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Kundgebung

Patri­ar­chat soli­da­risch überwinden

Welt­frau­en­tag bringt in Bam­berg 300 Men­schen für weit­rei­chen­de For­de­run­gen auf die Straße

Es ist frisch an die­sem Spät­nach­mit­tag. Kin­der tan­zen mit ihren Eltern zur Musik. Men­schen jeden Alters ste­hen mit Abstand, Mas­ke und Schil­dern da. Flot­ter Punk schallt über den vol­len Max­platz. Gut 300 Leu­te sind am Mon­tag gekom­men, um in Bam­berg der Kund­ge­bung des Femi­nis­ti­schen Bünd­nis­ses 8. März zu lauschen.

Die Tra­di­ti­on des Welt­frau­en­tags oder auch Frau­en­kampf­tag ist nun gut 100 Jah­re alt und hat in den ver­gan­ge­nen Jah­ren in vie­len Städ­ten der Bun­des­re­pu­blik und dar­über hin­aus wie­der Auf­wind bekom­men. Das spürt man auch in den Rede­bei­trä­gen. So sehen sich die Akti­vis­tin­nen in der Tra­di­ti­on der ers­ten Frau­en­be­we­gung, wel­che damals das Frau­en­wahl­recht erkämpf­te. „Wir wol­len uns gemein­sam eman­zi­pie­ren und das Mus­ter das Kon­kur­renz­den­kens soli­da­risch über­win­den“, bekräf­tigt die Akti­vis­tin Han­nah. Auch heut­zu­ta­ge ste­hen noch immer zahl­rei­che For­de­run­gen auf dem Kata­log der Femi­nis­tin­nen: Neben glei­chem Lohn für glei­che Arbeit, dem Ende jeg­li­cher Gewalt gegen Frau­en und dem Ende der Dis­kri­mi­nie­rung steht gera­de die Sor­ge­ar­beit – auch Care­ar­beit genannt – wie Kin­der­be­treu­ung, Pfle­ge oder Arbeit im Haus­halt im Fokus. 

„Care­ar­beit steht am Anfang und um Ende des Lebens. Es sind die Tätig­kei­ten, wel­che unser Leben mensch­lich machen“, betont eine jun­ge Mut­ter in ihrer Rede. Dabei dür­fe die­se Sor­ge­ar­beit nicht allein auf dem Rücken von FLINT-Per­so­nen aus­ge­tra­gen wer­den. FLINT steht dabei für Frau­en, Les­ben, Inter­se­xu­el­le, Nicht-Binä­re und Trans­per­so­nen. „Unbe­zahl­te Care­ar­beit muss sicht­bar, aner­kannt und bezahlt wer­den!“, for­dert sie. Wenn alle Eltern einen Tag strei­ken wür­den, stän­de das Sys­tem still. In Zei­ten von Coro­na sind die­se For­de­run­gen aktu­el­le denn je.


„Wütend, dass der Schwan­ger­schafts­ab­bruch immer noch in wei­ten Tei­len straf­bar ist“ 

Apro­pos Arbeits­aus­stand: „Ein gemein­sa­mer Streik kann Staat und Wirt­schaft zu Zuge­ständ­nis­sen zwin­gen!“, ruft eine Gewerk­schaf­te­rin in ihrer Rede. Das erfor­de­re eine Soli­da­ri­sie­rung aller Geschlech­ter am Arbeits­platz. Die Unter­drü­ckung der Frau sei inte­gra­ler Bestand­teil des Kapi­ta­lis­mus, da er auf kos­ten­lo­se Sor­ge­ar­beit durch die Frau­en ange­wie­sen sei. So for­dert sie unter ande­rem einen Aus­bau des staat­li­chen Gesund­heits­we­sens und den kos­ten­lo­sen Zugang zu allen For­men von Betreu­ungs­an­ge­bo­ten sowie höhe­re Besteue­run­gen von Spit­zen­ver­die­nern und Unter­neh­men zur Finan­zie­rung. „Lasst uns Sor­ge­ar­beit für alle Betei­lig­ten qua­li­ta­tiv bes­ser machen!“

Stich­wort Qua­li­tät: Die lässt sehr zu wün­schen übrig, wenn es um den Zugang zu Infor­ma­tio­nen zu Schwan­ger­schafts­ab­brü­chen geht. „Ich bin wütend, dass der Schwan­ger­schafts­ab­bruch immer noch in wei­ten Tei­len straf­bar ist“, betont die Akti­vis­tin Lena. Dass selbst die Infor­ma­tio­nen dazu ein­ge­schränkt sind, gehe in Deutsch­land auf die Ein­füh­rung durch die Natio­nal­so­zia­lis­ten zurück. Inter­na­tio­nal sind die Gesetz­ge­bun­gen noch strik­ter: „Die Hälf­te der Abtrei­bun­gen pas­siert ille­gal und die­se Men­schen müs­sen sich dadurch einem erheb­li­chen gesund­heit­li­chen Risi­ko aus­set­zen.“ Ihre Kon­se­quenz für die BRD lau­tet: Eine Abschaf­fung der Para­gra­fen 218 und 219a des Straf­ge­setz­bu­ches sowie der Aus­bau der Pra­xen, wel­che Abbrü­che durch­füh­ren kön­nen sowie die vol­le Kos­ten­über­nah­me. Es brau­che aber auch inter­na­tio­na­le Soli­da­ri­tät mit den Frau­en­be­we­gun­gen in ande­ren Ländern.

In Sachen Soli­da­ri­tät betont die Red­ne­rin Lea: „Femi­nis­mus muss sich immer mit ver­schie­de­nen For­men von Dis­kri­mi­nie­rung aus­ein­an­der­set­zen.“ Inter­sek­tio­na­li­tät befas­se sich mit Mehr­fach­dis­kri­mi­nie­run­gen. Die Akti­vis­tin ist Teil der Grup­pe Share Your Sto­ry, wel­che auf Insta­gram ver­schie­de­ne Erfah­run­gen von Dis­kri­mi­nie­rung Betrof­fe­nen sam­melt und ver­öf­fent­licht. Mit Blick auf die Schick­sa­le von Frau­en und Trans­per­so­nen im Bam­ber­ger Anker­zen­trum for­dert sie, Alli­an­zen zu bil­den und ihrer Stim­me Gewicht zu verleihen.

Für Leo­nie, Vor­sit­zen­de des AStA Bam­berg e.V., ist klar: „Der femi­nis­ti­sche Kampf­tag ist für mich ein Tag der Dank­bar­keit, für das was wir bereits erreicht haben.“ Der*die Aktivist*in ord­net sich selbst als nicht-binär ein und betont, dass der struk­tu­rel­le Frau­en­hass des Patri­ar­chats sich gegen alle rich­te, die nicht in das Bild des hete­ro­se­xu­el­len cis-Man­nes pas­sen. Des­halb ist ein­deu­tig: „Unse­re Soli­da­ri­tät kann struk­tu­rel­le und natio­na­le Gren­zen sprengen!“