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Kurzarbeit

Lie­fer­eng­päs­se und Preis­stei­ge­run­gen bei Rohprodukten

Vol­le Auf­trags­bü­cher und doch Kurzarbeit?

Seit 2019 sind die Prei­se bei etli­chen Roh­stof­fen laut Sta­tis­ti­schem Bun­des­amt regel­recht explo­diert, Kurz­ar­beit ist daher trotz vol­ler Auf­trags­bü­cher lei­der die bit­te­re Wahr­heit laut der IHK für Ober­fran­ken Bayreuth.

In vie­len Bran­chen besteht eine hohe Nach­fra­ge, etwa im Bau­sek­tor oder auch in vie­len Indus­trie­bran­chen, ob bei Kfz-Zulie­fe­rern, in der Kunst­stoff- oder der Stahl­ver­ar­bei­tung. Gleich­zei­tig sind Roh­stof­fe und Halb­wa­ren nur mit erheb­li­chen Lie­fer­fris­ten oder gar nicht erhält­lich. Hohen­ner: „Aktu­ell stei­gen die Erzeu­ger­prei­se so stark an wie zuletzt bei der zwei­ten Ölkri­se 1982. Eine beängs­ti­gen­de Entwicklung.”

Das Sta­tis­ti­sche Bun­des­amt ver­öf­fent­licht monat­lich für über 1.500 Roh­stof­fe Preis­in­di­zes. Seit 2019 sind die Prei­se bei etli­chen Pro­duk­ten regel­recht explo­diert, etwa bei Holz, Stahl oder Kup­fer, aber auch bei elek­tro­ni­schen Bau­tei­len wie Chips oder Halb­lei­tern, bei Dämm­stof­fen, selbst bei Kron­kor­ken. Die Prei­se sind in vie­len Fäl­len um 50 Pro­zent und mehr angestiegen.


Holz: Viel­schich­ti­ge Grün­de für Knappheit

Das Bei­spiel Holz zeigt, wel­che Aus­wir­kun­gen die Pro­dukt­knapp­heit hat. „Sehr stark betrof­fen sind hier nicht nur die Bau­in­dus­trie und ‑hand­werk, son­dern inzwi­schen prak­tisch alle Bran­chen, weil auch Holz­pa­let­ten und Holz­pack­mit­tel knapp wer­den”, so Peter Beli­na von der IHK für Ober­fran­ken Bayreuth.

Die Grün­de für die aktu­el­le Situa­ti­on sind viel­fäl­tig. Beim Holz etwa kom­men gleich eini­ge Aspek­te zusam­men. Dass die Nach­fra­ge enorm ange­stie­gen ist, liegt nicht zuletzt dar­an, dass vor allem Chi­na und die USA Kon­junk­tur­pro­gram­me auf­ge­legt haben, wodurch die Nach­fra­ge enorm ange­stie­gen ist. Ande­rer­seits steht weni­ger wei­ter­ver­ar­beit­ba­res Holz zur Ver­fü­gung. Durch die extre­me Tro­cken­heit der ver­gan­ge­nen Jah­re sei der Bor­ken­kä­fer­be­fall in Mit­tel­eu­ro­pa sehr hoch, dadurch steht weni­ger Holz zur Wei­ter­ver­ar­bei­tung zur Ver­fü­gung. In den USA und Kana­da und Russ­land wüten Wald­brän­de. Russ­land schließ­lich hat einen Export­stopp von Holz nach Chi­na verhängt.


Stahl: Nach­fra­ge in Chi­na sehr stark gestiegen

Chi­na war bis vor zwei Jah­ren größ­ter Expor­teur von Stahl, das Land hat bei der Pro­duk­ti­on einen Welt­markt­an­teil von 50 Pro­zent. Seit eini­gen Mona­ten impor­tiert das Land Stahl. Hohen­ner: „Die Aus­wir­kun­gen bekom­men wir auch in Euro­pa zu spüren.”


Was­ser und Feu­er brem­sen Chipproduktion

Beli­na: „Ganz ande­re Grün­de gibt es für die Eng­päs­se bei Chips und Halb­lei­tern.” Für die Pro­duk­ti­on wer­de viel Was­ser benö­tigt, auf­grund einer extre­men Dür­re in Tai­wan, einem der Haupt­ex­port­län­der, muss­te dort die Pro­duk­ti­on mona­te­lang redu­ziert wer­den. Der Brand in einem gro­ßen Chip­werk in Japan habe zu wei­te­ren Eng­päs­sen geführt. Euro­pa und vor allem die Kfz-Her­stel­ler wol­len unab­hän­gi­ger von den asia­ti­schen Vor­lie­fe­ran­ten wer­den, eine sol­che Wen­de lässt sich aber nicht kurz­fris­tig realisieren.


Wei­ter­hin knap­pe Trans­port­ka­pa­zi­tä­ten aus Fernost

Hin­zu kom­men außer­or­dent­li­che Eng­päs­se und Preis­stei­ge­run­gen beim Con­tai­ner­ver­kehr etwa zwi­schen Chi­na und Euro­pa. Der SCFI-Index (Shang­hai Con­tai­ne­ri­zed Freigt Index) zeigt, dass die Prei­se Ende Juli rund vier­mal so hoch waren wie 2019, Ten­denz wei­ter stei­gend. Welt­weit ist der Bau von über 300 Con­tai­ner­schif­fen in Auf­trag gege­ben, aber auch deren Rea­li­sie­rung benö­tigt Jahre.

„Die Lie­fer­ket­ten wer­den die Kon­junk­tur noch über Mona­te beschäf­ti­gen. Kurz­fris­ti­ge Lösun­gen sind nicht in Sicht”, macht Hohen­ner deut­lich. „Gene­rell wächst die Erkennt­nis, dass Euro­pa unab­hän­gi­ger wer­den muss etwa von Lie­fe­ran­ten aus Fern­ost. Auch das Recy­cling von Pro­duk­ten wird wich­ti­ger werden.”

In ers­ten Bran­chen erfolgt bereits eine Neu­aus­rich­tung bei den Lie­fer­ket­ten. Der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth berät hier­zu bereits etli­che Unter­neh­men in Koope­ra­ti­on mit den deut­schen Auslandshandelskammern.

Dra­ma­ti­sche Lage im Bam­ber­ger Gastgewerbe 

Gewerk­schaft NGG for­dert Mindest-Kurzarbeitergeld

Ange­sichts wei­ter­hin geschlos­se­ner Restau­rants, Cafés und Hotels in Stadt und Land­kreis Bam­berg macht die Gewerk­schaft Nah­rung-Genuss-Gast­stät­ten (NGG) auf die wach­sen­de Not­la­ge der Beschäf­tig­ten auf­merk­sam – und for­dert die Ein­füh­rung eines Min­dest-Kurz­ar­bei­ter­gel­des von 1.200 Euro im Monat. Die NGG geht davon aus, dass die Kurz­ar­beit aktu­ell erneut die Aus­ma­ße des Lock­downs vom Früh­jahr ver­gan­ge­nen Jah­res ange­nom­men hat. Damals mel­de­ten 183 gast­ge­werb­li­che Betrie­be in der Stadt Bam­berg – das sind 75 Pro­zent aller Betrie­be der Bran­che in der Stadt – und 142 Betrie­be im Kreis Bam­berg – 66 Pro­zent aller Betrie­be – Kurz­ar­beit an.

Die Zahl der Köchin­nen, Kell­ner und Hotel­fach­leu­te in Kurz­ar­beit stieg im April 2020 auf 1.357 in der Stadt, auf 703 im Land­kreis. Dies geht aus einer Son­der­aus­wer­tung der Bun­des­agen­tur für Arbeit her­vor. Nach Anga­ben des Ifo-Insti­tuts waren im Janu­ar 2021 bun­des­weit 56 Pro­zent aller Beschäf­tig­ten des Gast­ge­wer­bes in Kurz­ar­beit. Zum Ver­gleich: In der Gesamt­wirt­schaft lag die Quo­te bei ledig­lich 7,8 Pro­zent.
„Im Unter­schied zu ande­ren Bran­chen dau­ert der der­zei­ti­ge Lock­down für die Gas­tro­no­mie und Hotel­le­rie immer­hin schon seit Anfang Novem­ber. Die Beschäf­tig­ten wis­sen nicht mehr, wie sie noch ihre Mie­te bezah­len sol­len. Ihre letz­ten Reser­ven sind längst auf­ge­braucht. Und es könn­ten noch Mona­te ver­ge­hen, bis Hotels und Gast­stät­ten wie­der öff­nen“, sagt Micha­el Grundl, Geschäfts­füh­rer der NGG-Regi­on Ober­fran­ken. „Wegen ohne­hin nied­ri­ger Löh­ne und feh­len­der Trink­gel­der spitzt sich die Lage der Beschäf­tig­ten auch in Bam­berg und dem Land­kreis dra­ma­tisch zu. Ohne schnel­le und unbü­ro­kra­ti­sche Hil­fe dro­hen den Men­schen exis­ten­ti­el­le Pro­ble­me“, betont Grundl.

Zusam­men mit der Ver­ein­ten Dienst­leis­tungs­ge­werk­schaft (ver.di) hat die NGG des­halb Bun­des­kanz­le­rin Ange­la Mer­kel und die Koali­ti­ons­spit­zen in einem offe­nen Brief auf­ge­for­dert, ein bran­chen­über­grei­fen­des Min­dest-Kurz­ar­bei­ter­geld in Höhe von 1.200 Euro pro Monat ein­zu­füh­ren. Am 11. Febru­ar debat­tiert auch der Deut­sche Bun­des­tag über das The­ma. Außer­dem haben ver.di und die NGG eine Online-Peti­ti­on zum Min­dest-Kurz­ar­bei­ter­geld gestar­tet. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zu die­ser gibt es unter https://www.ngg.net/mindest-kug

„Wenn die Poli­tik Unter­neh­men mit enor­men Steu­er­mit­teln unter­stützt, um eine Plei­te­wel­le zu ver­hin­dern, dann muss auch genug Geld für die da sein, die jetzt jeden Cent zwei­mal umdre­hen müs­sen“, sagt Micha­el Grundl. Gera­de in klei­ne­ren Pen­sio­nen und Gast­stät­ten in der Regi­on ver­dien­ten vie­le Beschäf­tig­te kaum mehr als den gesetz­li­chen Min­dest­lohn. Eine Kell­ne­rin, die in Voll­zeit zum Min­dest­lohn arbei­tet, kommt im ers­ten Bezugs­mo­nat auf nur 728 Euro Kurz­ar­bei­ter­geld (ledig, ohne Kin­der, Kir­chen­steu­er), so die NGG. Selbst nach der Erhö­hung auf 80 Pro­zent des Ein­kom­mens, wie sie nach sie­ben Mona­ten Kurz­ar­beit greift, blei­ben nur 971 Euro im Monat.