Browse Tag

Landesbühne Oberfranken

Lan­des­büh­ne Oberfranken

Frän­ki­scher Thea­ter­som­mer in der Bam­ber­ger KUFA

/
Beim „Frän­ki­schen Thea­ter­som­mer“ kön­nen Som­mer­thea­ter­ge­nie­ßer auch in die­sem Jahr wie­der voll und ganz auf ihre Kos­ten kom­men. In rund 160 Ver­an­stal­tun­gen spielt das Ensem­ble in der Regi­on und kommt an acht Aben­den mit ver­schie­de­nen Stü­cken auch nach Bam­berg in die Kul­tur­fa­brik KUFA.

„Der Kon­zep­ti­on unse­res Som­mer­thea­ter­an­ge­bots sind wir treu geblie­ben“, sagt Jan Burd­in­ski, Inten­dant der Lan­des­büh­ne Ober­fran­ken mit Sitz in Holl­feld, die den Frän­ki­schen Thea­ter­som­mer jedes Jahr aufs Neue aus­rich­tet. „Es gibt ein breit gefä­cher­tes Ange­bot mit ins­ge­samt zehn Neu­pro­duk­tio­nen und auch Wie­der­auf­nah­men bereits gespiel­ter Stü­cke. Nach den Coro­na-Jah­ren und vie­len welt­po­li­ti­schen Kri­sen geht die Ten­denz ein­deu­tig dahin, dass die Leu­te wie­der ger­ne lachen möch­ten. Daher set­zen wir uns humor­voll und kri­tisch mit aktu­el­len The­men aus­ein­an­der. Etwa in einer Schau­spiel-Sati­re zum Klimawandel.“

Die „Bam­berg-Rei­he“ des Frän­ki­schen Thea­ter­som­mers beginnt am 31. Juli mit dem Stück „Bevor der Storch kommt – Kaba­rett im Bett“. Dabei kann sich das Publi­kum auf ein Stück über einen der wich­tigs­ten Orte im mensch­li­chen Leben ein­stel­len: Das Bett. Ob Essen, Seri­en-Strea­ming, Han­dy­check und Social-Media oder auch Home­of­fice – Sil­via Ferstl und Chris­toph Acker­mann las­sen die Zuschau­er an einem Blick unter ihre Decke teil­ha­ben. Zusam­men gucken sie dabei auch durchs Schlüs­sel­loch der Schlaf­zim­mer von ges­tern und heu­te, in die frem­der Kul­tu­ren oder der Nach­barn von neben­an. Gespielt wer­den auch Träu­me, Sehn­süch­te und Musik. „Die­ses Stück ver­dankt sei­ne Ent­ste­hung der Eigen­in­itia­ti­ve der bei­den Dar­stel­ler“, erzählt Burd­in­ski und lacht, „das The­ma bie­tet ja Stoff in Hül­le und Fülle!“

Gleich tags dar­auf, am 1. August, spie­len, tan­zen und sin­gen Lor­raine Beran und Franz Zwos­ta in ihrer Eigen­pro­duk­ti­on „In der Bar zum Gram­mo­phon“. „Da wir uns momen­tan in den Zwan­zi­ger­jah­ren befin­den, liegt es nahe, einen Blick in die Gol­de­nen Zwan­zi­ger Jah­re des ver­gan­ge­nen Jahr­hun­derts zu wer­fen“, meint Burdinski.

In eine Zeit also, in der das Radio erst­mals auf Sen­dung ging, der Zep­pe­lin am Him­mel zu sehen war oder neue Behand­lungs­me­tho­den die Medi­zin revo­lu­tio­nier­ten. Auch die Jugend begeis­ter­te sich mehr und mehr für die tech­ni­schen Errun­gen­schaf­ten, und die unver­hei­ra­te­te Frau begann sich in die­ser Zeit zu eman­zi­pie­ren, indem sie aus­ging und rauch­te, beim Sport anzu­tref­fen war oder am Steu­er eines schnit­ti­gen Autos gesich­tet wur­de. Der neue Lebens­stil schien aber nicht nur weg­wei­send, son­dern auch kost­spie­lig zu sein. Ob die Zei­ten wirk­lich so gol­den waren, wird in wit­zi­gen Dia­lo­gen und mit­hil­fe lite­ra­ri­scher Schnip­sel und alter Zei­tungs­ar­ti­kel ana­ly­siert. „Dazu gibt es vie­le schwung­vol­le Schla­ger und Songs zu hören. Zudem sor­gen die Tanz­kunst von Lor­raine Beran und das Musi­zie­ren auf Kla­vier, Akkor­de­on und Posau­ne von Franz Zwos­ta dafür, die Atmo­sphä­re jener Zeit zum Leuch­ten zu bringen.“

Theatersommer
Lor­raine Beran und Franz Zwos­ta in „In der Bar zum Gram­mo­phon“ und, von links, Bea­te Roux und Rebek­ka Herl in „So oder so“ über Hil­de­gard Knef, Fotos: Frän­ki­scher Theatersommer
Musik­thea­ter über Hil­de­gard Knef

Auf Grund­la­ge ihrer Bücher, Lie­der und Inter­views zeigt die Frän­ki­sche Lan­des­büh­ne am 2. August in der KUFA das Stück „So oder so: Eine Annä­he­rung an Hil­de­gard Knef“. Die „wil­de Hil­de“ wag­te sich in der Nach­kriegs­zeit vom Thea­ter zum Film und schließ­lich sogar nach Hol­ly­wood vor und erleb­te dabei Höhen und Tie­fen. „Hil­de­gard Knef war eine klu­ge Frau, die im Film­ge­schäft Federn las­sen muss­te, vor allem nach dem Skan­dal­film ‚Die Sün­de­rin‘, in dem sie sich weni­ge Sekun­den lang nackt gezeigt hat­te, was im Nach­kriegs­deutsch­land für viel Furo­re sorg­te“, sagt Jan Burdinski.

Bea­te Roux und Rebek­ka Herl neh­men die Zuschau­er mit, ein­mal hin­ter die Kulis­sen des Show­ge­schäfts zu bli­cken und dazu noch etwas mehr über die Geschich­te die­ser Zeit und einer gan­zen Nati­on zu erfah­ren. „Ein­fühl­sam dar­ge­stellt wird die Knef von Rebek­ka Herl, die die­ses bio­gra­fi­sche Stück von der Autorin Gil­la Cremer in unse­ren Spiel­plan ein­ge­bracht hat“, erklärt der Inten­dant und ergänzt: „Bea­te Roux über­nimmt die musi­ka­li­sche Beglei­tung am Pia­no und ver­kör­pert unter­schied­li­che Schau­spiel-Rol­len, wel­che das Musik­thea­ter über das Leben der Knef abrunden.“

Bei „Rohr­muf­fen und Nagel­lack“ von Rai­ner Dohlus erwar­tet die Zuschau­er am 3. August eine Neu­auf­la­ge der Komö­die, die bereits in der letz­ten Spiel­zeit beim Publi­kum des­halb so beliebt war, weil die Fran­ken sehr gut über sich selbst lachen kön­nen. Sie, die groß­städ­ti­sche Jas­min, trifft in einem Vor­stel­lungs­ge­spräch auf den frän­ki­schen Stur­kopf Schwarz­mann. Der Hei­zungs­bau­er ist wegen Per­so­nal­man­gels in Not gera­ten und nun ange­wie­sen auf die Büro­kraft Jas­min, die nicht gera­de mit guten Noten glänzt, dafür aber mit mani­kür­ten Fin­ger­nä­geln. „Vega­ne Brot­zei­ten und gen­der­ge­rech­te Umgangs­for­men wer­den nun von Jas­min ein­ge­for­dert, was ihr Gegen­über zur Weiß­glut bringt. Dum­mer­wei­se ver­liebt er sich aber in sie.“

Wei­ter geht es am 4. August mit „Aus dem Leben eines Tau­ge­nichts“ nach der Novel­le von Josef von Eichen­dorff. Das Stück, das von dem armen Mül­ler­bur­schen erzählt, der in die Fer­ne schweift, um sein Glück zu suchen, lädt zum Träu­men und Nach­den­ken ein. Fern­weh und Heim­weh, Frei­heit, Lie­be, Indi­vi­dua­lis­mus und Lebens­kunst bil­den hier einen Gegen­ent­wurf zum boden­stän­di­gen bür­ger­li­chen, aber auch begrenz­ten Leben. Es spie­len Jan Burd­in­ski, Lor­raine Beran und Bog­dan Lewan­dow­ski (Gei­ge).

Haupt­stück mit Appell zur Toleranz

Am 8. August tre­ten die Schau­spie­le­rin­nen und Schau­spie­ler der Lan­des­büh­ne Ober­fran­ken mit „Nathan der Wei­se“ von Gott­hold Ephra­im Les­sing in der KUFA auf. Das berühm­te Auf­klä­rungs­dra­ma ruft zur reli­giö­sen Tole­ranz auf und for­dert zum inter­kul­tu­rel­len Dia­log zwi­schen Chris­ten­tum, Islam und Juden­tum her­aus. „Das Zeit­al­ter der Auf­klä­rung pro­pa­gier­te den Gedan­ken, die Mensch­heit als eine gro­ße Fami­lie zu betrach­ten. Die­sem Bild folgt Les­sing und kon­stru­iert in sei­nem ‚Nathan‘ dar­um eine Art ‚Fami­li­en­zu­sam­men­füh­rung‘, wel­che natio­na­le und reli­giö­se Gren­zen mit leich­ter Hand weg­zu­wi­schen ver­mag. Dabei ver­harm­lost er kei­nes­wegs die größ­ten Hin­der­nis­se auf die­sem Weg: Into­le­ranz, Fana­tis­mus und Hass, wel­che zwangs­läu­fig in Gewalt und krie­ge­ri­sche Aus­ein­an­der­set­zun­gen mün­den“, erklärt der Intendant.

In der „Dra­mö­die“ „Eine hei­ße Geschich­te“ zeigt die Lan­des­büh­ne Ober­fran­ken am 9. August eine Schau­spiel-Sati­re zum Kli­ma­wan­del. Vier Dorf­be­woh­ner wol­len eine neue Par­tei grün­den, die „GLP – Gut Leben in Preuschlitz“. Für ihr Grün­dungs­vor­ha­ben, das sich auch gegen den neu­en Grill­platz rich­tet, den die Nach­bar­ge­mein­de an der Orts­gren­ze errich­ten will, tref­fen sie sich im Sit­zungs­raum des ört­li­chen Fuß­ball­ver­eins. Als es im Ver­lauf der Sit­zung im Raum immer wär­mer wird, ver­zet­teln sie sich in Dis­kus­sio­nen und gegen­sei­ti­gen Schuld­zu­wei­sun­gen, anstatt ein­fa­che, not­wen­di­ge Maß­nah­men zu ergrei­fen. In der Dar­stel­lung die­ser Kli­ma­ka­ta­stro­phe spie­len Erwin Schraud­ner, Mar­tin Rosen­berg, Cor­ne­lia Lurtz und Micha­el Kaiser.

Am 11. August kommt Flo­ri­an Kap­lick mit sei­nem Stück „Ich wollt‘, ich wär (k)ein Huhn“ in die KUFA. Auf ver­gnüg­li­che und nach­denk­li­che Wei­se stellt er sich dabei die Fra­ge: „Was hat das Huhn mit uns zu tun?“ – und geht der Bezie­hung von Mensch und Huhn somit auf den Grund. Dabei scharrt er mit­hil­fe von Lite­ra­tur und Musik im Boden­satz der Kul­tur­ge­schich­te und der Hüh­ner­for­schung, wobei er sich auf dem Kla­vier selbst beglei­tet. „Flo­ri­an Kap­lick ist Psych­ia­ter in Schott­land und bie­tet hier bei uns eine geist­rei­che und gewitz­te Dar­stel­lung rund um das Huhn. Was dabei her­aus­kommt, da las­sen wir uns mal über­ra­schen“, sagt Jan Burdinski.

Kin­der­thea­ter und Theatersommerfest

Wer ger­ne das Kin­der­thea­ter­stück „Pip­po und Pelina – zwei Clowns auf Welt­rei­se“ besu­chen möch­te, kann das tun am 20. Juli im Schloss­park Unter­lein­lei­ter, am 2. August im Schloss­hof in Her­zo­gen­au­rach und am 24. August im Grei­fen­hof in Hausen.

Ein­mal im Jahr an einem Mitt­woch kommt das gesam­te Ensem­ble zudem zusam­men, um sich sei­nem Publi­kum und sei­nen Fans vor­zu­stel­len. Beim gro­ßen Thea­ter­som­mer­fest, heu­er am 17. Juli auf Schloss Ober­auf­seß in Auf­seß, zei­gen die Schau­spie­le­rin­nen und Schau­spie­ler Aus­schnit­te aus ihren Pro­gram­men und bie­ten anschlie­ßend die Gele­gen­heit zu einem „Meet & Greet“ in locke­rer Atmo­sphä­re. „Zu die­sem Event, bei dem sich unse­re Lan­des­büh­ne als ein Thea­ter zum Anfas­sen prä­sen­tiert, erwar­ten wir wie­der etwa 150 Gäs­te“, so der Intendant.

Bau­ar­bei­ten für neue Heim­spiel­stät­te beginnen

Auch sonst gibt es Neu­ig­kei­ten rund um die Lan­des­büh­ne Ober­fran­ken. So sol­len die Bau­ar­bei­ten für die neue Heim­spiel­stät­te auf Gut Kut­zen­berg in Ebens­feld aktu­ell im Juli begin­nen und der Umbau bis Ende 2026 fer­tig­ge­stellt sein. „Inzwi­schen sind alle Vor­un­ter­su­chun­gen getä­tigt“, sagt Jan Burd­in­ski. „Ich war selbst über­rascht, wie viel Auf­merk­sam­keit, Beglei­tung und Ener­gie das Umbau­pro­jekt in Anspruch nimmt. Aber wir wer­den her­nach mit einem ein­zig­ar­ti­gen Thea­ter- und Kul­tur­zen­trum auf dem Lan­de belohnt, bei dem auch inklu­siv gear­bei­tet und mit Kin­dern und Jugend­li­chen die Thea­ter­päd­ago­gik aus­ge­baut wer­den soll.“

Spiel­zeit­mot­to „Die Lie­be unter der Lupe“

Inten­dant Jan Burd­in­ski im Inter­view: 30 Jah­re Frän­ki­scher Theatersommer

Knapp 4000 Auf­füh­run­gen von etwa 350 Insze­nie­run­gen an unge­fähr 70 Orten in ganz Ober­fran­ken: Seit 30 Jah­ren ist die Ober­frän­ki­sche Lan­des­büh­ne des Frän­ki­schen Thea­ter­som­mers in der Regi­on unter­wegs. Im April ging sie in ihre 30. Spiel­zeit. Anfang August kommt der Thea­ter­som­mer für meh­re­re Auf­trit­te auch nach Bam­berg. Im Inter­view mit Inten­dant Jan Burd­in­ski haben wir uns den Spiel­plan genau­er angesehen.
Herr Burd­in­ski, was gibt es zur 30. Spiel­zeit beson­de­res im Spielplan?

Jan Burd­in­ski: Beson­der­hei­ten sind unser Haupt­stück, der Klas­si­ker „Amphi­try­on“ von Hein­rich von Kleist, und, als euro­päi­sche Komö­die, in die­sem Fall des pol­ni­schen Autors Alex­an­der Fre­dro, das sati­ri­sche Stück „Mann & Frau“. Damit kom­men wir am 6. August auch nach Bam­berg. Wir nen­nen es ein Mensch-ärge­re-dich-nicht-Sing­spiel, denn wir haben es mit eige­nen Chan­son­tex­ten und Musik bearbeitet.

Jan Burdinski
Jan Burd­in­ski, Foto: Fr. Theatersommer
Das Stück bedient das lite­ra­risch immer frucht­ba­re The­ma der Ehe und zwar in der pol­ni­schen bür­ger­li­chen Gesell­schaft des 19. Jahr­hun­derts. Was kann die Hand­lung über die heu­ti­ge Zeit aussagen?

Jan Burd­in­ski: Gegen­sei­ti­ger Betrug und Pein­lich­kei­ten en mas­se kom­men immer vor! Wobei in „Mann und Frau“ am Ende auch die Klä­rung der Ver­hält­nis­se steht, auch wenn sie beschä­mend für alle Betei­lig­ten ist.

War­um haben Sie „Amphi­try­on“ als Haupt­stück ausgewählt?

Jan Burd­in­ski: Das Stück steht für mich in einer bedeut­sa­men Tra­di­ti­on des deut­schen Thea­ters, das spä­tes­tens seit Les­sing sehr stark der Auf­klä­rung ver­pflich­tet ist. Die­ses Stück ist zeit­los in sei­ner Bespie­ge­lung mensch­li­cher Cha­rak­te­re und dem The­ma der Iden­ti­täts­kri­se, wir wie sie auch heu­te wie­der haben. Die hoch­phi­lo­so­phi­sche Fra­ge der Suche nach dem Selbst, die­ses „Wer bin ich?“ oder „Bin ich wirk­lich ich?“, behan­delt das Stück in einer für das Publi­kum sehr ver­gnüg­li­chen Form und macht sie ver­steh­bar. Wobei bei sol­chen Lust­spie­len eine Ten­denz zum Absturz bezie­hungs­wei­se zur Tra­gö­die auch immer sehr nahe ist. Bei­de Ele­men­te, das des Komi­schen und das des Tra­gi­schen, ver­kör­pert das Stück in einem per­ma­nen­ten Auf und Ab.

Haupt­fi­gur Amphi­try­on ist Feld­herr, der gera­de die Athe­ner besiegt hat, das Stück also auch ein Kriegs­stück. Kommt Ihnen das im Ange­sicht aktu­el­ler Anläs­se the­ma­tisch gelegen?

Jan Burd­in­ski: Schon zu Beginn weist die von Gui­do Apel kom­po­nier­te Musik dar­auf hin: Noch bevor man auf der Büh­ne Aktio­nen sieht, hört man aus der Fer­ne Kriegs­ge­schrei. Der Hel­den­wahn der Män­ner steht in auf­fal­len­dem Kon­trast zu den Äuße­run­gen der The­ba­ner­fürs­tin Alk­me­ne. Ihr gibt Kleist eine gewich­ti­ge Stim­me hin­sicht­lich sei­ner Kriegs­skep­sis. Aber am Schluss mar­schie­ren die Feld­her­ren – unfrei­wil­lig komisch – wie­der ver­gnügt in den nächs­ten Krieg.

Nach wel­chen Gesichts­punk­ten haben Sie den wei­te­ren Spiel­plan zusammengestellt?

Jan Burd­in­ski: Im letz­ten Jahr hat­ten wir das The­ma „Lüge“. Dies­mal haben wir das The­ma „Lie­be“ und das Mot­to lau­tet: „Die Lie­be unter der Lupe“. Wir beleuch­ten dabei die ver­schie­dens­ten Aspek­te in unse­ren Stü­cken. Ein Aller­welts­the­ma, ich weiß, aber sehr uner­schöpf­lich und immer für Über­ra­schun­gen gut. Schließ­lich betrifft es uns alle, nicht nur die Theaterliebhaber.

Am 1. August kommt der Frän­ki­sche Thea­ter­som­mer mit „Gär­ten der Lie­be“ zum ers­ten Mal in die­ser Sai­son nach Bam­berg, in die Kul­tur­fa­brik KUFA. Sie kün­di­gen einen „musi­ka­lisch-lite­ra­ri­schen Spa­zier­gang“ an. Was heißt das?

Jan Burd­in­ski: Zusam­men mit dem Ensem­ble Lewan­dow­ski-Roux aus Ste­gau­rach und Elt­mann haben wir zuerst ein Rie­sen-Sam­mel­su­ri­um mög­li­cher Stof­fe zusam­men­ge­stellt und dar­aus dann ein Pro­gramm von Lie­dern und lite­ra­ri­schen Tex­ten gestal­tet. Schon bei den Pro­ben und Vor­be­rei­tun­gen war viel Feu­er und Spaß dabei – und zugleich eine gro­ße Ent­spannt­heit. Und die bis­he­ri­gen Rück­mel­dun­gen des Publi­kums sind toll. Beim The­ma Lie­be, gera­de wenn es in der Kom­bi­na­ti­on mit Musik prä­sen­tiert wird, fin­det ein­fach jeder einen oder meh­re­re Bezugspunkte.

Am 2. August folgt die Auf­füh­rung von „Der Pro­fes­sor“. Wie wird Lie­be in die­sem Solo­stück von Bri­an Parks dargestellt?

Jan Burd­in­ski: Hier han­delt es sich um die Lie­be zur Wis­sen­schaft, die einen Son­der­ling her­vor­brin­gen kann. Den haben wir in der Gestalt eines Uni­ver­sal­ge­lehr­ten vor uns. Die­ser hält in dem Stück so etwas wie eine skur­ri­le Vor­le­sungs­rei­he über mehr oder weni­ger sinn­vol­le The­men. Auch ver­spricht er dem Publi­kum eine bahn­bre­chen­de neue Erkennt­nis über eines der größ­ten Rät­sel der Wissenschaft.

Mit „Ver­liebt, ver­lobt, ver­schwun­den“ geben Sie am 3. August in der KUFA hin­ge­gen eine Ein-Frau-Komödie.

Jan Burd­in­ski: In die­sem Fall geht es um eine Frau, die in einem Baum­haus Zuflucht nimmt. Der Grund? Ihr Bräu­ti­gam ist nicht zur stan­des­amt­li­chen Trau­ung erschie­nen. Sie ist natür­lich völ­lig ver­zwei­felt und stürzt sich in eine Gene­ral­ab­rech­nung mit allem Männ­li­chen. Die­se Komö­die wird gespielt von Sil­via Ferstl unter der Regie von Chris­toph Ackermann.

Sie ver­lan­gen von jedem Ihrer Ensem­ble­mit­glie­der, frü­her oder spä­ter ein Solo­stück zum jewei­li­gen Spiel­plan bei­zu­tra­gen. Warum?

Jan Burd­in­ski: Obwohl Frau Ferstl als erfah­re­ne Schau­spie­le­rin bereits vie­le Berufs­jah­re hin­ter sich hat, ist dies ihr ers­tes Solo­stück. Eine sol­che Erfah­rung ist unge­mein wich­tig, weil man mit einem Solo eine gewis­se Schall­mau­er durch­bricht und dabei ein ande­res Zutrau­en zu sich selbst gewinnt. Wenn man einen gan­zen Abend lang einen Span­nungs­bo­gen hal­ten und die Zuschau­er in Bann zie­hen kann, ist man auch wei­ter­hin für grö­ße­re Auf­ga­ben gewapp­net. Des­halb lege ich viel Wert dar­auf, dass unse­re Leu­te immer wie­der eine solch schwe­re Auf­ga­be mit Lust angehen.

Am 9. August zei­gen Sie „Rohr­muf­fen und Nagel­lack“. Dar­in trans­por­tiert eine jun­ge Frau lin­ke, pro­gres­si­ve, öffent­lich des­we­gen oft ver­un­glimpf­te The­men wie Vega­nis­mus oder Gen­dern. Damit trifft sie auf einen, wie Sie in der Ankün­di­gung schrei­ben, „frän­ki­schen Beton­kopf“. Auf wes­sen Sei­te ist das Stück mehr?

Jan Burd­in­ski: Das Zwei­per­so­nen-Stück wur­de extra für uns und die neue Spiel­zeit geschrie­ben. Autor Rai­ner Dohlus hat ein gro­ßes Gespür für Dia­lo­ge und frän­ki­schen Humor. Der inhalt­li­che und sprach­li­che Schlag­ab­tausch zwi­schen dem Frän­kisch bezie­hungs­wei­se Hoch­deutsch der bei­den Haupt­fi­gu­ren, einer jun­gen weib­li­chen Büro­kraft und einem älte­ren Hei­zungs­bau­er, lebt von die­sem Kon­trast. Dar­um ist das älte­re frän­ki­sche Publi­kum viel­leicht ein biss­chen mehr auf der Sei­te des Man­nes, das jün­ge­re Publi­kum mehr auf der Sei­te der Frau.

In „Zwei Waa­ge­recht“, mit dem Sie am 11. August in Bam­berg sind, ent­wi­ckelt sich eine Roman­ze aus dem ver­hält­nis­mä­ßig tro­cke­nen Anlass eines Kreuz­wort­rät­sels. Wie geht das?

Jan Burd­in­ski: Eine Frau und ein Mann ler­nen sich in einem Zug­ab­teil ken­nen, weil sie bei­de das glei­che Kreuz­wort­rät­sel aus einer Zei­tung vor sich haben. Beim Lösen der Rät­sel ent­steht ein gewis­ser Wett­kampf oder anders gesagt, ein gewis­ser Paar­kampf. Denn sie ste­hen nicht nur vor dem Kreuz­wort­rät­sel in der Zei­tung, son­dern auch vor den Lebens­rät­seln der jeweils ande­ren Per­son. Aber je län­ger es geht, des­to mehr wird aus einer anfäng­li­chen Abwehr­hal­tung ein inter­es­sier­tes Ken­nen­ler­nen – jedoch immer in der Schutz­hal­tung der Anony­mi­tät, weil sie ihre Namen nicht preis­ge­ben. Eine zwei­stün­di­ge Zug­fahrt mit Konsequenzen.

Wie bewerk­stel­li­gen Sie es, dem Publi­kum das Kreuz­wort­rät­sel vor Augen zu führen?

Jan Burd­in­ski: Die bei­den ver­wei­sen immer wie­der auf die Fra­gen, die vor ihnen lie­gen. „Sie irren sich bei 129 waa­ge­recht.“ Oder: „Könn­ten Sie mir einen Tipp geben bei 23 senk­recht?“ Dabei hau­en sie sich gegen­sei­tig ihr Wis­sen um die Ohren, müs­sen sich aber Stück für Stück mehr offen­ba­ren – ihre Erfol­ge und ihr Schei­tern. Dabei ver­lie­ben Sie sich.

Die aktu­el­le Sai­son läuft seit April. Wie ist der Zuspruch des Publi­kums bisher?

Jan Burd­in­ski: Es läuft ganz gut, aller­dings mit ein paar nega­ti­ven Über­ra­schun­gen. Denn wir muss­ten eini­ge Auf­trit­te absa­gen. Wir hat­ten teil­wei­se ein­fach zu weni­ge Tickets ver­kauft. Über die Grün­de für die­ses Fern­blei­ben des Publi­kums weiß ich aller­dings nichts zu sagen. Bei ande­ren Stü­cken waren wir hin­ge­gen über­rascht, wie vie­le Leu­te gekom­men sind.

Sie bau­en der­zeit Gut Kut­zen­berg in Ebens­feld zu einem Thea­ter­zen­trum aus. Wie weit sind die Bau­maß­nah­men, wie viel wer­den sie kosten?

Jan Burd­in­ski: Wir befin­den uns gera­de noch mit­ten in der Bau­pha­se, die die etwa drei­jäh­ri­ge Sanie­rung vor­be­rei­ten soll. Zehn Pro­zent der sehr hohen Sanie­rungs­kos­ten müs­sen wir sel­ber tra­gen. Der Gewinn, den ein Thea­ter wie das unse­re, eine Lan­des­büh­ne mit auf­wän­di­ger Logis­tik, abwer­fen soll, kann im Jah­res­schnitt nicht sehr hoch sein und dar­um brau­chen wir viel Zeit und Unter­stüt­zung. Vor­sich­ti­ge Schrit­te sind der­zeit ange­bracht bei gleich­zei­ti­ger Risikobereitschaft.

Was gibt Ihnen Hoff­nung, die gefor­der­te Sum­me zusam­men zu bekommen?

Jan Burd­in­ski: Unse­re Chan­ce, das zu schaf­fen, liegt in unse­rem enga­gier­ten Ein­satz, in unse­rer Fle­xi­bi­li­tät und Mobi­li­tät. Wir ver­su­chen, immer einen Aus­gleich hin­zu­be­kom­men zwi­schen den Thea­ter-Kul­tur­be­dürf­nis­sen in der Stadt und auf dem Land. Vie­les kon­zen­triert sich natür­lich in der Regi­on um Bam­berg, Coburg und Bay­reuth. Aber eben auch die Land­stri­che dazwi­schen wol­len gefüllt sein mit anspruchs­vol­ler Thea­ter­kul­tur. Wir sind nach wie vor von einem nicht bezwing­ba­ren Begeis­te­rungs­wil­len getra­gen, wes­we­gen ich kei­nen Anlass zur Sor­ge habe.

Jan Burdinski
Gut Kut­zen­berg in Ebens­feld, Foto: Mat­thi­as Lurtz