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Lieferengpässe

Wirt­schaft­li­che Lage in Ober­fran­ken deut­lich erholt

Lie­fer­eng­päs­se und ver­hal­te­ner Kon­sum dämp­fen Erwartungen

Die ober­frän­ki­sche Wirt­schaft konn­te über den Som­mer viel Boden gut machen, teilt die IHK für Ober­fran­ken mit. Aller­dings drü­cken zuse­hends Lie­fer­eng­päs­se, stei­gen­de Roh­stoff- und Ein­kaufs­prei­se, eine nur schlei­chen­de Kon­sum­er­ho­lung und Unsi­cher­hei­ten über den wei­te­ren Ver­lauf der Coro­na-Pan­de­mie auf die Erwartungen.

Der IHK-Kon­junk­tur­kli­ma­in­dex kann aber trotz die­ser Unsi­cher­hei­ten dank der aktu­ell guten Geschäfts­la­ge deut­lich zule­gen und notiert bei 120 Zählern.

Nach­hol­ef­fek­te und ein wei­test­ge­hend rei­bungs­lo­ser Wirt­schafts­be­trieb über die Som­mer­mo­na­te wir­ken sich posi­tiv auf die Geschäfts­la­ge vie­ler ober­frän­ki­scher Unter­neh­men aus, so dass die Wirt­schaft gestärkt in den Herbst star­ten kann. Rund die Hälf­te der Unter­neh­men ist mit ihrer aktu­el­len Geschäfts­la­ge zufrie­den, im Mai war es nur ein knap­pes Drit­tel. Ledig­lich 14 Pro­zent berich­ten von einer schlech­ten Geschäfts­la­ge und damit 17 Pro­zent­punk­te weni­ger als noch im Früh­jahr. Die­se posi­ti­ve Ent­wick­lung zieht sich in unter­schied­lich star­ker Aus­prä­gung durch alle Bran­chen. „Die ober­frän­ki­sche Wirt­schaft lässt die Pan­de­mie nach und nach hin­ter sich”, kon­sta­tiert Son­ja Weig­and, Prä­si­den­tin der IHK für Ober­fran­ken Bayreuth.


Durch die Bank weg eine gute Geschäftslage

In allen Bran­chen fällt der Sal­do wie­der spür­bar posi­ti­ver aus. Auf­fal­lend opti­mis­tisch gestimmt sind wei­ter­hin der Bau und der Dienst­leis­tungs­sek­tor; nach schwe­ren Mona­ten und star­ken Beschrän­kun­gen auch der Tou­ris­mus­sek­tor. Aber auch im Ein­zel- und Groß­han­del sowie in der Indus­trie wird die der­zei­ti­ge Geschäfts­la­ge mehr­heit­lich posi­tiv ein­ge­schätzt. Sowohl inner­halb Deutsch­lands als auch auf dem inter­na­tio­na­len Par­kett konn­ten Umsatz und Auf­trags­vo­lu­men gestei­gert wer­den. Damit schaf­fen bei­de Indi­ka­to­ren die Trendwende.


Hemm­schuh Fachkräftemangel

So erfreu­lich der wirt­schaft­li­che Auf­schwung auf brei­ter Basis ist, so jäh wird er in etli­chen Bran­chen und Unter­neh­men durch feh­len­de Arbeits- und Fach­kräf­te aus­ge­bremst. Über 60 Pro­zent der Befrag­ten stu­fen den Fach­kräf­te­man­gel als erheb­li­ches wirt­schaft­li­ches Risi­ko für das eige­ne Unter­neh­men ein. Kon­kret kön­nen aktu­ell 49 Pro­zent der befrag­ten Betrie­be offe­ne Stel­len nicht nach­be­set­zen. Beson­ders dra­ma­tisch ist die Situa­ti­on dabei im Tou­ris­mus­sek­tor und im Bau­ge­wer­be. Damit bleibt der Fach­kräf­te­man­gel zusam­men mit der Ent­wick­lung der Ener­gie- und Roh­stoff­prei­se für vie­le Betrie­be das größ­te Wachstumshemmnis.


Risi­ken und wach­sen­de Her­aus­for­de­run­gen drü­cken die Erwartungen

Vie­le Unter­neh­men kön­nen auf­grund von Lie­fer­eng­päs­sen und mas­siv gestie­ge­ner Roh­stoff­prei­se ihre Pro­duk­ti­on nicht hoch­fah­ren, obwohl die Auf­trags­bü­cher gut gefüllt sind. „Nicht die Nach­fra­ge hemmt der­zeit das Wachs­tum, son­dern das Ange­bot. Eine äußerst unge­wöhn­li­che Situa­ti­on”, so IHK-Haupt­ge­schäfts­füh­re­rin Gabrie­le Hohen­ner. „Vor die­sem Hin­ter­grund ist es nicht wirk­lich über­ra­schend, dass die Prei­se stei­gen und die Lie­fer­fris­ten immer län­ger wer­den. Das trübt die Erwar­tun­gen für die kom­men­den zwölf Mona­te ein.” Rund ein Vier­tel der befrag­ten Unter­neh­me­rin­nen und Unter­neh­mer rech­net vor die­sem Hin­ter­grund mit einer Ver­bes­se­rung der Geschäfts­la­ge, 19 Pro­zent gehen von einer Ver­schlech­te­rung aus.

Opti­mis­mus herr­schen vor allem in der Indus­trie, im Groß­han­del und im Dienst­leis­tungs­sek­tor, wäh­rend im Ein­zel­han­del und im Tou­ris­mus wei­ter­hin die nega­ti­ven Erwar­tun­gen über­wie­gen. Weig­and: „Bele­bun­gen erwar­ten die Unter­neh­men in ers­ter Linie durch die Auslandsnachfrage.”


Mehr Inves­ti­tio­nen geplant

Hohen­ner: „Die Inves­ti­ti­ons­nei­gung hellt sich wei­ter auf. Vor allem in der Indus­trie und im Groß­han­del pla­nen vie­le Unter­neh­men mit stei­gen­den Investitionen.”

Ein ähn­li­ches Bild ergibt sich bei den Beschäf­tig­ten­pla­nun­gen der ober­frän­ki­schen Wirt­schaft. 19 Pro­zent der Befrag­ten wol­len Per­so­nal ein­stel­len, einen Abbau der Mit­ar­bei­ter­zah­len erwar­ten hin­ge­gen 13 Pro­zent. Grö­ße­re Zuwäch­se pro­gnos­ti­zie­ren der Dienst­leis­tungs­sek­tor und wie­der­um die Indus­trie. Weig­and: „Aller­dings, das Per­so­nal muss erst ein­mal ver­füg­bar sein.”


Was nun aus Ber­lin erwar­tet wird

Von der Poli­tik erwar­ten sich die Unter­neh­men vor allem eine rasche Regie­rungs­bil­dung und Pla­nungs­si­cher­heit. „Zu wich­tig ist eine hand­lungs­fä­hi­ge Regie­rung ange­sichts der anste­hen­den Her­aus­for­de­run­gen”, betont Weig­and. Dabei ste­hen bei den ober­frän­ki­schen Betrie­ben neben der Pan­de­mie­be­wäl­ti­gung das Vor­an­trei­ben der Digi­ta­li­sie­rung, wett­be­werbs­fä­hi­ge Unter­neh­mens­steu­ern und tages­ak­tu­ell das Ein­wir­ken auf die Ent­wick­lung der Ener­gie- und Roh­stoff­prei­se ganz oben auf der Lis­te. Weig­and: „Es geht um nichts Gerin­ge­res als um die Siche­rung der Wett­be­werbs­fä­hig­keit des Stand­or­tes Deutschland!”

Lie­fer­eng­päs­se und Preis­stei­ge­run­gen bei Rohprodukten

Vol­le Auf­trags­bü­cher und doch Kurzarbeit?

Seit 2019 sind die Prei­se bei etli­chen Roh­stof­fen laut Sta­tis­ti­schem Bun­des­amt regel­recht explo­diert, Kurz­ar­beit ist daher trotz vol­ler Auf­trags­bü­cher lei­der die bit­te­re Wahr­heit laut der IHK für Ober­fran­ken Bayreuth.

In vie­len Bran­chen besteht eine hohe Nach­fra­ge, etwa im Bau­sek­tor oder auch in vie­len Indus­trie­bran­chen, ob bei Kfz-Zulie­fe­rern, in der Kunst­stoff- oder der Stahl­ver­ar­bei­tung. Gleich­zei­tig sind Roh­stof­fe und Halb­wa­ren nur mit erheb­li­chen Lie­fer­fris­ten oder gar nicht erhält­lich. Hohen­ner: „Aktu­ell stei­gen die Erzeu­ger­prei­se so stark an wie zuletzt bei der zwei­ten Ölkri­se 1982. Eine beängs­ti­gen­de Entwicklung.”

Das Sta­tis­ti­sche Bun­des­amt ver­öf­fent­licht monat­lich für über 1.500 Roh­stof­fe Preis­in­di­zes. Seit 2019 sind die Prei­se bei etli­chen Pro­duk­ten regel­recht explo­diert, etwa bei Holz, Stahl oder Kup­fer, aber auch bei elek­tro­ni­schen Bau­tei­len wie Chips oder Halb­lei­tern, bei Dämm­stof­fen, selbst bei Kron­kor­ken. Die Prei­se sind in vie­len Fäl­len um 50 Pro­zent und mehr angestiegen.


Holz: Viel­schich­ti­ge Grün­de für Knappheit

Das Bei­spiel Holz zeigt, wel­che Aus­wir­kun­gen die Pro­dukt­knapp­heit hat. „Sehr stark betrof­fen sind hier nicht nur die Bau­in­dus­trie und ‑hand­werk, son­dern inzwi­schen prak­tisch alle Bran­chen, weil auch Holz­pa­let­ten und Holz­pack­mit­tel knapp wer­den”, so Peter Beli­na von der IHK für Ober­fran­ken Bayreuth.

Die Grün­de für die aktu­el­le Situa­ti­on sind viel­fäl­tig. Beim Holz etwa kom­men gleich eini­ge Aspek­te zusam­men. Dass die Nach­fra­ge enorm ange­stie­gen ist, liegt nicht zuletzt dar­an, dass vor allem Chi­na und die USA Kon­junk­tur­pro­gram­me auf­ge­legt haben, wodurch die Nach­fra­ge enorm ange­stie­gen ist. Ande­rer­seits steht weni­ger wei­ter­ver­ar­beit­ba­res Holz zur Ver­fü­gung. Durch die extre­me Tro­cken­heit der ver­gan­ge­nen Jah­re sei der Bor­ken­kä­fer­be­fall in Mit­tel­eu­ro­pa sehr hoch, dadurch steht weni­ger Holz zur Wei­ter­ver­ar­bei­tung zur Ver­fü­gung. In den USA und Kana­da und Russ­land wüten Wald­brän­de. Russ­land schließ­lich hat einen Export­stopp von Holz nach Chi­na verhängt.


Stahl: Nach­fra­ge in Chi­na sehr stark gestiegen

Chi­na war bis vor zwei Jah­ren größ­ter Expor­teur von Stahl, das Land hat bei der Pro­duk­ti­on einen Welt­markt­an­teil von 50 Pro­zent. Seit eini­gen Mona­ten impor­tiert das Land Stahl. Hohen­ner: „Die Aus­wir­kun­gen bekom­men wir auch in Euro­pa zu spüren.”


Was­ser und Feu­er brem­sen Chipproduktion

Beli­na: „Ganz ande­re Grün­de gibt es für die Eng­päs­se bei Chips und Halb­lei­tern.” Für die Pro­duk­ti­on wer­de viel Was­ser benö­tigt, auf­grund einer extre­men Dür­re in Tai­wan, einem der Haupt­ex­port­län­der, muss­te dort die Pro­duk­ti­on mona­te­lang redu­ziert wer­den. Der Brand in einem gro­ßen Chip­werk in Japan habe zu wei­te­ren Eng­päs­sen geführt. Euro­pa und vor allem die Kfz-Her­stel­ler wol­len unab­hän­gi­ger von den asia­ti­schen Vor­lie­fe­ran­ten wer­den, eine sol­che Wen­de lässt sich aber nicht kurz­fris­tig realisieren.


Wei­ter­hin knap­pe Trans­port­ka­pa­zi­tä­ten aus Fernost

Hin­zu kom­men außer­or­dent­li­che Eng­päs­se und Preis­stei­ge­run­gen beim Con­tai­ner­ver­kehr etwa zwi­schen Chi­na und Euro­pa. Der SCFI-Index (Shang­hai Con­tai­ne­ri­zed Freigt Index) zeigt, dass die Prei­se Ende Juli rund vier­mal so hoch waren wie 2019, Ten­denz wei­ter stei­gend. Welt­weit ist der Bau von über 300 Con­tai­ner­schif­fen in Auf­trag gege­ben, aber auch deren Rea­li­sie­rung benö­tigt Jahre.

„Die Lie­fer­ket­ten wer­den die Kon­junk­tur noch über Mona­te beschäf­ti­gen. Kurz­fris­ti­ge Lösun­gen sind nicht in Sicht”, macht Hohen­ner deut­lich. „Gene­rell wächst die Erkennt­nis, dass Euro­pa unab­hän­gi­ger wer­den muss etwa von Lie­fe­ran­ten aus Fern­ost. Auch das Recy­cling von Pro­duk­ten wird wich­ti­ger werden.”

In ers­ten Bran­chen erfolgt bereits eine Neu­aus­rich­tung bei den Lie­fer­ket­ten. Der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth berät hier­zu bereits etli­che Unter­neh­men in Koope­ra­ti­on mit den deut­schen Auslandshandelskammern.