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Schneemann

Tra­di­ti­on seit 1985

Bischofs­grün baut rie­si­gen Schneemann

Die Gemein­de Bischofs­grün, gele­gen im Fich­tel­ge­bir­ge im Land­kreis Bay­reuth, hat eine beson­de­re Tra­di­ti­on. Seit 1985 bau­en ehren­amt­li­che Hel­fer jedes Jahr Anfang Febru­ar einen meh­re­re Meter gro­ßen Schnee­mann auf dem Markt­platz des Dor­fes auf. Am 17. Febru­ar geht es die­ses Jahr los, damit er pünkt­lich zum Schnee­manns­fest am 20. Febru­ar fer­tig ist. Wir haben in Bischofs­grün ange­ru­fen und bei Wil­helm Zapf von der ört­li­chen Tou­rist-Infor­ma­ti­on nach­ge­fragt, was es mit dem Schnee­mann, der den Namen Jakob trägt, auf sich hat.
Herr Zapf, wie kam es, dass 1985 in Bischofs­grün zum ers­ten Mal ein rie­si­ger Schnee­mann in der Orts­mit­te auf­ge­baut wurde?

Wil­helm Zapf: Das geht auf eine Per­son allein zurück und zwar Horst Hei­den­reich, der damals als Ski­leh­rer tätig war. Eines reg­ne­ri­schen Tages im Febru­ar 1985, als kei­ne Ski­kur­se mög­lich waren, saß er im Gast­haus am Markt­platz. Mehr oder weni­ger aus Lan­ge­wei­le ist er raus­ge­gan­gen auf den Platz und hat mit dem Schnee, der durch­aus lag, einen Schnee­mann gebaut. Fast drei Meter groß war er. Vie­le sag­ten „was ist das für ein Unsinn?“, ande­re erkann­ten aber auch gleich das tou­ris­ti­sche Poten­zi­al. Und seit die­sem Jahr wird er immer wie­der gebaut – übri­gens immer noch unter der Mit­hil­fe von Horst Heidenreich.

Die Gemein­de hat dem Schnee­mann den Namen Jakob gege­ben. Warum?

Wil­helm Zapf: In den ers­ten Jah­ren hat­te er über­haupt kei­nen Namen. Erst im Jahr 1989 änder­te sich das, als der dama­li­ge Bür­ger­meis­ter von einem Fern­seh­re­por­ter gefragt wur­de, wie der Schnee­mann heißt, und er aus einer Lau­ne her­aus ein­fach sag­te: „Jakob“. Wie er dar­auf gekom­men ist, weiß aller­dings niemand.

Ver­leiht die Gemein­de dem Schnee­mann, ähn­lich wie viel­leicht bei einem Faschings­wa­gen, jedes Jahr ein aktu­el­les Mot­to oder eine tie­fe­re Bedeutung?

Wil­helm Zapf: Ein jähr­li­ches Mot­to geben wir ihm nicht, aber eine über hin hin­aus­wei­sen­de Bedeu­tung für Bischofs­grün hat er schon. Er ist unser Aus­hän­ge­schild. Die Gemein­de ist seit Ende der 1990er Jah­re ein­ge­tra­gen als ein­zi­ges Schnee­mann-Dorf der Welt. Zur sel­ben Zeit galt Jakob auch als größ­ter Schnee­mann der Welt. Auf jeden Fall ver­su­chen wir im Dorf, das Schnee­mann-The­ma das gan­ze Jahr zu bespielen.

Also, wie gesagt, touristisch?

Wil­helm Zapf: Ja. Wir haben vie­le Gäs­te, die nur wegen des Schnee­manns nach Bischofs­grün kom­men. Er ist wahr­schein­lich sogar eines der größ­ten tou­ris­ti­schen Aus­hän­ge­schil­der Nordbayerns.

Heißt das, die Gemein­de ist wirt­schaft­lich auf ihn angewiesen?

Wil­helm Zapf: Direkt ange­wie­sen auf ihn sind wir nicht, aber wir pro­fi­tie­ren durch­aus indi­rekt von ihm – durch Gäs­te, Über­nach­tun­gen und Gewerbesteuereinnahmen.

Lässt sich das in Zah­len ausdrücken?

Wil­helm Zapf: Genau haben wir das noch nicht aus­ge­rech­net und es ent­ste­hen ja nicht nur Ein­nah­men für die Gemein­de allein, son­dern zum Bei­spiel auch für die Gas­tro­no­mie. Aber etwa 15.000 Euro könn­te er schon einspielen.

Letz­tes Jahr trug er Zylin­der, Schal und eine Knopf­rei­he. Wie wird er die­ses Jahr aussehen?

Wil­helm Zapf: Wir wer­den ihn wie­der so auf­bau­en. Die­se Merk­ma­le sind zu so etwas wie sei­nem Trade­mark gewor­den. Viel­leicht gibt es die­ses Jahr bei sei­nem Aus­se­hen aber eine klei­ne Überraschung.

Wie groß soll er werden?

Wil­helm Zapf: Unse­ren Rekord haben wir 2015 auf­ge­stellt, als er 12,65 groß war. Ob wir ihn die­ses Jahr wie­der so groß bau­en, hängt auch ein wenig davon ab, ob es genug Schnee gibt. Ich schät­ze, er wird etwa zehn bis elf Meter groß. Haupt­sa­che ist aber sowie­so, dass wir ihn bau­en. Gera­de letz­tes Jahr, nach­dem wir ihn wegen Coro­na-Kon­takt­ver­bo­ten 2021 nicht auf­bau­en konn­ten, hat­te er die gro­ße Bedeu­tung für die Gemein­de, dass es wie­der auf­wärts geht.

Dann hat er also doch eine tie­fe­re Bedeutung.

Wil­helm Zapf: Ja, stimmt. Dass wir 2021 aus­set­zen muss­ten, hat vie­le Leu­te trau­rig gemacht und Jakobs Rück­kehr 2022 glück­lich. Inso­fern hat er also eine tou­ris­tisch-emo­tio­na­le Bedeu­tung für die Gemeinde.

Gibt es Über­le­gun­gen, dem Schnee­mann eine poli­ti­sche Bedeu­tung zu ver­lei­hen? Ein Zei­chen der Soli­da­ri­tät mit der Ukrai­ne böte sich ja an.

Wil­helm Zapf: Letz­tes Jahr war es so, dass wir den Schnee­mann ein paar Tage nach Kriegs­be­ginn auf­ge­baut hat­ten. Da haben die Schnee­mann-Bau­er ihm eine ukrai­ni­sche Fah­ne ange­steckt. Das geschah auch vor dem Hin­ter­grund, dass eine Bür­ge­rin Bischofs­grüns aus der Ukrai­ne stammt und mit einem Bischofs­grü­ner ver­hei­ra­tet ist. Sie hat es auch orga­ni­siert, dass eini­ge ihrer Ver­wand­ten ins Dorf kom­men, um Jakob zu sehen. Inso­fern ist er nicht nur ein Sym­bol der Hoff­nung für den Tou­ris­mus, son­dern auch Posi­tio­nie­rung gegen die­sen Krieg. Und viel­leicht wird es das die­ses Jahr wie­der geben.

Besteht Jakob tat­säch­lich ganz und gar aus Schnee oder steckt im Innern noch ein Gerüst?

Wil­helm Zapf: Er besteht voll­stän­dig aus Schnee und dabei vor allem voll­stän­dig aus Natur­schnee, den wir im Ort und im Fich­tel­ge­bir­ge aufsammeln.

Wie läuft der Auf­bau ab?

Wil­helm Zapf: Zuerst schüt­tet ein Bag­ger den Schnee auf einen gro­ßen Hau­fen und schiebt das gan­ze schon ein biss­chen in Form. Dann kommt der Schnee in soge­nann­te Schal­plat­ten, so etwas wie eine Guss­form, und wird mit Was­ser besprüht, damit alles schön fest frie­ren kann und der Schnee nicht zu pul­verig ist. Dann ent­fer­nen wir die Plat­ten, for­men die Kör­per­ku­gel und den Kopf und ver­zie­ren sie. Ein Kran setzt noch den Hut oben drauf und der Schnee­mann ist fer­tig. Sozu­sa­gen zur Über­wa­chung des Gan­zen haben wir außer­dem noch einen Sta­ti­ker von der Uni­ver­si­tät Bay­reuth dabei, der die Sta­bi­li­tät des Schnee­manns berech­net und wie groß oder breit er sein darf, ohne umzufallen.

Wie lan­ge dau­ert der Aufbau?

Wil­helm Zapf: Am Mor­gen des 17. Febru­ar fan­gen wir an und etwa zehn Stun­den spä­ter soll er fer­tig sein.

Was tun Sie, wenn kein Schnee liegt?

Wil­helm Zapf: Die­sen Fall hat­ten wir bis­her noch nicht. Manch­mal war es so, dass es sehr wenig Schnee gab oder er wie ver­rückt tau­te. Aber dann wur­de Jakob eben ein paar Meter klei­ner und nach ein paar Tagen wie­der abge­baut, damit er nicht umfällt.

Schnee­fall wird in Zei­ten des Kli­ma­wan­dels immer gerin­ger. Ist so ein Schnee­mann inso­fern nicht ein wenig anachronistisch?

Wil­helm Zapf: Ja, viel­leicht, aber viel­leicht ist das auch gera­de der Reiz dabei. Die Leu­te ste­hen davor und den­ken sich: „Mensch, die bau­en einen Schnee­mann obwohl es nicht mehr so viel Schnee gibt“. Hin­zu kommt wie­der­um die Bedeu­tung, dass wir uns, gera­de als Win­ter­sport-Ort, nicht unter­krie­gen las­sen und den Schnee­mann auch in den nächs­ten Jahr­zehn­ten noch bau­en wollen.

Wie lan­ge soll Jakob ste­hen bleiben?

Wil­helm Zapf: Wir hat­ten schon Jah­re, in denen er nur eine Woche ste­hen blei­ben konn­te, weil es zu warm war. Da die Wet­ter­vor­her­sa­gen für die nächs­ten Wochen aber ganz gut aus­se­hen und win­ter­li­che Tem­pe­ra­tu­ren brin­gen sol­len, hof­fen wir auf ein oder zwei Wochen. Der Rekord liegt bei vier Wochen. Wich­tig ist, dass er es bis zum Rosen­mon­tag durch­hält, weil wir da am Markt­platz das Schnee­mann­fest fei­ern wollen.