Kurz vor Jahresende tragen auch die Museen der Stadt Bamberg ihren Teil zum Heinrichsjahr 2024, dem 1000. Todesjahr Kaiser Heinrichs II., bei.
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Historisches Museum
Ausstellung „Vor 1000 Jahren: Leben am Hof von Kunigunde und Heinrich II.“
Kurz vor Jahresende tragen auch die Museen der Stadt Bamberg ihren Teil zum Heinrichsjahr 2024, dem 1000. Todesjahr Kaiser Heinrichs II., bei. Die Ausstellung „Vor 1000 Jahren: Leben am Hof von Kunigunde und Heinrich II.“ konzentriert sich jedoch nicht nur auf den Kaiser. Auch der Kaiserin und vor allem dem Alltag der Bevölkerung räumt sie Platz ein.
Ein gängiges Bild des Mittelalters, der Lebzeit des Kaiserpaars Heinrich und Kunigunde, sieht so aus: Dunkel, dreckig, rückständig. Damit will die Ausstellung „Vor 1000 Jahren: Leben am Hof von Kunigunde und Heinrich II.“, zu sehen im Historischen Museum noch bis April 2025, anhand des aktuellen wissenschaftlichen Standes aber aufräumen.
Zu sehen sind Darstellungen des Herrscherpaares, ein Bild zeigt etwa einen KI-generierten Heinrich, Insignien, Objekte und Kunstgegenstände aus dem höfischen Leben oder Überreste von Bausubstanz aus dem Jahr 1000. Einen Schwerpunkt legt die Ausstellung aber auch auf das gesellschaftliche Leben, dass sich im Umkreis von Dom und Hofhaltung abspielte.
Mit Kristin Knebel, Direktorin der Museen der Stadt Bamberg, und Cornelia von Heßberg, zusammen mit Arne Schönfeld am Konzept und am Katalog beteiligt, haben wir über die Ausstellung, das Leben vor 1000 Jahren, Mittelalter-Vorurteile und Frau Knebels bevorstehenden Abschied aus Bamberg gesprochen.

Sie kündigen an, dass die Museen der Stadt Bamberg mit der Ausstellung dazu beitragen möchten, ein historisch fundierteres Bild der Zeit um 1000 zu etablieren. War es bisher nicht fundiert?
Kristin Knebel: Beim großen Publikum herrschen sehr unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie das Mittelalter aussah. Vorstellungen, die geprägt sind von Filmen, Serien oder Mittelaltermärkten. Der derzeitige wissenschaftliche Stand, auf den wir uns in der Ausstellung berufen, weicht allerdings oft von diesen Meinungen ab. Wir wollen das Bild eines dunklen, stinkenden, gewalttätigen Mittelalters revidieren und ein anderes Bild zeigen. Wir zeigen einen derzeitigen Wissensstand, der auch von Akteuren der praktischen Archäologie zum Beispiel mitgeprägt wird. Das heißt aber nicht, dass das in allen Punkten der Weisheit letzter Schluss ist. Die Forschung geht immer weiter und Geschichtsbilder ändern sich. Dem können wir uns nicht entziehen.
Wie war das Leben im Bamberg des Jahres 1000 also?
Kristin Knebel: Es handelte sich sicherlich um eine differenziertere Gesellschaft, als man noch vor einiger Zeit annahm. Die landwirtschaftliche Prägung war stark, doch es war eine breitgefächerte Gesellschaft. Auch herrschte ein weit verzweigter Handel. Das Leben der meisten Menschen spielte sich sicherlich zentral in der näheren Umgebung ihres Wohnortes ab, aber es gab auch, und nicht nur bei Königen oder Kaisern, Menschen, die eine sehr große Mobilität hatten. Wir werden in der Ausstellung eine Karte von Handelsrouten zeigen, die bis nach Nordafrika und Asien reichten. Auch gehen wir auf die Frage ein: Gab es um 1000 in Bamberg bereits Handwerk? Es gibt die Auffassung, dass Familien, alles, was sie diesbezüglich brauchten, selbst herstellten. Andere sagen, dass es durchaus bereits Handwerk gab, das sich zudem bereits zu spezialisieren begann. Und dadurch, dass die Stadt ab 1007 Bischofssitz war, entstand ein zusätzlicher Schutz für die Menschen, die sich hier ansiedeln.
Cornelia von Heßberg: Im Vergleich zu heute war das Leben im Mittelalter aber natürlich hart. Wir würden nicht damals leben wollen. Es war kälter und dunkler, Elektrizität oder ausreichend Kerzen waren selbstverständlich nicht vorhanden. Auch zum Beispiel Vorstellungen von sozialer Gerechtigkeit, also etwa die Armen reich zu machen, waren unbekannt.
Heißt das, es gab keine Aufstiegsmöglichkeiten?
Cornelia von Heßberg: Doch. Vor allem im kirchlichen Bereich gab es durchaus soziale Mobilität oder Durchlässigkeit. Kaiser Heinrich hat zum Beispiel die Wahl der beiden Unfreien Gundekar und Walter jeweils zum Bischof von Eichstätt unterstützt. So wurden sie selbst zu Herren und konnten Herrschaft ausüben.
Kannte man Freizeit oder bestand das Leben nur aus Arbeit?
Kristin Knebel: Ich denke nicht, dass die Menschen einen Begriff von Freizeit hatten, wie wir ihn heute kennen. Aber es gab natürlich den Sonntag – ein arbeitsfreier Tag, von der Kirche so festgelegt. Freizeitbeschäftigungen ging man allerdings schon nach. So zeigen wir in der Ausstellung zum Beispiel Spiele aus dieser Zeit, wie ein Schachspiel oder auch Würfel. „Freizeit“ und „Arbeitszeit“ wurden aber nicht klar voneinander unterschieden.
Wie sah es aus in Bamberg?
Kristin Knebel: Darüber geben uns vor allen Dingen archäologische Befunde Aufschluss. Wir wissen, dass es natürlich den Domberg gab, mit dem sogenannten Heinrichsdom und der Kaiserpfalz – heute Alte Hofhaltung genannt. Einige Stellen des Gebäudes stammen sogar noch aus der Zeit von Heinrich. Drumherum befand sich außerdem eine Siedlung mit unterschiedlichen Gebäuden. Auch am Michaelsberg oder bei der Stephanskirche – beide in der Heinrichszeit gegründet – gibt es Hinweise auf weitere Steinbauten. Wobei diese natürlich vornehmlich herrschaftlichen oder kirchlichen Nutzern vorbehalten waren. Private Häuser bestanden kaum aus Stein. In diesem Bereich gab es viele hölzerne Gebäude. Wir zeigen zum Beispiel ein Grubenhaus, bei dem man nach unten steigt und nicht nach oben, wenn man es betreten will.

Welche Kleidung trugen die Menschen?
Kristin Knebel: Da gibt es sehr viel Material. Eine Erkenntnis unserer Expertin ist, dass die Kleidung sehr farbig war und nicht, wie man es sich vorstellt, alles in Braun und Grau. Die Leute waren vielfältig gekleidet. Chemische Färbemittel existierten zwar natürlich noch nicht, aber sehr viele Naturmaterialien konnten zum Färben genutzt werden. In der Ausstellung zeigen wir Nachbildungen solcher Kleidung und etwa auch einen Webstuhl. Als Originalstück haben wir hingegen einen Lederschuh aus dem Jahr 1024. Nach meinem Ermessen etwa in der heutigen Größe 44.
Sie nannten das Wort „stinkendes“ Mittelalter. Wie roch es in den Straßen?
Cornelia von Heßberg: Auch die Menschen im Mittelalter kannten so etwas, was wir heute Hygiene nennen und haben durchaus gebadet. Einen entsprechenden Badezuber zeigen wir in der Ausstellung auch. Außerdem gab es im Mittelalter bereits Badehäuser. Wie die sanitären Zustände auf den Straßen aussahen, lässt sich allerdings nur schwer sagen. Das 10. Jahrhundert wird in der Forschung als quellenarme Zeit betrachtet. Aus späterer Zeit, aus dem 12. oder 13. Jahrhundert, haben wir aber Kenntnis über sanitäre Anlagen in Klöstern. Da gab es Wasserleitungen und Abwasserleitungen sowie Wasserheizungen. Man hat also nicht nur gefroren. Und wie es roch? Ich würde sagen, natürlicher als heute. Aber ich kann mir auch etwas kräftigere Geruchsnoten vorstellen, wie wir sie heute vielleicht aus dem landwirtschaftlichen Bereich kennen. Schon allein, weil die Nutztiere oft sehr nah dran waren am Menschen. Allerdings kann man eine Siedlung aus der Zeit von Kaiser Heinrich auch nicht einfach mit einer hochverdichteten Stadt aus dem Spätmittelalter wie zum Beispiel Köln oder Paris vergleichen.
Sie kündigen an, in der Ausstellung auch auf die Handlungsräume von Frauen in dieser Zeit einzugehen. Welche Umstände herrschten diesbezüglich?
Kristin Knebel: Einige Herrscherinnen aus der Zeit, nicht nur Kunigunde, waren sogenannte Mitregentinnen, consors regni nannte sich das. Diese hatten mehr Handlungsmöglichkeiten als man früher glaubte, als man sie für nicht mehr als schöne Dekoration hielt, die nichts zu sagen hatten. Bei Kunigunde war es sogar so, dass sie nach Heinrichs Tod die Reichsinsignien innehatte. Somit war sie Interimsregentin, bis mit Konrad ein neuer König den Thron bestieg. Dass damals allerdings in Gender- oder Feminismus-Kategorien gedacht wurde wie heute, würde ich jedoch nicht sagen.
Cornelia von Heßberg: Zum Beispiel aber im 19. Jahrhundert hatten Frauen zum Teil weniger Rechte als im Mittelalter. Die Idee, dass zum Beispiel die Kirche damals die Frauen unterdrückte, muss hinterfragt werden. Frauen waren zwar durchaus den Männern untergeordnet, aber der Stand war wichtiger als das Geschlecht. Eine hochgestellte Frau konnte die Herrin oder Herrscherin über andere sein, auch über Männer.
In der Ausstellung zeigen Sie szenische Inszenierungen von Gesprächen zwischen fiktionalen Zeitzeugen. Wie sieht das genau aus?
Kristin Knebel: In den Räumen wird das Publikum lebensgroßen Figuren auf Bildschirmen begegnen, die ihnen über das Leben im Mittelalter erzählen. Eine dieser szenischen Darstellungen zeigt zum Beispiel, wie die Kaiserin in Bamberg anreist, während sich eine Magd aus der Hofhaltung mit einer Hofdame über diesen Besuch unterhält. Auch gibt es interaktive Stationen, wie eine Urkundenstation, ein mittelalterliches Spiel und Mitmachaktionen für Kinder und Erwachsene.
Wie klingen die fiktionalen Zeitzeugen, wie klang Bamberg damals?
Cornelia von Heßberg: Man sagt, dass sich die älteren Sprachstufen des Deutschen etwa alle 500 Jahre geändert haben. Wenn wir also von heute aus 500 Jahre zurückgehen, könnten wir die Menschen im Jahr 1500 noch ungefähr verstehen. Aber bei allem, was davor gesprochen wurde, hätten wir heute Schwierigkeiten, es zu verstehen. Kaiser Heinrich wird allerdings wohl eher einen bairischen oder süddeutschen Dialekt aus seiner Herkunftssregion um Regensburg gesprochen haben, also keinen Vorläufer des heutigen Fränkischen.
Sie haben eine KI-generierte Darstellung Heinrichs veröffentlicht, die ihn mit langem, leicht schütterem Haar zeigt. Ist das authentisch?
Kristin Knebel: Es gibt kein Porträt von Heinrich, das authentisch ist, denn es gab in seiner Zeit noch kein Verständnis von authentischer Porträtdarstellung. Genau wissen wir also nicht, wie er aussah. Darstellungen von Personen bildeten eher deren Funktion ab. Darum sieht Heinrich auf jeder mittelalterlichen Darstellung auch anders aus. Aber das war überhaupt nicht wichtig. Nur die Insignien – welche Krone und Kleidung trägt er, was hält er in der Hand – waren es. Für die Ausstellung und für unser Bild des Kaisers wollten wir ihn im mittleren Alter darstellen, ohne Krone, aber mit Kreuz und Rüstung, das heißt im Kettenhemd. Vielleicht hat er so ähnlich ausgesehen, wenn er durch sein Reich reiste, vielleicht aber auch ganz anders.
Cornelia von Heßberg: An dieser Stelle können wir auch mit einem weiteren Fehlglauben über das Mittelalter aufräumen. Diese Epoche wird auch aus dem Grund oft verunglimpft, weil man lange Zeit in Wissenschaft und Gesellschaft dachte, die Menschen seien damals kindlich oder naiv gewesen, zum Beispiel weil sie es nicht schafften, ein authentisches Gemälde ihrer Herrscher anzufertigen. Das war aber eben auch nicht beabsichtigt. In der Ausstellung versuchen wir entsprechend zu zeigen, dass die Menschen mit vielem sehr rational umgegangen sind. Für Probleme des Alltags fanden sie immer wieder vernünftige Lösungen, anstatt ungebildet und instinkthaft zu handeln.
Frau Knebel, Sie haben Ihren Abschied als Direktorin der Museen der Stadt zum Jahresende bekanntgegeben. Dann wechseln Sie nach Jena und übernehmen die Leitung der dortigen städtischen Museen. Was hat die neue Stelle, was die in Bamberg nicht hat?
Kristin Knebel: Einfach gesagt, liegt sie direkt vor meiner Haustür, denn meine Familie und Freunde leben in Weimar. Auch bin ich in Thüringen sehr gut vernetzt, weil ich dort sehr lange im Museumsbereich gearbeitet habe. Dort gibt es in der Kulturszene genauso große Aufgaben und Baustellen wie hier. Auch in Jena sind die Verhältnisse nicht rosig und es braucht ein neues Depot und vielleicht einen neuen Museumsbau. Aber das ist genau, was mir Spaß macht. Ich baue gerne etwas auf und versuche, Strukturen zu schaffen.
Hatten die schlechte Finanzlage Bambergs oder die nachlässige Politik gegenüber der freien Kulturszene etwas mit Ihrer Entscheidung, Bamberg zu verlassen, zu tun?
Kristin Knebel: Nein. Die Stelle in Jena war einfach im Angebot, was bei solchen Stellen nicht sehr oft vorkommt. Und ich habe dort, wie gesagt, schon einmal gearbeitet und kenne sehr viele Leute. Außerdem wurde mir sehr bald nach dem Bewerbungsgespräch signalisiert, dass man mich gerne haben möchte. Also entschied ich mich für den Wechsel.
Ist die Ausstellung „Vor 1000 Jahren: Leben am Hof von Kunigunde und Heinrich II.“ Ihr Vermächtnis?
Kristin Knebel: Sie ist durchaus ein Schlusspunkt und außerdem die größte Ausstellung, die mein Team und ich gemacht haben. Aber als mein Vermächtnis sehe ich sie nicht. Wovon ich jedoch hoffe, dass etwas bleibt, ist, dass wir aufgezeigt haben, wie man in den städtischen Museen in Bamberg Ausstellungen modern und interaktiv gestalten und so Publikumszahlen steigern kann – siehe die „Fake Food“-Ausstellung. Die Museen der Stadt haben das Handwerkszeug, wir können das, nur braucht man dafür auch finanzielle Mittel. Auch hoffe ich, dass unser Masterplan, die Museen strukturell zu sanieren, zum Beispiel durch ein neues Depot oder Nachhaltigkeit und klimaneutrale Planung, in der Zukunft fortgeführt wird. Man wäre seitens der Stadt wirklich klug beraten, den Plan fortzusetzen und weiterzuentwickeln, meine ich.
Museen der Stadt Bamberg
Kristin Knebel hört überraschend als Museumsdirektorin auf
Kristin Knebel hat überraschend ihren Rücktritt als Direktorin der Museen der Stadt bekanntgegeben. Zum neuen Jahr verlässt sie Bamberg und übernimmt neue Aufgabe in Thüringen.
Nach drei Jahren im Amt, zahlreichen Ausstellungen und Weichenstellungen für die Fortentwicklung der städtischen Museumslandschaft wechselt die Direktorin der Museen der Stadt Bamberg, Dr. Kristin Knebel, zum 1. Januar 2025 in ihre thüringische Heimat. Dies teilt das Rathaus aktuell mit. In Jena wird sie die Position der Direktorin der Städtischen Museen bei „JenaKultur“ übernehmen.
„Dr. Knebel hat in den vergangenen Jahren großartige Arbeit für die Stadt geleistet“, sagte Oberbürgermeister Andreas Starke. „Mit viel Herzblut, kluger Strategie und einem Händchen für die bundesweite Fördermittelakquise hat sie viel frischen Wind in die Kultur gebracht.“ Knebels beruflichen Wechsel bedauere er, begleite ihn aber mit Verständnis.
Masterplan Museen
Die Kunsthistorikerin Kristin Knebel trat nach einer einstimmigen Wahl im Stadtrat am 1. Januar 2022 ihr Amt als neue Direktorin der Museen der Stadt Bamberg an. Zuvor war sie viele Jahre bei der Klassik Stiftung Weimar tätig.
Bereits in ihrer Bewerbungsvorstellung hatte sie die dringende Notwendigkeit zu einer strategischen Neuausrichtung der Museen formuliert und das Ziel genannt, eine zeitgemäße städtische Museumslandschaft zu entwickeln. Auch hatte sie sich öffentlich immer wieder über den schlechten Zustand der städtischen Museen geäußert (lesen Sie hier das Stadtecho-Interview zu ihrem Amtsantritt).
Demgemäß widmete sie sich der Aufstellung eines Plans für die Jahre 2023 bis 2033. Im „Masterplan Museen“ definierte sie zehn Handlungsfelder, die von der Bewahrung und Sicherung der Kunst- und Kulturgüter in den Museen, über die Digitalisierung, Kulturelle Bildung, die Neukonzeption der städtischen Museumsstandorte, die Personalentwicklung bis hin zu Nachhaltigkeitskonzepten reichen.
Besondere Aufmerksamkeit erforderten in den vergangenen drei Jahren die bereits angelaufenen Maßnahmen, wie die Sanierung und die Neukonzeption des Museums im E.T.A. Hoffmannhaus, die Vorbereitung der Sanierung des Alten Rathauses, ein Ideenkonzept für ein Museum auf dem Michaelsberg und die Grundlagenermittlung für ein neues Museumsdepot.
Ausstellungen Knebels
Kristin Knebel und ihr Team machten bereits im ersten Jahr mit neu gedachten Ausstellungskonzepten auf die Museen der Stadt überregional aufmerksam. Dabei wurden auch heiklere Stoffe angepackt. So stellten die Museen etwa die Intervention „Eine Hassliebe – Fritz Bayerlein und Bamberg“ zusammen. Der Präsentation folgte eine wissenschaftlich hervorstehende und zum Thema maßgebende Tagung des Lehrstuhls für Kunstgeschichte, an der die Museen maßgeblich beteiligt waren.
Zum Jahreswechsel 2022, dem Jubiläumsjahr E.T.A. Hoffmanns, folgte die Weihnachtsausstellung „Die magische Nuss Krakatuk“. Im Frühjahr 2023 zeigten die Museen „Fake Food – Essen zwischen Schein und Sein“ im Alten Rathaus.
Bereits zuvor hatte im Historischen Museum die Ausstellung „Liebe oder Last?! Baustelle Denkmal“ der Deutschen Stiftung Denkmalschutz eröffnet und ein für Bamberg besonders relevantes Thema gezeigt. Wenig später eröffnete in der Villa Dessauer die Ausstellung „Instant Paradise“ der Hamburger Künstlerin Swaantje Güntzel. Den Abschluss des Ausstellungsjahres 2023 machte „Eine runde Sache? Wie Lauscha die Weihnachtskugel erfand“ im Historischen Museum.
Steigerung der Besuchszahlen
Mit dem Ausstellungsjahr 2023 konnten die Museen der Stadt Bamberg die Besuchszahlen um 38 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 53.000 Besuche steigern. Bereits 2022 war im Vergleich zum Vor-Coronajahr 2019 eine wesentliche Steigerung gelungen.
Auch in diesem Jahr haben die Museen Ausstellungen vorbereitet. In Kooperation mit der Bayerischen Schlösserverwaltung gastiert „Höfische Begegnungen“ in der Neuen Residenz. Außerdem wurde die Galerie im Historischen Museum umgestaltet und unter dem Titel „Bilderspaziergang – Gemälde erzählen Geschichten“ neu eröffnet. Auch die Abteilung Bürgerkultur erhielt eine Überarbeitung und ist nun unter dem Titel „Eine neue Zeit bricht an – Bambergs Bürgertum zwischen Romantik und Gründerzeit“ zu sehen.
Aktuell läuft zudem die Schau „Dunst“ der Volker-Hinniger-Preisträgerin Alex Hojenski. Damit bespielen die Museen erstmals das Kesselhaus.
Noch viel zu tun
Kurz vor ihrer Fertigstellung sind derzeit außerdem die Arbeiten für die von Kristin Knebel mit ihrem Team initiierte Ausstellung „Vor 1000 Jahren – Leben am Hof von Kunigunde und Heinrich II.“ Im Historischen Museum wird die interaktive Schau zum Jubiläumsjahr ab 15. Oktober zu sehen sein.
„Es gibt noch viel zu tun“, sagt die scheidende Museumsdirektorin nun. „Ganz besonders liegt mir neben den laufenden Projekten, wie dem Hoffmannhaus, am Herzen, dass die Stadt Bamberg es schafft, für die kulturellen Schätze, die ihr überantwortet sind und die einen wichtigen Teil des kulturellen Gedächtnisses bilden beziehungsweise ermöglichen, ein zeitgemäßes und in die Zukunft weisendes Museumsdepot zu schaffen. Denn nur, wenn das Fundament gesichert ist, kann das Haus darauf nachhaltig errichtet werden.“
Vor Kulturkommission und Kultursenat
Kristin Knebel stellt Sanierungsplan für Museen der Stadt vor
In den Museen der Stadt Bamberg stehen dieses Jahr nicht nur Ausstellungen an. Ein großes Sanierungs- und Aufbauprogramm ist zudem geplant. Dazu legte Museumsdirektorin Dr. Kristin Knebel nun einen Plan vor.
Nachdem sie sich in verschiedenen Interviews , wie hier im Webecho, immer wieder deutlich über den schlechten Zustand der Museen der Stadt Bamberg geäußert hatte, hat Museumsdirektorin Dr. Kristin Knebel am Donnerstag der städtischen Kulturkommission und dem Kultursenat einen Sanierungsplan für die Museen vorgestellt. Das gab die Stadt in einer Mitteilung bekannt.
Beide Gremien hätten die grundsätzlichen Ziele des Plans, die Museen strukturell und finanziell zu sichern, weiterzuentwickeln, zu professionalisieren und weiter zu öffnen, mit großer Mehrheit angenommen. Besonderen Wert legt der Plan auf die Sicherung und Bewahrung der Museumsbestände. Dazu soll ein neues Museumsdepot entstehen. Zudem sollen das Historische Museum, die Sammlung Ludwig und das E.T.A. Hoffmann-Haus schrittweise neugestaltet werden.
Aufgaben der Museen
Auch die Entwicklung von Konzepten für kulturelle Bildung in den Museen sei eine zentrale Aufgabe des Sanierungsplans. Diese Bildung soll den Dialog zwischen Museums-BesucherInnen und Ausstellungsstücken umfangreicher gestalten.
Eine wesentliche Aufgabe für die Museen der Stadt Bamberg sei es zudem, der zeitgenössischen Kunst mehr Räume zu geben. Hierfür gäbe es zunächst aber noch keine schnellen Lösungen. Nach der Fertigstellung der derzeit laufenden Machbarkeitsstudie zum Kesselhaus soll über diesen Punkt näher beraten werden.
All diese Vorhaben müsse man laut Knebels Plan auch unter den Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit betrachten. Die möglichst klimaneutrale Planung, insbesondere eines neuen Depots, und die energetische Optimierung bei der Neugestaltung von Museen und Ausstellungen seien dabei wichtige Ziele. Auch die Verwendung nachhaltig produzierter Materialen für Sonderausstellungen und ihre Wiederverwertbarkeit trügen zur Schonung von Ressourcen bei.
Stadtecho-Fragebogen
Das Stadtecho fragt – Dr. Kristin Knebel antwortet
In jeder Ausgabe des Stadtechos legen wir einer Bamberger Persönlichkeit einen Fragebogen vor. Diesmal hat Dr. Kristin Knebel die Fragen beantwortet. Sie ist seit Anfang des Jahres Direktorin der Museen der Stadt Bamberg.
Frau Knebel, auf einer Skala von 0 (gar nicht) bis 10 (komplett): Wie hat sich Ihr Leben durch die Pandemie verändert?
5.
Wie sieht Ihr Fazit nach bald einem Jahr als Direktorin der Museen der Stadt Bamberg aus?
Bamberg hat mich sehr herzlich empfangen. Es gibt sehr viel zu tun, um die Museen für die Zukunft so aufzustellen, wie es sich für eine Welterbe- und Kulturstadt gebührt. Bisher habe ich dafür sehr viel Verständnis gefunden und hoffe, dass diese Anstrengungen gemeinsam mit der Verwaltung und der Politik gelingen werden.
Was mögen Sie an Ihrer neuen Stelle besonders, was nicht so sehr?
Die Arbeit mit einem kreativen und motivierten Team macht mir sehr viel Spaß. Schwierig ist die (noch) unzureichende Infrastruktur.
Wie weit haben Sie sich in der Stadt schon eingelebt?
Sehr gut.
Würden Sie gerne öfter Fahrrad fahren?
Ja, im Prinzip schon. Momentan fehlt es mir an Zeit und Gelegenheit für Fahrradtouren. Mein Haupttransportmittel ist die Bahn und innerstädtisch gehe ich viel zu Fuß.
Zahlen Sie gern Rundfunkgebühren?
Wer zahlt schon gern Gebühren? Ich halte öffentlich-rechtlichen Rundfunk für sehr wichtig, das Finanzierungssystem sollte aber reformiert werden.
Töten Sie Insekten?
Bewusst nur im äußersten Notfall, durch unsere Lebensweise tragen wir leider oft unbewusst zum Insektensterben bei.
Darf man in Ihrem Schlafzimmer rauchen?
Nein.
Welche Drogen sollten Ihrer Meinung nach legalisiert werden?
Keine. Aber natürlich ist es eine Definitionsfrage, was man unter Drogen versteht.
Ihr Leben wird verfilmt. Welche Schauspielerin sollte Sie spielen?
Juliette Binoche.
Wie viele Apps sind auf Ihrem Smartphone? Welche benutzen Sie am meisten?
Circa 60, von denen ich nur wenige regelmäßig nutze, am meisten wohl den Bahnnavigator und die Wetterapp.
Was braucht ein gutes Museum?
Wir arbeiten als Museen für die Öffentlichkeit und daher brauchen wir alle Menschen, die Interesse haben, sich einzubringen und unsere Angebote wahrzunehmen. Wir brauchen klare Ziele und Haltungen, die in unsere Strategie einfließen. Dazu benötigen wir kompetente, engagierte und genügend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die kluge Konzepte entwickeln und umsetzen. Außerdem einen interessanten Bestand mit möglichst klaren Schwerpunkten und attraktive Ausstellungsflächen. Wichtig ist auch eine funktionierende technische Infrastruktur, wie zum Beispiel Depotflächen mit den notwendigen konservatorischen Bedingungen oder die digitale Infrastruktur. Und nicht zuletzt benötigen Museen ein gutes Marketing, um die Menschen auch zu erreichen.
Wovon waren Sie zuletzt überrascht?
Das habe ich vergessen.
Was ist Ihr größter Wunsch?
Gerechtigkeit.
Wie sieht ein perfekter Tag für Sie aus?
Ich verbringe ihn entspannt mit den Menschen, die ich liebe.
Worüber haben Sie sich zuletzt geärgert?
Verschwörungstheorien.
Haben Sie ein Lieblingsgeräusch?
Geräusche der Natur, das Zwitschern der Vögel, Wind oder auch ein prasselnder Regen. Oder Klaviermusik. Oh, wie kitschig…
Welchen Luxus leisten Sie sich?
Nicht alles wiederzukäuen, was gerade en vogue ist.
Wovor haben Sie Angst?
Spinnen.
Wann haben Sie zuletzt geflirtet?
Daran kann ich mich nicht erinnern…
Was war der schönste Moment Ihres bisherigen Berufswegs?
Es gibt viele schöne Momente. Am schönsten ist es, wenn man gerade in einem kreativen (Denk-) Prozess gemeinsam mit anderen steckt. Und natürlich der Moment, wenn etwas lange überlegtes und geplantes wie eine Ausstellung sichtbar wird für alle.
Auf welchen Moment Ihrer Laufbahn waren Sie am schlechtesten vorbereitet?
Auf einen Neuanfang wie hier in Bamberg kann man sich schlecht vorbereiten, es gibt einfach zu viele Unbekannte. Aber es hat gut funktioniert.
Gibt es einen wiederkehrenden Albtraum, der von Ihrem Beruf handelt?
Nein. Dass ich etwas Wichtiges vergesse zu berücksichtigen oder Aufgaben nicht rechtzeitig erledigen kann, das beschäftigt mich schon manchmal nachts.
Mit welcher großen Künstlerin/welchem großen Künstler können Sie gar nichts anfangen?
Salvador Dalí.
Was ist Ihr Lieblingsschimpfwort?
Schwachsinn!
Was ist Ihre schlechteste Angewohnheit?
Ich bin manchmal zu ehrlich.
Ihre Lieblingstugend?
Empathie.
Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten?
Fehler, die als solche erkannt werden.
Was mögen Sie an sich gar nicht?
Wenn ich weniger schaffe, als ich mir vornehme, was leider öfter der Fall ist.
Was hätten Sie gerne erfunden?
Perpetuum mobile.
Haben Sie ein Vorbild?
Viele.
Wofür sind Sie dankbar?
Für die wunderbare Kindheit, die ich dank meiner Eltern erleben durfte.
Was lesen Sie gerade?
Steineckes Biographie E.T.A. Hoffmanns.
Was ist Ihr Lieblingsbuch, Lieblingsalbum, Lieblingsfilm?
Kultur ist zu reich und vielfältig, als dass ich ein ausgesprochenes Lieblingswerk hätte. Momentan sind zum Beispiel Beethovens Klaviersonaten bei mir mal wieder sehr beliebt.
Welches Buch haben Sie zuletzt nicht zu Ende gelesen?
Ich lese Bücher nicht zuende, wenn ich das Gefühl habe, ich weiß, worauf es hinaus läuft, und es kommt nichts substantiell neues mehr.
Welche Musik hören Sie nur heimlich?
Das verrate ich nicht.
Was war Ihre größte Modesünde?
Das FDJ-Hemd.
Was ist Ihr liebstes Smalltalk-Thema?
Das Wesen von Smalltalk ist ja, dass es sich aus der Situation ergibt.
Was zeigt das letzte Foto, das Sie mit Ihrem Handy aufgenommen haben?
Meinen Sohn.
Mit wem würden Sie gerne eine Nacht durchzechen?
Zechen war früher… grundsätzlich aber gern mit Menschen, die mir sympathisch sind und mit denen man sich vernünftig unterhalten kann.
Wovon haben Sie überhaupt keine Ahnung?
Philosophie.
Was finden Sie langweilig?
Mittelmäßige beziehungsweise beliebige zeitgenössische Kunst.
Sie sind in einer Bar. Welches Lied würde Sie dazu bringen zu gehen?
Rechtsrock oder schlechter „Schrammelpunk“.
Wie würde die Kristin Knebel von vor zehn Jahren auf die Kristin Knebel von heute reagieren?
Amüsiert.
Gibt es etwas, das Ihnen das Gefühl gibt, klein zu sein?
Die Natur.
Ich kann nicht leben ohne…
Liebe.
Was ist Ihre Vorstellung von Hölle?
Ungerechtigkeiten live mitzuerleben, gegen die man nichts tun kann oder sich ohnmächtig fühlt.
In welchen Club sollte man unbedingt mal gehen?
Keine Ahnung.
Was war die größte Unwahrheit, die Sie je über sich gelesen haben?
Soviel gibt es über mich nicht zu lesen.
Welches Problem werden Sie in diesem Leben nicht mehr in den Griff bekommen?
Dass immer alles anders kommt als man denkt.
Das Stadtecho gibt eine Runde aus. Was trinken Sie?
Ein Glas trockenen Weißwein bitte.
Dr. Kristin Knebel,
Oktober 2022.
„Bamberg braucht Touristen, um seine Museen zu betreiben“
Dr. Kristin Knebel, neue Direktorin der Museen der Stadt Bamberg
Seit einem halben Jahr ist Dr. Kristin Knebel die neue Direktorin der Museen der Stadt Bamberg. Die gebürtige Weimarerin und Kunsthistorikerin folgte auf Dr. Regina Hanemann, die 22 Jahre lang die Geschicke von Historischem Museum, der Sammlung Ludwig und der Villa Dessauer lenkte. Wir haben mit Kristin Knebel über ihre Pläne für die Museen gesprochen, deren größte Baustellen und darüber, was nötig ist, um „die Museen ins 21. Jahrhundert zu bringen.“
Frau Knebel, nach einem halben Jahr in Bamberg – was sind Ihre bisherigen Eindrücke der Stadt?
Kristin Knebel: Die Stadt ist natürlich wunderschön, was auch ein Grund war, mich hier zu bewerben. Allzu viel vom Leben hier habe ich noch nicht mitbekommen, bisher war es vor allem viel Arbeit.
Kann Bamberg kulturell mit Weimar, wo Sie vorher arbeiteten, mithalten?
Kristin Knebel: Weimar wird natürlich sehr gefördert. Man setzt in der Stadt schon seit dem 19. Jahrhundert bewusst auf Kulturmarketing, um die Stadt als Kultur- und Geistesstadt zu prägen. Das tut man noch heute, und es funktioniert. Weimar hat davon finanziell und was Besucherzahlen angeht, stark profitiert. Bamberg hat aber auch sehr viel kulturell zu bieten.
Wie ausgeprägt sind Kulturmarketing und Kulturförderung in Bamberg?
Kristin Knebel: In einer kommunalen Struktur, wie wir sie in Bamberg haben, ist Kultur eine freiwillige Leistung und insofern gibt es meistens knappe Kassen in den Kultureinrichtungen, so auch bei den Museen. Es wäre natürlich schön, wenn man gemeinsam mit den Akteuren der Stadt die Kultur und die Bereitwilligkeit, in Kultur zu investieren, voranbringen könnte. Denn das macht die Stadt als Standort noch attraktiver.
Haben Sie schon Eindrücke des kulturellen Angebots außerhalb der Museen der Stadt gewinnen können?
Kristin Knebel: Dazu kann ich auch noch nicht viel sagen. Ich weiß natürlich, dass es ein großes Angebot gibt. Persönlich erlebt habe ich bisher eher das Touristische, wie Partys vor dem Schlenkerla zum Beispiel.
Dort könnte man Sie antreffen mit einem Rauchbier in der Hand?
Kristin Knebel: Wenn es sich ergibt, ja, wenn auch nicht mit einem Rauchbier.
Warum haben Sie sich um die Stelle der Direktorin beworben?
Kristin Knebel: Ich war sehr lange in der Klassikstiftung in Weimar tätig – mehr als 12 Jahre, zuerst als persönliche Referentin und dann als Stellvertreterin des Generaldirektors. Als Prof. Wolfgang Holler in Ruhestand ging, war es für mich Anlass, eine neue Herausforderung zu suchen und ein eigenes Haus zu übernehmen. Die Ausschreibung hier hat mich interessiert, weil es ein Mehrspartenhaus ist, mit guter Größe und einer breiten kulturgeschichtlichen Aufstellung. Und, wie gesagt, ist auch die Stadt wunderschön und das touristische Potenzial ist da, auch wenn es für die Museen noch besser gehoben werden muss.
Was haben Sie vorher von den Bamberger Museen gewusst?
Kristin Knebel: Die Stadt Bamberg kannte ich vorher schon, ich habe Kunstgeschichte und auch ein bisschen Denkmalpflege studiert, da kennt man Bamberg. Ich kannte zwar Museen in Bamberg, aber nicht die städtischen. Vielleicht ist das symptomatisch. Ich bin notorische Museumsgängerin, bin aber trotzdem nicht auf die Museen der Stadt aufmerksam geworden.
Im Bewerbungsverfahren haben Sie sich gegen mehr als 40 Mitbewerberinnen und Mitbewerber durchgesetzt. Wie haben Sie den Stadtrat letztlich von sich überzeugt?
Kristin Knebel: Es war gewünscht, ein Konzept vorzustellen, das sich auf eine Sache konzentriert. Ich habe dem Stadtrat beziehungsweise der Kulturkommission zunächst erklärt, strategisch vorgehen zu wollen, also ein strategisches Gesamtkonzept entwickeln zu wollen. Inzwischen nenne ich es einen Masterplan, ein Vorgehen auf jeden Fall, bei dem nicht nur die Standorte, sondern zum Beispiel auch Themen wie Digitalisierung und Besucherorientierung und kulturelle Bildung wichtig sind. Das sind Dinge, bei denen ich Entwicklungspotenzial sehe. Speziell habe ich mich dann auf das Historische Museum bezogen, habe das Haus analysiert und dargelegt, wie es weitergehen könnte und was zu tun wäre.
In welchem Zustand befinden sich die Museen der Stadt Bamberg?
Kristin Knebel: Wie soll ich das sagen, ich fand sie in einem stark überholungsbedürftigen Zustand vor – sowohl materiell als auch inhaltlich. Inhaltlich auch, was die Art und Weise angeht, wie man heutzutage Museen präsentiert, also mit welchen Vermittlungsmethoden und digitalen Möglichkeiten man arbeitet. Ich werde aber auf keinen Fall die Arbeit meiner Vorgängerin, Frau Hanemann, bewerten, die ich als Fachfrau und Kollegin schätze. Ich weiß, dass hier über viele Jahre hinweg nur wenig investiert wurde und dass die finanziellen Voraussetzungen sehr schwierig sind.
Frau Hanemann sagte im Stadtecho-Interview: „Meine Nachfolgerin braucht einen langen Atem.“ Können Sie diese Einschätzung bereits bestätigen?
Kristin Knebel: (lacht) Ja, die Äußerung kann ich nachvollziehen. Die finanzielle Ausstattung ist sehr begrenzt und es gibt zu wenig Personal. Diese Dinge werden wir zu entwickeln haben, sonst haben wir keine Chance, diese Museen ins 21. Jahrhundert zu bringen. Ich hoffe, dass ich die Akteure in der Stadt davon überzeugen kann.
Was werden Sie von Frau Hanemann übernehmen?
Kristin Knebel: Wir haben uns mehrfach unterhalten, wir sind in einem sehr guten Einvernehmen und Austausch. Sie hat mir auch sehr geholfen hier anzukommen. Von ihr kann man lernen, wie man improvisiert, wie man auch ohne Geld etwas auf die Beine stellt und andere überzeugt, zum Beispiel etwas mehr Geld auszugeben. Außerdem ist sie sehr gut vernetzt in der Museumswelt.
Was werden Sie von ihr nicht übernehmen?
Kristin Knebel: So gut kenne ich sie auch wieder nicht, aber ich finde eben, das ein strategisches Vorgehen sehr wichtig ist und dass es die Aufgabe einer Direktorin ist, die Sache strategisch anzugehen und auf das große Ganze zu schauen. Das hat sie vielleicht auch am Beginn ihrer Amtszeit gemacht, aber man spürt es heute weniger – sagen wir es mal so.
Entspräche dieses Vorgehen schon der inhaltlichen Neuausrichtung der Museen, die Sie angekündigt haben?
Kristin Knebel: Ja, wir müssen die großen Themen anpacken. Das sind Dinge wie Digitalisierung oder eine allgemeine Öffnung zu Gesellschaft oder Inventarisierung, Personalaufstockung und kulturelle Bildung. Wir haben nach wie vor keine Stelle für Museumspädagogik, also niemanden, der sich konzeptionell mit voller Kraft der Bildungsarbeit in unseren Museen widmen kann. Das ist für eine Museumslandschaft dieser Größenordnung eigentlich unglaublich. Und dann gehört es zur Museumsstrategie, die Standortfragen zu klären. Welches Haus bleibt in welchem Gebäude, was passiert, wenn große Projekte saniert werden müssen? Das gilt es alles zu klären, so dass wir am Ende wissen, was wir die nächsten 20 Jahre machen.
Inhaltlich glaube ich außerdem, dass wir noch stärker touristisch arbeiten müssen, zumindest mit dem Historischen Museum, aber auch mit der Sammlung Ludwig. Es nützt uns ja nichts, schöne Ausstellungen zu haben, in die aber niemand reingeht. Bamberg braucht Touristen, um seine Museen zu betreiben. Das heißt grundlegend, wir müssen Touristen mehr Angebote machen, die an die Themen, die Nicht-Bamberger interessieren, anknüpfen. Dann kann man auch die Vertiefung von regional- oder stadtgeschichtlichen Themen für lokales Publikum angehen. All das war Frau Hanemann natürlich bewusst, aber ihr haben einfach die Möglichkeiten gefehlt.
Gehen Sie all diese Punkte gleichzeitig an oder ist einer davon besonders drängend?
Kristin Knebel: Man muss alles im Gesamtzusammenhang sehen, aber alles gleichzeitig angehen kann man nicht. Das funktioniert nicht. Darum wird es einen Stufenplan geben. Ein sehr drängendes Thema, das die Öffentlichkeit gar nicht sieht, ist zum Beispiel der Platzmangel in unseren Depots. Wir haben acht Stück und keines davon genügt konservatorischen Ansprüchen. Was wir auch nicht auf die lange Bank schieben können, ist die Umgestaltung des Historischen Museums, unseres Hauptpublikumsmagneten.
Wie soll es umgestaltet werden?
Kristin Knebel: Es ist noch etwas zu früh, um darüber fundiert zu sprechen. In jedem Falle soll es ein einladendes Haus werden, das die Gäste auf dem Domberg mit einem spannenden Angebot hineinzieht und Lust macht, sich dort aufzuhalten. Dazu sind neben der inhaltlichen Neugestaltung vor allem auch räumliche Strukturen zu klären. Da hoffe ich auf die sehr gute Zusammenarbeit mit der Bayerischen Schlösserverwaltung als Eigentümerin und mit den Kolleginnen und Kollegen der anderen Dombergmuseen.
Welche Rolle werden das Digitale und die sozialen Medien konkret spielen?
Kristin Knebel: Eine immer größere. Wobei auch unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten auch zu klären ist, ob wir all unsere Bestände online stellen wollen oder nur eine bestimmte Auswahl. Aber so weit sind wir noch lange nicht. Wir müssen erstmal alles in unserer Datenbank haben, das ist Voraussetzung. Die sozialen Medien bedienen wir natürlich, wir sind auf Facebook, Twitter und Instagram. Aber wir machen es so ein bisschen nebenbei. Mit ein bisschen mehr Personal könnten wir auch das noch systematischer betreiben. Trotzdem sind wir da ganz gut unterwegs und es wird auch angenommen – gerade auf Instagram, als Medium, auf dem man Geschichten erzählen kann. Die Leute möchten heute nicht mehr so viel an Begleittext lesen, das muss man zur Kenntnis nehmen.
Man muss die Dinge darum ganz anders auf den Punkt bringen. Oft sind oder waren Museumsmenschen noch zu wissenschaftlich unterwegs. Diese Grundlage ist weiterhin wichtig, aber die Ansprache ans Publikum ist heute eine andere. Man muss ein bisschen von seinem wissenschaftlichen Ross runterkommen und Ausstellungsobjekte leichter verständlich und wenn möglich in Geschichten verpackt vermitteln. Natürlich gibt es nach wie vor Kunstwerke, die ohne Weiteres faszinieren, Beispiel Louvre, und die Leute stellen sich in Scharen davor. Aber kulturhistorische Bestände, wie wir sie zahlreich haben, wie zum Beispiel eine alte Reuse vom Fischfang oder alte Kleiderbügel, muss man natürlich anders ausstellen und kontextualisieren.
Wie macht man dem Publikum einen alten Kleiderbügel schmackhaft?
Kristin Knebel: (lacht) Das ist eine gute Frage! Man kann zum Beispiel an der Geschichte des Kaufhauses anknüpfen, in dem die Kleiderbügel hingen. Man muss die Geschichten finden, die drinstecken oder die man darüber erzählen kann.
Sie haben auch angekündigt, die Museumsstrategie unter Einbezug aktueller Diskussionen zu entwickeln. Welche Diskussionen haben Sie dabei im Sinn?
Kristin Knebel: Nachhaltigkeit ist ein Beispiel, das Kolonialisierungsthema ein anderes. Gesellschaftliche Gleichheit und Gerechtigkeit auf verschiedenen Ebenen ist auch wichtig. Was können wir als Museum dazu beitragen? Letztlich ist ein Museum ja eine Einrichtung, die vor allem mit ihren Beständen arbeiten muss. Möchte man als Museum Stellung zu gesellschaftlichen Fragen beziehen, sollte man schauen, was unsere Sammlungen dazu beitragen können, was sie für Anknüpfungspunkte bieten. Wobei das nicht heißen soll, dass man eng an den Objekten kleben muss. Nur dürfen wir sie nie ganz aus den Augen verlieren.
Könnte es passieren, wie jüngst im neuen Humboldtforum in Berlin, dass die Museen der Stadt Bamberg Probleme wegen kolonialer Raubkunst bekommen?
Kristin Knebel: Wir haben zum Beispiel eine Ostasiatica-Sammlung und einige ethnographische Stücke, die diesbezüglich noch untersucht werden müssen. Ich kann die Frage derzeit nicht mit ja oder nein beantworten, aber ganz ausschließen können wir es nicht.
Werden Sie in Ihren Planungen auch zeitgenössischer Kunst einen Platz einräumen?
Kristin Knebel: Das ist eine schwierige Frage. Ich glaube, dass es nicht ohne zeitgenössische Kunst geht. Sie ist wichtig, weil sie aktuelle Themen aufgreift. Ich bin aber auch überzeugt, und das habe ich auch in Weimar erlebt, dass Bamberg nicht unbedingt der Standort ist, wo die Leute scharenweise in zeitgenössische Ausstellungen strömen. Zeitgenössische Kunst hat ihr Publikum, auch hier in Bamberg, wird aber immer ein Zuschussgeschäft bleiben. Ich denke, das liegt auch daran, dass junge Künstler, die etwas werden wollen, an die Orte gehen, die gerade die besten Chancen bieten, mit zugkräftigen international vernetzten Galerien, einer entsprechenden Szene und natürlich auch zahlungsbereitem Publikum.