Das oberfränkische Handwerk beweist in der Pandemie Robustheit, wie die Handwerkskammer für Oberfranken mitteilt. So weisen wesentliche Konjunkturdaten trotz der teils erheblichen
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Konjunktur im I. Quartal 2021
Licht und Schatten im oberfränkischen Handwerk
Das oberfränkische Handwerk beweist in der Pandemie Robustheit, wie die Handwerkskammer für Oberfranken mitteilt. So weisen wesentliche Konjunkturdaten trotz der teils erheblichen Einschränkungen für einzelne Gewerke nach oben, auch die Frühjahrsbelebung bildet sich in den Zahlen ab.
„Wir sind froh, dass das Handwerk insgesamt so stabil ist“, sagt der Vizepräsident der Handwerkskammer für Oberfranken, Matthias Graßmann. „Allerdings darf das Ergebnis nicht darüber hinwegtäuschen, dass die wirtschaftliche Lage in vielen Gewerken nach wie vor sehr angespannt ist. Wir haben also sowohl viel Licht, als auch viel Schatten in der Konjunktur.“ Besonders wichtig sei aber, dass die Konjunkturentwicklung des I. Quartals wieder einen optimistischeren Blick in die Zukunft weist als das Ende 2020 der Fall war. So gehen mit 62 % fast zwei Drittel der befragten Unternehmen nicht von einer weiteren Verschlechterung aus, 21 % rechnen gar mit einer besseren Situation.
Der Geschäftsklimaindex im oberfränkischen Handwerk stieg im I. Quartal 2021 auf den Wert von 111, obwohl große Teile der Wirtschaft noch im Lockdown verharren, der Ende 2020 noch zu einem deutlichen Einbruch führte (99). Wesentliche Treiber des Handwerks sind dabei nach wie vor die Bau- und Ausbauhandwerke, denen die Krise kaum anzumerken ist. „Alle anderen Gewerke leiden deutlich stärker unter der Corona-Krise und haben weiterhin mit teils großen Einbußen zu kämpfen“, differenziert Geschäftsführer Rainer Beck die Zahlen. „Daher können auch wir im Handwerk noch keine Entwarnung geben.“
Große konjunkturelle Unterschiede zwischen den einzelnen Gewerken
Die großen konjunkturellen Unterschiede zwischen den einzelnen Handwerkszweigen zeigen sich vor allem bei der Betrachtung der Kapazitätsauslastung. Während in den Bau- und Ausbauhandwerken gut die Hälfte der Betriebe eine 100-prozentige oder höhere Auslastung bestätigten, kehrt sich das Bild in allen anderen Bereichen um. Vor allem Friseure und Kosmetiker, die lange geschlossen bleiben mussten und auch jetzt erhebliche Anforderungen bei den Hygiene- und Schutzmaßnahmen zu erfüllen haben, aber auch industrienahe Zulieferer und Betriebe des gewerblichen Bedarfs arbeiten noch immer weit unter ihren Möglichkeiten. Fast die Hälfte meldete eine Betriebsauslastung von maximal 70 %. Im Kfz-Bereich ist die Auslastung sogar noch etwas niedriger, was in erster Linie auf die Einschränkungen im Handel zurückzuführen sein dürfte. „Über alle Gewerke hinweg weisen die oberfränkischen Betriebe derzeit durchschnittlich eine Auslastung von 74 % aus, was zwar dem Vorquartalswert entspricht, aber weiterhin deutlich unter dem Schnitt der letzten Jahre liegt“, fasst Beck zusammen.
Handwerk als Arbeitgeber verlässliche Größe
Die Konjunkturzahlen der ersten drei Monate des Jahres zeigen damit auch, dass trotz beginnender Erholung das Vorkrisenniveau 2021 nicht mehr erreicht wird – auch wenn die Auftragseingänge wieder etwas zugenommen haben, die Auftragsreichweite gestiegen ist (durchschnittlich 9 Wochen) und eine Umsatzsteigerung erwartet wird. Gleichwohl bleibt das Handwerk als Arbeitgeber für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pandemie eine verlässliche Größe, der Arbeitsmarkt zeigt sich trotz leicht negativem Saldo stabil. Der Geschäftsführer: „Der negative Saldo im I. Quartal dürfte in erster Linie saisonal bedingt sein, diese Schwankung gibt es Jahr für Jahr – unabhängig von der Pandemie.“
„Jetzt endlich Verlässlichkeit gefordert“
Diese Robustheit des Handwerks, die auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Krise Halt und Sicherheit gibt, darf aus Sicht des Vizepräsidenten der Handwerkskammer für Oberfranken nun nicht mehr weiter belastet werden. „Wir brauchen jetzt angesichts der neuerlichen Verschärfungen der Pandemie-Regeln in Bayern und der Diskussion um eine bundeseinheitliche Regelung qua Gesetz endlich Planungssicherheit für unser Betriebe“, fordert Matthias Graßmann. „Diese muss eine Verlässlichkeit beinhalten, die dem ewigen Hin und Her Einhalt gebietet und auch eine Öffnungsstrategie skizziert, die dann auch tatsächlich umgesetzt wird.“ Graßmann lehnt auch die vom Bundeskabinett beschlossene, gesetzliche Verpflichtung für Arbeitgeber rundweg ab, ihren Beschäftigten Tests anzubieten. „Das ist das falsche Signal und belastet unsere Handwerksbetriebe zusätzlich in einer für sie ohnehin schwierigen Lage. Diese gesetzgeberisch unnötige Aktion ist der Versuch, die beim Staat liegende Verantwortung für die Pandemiebekämpfung auf die Wirtschaft zu verlagern.“
Einschätzung aus einzelnen Handwerkszweigen
Die Bau- und Ausbauhandwerke bleiben die Konjunkturtreiber im oberfränkischen Handwerk und melden starke Werte. 95 % beziehungsweise 94,5 % haben eine gute oder befriedigende Geschäftslage.
Zulieferer und Betriebe des gewerblichen Bedarfs bewegen sich auf Vorjahresniveau und verzeichnen keine merkliche Erholung. Dennoch ist die Lage besser als in anderen Gewerken. 70 % sind zumindest mit den Geschäften zufrieden.
Im Kfz-Handwerk hat sich die wirtschaftliche Lage im Vorjahresvergleich zwar leicht verbessert, dennoch leiden die Betriebe weiterhin stark unter den Einschränkungen, sodass 46,5 % eine schlechte Geschäftslage vorweisen. Das I. Quartal ist für den Automobilhandel schlecht gelaufen.
Die Nahrungsmittelhandwerke kommen weiterhin etwas besser durch die Krise. Zwar haben auch sie merkliche Umsatzausfälle, können die Verluste aber wenigstens teilweise kompensieren. 38,5 % haben eine gute, 43 % noch eine befriedigende Geschäftslage.
Bei den Gesundheitshandwerken stellt sich die Lage wie im Vorjahr weiterhin schwierig dar. Bei 59 % der Befragten ist die Geschäftslage schlecht.
Friseure und Kosmetiker waren im I. Quartal 2021 erneut von behördlich angeordneten Betriebsschließungen betroffen. Dementsprechend beurteilt die Mehrheit mit 59 % die wirtschaftliche Lage als schlecht.
Kreishandwerkerschaft Bamberg
Konjunkturelle Achterbahnfahrt
Das Handwerk in Stadt und Landkreis Bamberg hat die Auswirkungen der Corona-Pandemie bislang deutlich weniger zu spüren bekommen als die örtliche Industrie. Während die Betriebe aus dem Bau- und Ausbauhandwerk nahezu unbeschadet durch die Krise gekommen sind, haben industrienahe Handwerksbetriebe deutliche wirtschaftliche Einbußen hinnehmen müssen. Hinzu kommt ein seit längerem herrschender Personalmangel. Manfred Amon ist Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Bamberg. Mit ihm haben wir über den Zustand der örtlichen Handwerksbranche gesprochen.
Herr Amon, wie geht es der oberfränkischen Handwerksbranche, lässt sich die wirtschaftliche Entwicklung des Jahres 2020 bereits beziffern?
Manfred Amon: Laut der Handwerkskammer für Oberfranken lässt sich das Jahr 2020 für das oberfränkische Handwerk in der Gesamtheit noch nicht beziffern, daher können nur allgemeine Aussagen getroffen werden. Für die oberfränkischen Handwerksbetriebe glich das Jahr 2020 einer konjunkturellen Achterbahnfahrt. Nach einem starken Start hat der Lockdown im Frühjahr auch der Handwerkswirtschaft einen starken Dämpfer verpasst. Zwar hat sich das Handwerk nach den ersten Lockerungen wieder aufgerappelt und erholt, durch den aktuell anhaltenden Teil-Lockdown werden allerdings einige Betriebe abermals konjunkturell ausgebremst. Insbesondere Gewerke, die direkt von den Einschränkungen betroffen sind, wie Kosmetiker oder die Lebensmittelhandwerke, haben erneute Umsatzeinbußen. Für das Jahr 2020 gehen wir daher davon aus, dass das oberfränkische Handwerk einen Umsatzrückgang von circa 4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen wird. Damit ist das Handwerk – im Vergleich zu anderen Branchen – bisher zwar nicht ungeschoren, aber besser als zunächst erwartet durch die Krise gekommen, insbesondere mit Blick auf die Beschäftigtenentwicklung. Die Beschäftigtenzahl konnte über das Jahr konstant gehalten werden.
Dennoch ist die finanzielle Perspektive für viele Betriebe ungewiss. Fast jeder zweite Betrieb rechnet mit zunehmenden finanziellen Engpässen. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die nach wie vor nicht absehbare Entwicklung der Pandemie und ihrer wirtschaftlichen Folgen ist es weiter wichtig, mit staatlichen Hilfsmaßnahmen den Betrieben unter die Arme zu greifen. Deutlichere Spuren hat die Corona-Pandemie übrigens im Ausbildungsmarkt hinterlassen. Im Vergleich zum Vorjahr beträgt der Rückgang an neu geschlossenen Ausbildungsverträgen etwa 8 Prozent, während der Bedarf an Fachkräften weiterhin hoch ist.
Wäre ein Hausbau derzeit verhältnismäßig teuer oder billig?
Manfred Amon: Aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase hält der Trend zum Eigenheimbau an. Während die Preise am Bau nahezu konstant geblieben sind, steigen die Grundstückspreise aufgrund des knappen Baulandangebots in der Region stetig an.
Gibt es innerhalb der Branche Unterschiede in den Auswirkungen der Pandemie? Welche Gewerke sind mehr, welche weniger betroffen?
Manfred Amon: Aufgrund der Inhomogenität des Handwerkssektors sind auch die wirtschaftlichen Folgen für die einzelnen Gewerke sehr unterschiedlich. Das Bau- und Ausbauhandwerk in Stadt und Landkreis Bamberg spürt beispielweise nur wenig bis gar nichts von der Krise. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt. Lediglich Wartungstermine werden vereinzelt seitens der Kunden verschoben. Und auch das Lebensmittelhandwerk ohne Catering ist bislang robust durch die Krise gekommen. Für industrienahe Zuliefergewerke, Betriebe aus dem Lebensmittelhandwerk, die eng mit der Gastronomie verbunden sind oder Catering anbieten, sowie für persönliche Dienstleistungen wie Friseure und Kosmetikstudios, sind die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie dagegen deutlicher spürbar.
Einige industrienahe Handwerksbetriebe in der Region Bamberg, insbesondere im Metallbereich, haben Probleme ihre Produktion am Laufen zu halten, weil Lieferketten unterbrochen sind.
Auch personelle Engpässe machen den Betrieben zunehmend zu schaffen, da immer mehr Mitarbeiter krankheits- oder quarantänebedingt ausfallen. Die gestiegenen Anforderungen an Hygiene- und Schutzvorkehrungen sind vor allem für diejenigen Handwerker eine zusätzliche Belastung, für die das körpernahe Arbeiten unabdingbar ist. Die schwierigen Geschäfte in einigen Gewerken machen sich auch bei den Ausbildungsplätzen bemerkbar. Konkrete Zahlen zu den negativen Auswirkungen der betroffenen Handwerksbetriebe liegen uns bislang jedoch noch nicht vor.
Doch hat die Krise im regionalen Handwerk auch kreative Kräfte freigesetzt. Mit einem Lieferservice, besonderen Angeboten und einer Umstrukturierung der Produktion reagierten einige Betriebe auf die veränderte Situation. Vor allem im Hinblick auf die Digitalisierung hat sich hier viel bewegt.
Gibt es in der Branche wiederkehrende Klagen? Wenn ja, welche?
Manfred Amon: Größte Herausforderungen des Handwerks neben der aktuellen Corona-Krise ist der seit langem bestehende Fachkräfte- und Nachwuchsmangel. Oberfrankenweit ist im Handwerk ein deutlicher Rückgang an Auszubildenden in den vergangenen zehn Jahren zu verzeichnen. Die regionalen Handwerksbetriebe haben viele potenzielle Auszubildende an die Industrie verloren. Diese Entwicklung ist durch die zunehmende Akademisierung der Gesellschaft noch verschärft worden. Die Corona-Krise, die teils zu massiven Umsatzeinbrüchen in der Industrie geführt und die Zukunftsperspektiven in der Industrie eingetrübt hat, könnte sich deshalb mitunter positiv auf die Fachkräfte- und Nachwuchssituation im Handwerk auswirken.
Zur Handwerksbranche gehört auch das Sanierungsgewerbe. In welchem Zustand befindet sich dieses? Sehen Sie beim Sanieren eine verstärkte Nachfrage? Welche Instandhaltungsmaßnahmen werden derzeit verstärkt durchgeführt? Wenn ja, wie erklären Sie sich diesen Trend?
Manfred Amon: Gerade kleinere Bauvorhaben von privaten Eigentümern wurden und werden derzeit vermehrt angegangen. Vor allem die Tatsache, dass mehr zuhause verweilt und gearbeitet wird, hat manch einen dazu veranlasst, mehr ins eigene Heim zu investieren. Dabei spielt auch eine Rolle, dass zum Beispiel bei energiewirksamen Investitionen wie einer Wärmedämmung, dem Austausch von Fenstern oder auch der Heizungsmodernisierung staatlicherseits mit beträchtlichen Hilfen gefördert wird. Wenn ein Hauseigentümer sieht, dass er keine Zinsen bekommt und damit angesichts auch einer nur geringen Preissteigerung das Geld auf der Bank weniger wert wird, dann liegt der Gedanke nahe, in Immobilienwerte zu investieren. Zudem wurde in diesem Jahr deutlich weniger Geld für Reisen aufgewendet. Auch dieses übrige Kapital fließt mitunter in Sachinvestitionen, vor allem eben in Bau- und Umbaumaßnahmen.
In einer immer älter werdenden Gesellschaft muss altersgerecht gebaut werden. Wie hoch ist hierbei die Nachfrage? Wie ist die Branche für dieses Thema aufgestellt?
Manfred Amon: Die Nachfrage zu altersgerechter Bauweise nimmt stetig zu, das regionale Handwerk ist hierfür bestens gerüstet. Gestiegene Nachfrage besteht im Bereich Elektrotechnik nach Smart Home-Lösungen. Hier steht die Bedienung elektrischer Anlagen zum Beispiel über Sprachsteuerung hoch im Kurs.