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Schimmelpfennig

„Bam­berg Hoff­nung geben“

Gegen die ein­set­zen­de Ohnmacht

Medi­en­de­si­gner Arno Schim­mel­p­fen­nig und die Band Bam­bäg­ga haben sich zusam­men­ge­tan, um den Bam­ber­ge­rin­nen und Bam­ber­gern ein wenig Unter­hal­tung und Hoff­nung in die­sen für vie­le schwie­ri­gen Zei­ten zu bie­ten. Gemein­sam pro­du­zier­ten sie das Musik­vi­deo „Bam­berg Hoff­nung geben“. Arno Schim­mel­p­fen­ning hat uns genaue­re Aus­kunft dar­über gegeben.

„Bam­berg Hoff­nung geben“ lau­ten der Titel und das Ziel Ihres Vide­os. Wie kam die Idee zustan­de? Wor­um geht es?

Arno Schim­mel­p­fen­nig: Rück­bli­ckend konn­te ich die Situa­ti­on, die auf alle von uns zukam, nicht rich­tig grei­fen und ein­schät­zen. Ich sah nur, dass befreun­de­te Unter­neh­men ein­bre­chen ihre Ange­stell­ten plötz­lich im Super­markt Rega­le ein­räum­ten. Ich habe selbst Fami­lie und bin als Allein­ver­die­ner ent­spre­chend besorgt. Dar­um habe ich mir über­legt, was ich tun könn­te, um die­ser ein­set­zen­den Ohn­macht ent­ge­gen­zu­wir­ken. Ich habe dar­über nach­ge­dacht, dass es wahr­schein­lich vie­len ähn­lich geht. All die lee­ren Plät­ze in Bam­berg, an denen sonst so viel Leben ist. Die Poli­zei, die uns kon­trol­liert. Das kann einen schon ein­schüch­tern. Ich habe mir also über­legt, wie ich den Men­schen Hoff­nung geben könn­te. Was ver­bin­det uns? Was schafft das Gefühl von Gemein­schaft? In dem Film geht es um die Din­ge, die Bam­berg aus­ma­chen. Die Band Bam­bäg­ga bezeich­net Bam­berg als „Per­le des Südens“ und als „Mut­ter­stadt“. Mit dem Film möch­te ich uns ins Gedächt­nis rufen, dass unse­re Stadt die von uns gelieb­ten Eigen­schaf­ten bei­be­hält. Es wird wei­ter gehen.

Wor­an machen Sie fest, dass die Men­schen in Bam­berg Hoff­nung brau­chen? Ist die Situa­ti­on in der Stadt so schlimm?

Arno Schim­mel­p­fen­nig: Wir befin­den uns alle in einer Aus­nah­me­si­tua­ti­on. Hoff­nung ist mei­ner Mei­nung nach in jeder Lebens­la­ge ein sehr schö­nes Zei­chen und soll­te in jeder Situa­ti­on ver­mit­telt wer­den. Wir haben seit Jahr­zehn­ten kei­ne Kri­se mehr erlebt. Von daher sind fast zwei Mona­te der Iso­la­ti­on schon eine Her­aus­for­de­rung. Man­che älte­ren Men­schen ver­brin­gen ihre letz­ten Tage plötz­lich allei­ne im Heim. Die frisch geba­cke­ne Mut­ter kann kei­nen Besuch emp­fan­gen, der sich mit ihr über den Nach­wuchs freut. Kran­ke Men­schen haben Angst um ihr Leben und hof­fen, dass die­se schlim­me Erkran­kung an ihnen vor­bei geht. Kin­der sit­zen daheim und kön­nen nicht mehr raus. Sie sind zu jung, um Ihnen zu erklä­ren, was da pas­siert und dass alles irgend­wann bes­ser wird. Man beginnt, die Nor­ma­li­tät des Lebens zu ver­mis­sen. Ich woll­te mit dem Film ein Zei­chen set­zen, dass man die­se Nor­ma­li­tät zurück­ge­win­nen wird.

Wie kam der Kon­takt zu Jonas und David Ochs von Bam­bäg­ga zustande?

Arno Schim­mel­p­fen­nig: Ich habe mich aktiv für eine Zusam­men­ar­beit mit Jonas und David Ochs ent­schie­den. Wir haben in die­sem Jahr bereits einen Musik­clip rea­li­siert und es war eine sehr ange­neh­me, pro­fes­sio­nel­le und trotz­dem spon­ta­ne Zusam­men­ar­beit. Genau die­se Zusam­men­ar­beit habe ich ange­sichts eines straf­fen Ter­min­plans gebraucht. Es waren aber auch die Emo­tio­nen, wel­che die Jungs geni­al ver­mit­teln, wie in den Songs „Vater sein“ oder bei einem eige­nen Arran­ge­ment, das sie mit ande­ren Musi­kern vor gut einem Jahr für die Lebens­hil­fe geschrie­ben hat­ten. Zudem gefällt mir die Idee, dass gera­de ein Kul­tur­bot­schaf­ter des Goe­the-Insti­tuts die Hoff­nungs­bot­schaft ver­brei­tet, der selbst bereits in Chi­na war und das Land und sei­ne Ein­woh­ner kennt und daher gewis­ser­ma­ßen eine Brü­cke baut.

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Wie lief die Umset­zung ab? Wie schnell konn­ten Sie das Pro­jekt durchziehen?

Arno Schim­mel­p­fen­nig: Ich habe aktu­ell nicht viel Zeit. Ich ver­brin­ge fast 20 Stun­den im Büro pro Tag und habe auch sehr kur­ze Wochen­en­den. Mir lag das Pro­jekt sehr am Her­zen und so woll­te ich kon­zen­triert an die Sache her­an­ge­hen, aber ein mög­lichst schnel­les Resul­tat erzie­len. Anfangs woll­te ich den Film selbst umset­zen und doku­men­ta­risch fest­hal­ten, was in den Stra­ßen pas­siert. Doch dann erin­ner­te ich mich an die vie­len indi­vi­du­el­len Ein­drü­cke, die der­zeit in Face­book geteilt wer­den. Genau die­se Stim­mung und die­se Bil­der zeig­ten viel bes­ser die äuße­ren Umstän­de als alles, was ich hät­te selbst ein­fan­gen kön­nen. Und so rief ich Bam­berg per Face­book dazu auf, mir Bil­der der lee­ren Plät­ze, aber auch der Bil­der zu schi­cken, die wir sonst von Bam­berg ken­nen. Inner­halb von zwei Tagen hat­te ich bereits mehr als 300 Fotos bei­sam­men. Letzt­lich waren es In einer Woche über 20 Ein­sen­dun­gen mit 578 Fotos, die ich übri­gens nahe­zu alle in den Film inte­griert habe. Wäh­rend ich auf die Ein­sen­dun­gen war­te­te, pro­du­zier­ten die Jungs von Bam­bäg­ga eine „Home Edi­ti­on“ des Lieds „7 Hügel“. Es schloss sich noch eine Woche des Schnitts an. Nach gut 26 Stun­den Arbeit war das Werk vollendet.

Wel­che Hoff­nung ver­bin­den Sie mit dem Video, was sol­len die Men­schen davon mitnehmen?

Arno Schim­mel­p­fen­nig: Zunächst bin ich sehr glück­lich, dass inzwi­schen so vie­le Men­schen die­sen Film gese­hen haben. Ich habe ganz unter­schied­li­che Reak­tio­nen dar­auf bekom­men. Zum einen habe ich eini­ge Pro­jek­te inte­griert, die Men­schen unse­rer Regi­on auf ganz unter­schied­li­chen Ebe­nen hel­fen. Zum einen haben sich die­se Pro­jek­te dar­über gefreut, dass sie mehr Auf­merk­sam­keit bekom­men. Als Vor­stand des Stadt­mar­ke­tings Bam­berg sehe ich hier­in aber auch irgend­wie mei­ne Auf­ga­be. Des­halb haben mich Rück­mel­dun­gen von Bürger*innen noch viel mehr gefreut. Unter ande­rem sprach mich eine Kran­ken­schwes­ter an, dass sie mit ihrer gan­zen Sta­ti­on den Film gese­hen und deut­lich Mut gefasst hät­te. Das ist es, was mir und auch Bam­bäg­ga am Her­zen lag: Mut ver­mit­teln, Per­spek­ti­ven schaf­fen und ein Gefühl ver­mit­teln, dass wir zusam­men­ste­hen und uns alle zusam­men aus die­sen Tagen befrei­en werden.

Wie gehen Sie mit der der­zei­ti­gen Situa­ti­on per­sön­lich um und wie als Unternehmer?

Arno Schim­mel­p­fen­nig: Ich fin­de die­se Fra­ge schwie­rig. Es ist alles so unsi­cher und zugleich so unnah­bar zugleich. Anfangs gab es die­sen Moment der Lee­re, in dem ich selbst nicht wuss­te, wie es für mich und dadurch finan­zi­ell für mei­ne Fami­lie wei­ter­ge­hen wird. Ich wuss­te nur, dass es tief im Kern einen gemein­sa­men Nen­ner für Lösun­gen der Anlie­gen mei­ner Kun­den gibt: Erreich­bar­keit, ein wei­ter­hin kon­stan­ter Absatz und die Ver­mitt­lung an deren Kun­den, dass man nach wie vor da ist – wenn auch viel­leicht vor geschlos­se­nen Türen. Dar­auf­hin kamen eini­ge Unter­neh­men auf mich zu, die ihre Ange­bo­te digi­ta­li­sie­ren woll­ten. Jetzt, wo sich die Situa­ti­on auf­grund der Coro­na-Kri­se all­mäh­lich lockert, gibt es immer noch Bran­chen, die es schwer haben, wie­der auf die Bei­ne zu kom­men. Hier­zu gehört zum Bei­spiel die Ver­an­stal­tungs­bran­che mit ihren Krea­ti­ven und Dienst­leis­tern. An dem Punkt, an dem nun Online-Lösun­gen weni­ger gefragt sind als in den letz­ten Tagen, ist es nur die digi­ta­le Kom­mu­ni­ka­ti­on etwa über Film. Per­sön­lich muss­te nicht nur ich, son­dern in ers­ter Linie auch mei­ne Fami­lie stark zurück­ste­cken. Mei­ne gro­ße Toch­ter spricht inzwi­schen schon von „Sleep & Dri­ve“ anläss­lich mei­ner Anwe­sen­heit daheim.

Wie sieht Ihre Hoff­nung bezüg­lich der Zukunft nach der Kri­se aus?

Arno Schim­mel­p­fen­nig: Abge­se­hen von all dem Übel, das die Kri­se sicher­lich mit sich gebracht hat, den­ke ich, dass in jeder Kri­se auch etwas Posi­ti­ves steckt. Um ehr­lich zu sein, den­ke ich, dass die Zeit zu knapp ist, um tief­grei­fend etwas zu ändern. Ich gehe trotz­dem davon aus, dass sich auf zwei Ebe­nen etwas ändern wird. Zum einen muss­ten wir auf der per­sön­li­chen Ebe­ne auf vie­les ver­zich­ten. Es ist nicht ein­fach, in sozia­ler Iso­la­ti­on zu leben. Dar­um konn­ten wir uns über die Zeit – qua­si in einer Art Fas­ten – von dem tren­nen, was uns belas­tet, und uns auf das besin­nen, was uns gut­tut und was wir in unse­rem Leben haben wol­len. Wenn wir nun in eini­ger Zeit raus gehen und wie­der zusam­men sein dür­fen, den­ke ich, dass wir den Wert des Lebens, Freund­schaft, Kame­rad­schaft und alte Tugen­den wie Respekt, Auf­rich­tig­keit und der­glei­chen mehr schät­zen kön­nen und auch wol­len. Zum ande­ren gehe ich davon aus, dass Deutsch­land nun aus einer Art Dorn­rös­chen­schlaf erwacht ist. Es ging uns Jahr­zehn­te wirt­schaft­lich gese­hen gut. Selbst die Finanz­kri­se 2008 als Kri­se der jün­ge­ren Ver­gan­gen­heit war nicht der­ma­ßen stark zu spü­ren. Nun konn­ten wir sehen, dass wir uns öff­nen und neue Wege beschrei­ten müs­sen. Es sind vie­le tol­le und inno­va­ti­ve Ideen ent­stan­den. Geschäfts­fel­der haben sich erwei­tert, ande­re Berei­che deut­lich erwei­tert. Als Bei­spiel mer­ke ich das am Ein­zel­han­del. Was gab es hier Berüh­rungs­ängs­te mit dem Inter­net. Ama­zon und stell­ver­tre­tend damit ein Groß­teil des Online­han­dels war der jah­re­lan­ge Feind des sta­tio­nä­ren Han­dels. Nun erken­nen wir, dass digi­ta­le Mega-Stores nicht alles sind. Wer sei­ne Stär­ken kennt und weiß, was sei­ne Kun­den an einem lie­ben, der kann durch Online­prä­senz sein Ange­bot erwei­tern und noch mehr Men­schen errei­chen. Die Kri­se hat also Bar­rie­ren abge­baut und Chan­cen geschaf­fen. Ich habe die Hoff­nung, dass wir dem treu blei­ben und dar­auf aufbauen.