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Oberfränkische Landesbühne

„Wir machen uns wie­der an die gro­ßen Stü­cke ran“

Frän­ki­scher Theatersommer

Die ober­frän­ki­sche Lan­des­büh­ne Frän­ki­sche Thea­ter­som­mer ist nach eige­nen Anga­ben zwar mit Ein­schrän­kun­gen, aber letzt­lich gut durch die Pan­de­mie gekom­men. Pro­duk­tio­nen, die auf­grund ihres Auf­wands in der Spiel­zeit 2021 nicht rea­li­siert wer­den konn­ten, kön­nen nun gezeigt wer­den. Und es bleibt sogar noch Luft, ande­re Thea­ter­grup­pen zu unterstützen.

Der Som­mer 2022 ist für den Kul­tur­be­trieb der ers­te Som­mer seit zwei Jah­ren, den die Sze­ne ohne Sor­gen vor Pan­de­mie-Beschrän­kun­gen auf sich zukom­men las­sen kann. Ver­ges­sen sind die Sor­gen der zurück­lie­gen­den Som­mer dabei aber nicht. Vie­le Kul­tur­ak­teu­re muss­ten schwe­re orga­ni­sa­to­ri­sche und finan­zi­el­le Rück­schlä­ge verkraften.

Auch die Wan­der­büh­ne des Frän­ki­schen Thea­ter­som­mer hat gelit­ten und muss­te Auf­trit­te ver­schie­ben oder absa­gen. Aber Inten­dant Jan Burd­in­ski weiß, dass es schlim­mer hät­te kom­men kön­nen und ist froh, dass der Frän­ki­sche Thea­ter­som­mer schnell gelernt hat, sich ein­zu­schrän­ken. „Wir haben einen Weg gefun­den“, sagt er, „durch Öko­no­mi­sie­rung, mit weni­gen Mit­teln, über die Run­den zu kom­men. Ganz ent­schei­dend dabei war, das haben wir in den letz­ten bei­den Jah­ren gelernt, das Thea­ter­bü­ro rich­tig zu füh­ren – mit einer hell­wa­chen Geschäfts­füh­rung. So sind wir auch ganz gut durch die Pan­de­mie gekommen.“

Genau genom­men ken­ne er sogar kein ande­res Thea­ter, das es bes­ser durch die Covid-Zeit geschafft hat als der Frän­ki­sche Thea­ter­som­mer. Wobei „bes­ser“ hier unter Vor­be­halt steht: „Wir haben bei den ers­ten Alarm-Mel­dun­gen nicht die kom­plet­te Spiel­zeit abge­sagt, son­dern schnell ent­spre­chen­de Hygie­ne-Plä­ne ent­wi­ckelt, fle­xi­bel auf Ein­schrän­kun­gen reagiert und teu­re Pro­duk­tio­nen verschoben.“

Für die Sai­son 2022 hat der Frän­ki­sche Thea­ter­som­mer die­se Zurück­hal­tung aber auf­ge­ge­ben. „Wir machen uns wie­der an die gro­ßen Stü­cke ran“, sagt Jan Burd­in­ski. Vier sol­cher Stü­cke, deren Grö­ße ent­we­der von ihrer kano­ni­sier­ten Klas­si­ker­haf­tig­keit kommt oder vom Aus­stat­tungs­auf­wand, sind in den aktu­el­len Spiel­plan ein­ge­gan­gen. „Don Qui­jo­te und Sancho Pan­sa“ und das Musi­cal „Höchs­te Zeit“ sind Wie­der­auf­nah­men. Die Moliè­re-Komö­die „Arzt wider Wil­len“ – der fran­zö­si­sche Dra­ma­ti­ker wäre 2022 400 Jah­re alt gewor­den – und „Vol­po­ne“ von Ste­fan Zweig sind Neuinszenierungen.

Sei­ne Sai­son-Eröff­nung gab der Frän­ki­sche Thea­ter­som­mer am 20. Mai mit „Arzt wider Wil­len“. Über die bis­he­ri­gen Vor­ver­kaufs­zah­len kön­ne man sich nicht bekla­gen, aber das Publi­kum schei­ne der wie­der­ge­won­ne­nen Mög­lich­keit zur Frei­zeit­ge­stal­tung durch Kul­tur noch etwas zurück­hal­tend gegen­über­zu­ste­hen. „Ich weiß nicht, ob es noch an Coro­na liegt“, sagt Jan Burd­in­ski, „aber die Leu­te müs­sen offen­sicht­lich noch ein biss­chen ange­sto­ßen wer­den. Wir müs­sen dem Publi­kum noch deut­li­cher vor Augen füh­ren, dass man sich wie­der ins Freie wagen kann und Som­mer­thea­ter­kul­tur wie­der mög­lich ist. Wir müs­sen die Leu­te an einen Punkt brin­gen, an dem sie sagen: „Ein Abend voll schö­ner Unter­hal­tung, an der Luft, mit viel­leicht noch einem schö­nen Gespräch hin­ter­her – das gön­ne ich mir.“

Hil­fe für ande­re Theaterbetriebe

„Luxus­pro­ble­me“ mögen da ande­re Kul­tur­ak­teu­re sagen, denn um über ein zurück­hal­ten­des Publi­kum zu kla­gen, braucht man erst mal eines. „Ja“, sagt Jan Burd­in­ski, „wir wis­sen das und haben gemerkt, dass wäh­rend der Pan­de­mie und jetzt in ihren Nach­we­hen Künst­ler nicht die Auf­tritts­flä­che haben, die ihnen eigent­lich gebührt.“

Des­halb hat sich der Frän­ki­sche Thea­ter­som­mer ent­schie­den, sei­ne pri­vi­le­gier­te Situa­ti­on aus einer zufrie­den­stel­lend bewäl­tig­ten Pan­de­mie und einer begin­nen­den Som­mer-Tour­nee zu nut­zen, und ande­re Akteu­ren zu unterstützen.

Mit dem Pro­jekt „Künstler*innen unter­stüt­zen Künstler*innen“ möch­te der Thea­ter­som­mer einer Ama­teur­thea­ter­trup­pe und einer Grup­pe aus dem Pro­fi­be­reich hel­fen. So sol­len dem Main­Thea­ter aus Ebens­feld und ihrer „Ebens­fel­der Bier-Kömo­die“ und dem Duo Mysik Fan­tas­tik für ihre Klang­erzäh­lun­gen „Im Dunst­kreis des Hel­den“ insze­na­to­ri­sche bezie­hungs­wei­se infra­struk­tu­rel­le Unter­stüt­zung zuteil werden.

Leich­tes, aber mit schwe­rem Unterton

Auf dem eige­nen Spiel­plan der Sai­son 2022/​/​2023 ste­hen unter­des­sen wie immer Komö­di­en, Musi­cals, Kaba­rett­shows und Chan­son­aben­de. Der Schwer­punkt liegt auf dem Leich­ten. „Unser Pro­gramm“, sagt Jan Burd­in­ski, „ist dies­mal sehr komö­di­en­las­tig, wobei ich die Komö­die kei­nes­wegs als Last sehe, denn sie hat die Fähig­keit, das Schwe­re mit einem Lachen vorzutragen.“

Ein Stück des Spiel­plans passt auf den ers­ten Blick jedoch nicht in die­se Rich­tung, kommt es the­ma­tisch doch wesent­lich erns­ter daher. Denn in „All das Schö­ne“ des eng­li­schen Dra­ma­ti­kers Dun­can Macmil­lan geht es um die stän­di­gen Sui­zid-Gedan­ken einer Mut­ter, mit denen sich Vater und Toch­ter aus­ein­an­der­set­zen müs­sen. Viel­sei­tig sind die Ver­su­che der Toch­ter, ihrer Mut­ter das Leben mit sei­nen schö­nen Sei­ten wie­der schmack­haft zu machen. 

„Ich emp­fin­de das Stück nicht als beklem­mend“, sagt Jan Burd­in­ski. „Es macht zwar all die Fäs­ser auf, die zum The­ma gehö­ren, aber es ist nicht düs­ter. Es ist lebens­be­ja­hend. Bei der Mut­ter hat sich eine Mut­lo­sig­keit soweit ein­ge­nis­tet, dass sich die Toch­ter beru­fen fühlt dage­gen anzu­kämp­fen. Sie will der Mut­ter die Augen öff­nen für all das, was am Leben schön ist. Das Stück weist inso­fern auch über sich selbst hin­aus, als dass es eine Pro­ble­ma­tik anspricht, die sich wäh­rend der Pan­de­mie ohne­hin ver­schärft hat: die Zunah­me von Depres­sio­nen. Das Stück „All das Schö­ne“ hat den Vor­zug, dass es vie­le hei­te­re Sei­ten auf­weist und viel­leicht gera­de des­halb umso mehr unter die Haut geht.“

Stellt sich die Fra­ge, ob sich auch das zwei­te der­zeit alles beherr­schen­de The­ma im Sai­son­pro­gramm nie­der­ge­schla­gen hat: Kommt der Ukrai­ne-Krieg vor? „Ja, die tota­le Absa­ge an Krieg und Gewalt fin­det auf sub­ti­le Wei­se in „Don Qui­jo­te“ sei­nen Platz. Und – ohne zu viel zu ver­ra­ten – im Kaba­rett-Stück „Lügen haben lan­ge Bei­ne“ taucht ein gewis­ser Herr Putin auf.“

Insze­nie­run­gen in Bamberg

Anfang August kommt der Frän­ki­sche Thea­ter­som­mer auf sei­ner dies­jäh­ri­gen Sai­son­rei­se zum ers­ten Auf­tritt nach Bam­berg. Wie es sich in den letz­ten Jah­ren ein­ge­übt hat, fin­den die Auf­füh­run­gen auch 2022 wie­der in den Räu­men der KUFA in der Ohm­stra­ße statt.

Los geht es am 3. August mit dem erwähn­ten Duo Mysik Fan­tas­tik. Chris­ti­ne und Caro­li­ne Hau­sen prä­sen­tie­ren eine von Flö­ten­mu­sik unter­mal­te Ver­si­on der Aben­teu­er von Odys­seus. Dar­in sind auch Wer­ke des Bam­ber­ger Kom­po­nis­ten Horst Loh­se enthalten.

In „Rei­se-Sehn­süch­te“, mit dem der Thea­ter­som­mer am 4. August in Bam­berg auf­tritt, wird neben der Musi­ke­rin Bea­te Roux und dem Musi­ker Bog­dan Lewan­dow­ski auch Jan Burd­in­ski als Dar­stel­ler zu sehen sein. Der lite­ra­ri­sche Musik­abend ver­bin­det Wer­ke berühm­ter Schrift­stel­le­rin­nen und Schrift­stel­ler mit Musik von unter ande­rem Cho­pin, Mozart und Duke Ellington.

Am Tag dar­auf, dem 5. August, zeigt das Ensem­ble Clau­dia Schrei­bers Ein-Per­so­nen-Stück „Emmas Glück“. Dar­in küm­mert sich die Bäue­rin Emma, gespielt von Rebek­ka Herl, um den mit dem Auto ver­un­glück­ten Max, eben­falls gespielt von Rebek­ka Herl. Im Lau­fe des Stücks kom­men sich die „bei­den“ näher. Kann sich das Publi­kum hier also auf eine Inter­pre­ta­ti­on der Fern­seh­sen­dung „Bau­er sucht Frau“ ein­stel­len? „Nein“, sagt Jan Burd­in­ski lachend, „das ist ein ganz ande­res Niveau. Neben viel Komik ent­hält das Stück auch Dra­ma und Poesie.“

In „Der Traum von Las Vegas“, dem nächs­ten Bam­ber­ger Stück am 6. August, zei­gen Sibyl­le Man­t­au und Sieg­fried Mai, was sie in Sachen Artis­tik, Jon­gla­ge und Varie­té kön­nen und ver­bin­den Show­num­mern mit Tanz­ein­la­gen und Gesang.

Wei­ter geht es in der KUFA am 7. August mit „Zwei wie Bon­nie und Cly­de“. Die bekann­te Geschich­te über das Gangs­ter­paar – hier sind es zwei Frau­en – legt der Thea­ter­som­mer eher humo­ris­tisch aus. Das Stück lebt von den immer wie­der schei­tern­den Ver­su­chen von Jen­ny und Chan­tal, an Geld zu kommen.

Mit „Lügen haben lan­ge Bei­ne“ wird es am 11. August kaba­ret­tis­tisch. Sil­via Ferstl und Chris­toph Acker­mann lügen, hoch­sta­peln und schwin­deln sich in ihrem Pro­gramm durch die Welt­ge­schich­te. „In die­sem Kaba­rett-Stück gehen wir neben all­täg­li­chen Lügen im pri­va­ten Rah­men auch auf die Pro­ble­ma­tik von Falsch­mel­dun­gen und Fake News ein“, sagt Jan Burdinski.

In „Mor­ta­del­la & Co.“, das der Thea­ter­som­mer am 12. August in der KUFA zeigt, spielt Pup­pen­spie­ler Tho­mas Glas­mey­er im Sti­le von „Don Camil­lo und Pep­po­ne“ den Kampf um das Bür­ger­meis­ter­amt in einem ita­lie­ni­schen Dörfchen.

Am 13. August gibt es „Vol­po­ne – Der Fuchs“ zu sehen. In Ste­fan Zweigs Ver­si­on der Komö­die von Ben Jon­son aus dem 17. Jahr­hun­dert ste­hen Ego­is­mus und Erb­schlei­che­rei der Bes­ser­ge­stell­ten im Mit­tel­punkt. Unter dem Vor­wand ster­bens­krank zu sein, lockt der rei­che Vol­po­ne aller­lei Geschäfts­part­ner an und macht sich sei­nen Spaß dar­aus, deren Hab­gier zu entlarven.

Den Abschluss der Bam­berg-Etap­pe des Frän­ki­schen Thea­ter­som­mers macht am 14. August das bereits erwähn­te Stück „All das Schöne“.