Unsere Kulturreferentin, die gefeierte, die Premiumlösung in so schwierigen Zeiten, die beste, die sie ohne Ausschreibung dank eines glücklichen Zufalls im Rathaus
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Kolumne
Florian Herrnleben zur Oberen Sandstraße 20
Unsere Kulturreferentin, die gefeierte, die Premiumlösung in so schwierigen Zeiten, die beste, die sie ohne Ausschreibung dank eines glücklichen Zufalls im Rathaus finden konnten, die ehemalige persönliche Pressesprecherin, vormals Redakteurin im Gute-Laune-Guten-Morgen-Juhu-Radio, hatte eine Idee: Die Obere Sandstraße 20, seit rund einem Jahr im Eigentum der Stadt Bamberg, die Bruchbude, die über Nacht nur wenige Tage vor der letzten Sandkerwa (die älteren unter uns erinnern sich an diese Festivität) in ein modisches Stützkorsett geschossen werden musste, soll nun ein Kulturhaus werden.
Nachdem sich Seilerei, Kesselhaus, Lagarde, Villa Dessauer, der Liveclub, das Staubsche Haus und wahrscheinlich noch ein paar mehr Gebäudlichkeiten und Grundstücke, von denen ich nicht mal was weiß, als vielversprechende, glänzende Zentren für Kultur erst gefeiert und früher oder später als ungeeignet oder ungewollt herauskristallisiert haben, hielt man zusätzlich noch in den letzten Jahren die sogenannte Tabakscheune wie eine Monstranz als DIE Lösung für das Marionettentheater in den Himmel. Das Staubsche Haus, seit vielen Jahrzehnten Herberge des ehemals Loos’schen Theaters, muss renoviert werden und steht anschließend aus irgendwelchen Stiftungsgründen nicht mehr zur Verfügung. – Am Michelsberg und bei der Musikschule fand man für solche Probleme übrigens Lösungen, weil man wollte. – Egal! Es schien halt nun aufs Tabakhaus rauszulaufen und eventuell hatte man sogar vieles richtig gemacht:
Der städtische Bebauungsplan 105D sieht nämlich eine verpflichtende Sanierung der Tabakscheune für den Grundstückserwerber vor. Der Grundstücksdeal dazu ging vor einigen Jahren über die Bühne, die Tabakscheune bröckelt bis heute vor sich hin und hat inzwischen – so munkelt man – hohe sechsstellige Planungskosten bei der Stadt und ihren Stiftungen verbrannt (was für ein lustiges Wortspiel in Verbindung mit Tabakscheune). Kindergarten: Gescheitert. Arztpraxis: Gescheitert. Marionettentheater, so erfuhr der gemeine Bamberger gestern aus der Pressemitteilung, irgendwie auch gescheitert. Oder nicht. Oder was auch immer. Man beziehungsweise die Kulturreferentin fasst nun jedenfalls plötzlich die OS20 als was für eine tolle Idee ins Auge. – Muss man nicht ein paar Fragen stellen, wie zum Beispiel ob ein Marionettentheater bei einer Raumhöhe von 2,20m realisierbar ist?
Eigentlich nicht! Lassen wir es einfach. Es nervt.
Es geht hier schlicht und ergreifend wieder mal nur darum, eine tolle Idee zu einer Idee zu einer Idee zu einer Planung zu einem Konzept zu einer Idee zu präsentieren, die man mit zwei, drei typischen Jubelpressemitteilungen aus dem dafür extra geschaffenen Amt feiern kann, um Zeit zu gewinnen, um im Nachgang (3, 4 Jahre) zu bedauern, dass es leider nicht geklappt hat, weil es nicht finanzierbar war. Es sind – zusammengefasst – wieder einmal nur propagandistische Zieldefinitionen wie wir sie seit Jahren aus dieser Stadtverwaltung kennen.
„Herrnleben, übertreib nicht!“ – Muss ich gar nicht: Seilerei, Kesselhaus, Lagarde, Villa Dessauer, der Liveclub, das Staubsche Haus, die Tabakscheune, House of Music, … – Die OS20 wird sich einreihen, weil der Beweis bereits erbracht wurde. Die Stadt will nicht.
Aber die Kulturreferentin hatte halt nun mal eine Idee, für deren Scheitern sie am Ende nix kann. Sie hatte ja nur die Idee. Wie sagte ein stadtbekannter Kolumnist kürzlich: „Niemand wird der freien Kulturwelt dieser Stadt so schön vorschwurbeln können, wie sie den Bach runter geht, wie eine ehemalige Pressesprecherin.” – Aber ja! Juhu! Sie hat eine aktuelle Raumnot auf ein leerstehendes Gebäude gelegt. Wie so auf einem Puzzlebrett mit fünf Formen für Zweijährige. Leider den Kreis aufs Quadrat. – Aber man fängt ja klein an. – Schademarmelade.
Ich hab übrigens auch tolle Ideen: Eine Brauerei mit moderner Filteranlage am Abfluss eines Klowagens und eine Stadt ohne Propagandaamt.
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Diskussion über neuen Spielort für das Marionettentheater
Tanzen in der Sandstraße künftig die Puppen?
Eigentlich galt die Tabakscheune als neue Spielstätte für das Marionettentheater als gesetzt. Doch nun hat sich mit dem Sound-n-Arts-Gebäude in der Oberen Sandstraße 20 eine interessante Alternative ergeben, die etliche Vorzüge bietet. Der Hintergrund ist, dass es der Stadt Bamberg gelungen ist, das Gebäude in Besitz und Eigentum zu übernehmen und diese plant, hier ein Kulturhaus zu errichten.
Auch wenn die Zeitschiene über die Entwicklung und Sanierung des Gebäudes noch nicht feststeht, laufen die Planungen hinsichtlich der Nutzung bereits auf Hochtouren. Fest steht bislang eine Clubnutzung im Keller. Doch was geschieht mit den übrigen Räumlichkeiten? In einer Onlinekonferenz hat Kulturreferentin Ulrike Siebenhaar nun alle Beteiligten an einen Tisch geholt, um gemeinsam zu eruieren welche Nutzungen denkbar wären. Mit dabei: die BetreiberInnen des Marionettentheaters, der Bürgerverein im Sand, die IG InteresSand, die Schutzgemeinschaft „Alt Bamberg“, die Initiative „Sound braucht Raum“, der Verein „Bamberger Festivals“, die BetreiberInnen des Stilbruch sowie des Sound-n-Arts und VertreterInnen der Bamberger Stadtverwaltung.
Ein Marionettentheater in der Sandstraße? Auf den ersten Blick hin scheint es nur schwer vorstellbar, dass eine solche Einrichtung in einer von Kneipen, Bars und Clubs gepflasterten Straße sinnvoll wäre. Doch schon beim zweiten Hinschauen wird schnell klar: Warum nicht? Sehr schnell liegen klare Vorteile auf der Hand: Während des Tages findet die Sandstraße weder bei den BambergerInnen noch bei BesucherInnen der Stadt sonderlich großes Interesse. Eine Einrichtung, die bereits schon am Nachmittag oder am frühen Abend Kulturinteressierte anzieht, würde das Quartier insgesamt beleben und dürfte auch die Gastronomen und EinzelhändlerInnen freuen, die mit ihren schönen Geschäften und gemütlichen Kneipen zum Flanieren und Verweilen in die Sandstraße einladen. „Außerdem“, so betont Kulturreferentin Ulrike Siebenhaar, „käme mit dem Marionettentheater nochmal ein ganz anderes Publikum in die Sandstraße, was bei der Weiterentwicklung des gesamten Quartiers bestimmt auch neue Impulse nach sich ziehen würde.“ Diese Meinung teilt auch Barbara Kropf, Vorsitzende des Bürgervereins Sand. Sie sieht eine Spielstätte des Marionettentheaters in der Oberen Sandstraße 20 als „einen großen Gewinn für den Sand“. Auch Stadtheimatpflegerin Stefanie Eißig kann der Idee einiges abgewinnen. Sie verweist in der Onlineschalte jedoch auf die Raumhöhenthematik. „Der Charakter des Einzeldenkmals darf keinesfalls durch eine zwanghafte Anpassung des Gebäudes an Erforderlichkeiten einer Nutzung verändert werden“, so Eißig.
Bisherige Spielstätte soll nach Sanierung ausschließlich für Wohnzwecke genutzt werden
Für die Macher des Marionettentheaters wäre der neue Standort ebenfalls denkbar. „Wenn wir das Staubsche Haus als historische Gründungstätte des Bamberger Marionettentheaters verlassen müssen, dann ist eine attraktive Lage in der Innenstadt, mit guter Frequenz von Touristen und auch heimischen Spaziergängern, ganz sicher besser als an einem eher abgelegenen Ort in unserem schönen Bamberg“, so Maria Sebald, Theaterleitung des Theaters. Die bisherige Spielstätte im Staubschen Haus muss das Theater zeitnah schweren Herzens aufgeben. Das Haus, das im Besitz der Krankenhausstiftung ist, muss komplett saniert werden und soll dann ausschließlich für Wohnzwecke genutzt werden. Die Mietkosten müssten sich dabei an der ortsüblichen Miete orientieren. Da der Stiftungszweck der Krankenhausstiftung keine Sonderkonditionen für eine kulturelle Nutzung ermöglicht, wären die Mietkosten nach der Sanierung für das Marionettentheater kaum noch finanzierbar. Zudem könnte es aufgrund einer kulturellen Nutzung mit Zuschauerbetrieb Schwierigkeiten mit den Mietparteien geben. „Insofern wäre der Standort in einem Kulturhaus in der Oberen Sandstraße 20 eine reizende Lösung: Am frühen Abend genießen unsere Gäste Kultur und gut inszenierte Aufführungen im 1. Stock, danach nutzen sie die umliegende Gastronomie und zu fortgeschrittener Stunde wird im Club getanzt und Spaß gehabt. So sind alle glücklich und haben etwas von der neuen Lage“, so Maria Czepl, 1. Vorsitzende des Bamberger Marionettentheater Vereins. So sehen es auch Elli und Wolle Geier vom Sound-n-Arts, die den aktuellen Stand der Planungen als „einen riesen Glücksfall für uns“ bezeichnen.
Die Diskussionsteilnehmenden verständigten sich darauf, dass die Idee weiterverfolgt und hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit nun weiter geprüft werden soll. Am 11. März soll dann im Kultursenat das Thema erstmals mit den Stadträten diskutiert werden.
Gastronomie
„Es herrscht große Unsicherheit“
Florian Müller bekommt die Auswirkungen der Stilllegungen des öffentlichen Lebens in seiner Doppelfunktion als Geschäftsführer des Ahörnla und Vorstandsmitglied der Kreisstelle des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands von mehreren Seiten zu spüren. So erreichen ihn täglich Hilferufe der an den Verband angegliederten Betriebe und als Gastronom sieht er sich nicht nur eigenen wirtschaftlichen Schäden ausgesetzt, sondern hat auch mit der Unsicherheit zu kämpfen, nicht zu wissen, wann wieder geöffnet werden kann. Im Telefoninterview haben wir mit ihm gesprochen.
Mit welchen Gefühlen haben Sie die Verhängung der Allgemeinverfügung, nach der Gaststätten und Bars schließen mussten, aufgenommen?
Florian Müller: Ich war geschockt. Das war im Endeffekt so, dass man von heute auf morgen den Boden unter den Füßen weggezogen bekommt und ich zu dem Zeitpunkt keine Ahnung hatte, wie es weitergeht. Kurz danach hatten wir von den Wirten der Sandstraße ein Treffen, um zu besprechen, was man jetzt macht. Jeder von uns weiß, wie hoch die laufenden Kosten, vor allem die des Personals, in der Gastronomie sind.
Lässt sich bereits sagen, welche Auswirkungen, finanziell, personell, die Beschränkungen auf die Bamberger Hotel- und Gaststättenbetriebe haben werden?

Florian Müller ist Geschäftsführer des Ahörnla und Vorstandsmitglied der Kreisstelle des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands.
Florian Müller: Ich war geschockt. Das war im Endeffekt so, dass man von heute auf morgen den Boden unter den Füßen weggezogen bekommt und ich zu dem Zeitpunkt keine Ahnung hatte, wie es weitergeht. Kurz danach hatten wir von den Wirten der Sandstraße ein Treffen, um zu besprechen, was man jetzt macht. Jeder von uns weiß, wie hoch die laufenden Kosten, vor allem die des Personals, in der Gastronomie sind.
Lässt sich bereits sagen, welche Auswirkungen, finanziell, personell, die Beschränkungen auf die Bamberger Hotel- und Gaststättenbetriebe haben werden?
Florian Müller: Für fast alle Betriebe, außer denen, die Lieferangebote haben, wobei das natürlich ein lächerlich geringer Anteil ist, sind die derzeitigen Zustände ein Totalschaden – null Umsatz von heute auf morgen. In Hotels genau das Gleiche. Angekündigte Buchungen können kostenfrei storniert werden, Hoteliers bleiben auf den Kosten sitzen und haben keine Buchungen und vor allem keine Sicherheit, wann denn wieder etwas passiert, mehr.
Wie sehen Sie in diesem Sinne diese Art der Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus? Halten Sie die Allgemeinverfügung für sinnvoll oder hätten Sie sich eine andere Vorgehensweise gewünscht?
Florian Müller: Das kann ich nicht sagen, ich bin kein Gesundheitsexperte. Nachdem man aber gewusst hatte, wie sich das Virus verbreitet, hat sich die Regierung nicht gleich für Maßnahmen entschieden, sondern immer Fristen gesetzt, nach dem Motto „jetzt macht mal noch ein paar Tage, dann schließen wir alles“. Dann wurde dem Volk gesagt zuhause zu bleiben, die Gaststätten durften aber wieder noch ein paar Tage offenbleiben. Ich nehme das in Kauf, habe aber nicht das Gefühl, dass es von vornherein einen Plan gab, nach dem vorgegangen wurde, sondern es wurde try-and-error-mäßig ausprobiert.
In welchem Zustand befindet sich das Ahörnla? Wird es die Gaststätte wieder in alter Form geben können?
Florian Müller: Wir sind komplett stillgelegt. Wie es danach weitergeht, kommt darauf an, wie lange wir geschlossen haben. Das ist das Hauptproblem. Der Staat sagt, damit ihr in der Krise nicht liegenbleibt, könnt ihr Schulden machen. Die Bank, zum Beispiel die KfW, verlangt aber einen Finanz-Plan über diese Schulden. Diesen zu erstellen, ist aber schwer, weil es sich derzeit nicht sagen lässt, ab wann man wieder Einnahmen hat. Denn ob die Gastronomie ab dem 19. April wieder aufmachen darf, ist nicht sicher. In der Politik hat keiner den Arsch in der Hose, zu sagen, dass die Gaststätten ab 19. April sicher wieder öffnen dürfen oder dass dieses Datum nur Wunschdenken ist und sowieso nichts wird und man besser gleich vom 1. Juni oder noch später ausgehen sollte, von da an aber sicher wieder öffnen darf. Andererseits stellt sich auch die Frage, ob überhaupt noch etwas da ist, das wieder aufmachen kann, wenn das Ganze jetzt noch acht Wochen dauert.
Was machen Sie als erstes, wenn die Ausgangsbeschränkungen aufgehoben werden?
Florian Müller: Ich renne in meinen Laden und versuche, ihn startklar zu machen.
- Sebastian Quenzer
- Foto: Sandstraße: Sebastian Quenzer | F. Müller: Florian Müller