freude an die Bewohnerinnen und Bewohner.
„Uns war es wichtig, gerade die Menschen nicht zu vergessen, die in der momentanen Situation besonders unter der Einsamkeit zu leiden haben”, so goolkids-Projektleiter Robert Bartsch.
Die Bewohnerinnen und Bewohner des Frensdorfer Wohnheims bedankten sich per Foto.
- Manuel Werner
- Foto: goolkids, Lebenshilfe-Wohnheim Frensdorf
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Gastronomie
„Es herrscht große Unsicherheit“
Florian Müller bekommt die Auswirkungen der Stilllegungen des öffentlichen Lebens in seiner Doppelfunktion als Geschäftsführer des Ahörnla und Vorstandsmitglied der Kreisstelle des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands von mehreren Seiten zu spüren. So erreichen ihn täglich Hilferufe der an den Verband angegliederten Betriebe und als Gastronom sieht er sich nicht nur eigenen wirtschaftlichen Schäden ausgesetzt, sondern hat auch mit der Unsicherheit zu kämpfen, nicht zu wissen, wann wieder geöffnet werden kann. Im Telefoninterview haben wir mit ihm gesprochen.
Mit welchen Gefühlen haben Sie die Verhängung der Allgemeinverfügung, nach der Gaststätten und Bars schließen mussten, aufgenommen?
Florian Müller: Ich war geschockt. Das war im Endeffekt so, dass man von heute auf morgen den Boden unter den Füßen weggezogen bekommt und ich zu dem Zeitpunkt keine Ahnung hatte, wie es weitergeht. Kurz danach hatten wir von den Wirten der Sandstraße ein Treffen, um zu besprechen, was man jetzt macht. Jeder von uns weiß, wie hoch die laufenden Kosten, vor allem die des Personals, in der Gastronomie sind.
Lässt sich bereits sagen, welche Auswirkungen, finanziell, personell, die Beschränkungen auf die Bamberger Hotel- und Gaststättenbetriebe haben werden?

Florian Müller ist Geschäftsführer des Ahörnla und Vorstandsmitglied der Kreisstelle des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands.
Florian Müller: Ich war geschockt. Das war im Endeffekt so, dass man von heute auf morgen den Boden unter den Füßen weggezogen bekommt und ich zu dem Zeitpunkt keine Ahnung hatte, wie es weitergeht. Kurz danach hatten wir von den Wirten der Sandstraße ein Treffen, um zu besprechen, was man jetzt macht. Jeder von uns weiß, wie hoch die laufenden Kosten, vor allem die des Personals, in der Gastronomie sind.
Lässt sich bereits sagen, welche Auswirkungen, finanziell, personell, die Beschränkungen auf die Bamberger Hotel- und Gaststättenbetriebe haben werden?
Florian Müller: Für fast alle Betriebe, außer denen, die Lieferangebote haben, wobei das natürlich ein lächerlich geringer Anteil ist, sind die derzeitigen Zustände ein Totalschaden – null Umsatz von heute auf morgen. In Hotels genau das Gleiche. Angekündigte Buchungen können kostenfrei storniert werden, Hoteliers bleiben auf den Kosten sitzen und haben keine Buchungen und vor allem keine Sicherheit, wann denn wieder etwas passiert, mehr.
Wie sehen Sie in diesem Sinne diese Art der Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus? Halten Sie die Allgemeinverfügung für sinnvoll oder hätten Sie sich eine andere Vorgehensweise gewünscht?
Florian Müller: Das kann ich nicht sagen, ich bin kein Gesundheitsexperte. Nachdem man aber gewusst hatte, wie sich das Virus verbreitet, hat sich die Regierung nicht gleich für Maßnahmen entschieden, sondern immer Fristen gesetzt, nach dem Motto „jetzt macht mal noch ein paar Tage, dann schließen wir alles“. Dann wurde dem Volk gesagt zuhause zu bleiben, die Gaststätten durften aber wieder noch ein paar Tage offenbleiben. Ich nehme das in Kauf, habe aber nicht das Gefühl, dass es von vornherein einen Plan gab, nach dem vorgegangen wurde, sondern es wurde try-and-error-mäßig ausprobiert.
In welchem Zustand befindet sich das Ahörnla? Wird es die Gaststätte wieder in alter Form geben können?
Florian Müller: Wir sind komplett stillgelegt. Wie es danach weitergeht, kommt darauf an, wie lange wir geschlossen haben. Das ist das Hauptproblem. Der Staat sagt, damit ihr in der Krise nicht liegenbleibt, könnt ihr Schulden machen. Die Bank, zum Beispiel die KfW, verlangt aber einen Finanz-Plan über diese Schulden. Diesen zu erstellen, ist aber schwer, weil es sich derzeit nicht sagen lässt, ab wann man wieder Einnahmen hat. Denn ob die Gastronomie ab dem 19. April wieder aufmachen darf, ist nicht sicher. In der Politik hat keiner den Arsch in der Hose, zu sagen, dass die Gaststätten ab 19. April sicher wieder öffnen dürfen oder dass dieses Datum nur Wunschdenken ist und sowieso nichts wird und man besser gleich vom 1. Juni oder noch später ausgehen sollte, von da an aber sicher wieder öffnen darf. Andererseits stellt sich auch die Frage, ob überhaupt noch etwas da ist, das wieder aufmachen kann, wenn das Ganze jetzt noch acht Wochen dauert.
Was machen Sie als erstes, wenn die Ausgangsbeschränkungen aufgehoben werden?
Florian Müller: Ich renne in meinen Laden und versuche, ihn startklar zu machen.
- Sebastian Quenzer
- Foto: Sandstraße: Sebastian Quenzer | F. Müller: Florian Müller
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Schulschließungen
„Vielen wird jetzt bewusst, dass Schule mehr ist als Unterricht und Lernen“
Schulen gehörten zu den ersten Einrichtungen, die Mitte März für den beginnenden Kampf gegen Corona geschlossen wurden. Das Lehrpersonal steht seitdem vor der Herausforderung, über andere Kanäle Kontakt mit der Schülerschaft zu halten und weiterhin Unterrichts-Stoff anzubieten. So auch am Bamberger E.T.A. Hoffmann-Gymnasium. Über Schule in Zeiten der Kontaktbeschränkungen haben wir mit Direktor Markus Knebel gesprochen.
Wie lässt sich der Alltag eines Schuldirektors beschreiben, wenn die Schule geschlossen ist?
Die Arbeit am Vormittag im Büro ist gut gefüllt mit Telefonaten, Mails und Konferenzen (natürlich online). Es geht dabei um die Koordination der anstehenden Aufgaben, wie Abitur, Aufnahme der Schülerinnen und Schüler aus der Grundschule, Personalplanungen für das kommende Schuljahr, aktuell anstehende Baumaßnahmen und vieles andere. Damit nicht die komplette Führungsebene ausfällt, wenn wir in der Schulleitung einen bestätigten Corona-Fall hätten, arbeiten wir in Schichten, so dass ich manche Mitarbeiter gar nicht persönlich im Büro sehe, sondern seit Wochen nur online. Die telefonische Rufbereitschaft zieht sich dann bis in den Abend, da wir ja möglicherweise wegen aktueller Corona-Fälle oder Informationen aus den Ministerien auch kurzfristig agieren müssen.

Schuldirektor Markus Knebel.
Stellen Sie Unterrichtsangebote online zur Verfügung? Sind diese verpflichtend und wie sehen sie aus?
Die Lehrkräfte stellen für alle Klassen Unterrichtsmaterial zur Verfügung – in Umfang und Intensität abhängig von den Fächern und Jahrgangsstufen. Natürlich hat der angehende Abiturjahrgang eine ganz besondere Stellung in diesem System, da hier noch einzelne Leistungserhebungen vor den eigentlichen Abiturprüfungen anstehen und dann natürlich die Vorbereitung auf das voraussichtlich in wenigen Wochen beginnende Abitur gesichert sein muss. In den anderen Jahrgangsstufen sind sämtliche Aufgaben jedoch als Unterrichtsbegleitung zu verstehen. Sie können das, was üblicherweise in der Schule passiert, nicht ersetzen und sollen die Schülerinnen und Schüler vor allem „im Training“ halten, bis es an der Schule wieder losgeht.
Es gibt Medienberichte über Lehrpersonal, das sich ausgefallene Mittel einfallen lässt, um in Kontakt mit der Schülerschaft zu bleiben. Ein Beispiel wäre ein Hamburger Lehrer, der täglich eine online abrufbare Late-Night-Show inszeniert, um Kontakt zu halten und Lernstoff durchzugehen. Was halten Sie von solchen Maßnahmen, und wären auch Sie bereit, in eine Rolle wie die eines Moderators zu schlüpfen?
Die Lehrkräfte nicht nur meiner Schule zeigen unglaubliche Kreativität und Improvisationskunst. Wir müssen aber auch darauf achten, die Schülerinnen und Schüler und deren Eltern nicht zu überfordern. Es gibt Familien, in denen nur ein Rechner zur Verfügung steht, ein Elternteil im Home-Office arbeitet und gleichzeitig drei oder mehr Kinder online an schulischen Aufgaben arbeiten sollen.
Wie sind die Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler darauf?
Bis auf wenige Ausnahmen erhalten wir durchweg positive, teilweise sogar überschwängliche Rückmeldungen. Vor allem von Elternseite kommt viel Lob für die vielfältigen Ideen, wie die Kinder und Jugendlichen motiviert werden, aktiv ihre schulischen Aufgaben ernst zu nehmen. Neben den „normalen“ Arbeitsaufträgen gelingt dies durch Ideen, die den Blick über den Tellerrand des eigenen Unterrichts ermöglichen, etwa durch ein gemeinsames Video, an dem alle Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte arbeiten konnten.
Falls sich der Online-Unterricht bewährt, gibt es Überlegungen, diesen auch in Zukunft beizubehalten? Welche Vorteile hätte das gegenüber Präsenzunterricht?
Online-Unterricht kann den Unterricht im Klassenzimmer nicht ersetzen, er kann ihn nur ergänzen. Sicherlich werden die Erfahrungen dieser ganz besonderen Wochen aber für die Unterrichtsgestaltung der Zukunft Auswirkungen haben. Online-Klassenzimmer, in denen Lernpfade selbstständig bearbeitet werden können oder gemeinsam im Team an einem Projekt geschrieben wird, werden dann eine zusätzliche Möglichkeit sein.
Nach über zwei Wochen Schulschließung, freuen sich die Schülerinnen und Schüler über den ausfallenden Unterricht oder vermissen sie den Schulbetrieb?
Zunächst war bei beinahe allen Schülerinnen und Schülern die Freude groß, doch nachdem sie ja nun auch im Alltag ihre Freunde nicht mehr sehen können, bekomme ich schon häufiger die Rückmeldung, dass sich alle darauf freuen, endlich wieder an die Schule zu dürfen. Vielen wird jetzt noch einmal so richtig bewusst, dass Schule eben mehr ist als Unterricht und Lernen.
Auf der Homepage des Gymnasiums geben Sie an, die Schule nach den Osterferien am 20. April wieder öffnen zu wollen. Halten Sie an diesem Termin fest oder gehen Sie in Ihren Planungen von einer weiteren Verlängerung der Schließungen aus?
Hier müssen wir natürlich die Vorgaben der Ministerien abwarten. Erst dann können beziehungsweise dürfen wir entscheiden, wie wir weiter verfahren.
Wie sähe die Alternative aus, falls die Schulen am 20.4. nicht wieder öffnen dürfen?
Wir würden dann sinnvollerweise online weiter arbeiten mit den Klassen, das eine oder andere digitale Modul ausbauen. Aber auch hier können wir uns momentan nur mit einem Plan B und C vorbereiten und abwarten, wie die politischen Entscheidungen ausfallen werden.
Wie sehen die Planungen für die kommenden Abiturprüfungen aus?
Stand heute (8. April) werden die Prüfungen am 20. Mai beginnen. Denkbar wäre das an unserer Schule, da wir die entsprechenden Kapazitäten hätten, die Schülerinnen und Schüler auf zahlreiche Räume zu verteilen und die entsprechenden Mindestabstände einzuhalten. Ob dies aber an allen Schulen möglich ist, kann ich nicht beantworten. Und nur eine einheitliche Lösung kann sinnvoll sein. Zudem gilt es, die Schülerinnen und Schüler intensiv auf die Prüfungen vorzubereiten. Das erfolgt schon jetzt durch die Lehrkräfte, die sie unterrichten und muss natürlich bis zu den Prüfungen weiterlaufen – wenn es sein muss, auch online.
Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn die Ausgangsbeschränkungen wieder aufgehoben werden?
Ich würde mich am meisten darüber freuen, wenn alle wieder gesund an die Schule zurückkehren würden – auch wenn es noch deutlich länger dauern sollte, als wir es uns wünschen.
- Sebastian Quenzer
- Foto: E.T.A. Hoffmann-Gymnasium
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Lieferservice
“goolkids hilft”
Der Förderkreis goolkids und sein Projekt ginaS (goolkids integriert natürlich alle Sportler) setzen sich für die sportliche Inklusion von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung oder Migrationshintergrund ein. Da es in dieser Richtung derzeit so gut wie nichts zu tun gibt, haben ginaS-Projektleiterin Laura Stelzer und ihr Team ihren Aktionsradius erweitert und das Projekt „goolkids hilft“ begonnen.
Frau Stelzer, was ist „goolkids hilft“? Wie entstand die Idee dazu?
Laura Stelzer: „goolkids hilft“ ist ein Projekt, das wir ganz nach dem Motto MITeinander aufgebaut haben. Die Idee selbst kam im Büro bei einer Brainstorming-Runde von unserem Bundesfreiwilligendienst-Leistenden Julius Rosiwal. Die aktuell noch andauernde Krisensituation hat uns dazu gebracht, alle unsere Projekte auf Eis zu legen. Gar nichts zu tun liegt uns aber nicht. Deshalb wollten wir einen Beitrag an die Gesellschaft leisten, um gemeinsam diese kritische Lage zu überstehen. MITeinander nehmen wir nun die Herausforderung an, allen mobileingeschränkten Mitbürgern und Risikopatienten zur Seite zu stehen und zu helfen.
Wie groß ist der derzeitige Bedarf an derartigen Dienstleistungen?
Laura Stelzer: Ich würde den Bedarf als wellenförmig bezeichnen. Es gibt ruhigere Tage, an denen wir ein bis zwei Ausfahrten erledigen, und dann gibt es auch die etwas stressigeren Tage, bei denen es durchaus sechs bis sieben Fahrten sind. Wir sind ein gutes Team, so dass wir uns jederzeit unterstützen, abwechseln und vor allem motivieren, da wir gerne zusammenarbeiten.
Welche Art von Besorgungen führen Sie durch, wen versorgen Sie?
Laura Stelzer: Eine gute Zusammenarbeit hat sich mit der REWE Rudel herausgestellt. Hier können ältere Menschen oder auch mobileingeschränkte Personen anrufen und ihre Bestellungen abgeben, diese werden dann für uns zusammengepackt und wir fahren sie an unsere Mitbürger aus. Zusätzlich holen wir auch Medikamente ab, gehen zur Post oder in andere Märkte, um Besorgungen zu erledigen.
Wie sehen die Rückmeldungen aus?
Laura Stelzer: Wir haben bis jetzt nur positive Erfahrungen gemacht. Viele ältere Kunden melden sich wieder und haben neue Bestellungen, die ausgefahren werden müssen. Die Zufriedenheit und Freundlichkeit unserer Kunden stehen ihnen immer mit einem Lächeln ins Gesicht geschrieben. Ab und an gibt es auch ein Trinkgeld als Spende, das uns zeigt, dass wir wirklich helfen.
Wie groß ist Ihr Liefergebiet?
Laura Stelzer: Prinzipiell halten wir uns an die Stadt Bamberg und den engeren Landkreis. Im Landkreis hatten wir auch schon Kundschaft und konnten damit ein bisschen die Landschaft während der Fahrt genießen.
Fallen Gebühren an oder wie finanzieren Sie das Projekt?
Laura Stelzer: Die Ausgaben, die wir haben, sind hauptsächlich unsere Fahrt- und Personalkosten. Wir selbst setzen uns aus ehrenamtlichen Mitarbeitern und Festangestellten beim Förderkreis goolkids e.V. zusammen. Dadurch, dass unsere anderen Projekte ausfallen, haben wir Kapazitäten und Gelder frei, um dieses neue Projekt zu ermöglichen. Dank guter Sponsoren und Spenden sind wir in der Lage, trotzdem weiterhin Gutes tun zu können.
Wie schützt das goolkids-Team sich und die Konsumenten?
Laura Stelzer: Bei den Besorgungen als auch bei unseren Fahrten tragen alle, die Kundenkontakt haben, Handschuhe. Seit dieser Woche überlegen wir uns, ob wir auch regelmäßig Mundschutz tragen sollten. Allerdings ist uns bewusst, dass es einen extrem großen Mundschutzmangel in Pflegeeinrichtungen gibt. Deshalb sind wir sehr sensibel, was dieses Thema angeht. Zusätzlich schützt sich auch die Kundschaft selbst meistens durch Handschuhe und Mundschutz. Den Abstand von zwei Metern versuchen wir bei jedem Kundenkontakt einzuhalten, auch wenn uns so mancher Kunde gerne vor Freude umarmen möchte. Beim Großteil unserer Kundschaft stellen wir die Bestellungen nur vor die Haustür, um jeglichen Kontakt zu vermeiden.
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BG Litzendorf
Vereinsleben in Zeiten von Corona
Die seit etwa zwei Wochen geltenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beschränkungen zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus betreffen auch Sportvereine. Liga- oder Trainingsbetrieb sind für alle Spielklassen und Sportarten ausgesetzt. Wirtschaftliche Schäden drohen sowohl Erstliga- als auch Amateurvereinen. Bernhard Uzelino ist 1. Vorsitzender der Basketballgemeinschaft Litzendorf. Mit ihm haben wir über die Folgen für seinen Verein gesprochen.
Herr Uzelino, wie hat sich die Vereinsarbeit der BG Litzendorf durch die Allgemeinverfügung verändert? Was ist momentan an Vereinsarbeit noch möglich?
Bernhard Uzelino: Das Vereinsleben ruht nahezu vollständig – zumindest was den sportlichen Bereich unserer Abteilungen Basketball, Cheerleading, Aktive Freizeit, Kinderturnen und Prävention anbelangt. Die Vereinsarbeit an sich, also organisatorische Aufgaben wie Kassen- und Mitgliederverwaltung, Planungen für die Zeit nach der Krise und die kommende Saison laufen im Hintergrund weiter. Gerade haben wir unsere Beiratsversammlung in der vergangenen Woche abgehalten, aber halt nicht wie üblich im Nebenraum einer Gaststätte, sondern in schriftlicher Form mittels E‑Mail. Was unsere anstehende Jahreshauptversammlung am 25. April angeht, so werden wir diese wohl nicht an diesem Tag abhalten. Da so eine JHV aber zwingend vorgeschrieben ist, werden wir nach einem Ausweichtermin suchen müssen.
Welche Schäden verursacht die Corona-Krise im Verein?
Bernhard Uzelino: Das ist noch nicht absehbar. Ein Folgeschaden könnte sein, dass viele Aktive (vor allem Kinder und Jugendliche) die Lust an ihrem Sport verlieren, weil sie eben keine Möglichkeit mehr haben, ihn auszuüben – sei es im Training oder im Wettkampf. Wenn sich die Krise also lange hinzieht, könnte das sogar Vereinsaustritte zur Folge haben. Grundsätzlich hoffe ich allerdings, dass auch im Sportverein die Leute etwas enger zusammenrücken – im übertragenen Sinne natürlich – und dadurch das Zusammengehörigkeitsgefühl sogar gestärkt wird.
Wie ist die BGL für einen wochen- oder monatelangen Stillstand gerüstet?
Bernhard Uzelino: Ehrlich gesagt gar nicht, weil ein solches Szenario nicht vorhersehbar war. Allerdings versuchen wir, unsere Mitglieder über die neuesten Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten. Insbesondere, wenn es um politische Entscheidungen wie Ausgangsbeschränkungen und Hallenschließungen geht oder um die Vorgaben der Sportverbände.

Bernhard Uzelino, der 1. Vorsitzende der Basketballgemeinschaft Litzendorf.
Foto: Bernhard Uzelino
Wie sehen die finanziellen Auswirkungen aus? Muss mit Ausfällen an Sponsorenzahlungen gerechnet werden?
Bernhard Uzelino: Im Grunde kann durch die Corona-Krise sogar Geld gespart werden, denn in dieser Zeit fallen ja keine Hallenmieten für Trainings- und Spielzeiten an, beziehungsweise werden hoffentlich ja wohl nicht erhoben. Außerdem entfallen auch Schiedsrichterkosten und so weiter. Das ist dann aber schon die einzig gute Auswirkung, die Corona für die Vereine hat. Hoffentlich halten sich finanzielle Auswirken im Rahmen. Jedoch muss tatsächlich mit Vereinsaustritten und somit dem Verlust von Mitgliedsbeiträgen gerechnet werden, ebenso wie mit dem Abspringen einiger Sponsoren. Gerade für unsere beiden Regionalliga-Teams sind aber diese Sponsorengelder fast unverzichtbar. In Anbetracht dieser extremen Wirtschaftslage muss man aber mit dem Rückzug von Sponsoren rechnen und dafür auch Verständnis zeigen. Wir wollen versuchen, Lösungen zu finden, die unseren Unterstützern, aber auch unserem Verein gerecht werden. Das jedoch alles zu seiner Zeit, denn Unternehmer und Betriebe haben jetzt mit Sicherheit ganz andere Probleme.
Für wann rechnen Sie mit der Wiederaufnahme des Spielbetriebs?
Bernhard Uzelino: Der Spielbetrieb in den BB-Ligen wurde ja komplett eingestellt und im Amateurbereich die Saison für beendet erklärt. Wir hoffen, dass möglichst bald wieder ein risikofreies Training erfolgen und der Spielbetrieb mit der neuen Saison 2020⁄21 aufgenommen werden kann. Sobald wieder der Schulbetrieb einsetzt, sollte auch wieder öffentlicher Sport möglich sein. Man muss einfach die weitere Entwicklung abwarten.
Befürchten Sie ein Sterben kleinerer Sportvereine?
Bernhard Uzelino: Nein, das befürchte ich nicht! Gerade kleinere Vereine haben ja wahrscheinlich keine allzu hohen Fixkosten, wobei ich hier nur für die BGL sprechen kann. Wenn die Mitgliederzahlen einigermaßen stabil bleiben, die Vereine vielleicht eine kleine Finanzreserve haben, dann sollten die Auswirkungen dieser Krisenzeit zu bewältigen sein.
Veranstalten Sie für Ihre Sportlerinnen und Sportler Trainingsangebote für zuhause? Wie sehen diese aus?
Bernhard Uzelino: In dieser Hinsicht bieten wir noch nichts an – unsere Sportler sind ja schließlich keine Profis. Wenn die Beschränkungen des Ausganges und der öffentlichen Sportmöglichkeiten allerdings noch länger bestehen bleiben, wäre so etwas vielleicht vorstellbar. Bis dahin hoffe ich, dass alle Aktiven versuchen, sich selbst fit zu halten. Von einem Team weiß ich, dass sie sich selbst ein Training für zu Hause auferlegt haben. Es muss also nicht immer alles reglementiert werden und eine gewisse Eigeninitiative kann niemals schaden.
Ein Großteil der Einnahmen der BGL entsteht durch die Litzendorfer Kirchweih, die im September stattfindet. Wie ist dabei der Stand der Planungen?
Bernhard Uzelino: Das ist natürlich auch ein Thema! Die BGL ist ein Verein mit vielen Mannschaften und Abteilungen, die Hallenkapazitäten für Trainings- und Spielbetrieb brauchen. Die Litzendorfer Turnhalle ist leider viel zu klein und hoffnungslos ausgebucht, so dass wir aktuell auch Hallen in Memmelsdorf, Stegaurach, Hirschaid und Strullendorf anmieten müssen. Das verursacht natürlich hohe Kosten, die wir nur allein mit den Mitgliedsbeiträgen nicht begleichen können. Das Ausrichten der Litzendorfer Kirchweih und die daraus resultierenden Einnahmen sind für unseren Verein fast überlebensnotwendig. Ob im September Großveranstaltungen schon wieder erlaubt sind, bleibt abzuwarten. Aktuell planen wir aber so, dass die Kirchweih wie gewohnt stattfindet. Falls ja, sollten sich die Leute schonmal die Zeit von 11. bis 14. September freihalten. Wenn die Kirchweih aber ausfallen würde, wäre das schon ein herber Verlust.
Erhält die BGL Hilfe staatlicher oder gesellschaftlicher Art? In welchem Umfang?
Bernhard Uzelino: Das weiß ich nicht, darüber haben wir uns noch keine Gedanken gemacht und noch nicht informiert. Aber danke für den Hinweis! In dieser schweren Zeit müssen viele Menschen um ihre Existenz bangen, Privatpersonen wie auch Firmen. Und all jene sollten zuallererst die Möglichkeit auf Unterstützung bekommen, da müssen Vereine einfach mal hintenanstehen. Sollte die BGL tatsächlich in Schieflage geraten, so bleibt dann immer noch die Möglichkeit, auf Hilfsangebote zurückzugreifen – sofern so etwas für Sportvereine überhaupt vorgesehen ist. Sport und Vereine sind zwar wichtig, aber es gibt tatsächlich weitaus Wichtigeres!
Supermarkt
Der Nachschub ist sicher
In Supermärkten zeigten sich zu Beginn der Corona-Krise mit Entgleisungen wie Hamsterkäufen und Streit um Toilettenpapier würdelose und unsoziale Auswirkungen der Pandemie. Annemarie Rudel, Geschäftsführerin des Rewe-Markts in der Würzburger Straße, und ihr Team konnten das hautnah miterleben. Nach knapp zwei Wochen Ausgangsbeschränkung scheinen sich die Zustände zumindest vorerst beruhigt zu haben. Zeit für ein schnelles Interview mit Frau Rudel über Nachschub, Wertschätzung und Maskenpflicht.
Die Ausgangsbeschränkungen dauern mittlerweile über eine Woche. Erleben Sie immer noch Kundenanstürme und Hamsterkäufe beziehungsweise wie sieht das Einkaufsverhalten derzeit aus?
Annemarie Rudel: Derzeit gibt es keine Hamsterkäufe mehr. Der Verkauf läuft wieder ganz normal ab.
Was empfanden Sie im Angesicht des Hamsterverhaltens?
Annemarie Rudel: Ich dachte, viele haben einfach kein soziales Verhalten – schade.
Wie steht es um die Versorgungslage, ist der Nachschub gesichert?
Annemarie Rudel: Ja, es gibt ausreichend Nachschub.

Inhaberin Anne Rudel versichert, dass der Nachschub gesichert ist.
Im Internet kursieren Videos mit erschütternden Szenen, die zeigen, wie sich Leute um Toilettenpapier oder Nudeln prügeln. Ist es in Ihrem Markt zu ähnlichen Vorfällen gekommen?
Annemarie Rudel: Nein.
Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um die Ansteckungsgefahr für Ihre Kundinnen und Kunden und für Ihr Personal so gering wie möglich zu halten?
Annemarie Rudel: Wir halten alle Vorschriften ein.
Wie fühlt sich Ihr Personal? Kommen Ihre Angestellten mit Sorge oder Angst zur Arbeit?
Annemarie Rudel: Mit Sorge kommen meine Leute schon zur Arbeit. Mit Angst aber nicht.
Fühlt sich Ihr Personal für seine derzeit riskante Arbeit genug gewürdigt?
Annemarie Rudel: Wir hoffen, das in Zukunft zu spüren, indem unser Beruf wieder mehr wertgeschätzt wird.
Wie schlägt sich der derzeitig erhöhte Konsum in Ihren Umsätzen nieder?
Annemarie Rudel: Wir haben höhere Umsätze, aber wir haben auch sofort 12 Mitarbeiter mehr eingestellt. Folglich haben wir auch höhere Kosten.
In Österreich ist der Gang in den Supermarkt nur noch mit Schutzmaske erlaubt. Wünschen Sie sich solche Maßnahmen auch für Deutschland?
Annemarie Rudel: Ja, denn man weiß ja nie, wer bei uns zum Einkaufen kommt.
- Sebastian Quenzer
- Foto: Sebastian Quenzer
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Veranstaltungsausfälle
„Es gibt Situationen, in denen man festgenagelt ist“
Noch mindestens bis zum 19. April verbieten die derzeitigen Beschränkungen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus sämtliche Konzerte, Aufführungen und Bühnenshows. Das trifft nicht nur Kulturschaffende, sondern auch die Veranstalterseite. Wolfgang Heyder ist Geschäftsführer beim Veranstaltungsservice Bamberg. Ihm machen ausfallende Konzerte genauso zu schaffen wie die unsichere Beschlusslage der kommenden Wochen. Eine positive Grundeinstellung lässt er sich trotzdem nicht nehmen. Wir haben uns mit ihm zum Telefoninterview verabredet.

Aufgrund der Allgemeinverfügung mussten Sie für die kommenden Wochen sämtliche Veranstaltungen absagen. Wie geht der Veranstaltungsservice mit dieser Entwicklung um?
Wolfgang Heyder: Erstmal haben wir keine Möglichkeit, das zu ändern. Also haben wir reagieren müssen. Darum versuchen wir, so viele Veranstaltungen wie möglich zu verlegen, damit sie noch stattfinden können, um den entstehenden Schaden so gering wie möglich zu halten. Manche Veranstaltungen können wir auf später im Jahr oder nach 2021 verlegen, aber es gibt auch ein paar Veranstaltungen, die komplett abgesagt wurden. Trotzdem haben wir das Horrorszenario oder zumindest die schwierige Situation vor Augen, dass wir nicht wissen, wie es weitergeht.
Um wie viele Veranstaltungen handelt es sich?
Wolfgang Heyder: Es geht derzeit darum, über 30 Veranstaltungen zu verlegen und gleichzeitig die üblichen Aufgaben, wie Hallen zu finden oder Technik bereitzustellen, zu erfüllen.
Wie gehen Sie mit der Unsicherheit um, die im Angesicht einer möglichen weiteren Verlängerung der Beschränkungen über den derzeit angedachten 19. April hinaus besteht?
Wolfgang Heyder: Das ist eine der größten Herausforderungen, nicht zu wissen, ob die Beschränkungen noch verlängert werden. Wir haben 15 Veranstaltungen, die zwischen 19. April und Ende Mai stattfinden sollen und noch nicht abgesagt sind. Wir warten auf eine behördliche Anordnung. Und noch weiter in die Zukunft gedacht, was uns auch sehr betrifft und wo ebenfalls große Unsicherheit besteht, ist die Frage, was mit unseren zahlreichen Open-Air-Veranstaltungen im Sommer passiert.
Was geht in Ihnen selbst vor?
Wolfgang Heyder: In den vielen Jahren meines Berufslebens habe ich schon die eine oder andere Erfahrung mit Krisensituationen sammeln können. Dabei habe ich gelernt, dass es Situationen gibt, die man steuern kann, und solche, in denen man einfach festgenagelt ist und keine Möglichkeit hat, etwas zu verändern. Aber auch wenn es immense Verluste sind, die auf uns zukommen, trauern und heulen wir nicht oder sind negativ, sondern versuchen positiv nach vorne zu schauen. Insofern gehen wir an die Dinge ran, über die wir zumindest noch ein wenig Kontrolle haben und beraten in Zusammenarbeit mit all unseren Partnern zum Beispiel über verschiedene Szenarien, wie die nächsten Wochen und Monate aussehen könnten.
Was macht Ihnen derzeit Hoffnung?
Wolfgang Heyder: Ich bin ja von vornherein ein sehr positiver Typ und habe immer kämpfen müssen, in vielen Bereichen. Insofern bin ich den Krisenmodus ein bisschen gewohnt. Ich finde es schön, dass es in der Gesellschaft eine positive Entwicklung zu spüren gibt, dass Menschen zusammenkommen, sich helfen und sich solidarisch zeigen.
- Sebastian Quenzer
- Foto: Sebastian Quenzer