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Papstgrab

VHS-Kurs Bam­ber­ger Dom

„Man­che ken­nen den Dom so gut wie gar nicht“

Im Ange­sicht der All­ge­gen­wär­tig­keit des Bam­ber­ger Doms ver­wun­dert es, dass man­che Bam­ber­ge­rin­nen und Bam­ber­ger kaum eine, wie auch immer gear­te­te, Bezie­hung zum berühm­tes­ten Bau­werk der Stadt zu haben schei­nen. Die­se Beob­ach­tung hat zumin­dest Dr. Mat­thi­as Scher­baum gemacht. In einem der­zeit statt­fin­den­den VHS-Kurs bie­tet der Phi­lo­soph, Theo­lo­ge und Gäs­te­füh­rer umfas­sen­de his­to­ri­sche, archi­tek­to­ni­sche und theo­lo­gi­sche Infor­ma­tio­nen über den Dom. Wir haben ihn zum Gespräch getroffen.

In der Ankün­di­gung des VHS-Kur­ses zum Bam­ber­ger Dom wird die­ser als einer der bedeu­tends­ten Kir­chen­bau­ten Deutsch­lands bezeich­net. Was macht sei­ne her­aus­ra­gen­de Bedeu­tung aus?

Mat­thi­as Scher­baum: Die Bedeu­tung des Bam­ber­ger Doms ist viel­schich­tig: Zum einen haben wir es mit einer kai­ser­li­chen Stif­tung durch Hein­rich II. zu tun – wes­we­gen er auch zu den sie­ben Kai­ser­do­men zählt –, zum ande­ren beher­bergt er mit Cle­mens II. das ein­zi­ge Papst­grab nörd­lich der Alpen, dar­über hin­aus ist vor dem Ost­chor des Doms das ein­zi­ge hei­lig­ge­spro­che­ne Kai­ser­paar – Hein­rich II. und sei­ne Gemah­lin Kuni­gun­de – der Geschich­te bestat­tet, mit dem Bam­ber­ger Rei­ter haben wir eines der bekann­tes­ten mit­tel­al­ter­li­chen Kunst­wer­ke über­haupt vor uns und der ehe­ma­li­ge Dom­schatz, jetzt im Diö­ze­san­mu­se­um Bam­berg aus­ge­stellt, umfasst Expo­na­te, die in ihrer Sin­gu­la­ri­tät euro­päi­schen Rang haben. Zudem ist der Bam­ber­ger Dom eine soge­nann­te Basi­li­ka minor, ein aus­ge­wie­se­ner päpst­li­cher Ehren­ti­tel, und bil­det mit Alter Hof­hal­tung und Neu­er Resi­denz in ihrer hohen his­to­ri­schen Authen­ti­zi­tät auf dem Dom­berg eines der schöns­ten archi­tek­to­ni­schen bezie­hungs­wei­se städ­te­bau­li­chen Ensem­bles Deutschlands.


Auch wird der Dom ein Gesamt­kunst­werk genannt. Warum?

Mat­thi­as Scher­baum: Wie vie­le mit­tel­al­ter­li­che Sakral­ge­bäu­de ver­kör­pert auch der Bam­ber­ger Dom eine har­mo­ni­sche Ein­heit von lit­ur­gi­schen, kunst­his­to­ri­schen, mate­ri­ell sehr wert­vol­len reli­giö­sen und ganz pro­fan-funk­tio­nel­len Aspek­ten. Dies ist kein Zufall, son­dern wur­de weit­ge­hend von den Erbau­ern in der ers­ten Hälf­te des 13. Jahr­hun­derts bewusst in die­ser Wei­se kon­zi­piert und stellt in die­ser Form einen Lob­preis Got­tes und eine Mani­fes­ta­ti­on des Glau­bens zu die­ser Zeit dar. Sicher­lich sind in allen Groß­kir­chen, wie allen Sakral­ge­bäu­den der Mensch­heit, auch bestimm­te pro­fa­ne Über­le­gun­gen ein­ge­flos­sen, aber die doch maß­geb­li­che Idee, etwas zu errich­ten, was über das All­täg­li­che hin­aus­geht und etwas Gro­ßes anspre­chen will, ver­leiht dem Dom in allen sei­nen Aspek­ten eine gewis­se Erha­ben­heit und qua­li­tas sui gene­ris, die man in ihrer Gesamt­schau unbe­nom­men als ein­fach sehr schön bezeich­nen kann.


Wor­in besteht Ihre per­sön­li­che Fas­zi­na­ti­on für das Bauwerk?

Mat­thi­as Scher­baum: Da ich seit mitt­ler­wei­le fast zehn Jah­ren Gäs­te­füh­rer am Bam­ber­ger Dom bin, ist er mitt­ler­wei­le fast etwas wie ein Lebens­mit­tel­punkt von mir gewor­den. Über erwähn­te sach­li­chen, kunst­his­to­ri­schen Belan­ge hin­aus, die mich tat­säch­lich jedes Mal wie­der aufs Neue ergrei­fen und fas­zi­nie­ren, ist es viel­leicht sogar vor­ran­gig der zwi­schen­mensch­li­che Aspekt, den ich im Kon­text des Domes sehr schät­ze: Von den Kol­le­gen, über die Orga­ni­sa­to­ren, Ver­tre­ter der Dom­bau­hüt­te und des Dom­ka­pi­tels und den Erz­bi­schof, die sehr prä­sent und lebens­nah im Dom sind, sowie die vie­len Gäs­te, die ich durch unse­re Dom­kir­che füh­ren darf, bis hin zu diver­sen kul­tu­rel­len Ver­an­stal­tun­gen, wie etwa Orgel­kon­zer­ten oder Aus­stel­lun­gen, mit ihren diver­sen Prot­ago­nis­ten wie Inter­es­sen­ten, – es erge­ben sich im Rah­men die­ses Bau­wer­kes und mei­ner Tätig­keit hier­bei immer wie­der kon­kre­te Begeg­nun­gen mit Men­schen, die für mich wie ein erleb­ba­rer und per­sön­li­cher Wie­der­hall der Schön­heit die­ses Gebäu­des ankom­men und ent­spre­chend wert­voll sind, wofür ich sehr dank­bar bin.


Wie sieht das Pro­gramm des VHS-Kur­ses aus? Kann man sich in sechs Kur­sen dem Dom umfas­send genug nähern oder müs­sen Sie in der Pro­gramm­ge­stal­tung eher ober­fläch­lich bleiben?

Mat­thi­as Scher­baum: Eine sehr gute Fra­ge! Natür­lich kann man in sechs Sit­zun­gen zu jeweils 1,5 Stun­den dem Bam­ber­ger Dom in sei­ner Gän­ze nicht gerecht wer­den, allein das Inven­tar, also all das, was im Innen­be­reich des Doms unmit­tel­bar sicht­bar ist, wür­de, woll­te man sich damit nur auf fak­ti­scher Ebe­ne annä­hernd ange­mes­sen beschäf­ti­gen, locker die Zeit und den Anspruch von drei bis vier Uni-Semes­tern bean­spru­chen, viel­leicht auch noch mehr. Von den Hin­ter­grün­den, his­to­ri­schen Zusam­men­hän­gen, kunst­ge­schicht­li­chen Wür­di­gun­gen und so wei­ter ganz zu schwei­gen. Den­noch ist es eine gute und begrü­ßens­wer­te Mög­lich­keit, sich im Rah­men eines etwas aus­führ­li­che­ren VHS-Kur­ses dem Bam­ber­ger Dom nähern zu kön­nen, so dass zumin­dest ein paar Basics aus­führ­li­cher the­ma­tisch wer­den kön­nen, auf denen man dann gegen­be­nen­falls wei­ter auf­bau­en kann: Die nor­ma­len Füh­run­gen im Dom dau­ern cir­ca eine Stun­de, das ist ok, um Gäs­ten einen ers­ten Ein­druck des Gebäu­des ver­mit­teln zu kön­nen, es gibt dar­über hin­aus erfreu­li­cher­wei­se im Port­fo­lio der Dom­tou­ris­tik ein gan­zes Bün­del an Spe­zi­al­füh­run­gen, die dann auch mal zwei oder auch drei Stun­den dau­ern kön­nen, wo man natür­lich viel tie­fer gehen kann, zumal bestimm­te Aspek­te anbe­lan­gend. Die wis­sen­schaft­li­chen Unter­su­chun­gen und Publi­ka­tio­nen, die ein nen­nens­wert hohes Niveau haben, so wur­de etwa vor weni­gen Jah­ren von der Uni Bam­berg ein aus­ge­spro­chen span­nen­des Pro­jekt zu den Por­ta­len des Bam­ber­ger Doms durch­ge­führt, und das Opti­mum dar­stel­len, was man über den Bam­ber­ger Dom in Erfah­rung brin­gen kann, sind in der Regel nur an der Uni bezie­hungs­wei­se in den ent­spre­chen­den Publi­ka­tio­nen hab­bar. Da ich mich sozu­sa­gen in bei­den Wel­ten, sprich den kon­kre­ten Füh­run­gen wie der Wis­sen­schaft, bewe­ge, stellt die­ser VHS-Kurs viel­leicht einen annä­hernd idea­len Weg zur Ver­mitt­lung von eini­gen tie­fer­ge­hen­den Inhal­ten an ein mög­lichst brei­tes und inter­es­sier­tes Publi­kum dar.


Wird der VHS-Kurs neue Erkennt­nis­se zum Dom bie­ten? Bezie­hungs­wei­se kön­nen sol­che Erkennt­nis­se über­haupt noch gewon­nen wer­den oder ist in Sachen Dom alles erforscht?

Mat­thi­as Scher­baum: Alle Berei­che des Empi­ri­schen, so eben auch die For­schun­gen zum Bam­ber­ger Dom, sind in prin­ci­pio unab­schließ­bar. Das ist einer­seits viel­leicht etwas frus­trie­rend, weil es kein abschlie­ßend gesi­cher­tes Wis­sen hier­über geben kann – ande­rer­seits aber auch immens auf­re­gend, weil es de fac­to immer was Neu­es zu fin­den, zu inter­pre­tie­ren, zu dis­ku­tie­ren und so wei­ter gibt. Ich habe immer wie­der dazu gear­bei­tet und bin aktu­ell auch gera­de dabei, etwas zum Dom zu erfor­schen, mein Ste­cken­pferd sind die Dom­skulp­tu­ren, bin mir aber noch nicht ganz sicher, ob ich das in dem Kurs bespre­chen wer­de, viel­leicht ein oder zwei Aspek­te mal kurz berüh­ren, sicher­lich wer­de ich dazu noch zwei, mög­li­cher­wei­se auch drei Publi­ka­tio­nen ver­fas­sen, aber das ist noch nicht so ganz sicher. Aber ja: Neue Erkennt­nis­se zum Bam­ber­ger Dom sind immer drin, das steht außer Frage.


Der Dom beher­bergt zahl­rei­che Kunst­wer­ke – wel­che sind die beson­ders erwähnenswerten?

Mat­thi­as Scher­baum: Das lässt sich gar nicht so ein­fach sagen. Natür­lich ist der Rei­ter das her­aus­ra­gen­de Kunst­werk des Doms, sei­nen Bekannt­heits­grad anbe­lan­gend, aber auch das Kai­ser­grab von Rie­men­schnei­der ist aus­ge­spro­chen und zu Recht berühmt. Sehr schön und in gewis­ser Wei­se auch sehr wit­zig ist etwa das Chor­ge­stühl im West­be­reich des Doms, das Fürs­ten­por­tal hat aus meh­rer­lei Hin­sicht zwei­fel­los euro­päi­sche Bedeu­tung, als Ein­zel­skulp­tu­ren sind beson­ders zwei Frau­en­fi­gu­ren her­vor­zu­he­ben: Die Syn­ago­ga sowie die „Alte Frau im anti­ken Gewand“ sind aus vie­ler­lei Hin­sicht wirk­lich atem­be­rau­bend. Beson­ders gelun­gen fin­de ich aber auch das 1996 ent­stan­de­ne Kreuz des gebür­ti­gen Würz­bur­gers Fritz König in der West­kryp­ta des Bam­ber­ger Doms, das aller­dings nur mit Füh­run­gen zugäng­lich ist – ein, wie ich fin­de, aus­ge­spro­chen bemer­kens­wer­tes, tief­sin­ni­ges und schö­nes Bei­spiel moder­ner Sakralkunst.


Letz­tes Jahr wur­den aller­dings For­de­run­gen laut, zwei stei­ner­ne Figu­ren im Bam­ber­ger Dom, Eccle­sia und Syn­ago­ge, die die christ­li­che und die jüdi­sche Reli­gi­on dar­stel­len, zu ent­fer­nen, weil sie ver­meint­lich das Juden­tum abwer­ten. Was hal­ten Sie von die­sen Forderungen?

Mat­thi­as Scher­baum: Das Fürs­ten­por­tal an der Nord­sei­te des Doms ist links und rechts von zwei Säu­len ein­ge­rahmt, auf denen zwei Groß­plas­ti­ken ste­hen. Die jet­zi­gen Figu­ren sind Kopien, die Ori­gi­na­le hier­von befin­den sich im Inne­ren des Doms und zwar an den süd­li­chen Ost­chor­schran­ken, wenn man in den Dom hin­ein­geht gleich hin­ter der Adams­pfor­te. Es han­delt sich hier­bei um zwei Frau­en­fi­gu­ren, wobei die vom Betrach­ter aus gese­hen lin­ke Dame die Eccle­sia – das heißt die Sym­bo­li­sie­rung der christ­li­chen Kir­che – und die rech­te Dame die Syn­ago­ga, also die Sym­bo­li­sie­rung des Juden­tums dar­stellt. Vor ziem­lich genau einem Jahr hat ein Erlan­ger Mit­ar­bei­ter der Erz­diö­ze­se Bam­berg in einem Vor­trag die The­se ver­tre­ten, dass es sich hier­bei um eine Dif­fa­mie­rung des Juden­tums han­delt, wes­we­gen er auch für einen Abbau der Ori­gi­na­le im Inne­ren des Doms plä­diert hat. Der Frän­ki­sche Tag hat hier­über mehr­fach berich­tet. Hin­ter­grund für die­se Auf­fas­sung ist der Umstand, dass die Eccle­sia mit Kro­ne dar­ge­stellt ist, ursprüng­lich hielt sie in ihren Hän­den – was mitt­ler­wei­le abge­bro­chen ist – einen Kreuz­stab mit Fah­ne sowie einen Abend­mahls­kelch, wäh­rend die Syn­ago­ga bis heu­te gut sicht­bar eine Augen­bin­de trägt und einen zer­bro­che­nen Stab in ihrer rech­ten Hand hält. Damit wird auf sym­bo­li­sche Wei­se die Eccle­sia als Sie­ge­rin, die Syn­ago­ga als Ver­lie­re­rin der Heils­ge­schich­te ver­an­schau­licht, wobei der Grund, wes­we­gen die Syn­ago­ga als Ver­lie­re­rin erscheint, vor­ran­gig dar­in liegt, dass sie den Mes­si­as in der Per­son Jesu Chris­ti nicht erkannt hat. Im Kon­text des Fürs­ten­por­tals ist dies ein­ge­bun­den in ein umfang­rei­ches wei­te­res Skulp­tu­ren­pro­gramm, das eine sehr gro­ße und kom­ple­xe Geschichts­auf­fas­sung, die ich hier nicht aus­führ­lich erläu­tern kann, zum Aus­druck bringt, was aber in der iso­lier­ten Form im Innen­raum des Doms nicht in die­ser Wei­se erkenn­bar wird. Im bibli­schen Hin­ter­grund hier­von ist etwa die Rede von den zwei Bräu­ten Chris­ti, wie man das bei Pau­lus fin­den kann. Es ist sicher­lich eine gute Sache, die­ses iko­no­gra­phi­sche Pro­gramm zu erläu­tern, da es in aller Regel den Men­schen heu­te nicht mehr unmit­tel­bar ver­ständ­lich ist, wes­we­gen auch, zumal in die­sem Jahr: 1700 Jah­re Juden­tum in Deutsch­land, vie­le Pro­gram­me hier­zu im Rah­men des Bam­ber­ger Doms lau­fen, wie etwa Spe­zi­al­füh­run­gen, ver­schie­de­ne Auf­sät­ze, wahr­schein­lich auch Erläu­te­run­gen auf Tafeln und so wei­ter, aber eine Ent­fer­nung wäre aus vie­ler­lei Hin­sicht sicher­lich kon­tra­pro­duk­tiv. Zum einen, weil Iko­no­klas­mus, also Bil­der­sturm, mei­nes Wis­sens nach immer Vor­bo­te bezie­hungs­wei­se Sym­ptom von poli­ti­scher oder reli­giö­ser Gewalt gewe­sen ist und gera­de das, was in die­sem Fall wich­tig ist, näm­lich Auf­klä­rung und Dia­log, unter­bun­den hat. Zum ande­ren, weil die­se Kunst­wer­ke selbst­re­dend denk­mal­ge­schützt sind und ein hohes Kul­tur­gut dar­stel­len, an dem nicht nur die Kunst­ge­schich­te Inter­es­se hat. Und schließ­lich auch, weil es die eige­ne Posi­ti­on in sol­chen Fra­gen unglaub­wür­dig machen wür­de: Man ver­ur­teilt die Tali­ban, weil sie in Afgha­ni­stan die denk­mal­ge­schütz­ten Bud­dha-Sta­tu­en zer­stört haben, wür­de aber, wenn auch sicher­lich in abge­schwäch­ter Form, aber nichts­des­to­trotz von der Inten­ti­on her etwas Ver­gleich­ba­res vor der eige­nen Haus­tür unter­neh­men. Auf­klä­rung und Erklä­rung hal­te ich für gut, eine Ent­fer­nung des Figu­ren­pär­chens wür­de in mei­nen Augen lang­fris­tig ver­mut­lich mehr Pro­ble­me erzeu­gen, als lösen, zumal es der The­ma­tik, um die es hier geht, sach­lich nicht gerecht wer­den würde.


Lässt sich ein­schät­zen, wel­che Bedeu­tung der Dom für die Bam­ber­ge­rin­nen und Bam­ber­ger hat? Inwie­weit geht sie über die eines blo­ßen Got­tes­hau­ses hinaus?

Mat­thi­as Scher­baum: Soweit ich dar­über etwas sagen kann, hät­te ich den Ein­druck, dass die Bedeu­tung des Doms für die Bam­ber­ger hete­ro­gen ist. Und das aus min­des­tens zwei Hin­sich­ten: Man­che ken­nen den Dom so gut wie gar nicht, die Mehr­heit wohl schon. Und von denen, die ihn ken­nen, fin­den ihn eini­ge aus ästhe­ti­schen, welt­an­schau­li­chen oder sons­ti­gen Grün­den nicht so gut, es gibt aber auch vie­le, von denen ich auch per­sön­lich recht viel ken­ne, die den Dom sehr mögen. Eine Freun­din von mir, gebür­ti­ge Bam­ber­ge­rin, auf­ge­wach­sen in Bam­berg-Ost, mitt­ler­wei­le in ihren 50ern, hat, zumin­dest laut Selbst­aus­sa­ge damals, 2012 zum 1000-jäh­ri­gen Jubi­lä­um, den Dom zum ers­ten Mal in ihrem Leben betre­ten. Auf mei­ne ver­wun­der­te Nach­fra­ge ihre Ant­wort: Aus Bam­berg-Ost geht ma nett in Dom! Mitt­ler­wei­le ist der Dom ihr Arbeits­platz gewor­den, was sie dazu ver­don­nert, als Öst­le­rin, regel­mä­ßig das Gebäu­de auf­zu­su­chen und zu betre­ten, was aber, so zumin­dest mein Ein­druck, ihr kei­ne Bauch­schmer­zen mehr ver­ur­sacht. So gese­hen gibt es also ganz kurio­se Bei­spie­le für eine Neo- oder Re-Iden­ti­fi­ka­ti­on von Bam­ber­gern mit dem Dom. Ableh­nung des­sel­ben habe ich vor allem aus ästhe­ti­schen Grün­den erlebt, vie­le emp­fin­den den Dom von Innen als zu kahl, zu kühl, zu ste­ril und so wei­ter, sel­ten gibt es einen grund­sätz­li­chen anti­kle­ri­ka­len, reli­gi­ons- oder chris­ten­tums­kri­ti­schen Impe­tus, was aber vor­ran­gig poli­tisch, ideo­lo­gisch moti­viert ist. Sie spre­chen die reli­giö­se Pra­xis an: Gene­rell sind die Zah­len der Kir­chen- bezie­hungs­wei­se Got­tes­dienst­be­su­cher euro­pa­weit rück­läu­fig, das ist in Bam­berg auch so. Die Sonn­tags- und vor allem Weih­nachts­mes­sen sind rela­tiv gut besucht, Oster­mes­sen eben­falls, der Dom fun­giert auch als belieb­te Hoch­zeits­kir­che, Tau­fen sind recht häu­fig, aber den ganz klar über­wie­gen­den Groß­teil der Besu­cher stel­len Tou­ris­ten. Ich schät­ze mal, dass die Bedeu­tung des Doms für die Bam­ber­ger eini­ger­ma­ßen hete­ro­gen ist – eini­gen bedeu­tet er viel, wie etwa mir und vie­len Kol­le­gen und Mit­ar­bei­tern der Erz­diö­ze­se, für ande­re ist er halt ein­fach da, wird zu Kennt­nis genom­men, aber mehr dann auch nicht, es hängt den­ke ich stark von der jewei­li­gen Per­son und ihrem jewei­lig geis­ti­gen Hin­ter­grund ab.


Falls es so etwas wie eine Bam­ber­ger Iden­ti­tät gibt – wel­che Rol­le spielt der Dom dabei?

Mat­thi­as Scher­baum: Auch das wür­de ich mei­nen ist sehr stark abhän­gig von der jewei­li­gen indi­vi­du­el­len Per­son, ich kann dazu so gut wie nichts All­ge­mein­gül­ti­ges sagen. Wobei der Dom sicher­lich durch sei­ne gro­ße Prä­senz, direkt optisch, man sieht ihn etwa bereits von ver­schie­de­nen Stel­len der Bahn­glei­se, oder auch indi­rekt, wie etwa in der Braue­rei Kai­ser­dom oder dem Bam­ber­ger Rei­ter als Logo der Stadt, in der Gast­stät­te „Dom­ter­ras­sen“, oder als Motiv auf diver­sen Wer­be­trä­gern, sehr viel mit der Stadt Bam­berg zu tun hat und jemand, der ger­ne in Bam­berg lebt und die Stadt ins­ge­samt gut fin­det, sicher­lich auch ein posi­ti­ves Ver­hält­nis zu die­sem Bau­werk haben dürfte.


In Köln heißt es: Wenn der Köl­ner Dom voll­endet ist, geht die Welt unter. Gibt es zum Bam­ber­ger Dom ähn­li­che Sprichwörter?

Mat­thi­as Scher­baum: Es gibt einen gan­zen Sagen- und Legen­den­kranz in Bezug auf den Bam­ber­ger Dom, bei­spiels­wei­se die „Dom­krö­ten“, der „Teu­fels­bau­meis­ter“, die Legen­den um Hein­rich II. und Kuni­gun­de auf dem Kai­ser­grab, bei denen immer wie­der auch ganz ähn­lich apo­ka­lyp­ti­sche Sze­na­ri­en wie das von Ihnen ange­führ­te Köl­ner Bei­spiel eine Rol­le spie­len, aber ein in die­sem Sinn ver­gleich­bar kna­cki­ger Spruch den Bam­ber­ger Dom anbe­lan­gend ist mir in die­ser Form soweit nicht bekannt, außer viel­leicht fol­gen­dem: „Wer zum Bam­ber­ger Dom will, muss durch die Höl­le gehen“ – was ich vor ein paar Jah­ren mal von Schü­lern gehört hab, die vom Ste­phans­berg kom­mend über den Schul­platz Rich­tung Dom­grund unter­wegs waren, und damit offen­bar auf den ent­spre­chen­den Stra­ßen­na­men bei der Obe­ren Pfar­re ange­spielt haben, was so gese­hen als lau­ni­ger Spruch Jugend­li­cher, weni­ger als eta­blier­tes geflü­gel­tes Wort ver­stan­den wer­den kann, aber nichts­des­to­trotz natür­lich ganz wit­zig ist.