Seit fast zehn Jahren steht Florian Herrnleben auf Kabarettbühnen. In seinem nun erschienenen Buch "Overnörgelism!" fasst er sämtliche Bühnentexte aus dieser Zeit
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Bucherscheinung
Florian Herrnleben: “Overnörgelism”
Seit fast zehn Jahren steht Florian Herrnleben auf Kabarettbühnen. In seinem nun erschienenen Buch “Overnörgelism!” fasst er sämtliche Bühnentexte aus dieser Zeit zusammen. Die Texte bieten einen satirischen Rückblick auf zehn Jahre politischer Verfehlungen in Bamberg. Herrnlebens Lieblingsgegner in all den Jahren: Andreas Starke. Vor Kurzem trafen sich Autor und Oberbürgermeister sogar zum klärenden Gespräch. Wir haben uns mit Florian Herrnleben zum Interview verabredet.
Als letztes Jahr im Bamberger Rathaus die Missstände rund um Zahlungen womöglich nicht geleisteter Überstunden bekannt wurden, erreichte Kolumnist, Kabarettist und Kasperl-Puppenspieler Florian Herrnleben mit seiner Facebook-Kolumne “Herrnlebens Überstunde” neue Ausmaße der Bekanntheit. Die “Überstunden” entwickelten sich zu einer der fundiertesten und beliebtesten Informationsquellen zum Thema. Die Freude im Rathaus darüber hielt sich zwar in Grenzen – der große Zuspruch der Leser*innen hingegen ermutigte Herrnleben, ehe der Rathaus-Überstunden-Fall gerichtlich endgültig geklärt wird, mit “Overnörgelism!” einen Rückblick auf vergangene politische Skandale zu werfen.
Florian, warum hast du dich entschieden, deine kabarettistischen und kolumnistischen Texte in Buchform zusammengefasst zu veröffentlichen?
Florian Herrnleben: Weil es sehr viel positives Feedback auf meine Facebook-Kolumne “Herrnlebens Überstunde” gab. Den Leuten gefällt der Schreibstil und die Inhalte. Da die “Überstunden”-Problematik aber noch nicht abgeschlossen ist, dachte ich mir, eine Veröffentlichung mit all meinen alten Inhalten zu machen. Ein Vorteil davon ist auch, dass Bühnentexte, die einen großen Teil des Buchs ausmachen und in die man viel Arbeit gesteckt hat, nachdem man sie gespielt hat, eigentlich in der Schublade verschwinden. Das ist schade. Die Buchform bietet auch ein bisschen die Möglichkeit, solche Texte zu verewigen.
Bietet das Buch neue Erkenntnisse zu den Überstunden-Vorgängen im Rathaus?
Florian Herrnleben: Nein, aber am Ende des Buches gibt es einen Cliffhanger, also sozusagen ein offenes Ende, das nach einer Fortsetzung von “Overnörgelism!” schreit – dann mit sämtlichen “Überstunden”. Wie auch immer sie sich bis dahin entwickeln.
Mit welchen Gefühlen hast du deine alten Texte durchgesehen? Mit Wehmut oder nostalgisch?
Florian Herrnleben: Ein bisschen was von allem. Beim Lesen ist mir aufgefallen, dass ich viele Nummern und Texte schon gar nicht mehr im Kopf hatte und nicht mehr besonders tief drin in den Details war. Es geht ja um einen Zeitraum von fast zehn Jahren. Auch meine Gedankengänge in älteren Texten konnte ich teilweise nicht mehr ganz nachvollziehen. Andererseits habe ich auch eine gewisse Entwicklung in den Texten festgestellt. Einige Dinge würde ich heute so weder qualitativ, noch stilistisch schreiben. Diese Texte für das Buch nochmal komplett zu überarbeiten und sie zu aktualisieren, wollte ich aber auch nicht – das fände ich nicht authentisch.
Ist das Buch auch für Leute geeignet, die sich mit Bamberger Politik nicht auskennen?
Florian Herrnleben: Ich versuche, eine Gratwanderung zu machen. Auf der einen Seite will ich nicht erklären müssen, dass Bamberg einen Dom hat. Auf der anderen Seite will ich den Leuten möglichst breitgefächerte Aspekte der jeweiligen Geschichten aufzeigen. Ein grundsätzliches Interesse an Bamberger Politik schadet aber nicht.
Die Missstände, die du seit Jahren in der Bamberger Politik kritisierst und öffentlich machst, haben sich kaum verbessert, Verfehlungen wurden kaum geahndet. Siehst du die Missstände eher als Fundgrube, die dein satirisches Arbeiten auf Jahre hinaus sichern könnten, oder stellt sich Resignation ein?
Florian Herrnleben: Nein, es wäre schlimm, wenn ein Kabarettist resignieren würde. Ich denke auch nicht, dass Bamberg in Sachen Verruchtheit wie so eine Art Gotham City besonders heraussticht und es einen Retter braucht. Ich denke, dass man in jeder Stadt, egal ob größer oder kleiner als Bamberg, Potenzial für ein Kabarettprogramm finden könnte. Aber meine Hood ist Bamberg, hier kenne ich mich aus und bin in den Themen drin. Die Gesellschaft ist nicht perfekt und in der Politik passieren Fehler und es gibt Missstände. Da braucht es Presse und Kabarett, die sich die Dinge anschauen.
An keiner Personalie arbeitest du dich im Buch so sehr ab, wie an Andreas Starke. Wie weit wären “Overnörgelism!” und der Kabarettist und Kolumnist Florian Herrnleben ohne den Oberbürgermeister möglich?
Florian Herrnleben: Die Frage habe ich mir auch schon gestellt. Die Aufgabe des Kabarettisten ist es grundsätzlich, sich an der Obrigkeit zu reiben, egal, wer da oben hockt. Aber, was wäre mit mir geschehen, wenn Andreas Starke nicht immer wiedergewählt worden wäre? Wir kennen uns, man hat sich kennengelernt – es gab vor Kurzem auch ein Treffen wegen der “Überstunden”. Und auch die übrigen derzeitigen Protagonisten machen es mir leicht, mich ihrer kabarettistisch anzunehmen. Sie fordern es teilweise geradezu heraus. Mit einem neuen Oberbürgermeister weiterzumachen, wäre für mich härter gewesen als mit dem alten. Man hätte sich erstmal abtasten müssen, was für mich heißt, meine Rolle als Kabarettist erstmal neu definieren zu müssen.
Wie verlief das Gespräch mit Andreas Starke über die “Überstunden”?
Florian Herrnleben: Es ging ihm darum und es wurde ihm in seinem Umfeld auch dazu geraten, mir, als einer der am fundiertest informierten Personen bezüglich der Überstundenzahlungen, seine Sicht der Dinge darzustellen. Wichtig zu erwähnen ist aber, dass wir miteinander ja gut auskommen. Wir haben uns über eine Stunde unterhalten und was ich hinterher aus seinem Dunstkreis gehört habe, hat meine Meinung über das Gespräch bestätigt, nämlich, dass es ein sehr angenehmes war. Das Ergebnis des Gesprächs war aber nicht überraschend. Wir haben unsere Argumente ausgetauscht, nehmen aber zwei Positionen ein, die sich gegenüberstehen und so blieb es auch.
Hat er dein Buch gelesen?
Florian Herrnleben: Das würde mich wundern. Ich glaube nicht. Was sein Umfeld von meinem Buch hält, weiß ich – das ist nicht immer das Beste. Aber wenn die Rathausspitze mich feiern würde, hätte ich meinen Job nicht richtig gemacht.
In einer der Ausgaben von “Herrnlebens Überstunde” schreibst du, dass du im Vorfeld der Veröffentlichung des Buches einige Formulierungen juristisch abgeklärt hast. Ging es dabei wieder um Michael Stoschek und sein von dir als “Nazimuschel” bezeichnetes Amphibienfahrzeug?
Florian Herrnleben: Ja, auch. Diese Formulierung ist nach wie vor eine der kritischsten. Aber “juristisch abgeklärt” ist immer ein so großes Wort. Ich denke über viele Formulierungen länger nach und versuche, meine Texte so zu schreiben, dass sie möglichst nicht angreifbar sind. Darauf habe ich auch bei der Zusammenstellung des Buches geachtet. Ich möchte vor allem nicht, dass etwas Falsches drinsteht. Wäre die Nazimuschel ein anderes, nicht ehemals für die Wehrmacht gebautes Amphibienfahrzeug gewesen, hätte ich sie nicht so genannt.
Welche Hoffnungen hast du bezüglich der Verkaufszahlen?
Florian Herrnleben: Keine. Das ist mir auch egal. Anhand der Vorbestellungen konnte ich einschätzen, wie groß die erste Auflage sein sollte. Trotz komfortabler Mehrbestellung ist diese nun auch schon fast vollständig vergriffen, was wohl an der Bekanntheit und Aufmerksamkeit der “Überstunden” liegen könnte. Das ist gut, aber auch wenn das Buch eine zweite Auflage bekommen sollte – am Ende habe ich es mehr aus Spaß veröffentlicht.
Hast du jemals mit dem Gedanken gespielt, einen Roman zu schreiben? Vielleicht einen Bambergkrimi?
Florian Herrnleben: Bambergkrimi – gibt es sowas bereits? Ich kann mir schon vorstellen, etwas Belletristisches zu schreiben, wenn auch vielleicht keinen Krimi. Ich schüttele meine Texte aber nicht aus dem Ärmel, sondern feile immer, bis jedes Wort passt. Bei einem Roman wäre mein Horror, dass ich nie fertig werde. Andererseits – ich hätte schon Bock drauf.