Schulen gehörten zu den ersten Einrichtungen, die Mitte März für den beginnenden Kampf gegen Corona geschlossen wurden. Das Lehrpersonal steht seitdem vor
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Kammern, Arbeitsagenturen, Schulen, Gewerkschaften und Politik Hand in Hand
Erster oberfränkischer Schulgipfel: Ausbildung stärken!
Noch sind rund 3.500 Ausbildungsplätze für das neue Ausbildungsjahr in Oberfranken unbesetzt. Gleichzeitig entscheiden sich coronabedingt immer mehr Schulabsolventen für eine weiterführende Schule oder ein Studium. Beim ersten oberfränkischen Schulgipfel stand die Frage im Mittelpunkt, wie die Vorteile der beruflichen Bildung besser transportiert werden können.
Die IHK für Oberfranken Bayreuth rief – und alle kamen. Auf dem ersten oberfränkischen Schulgipfel tauschten sich Wirtschaftskammern, Agenturen für Arbeit, DGB, der AK SCHULEWIRTSCHAFT sowie Vertreter der Gymnasien, der Real- und Mittelschulen darüber aus, wie die Vorteile der beruflichen Bildung besser kommuniziert werden können. Mit der stellvertretenden CSU-Fraktionsvorsitzenden im Bayerischen Landtag, Gudrun Brendel-Fischer, war auch das oberfränkische Mitglied des Ausschusses für Bildung und Kultus im Bayerischen Landtag vor Ort.
In ihrer Begrüßung skizzierten die Hauptgeschäftsführer Gabriele Hohenner (IHK für Oberfranken Bayreuth), Siegmar Schnabel (IHK zu Coburg) und Reinhard Bauer (Handwerkskammer für Oberfranken) die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Ausbildungsplatzsituation und die wichtige Rolle der beruflichen Bildung für den Standort Oberfranken. Hohenner verweist darauf, dass ganz Deutschland mit einem spürbaren Rückgang bei den Ausbildungszahlen kämpft. Coronabedingt entscheiden sich deutlich mehr junge Menschen für ein Studium oder eine weiterführende Schule. „Die berufliche Bindung ist aber trotz allem das Mittel der Wahl zur Behebung des Fachkräftemangels”, macht Schnabel deutlich.
Bedeutung der Ausbildung besser kommunizieren
Wie wichtig neue Ideen in Sachen Ausbildung sind, fasst DGB-Regionsgeschäftsführer Mathias Eckardt zusammen: „Mir wird himmelangst um den Standort Oberfranken, wenn es nicht gelingt, Nachwuchs für die Ausbildung zu gewinnen. Irgendwann droht sonst wegen des Fachkräftemangels eine Abwanderung der Unternehmen.”
Auch gerade in der Politik ist die herausragende Bedeutung der Ausbildung noch nicht überall verankert, so Brendel-Fischer. So sehr die Investitionen im Hochschulbereich den Standort Oberfranken stärken, sie vermisse Ähnliches auf der Ausbildungsebene. „Ohne entsprechende Weichenstellungen drohen analog zum Pflegenotstand viele weitere Notstände”, warnt Brendel-Fischer.
Intensiviert werden soll die Berufsorientierung in den Schulen, sind sich die Gipfelteilnehmer einig, sei es in Form einer persönlichen Beratung, über die Eltern oder über Ausbildungsmessen. Die Jahre 2020 und 2021 haben klar gezeigt, welche herausragende Rolle Ausbildungsmessen in Präsenz spielen. Das digitale Pendant kann diese Rolle allenfalls ansatzweise ausfüllen. Bausteine, wie Berufspraktika, auch in niederschwelliger Form, Selbsttests oder Speed-Datings in einem neuen Format sollen ausgebaut werden.
Eltern spielen eine herausragende Rolle
Eltern seien weiterhin sehr wichtig für die Berufswahl der Schulabgänger: „Mein Kind soll es besser haben als ich”, so umschreibt Dr. Michael Pfitzner von SCHULEWIRTSCHAFT in Oberfranken den klassischen Gedankengang vieler Eltern. Allerdings habe sich der Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahren maßgeblich verändert. Längst hat der Karriereweg über die Ausbildung deutlich an Attraktivität gewonnen. Höhere Einkommen, eine bessere Arbeitsplatzsicherheit und deutlich attraktivere Karrieremöglichkeiten sprechen heute für eine Ausbildung – auch im Vergleich zum Studium. Umso wichtiger sei der Kontakt zu den Eltern. Hohenner: „Hier wollen wir gemeinsam neue Wege gehen”.
Schwächere Schüler mitnehmen
Sorge bereitet, dass es immer noch etliche Schulabgänger ohne Abschluss gibt. Einig waren sich die Teilnehmer, dass dieser Zielgruppe mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden müsse, etwa in Form der assistierten Ausbildung, mit Einstiegsqualifizierungen und mehr niederschwelligen Ausbildungsangeboten, wie es Sebastian Peine, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bayreuth- Hof zusammenfasst.
Die Schüler seien nicht schlechter geworden, es entscheiden sich aber immer mehr Absolventen mit einem guten Abschluss für ein Studium, so dass die Zahl der Bewerber mit schlechteren Zeugnissen für einen Ausbildungsplatz in Relation steige.
Deshalb gewinne die Unterstützung von Auszubildenden beim Berufsschulalltag auch immer mehr an Bedeutung. Da die Zahl der Berufsschüler generell rückläufig sei und es bei etlichen Berufen immer schwerer wird, Berufsschulklassen zu bilden, gewinne außerdem eine Beschulung nach Berufsgruppen immer mehr an Bedeutung.
Netzwerke ausbauen
Die bestehenden Netzwerke sollen weiter ausgebaut werden, auch zwischen den Beteiligten des Schulgipfels. Es besteht Einigkeit darüber, dass dies vor allem auf Arbeitsebene geschehen müsse. Hohenner: „Es muss uns gelingen, alle Akteure zusammenzubringen, auch gerade auf Arbeitsebene. Dieser Schritt steht auch im Fokus der kommenden Monate.”
- August 29, 2021
- Webecho Bamberg
- Quelle: IHK für Oberfranken Bayreuth
- Foto: IHK für Oberfranken Bayreuth
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Schulschließungen
„Vielen wird jetzt bewusst, dass Schule mehr ist als Unterricht und Lernen“
Schulen gehörten zu den ersten Einrichtungen, die Mitte März für den beginnenden Kampf gegen Corona geschlossen wurden. Das Lehrpersonal steht seitdem vor der Herausforderung, über andere Kanäle Kontakt mit der Schülerschaft zu halten und weiterhin Unterrichts-Stoff anzubieten. So auch am Bamberger E.T.A. Hoffmann-Gymnasium. Über Schule in Zeiten der Kontaktbeschränkungen haben wir mit Direktor Markus Knebel gesprochen.
Wie lässt sich der Alltag eines Schuldirektors beschreiben, wenn die Schule geschlossen ist?
Die Arbeit am Vormittag im Büro ist gut gefüllt mit Telefonaten, Mails und Konferenzen (natürlich online). Es geht dabei um die Koordination der anstehenden Aufgaben, wie Abitur, Aufnahme der Schülerinnen und Schüler aus der Grundschule, Personalplanungen für das kommende Schuljahr, aktuell anstehende Baumaßnahmen und vieles andere. Damit nicht die komplette Führungsebene ausfällt, wenn wir in der Schulleitung einen bestätigten Corona-Fall hätten, arbeiten wir in Schichten, so dass ich manche Mitarbeiter gar nicht persönlich im Büro sehe, sondern seit Wochen nur online. Die telefonische Rufbereitschaft zieht sich dann bis in den Abend, da wir ja möglicherweise wegen aktueller Corona-Fälle oder Informationen aus den Ministerien auch kurzfristig agieren müssen.

Schuldirektor Markus Knebel.
Stellen Sie Unterrichtsangebote online zur Verfügung? Sind diese verpflichtend und wie sehen sie aus?
Die Lehrkräfte stellen für alle Klassen Unterrichtsmaterial zur Verfügung – in Umfang und Intensität abhängig von den Fächern und Jahrgangsstufen. Natürlich hat der angehende Abiturjahrgang eine ganz besondere Stellung in diesem System, da hier noch einzelne Leistungserhebungen vor den eigentlichen Abiturprüfungen anstehen und dann natürlich die Vorbereitung auf das voraussichtlich in wenigen Wochen beginnende Abitur gesichert sein muss. In den anderen Jahrgangsstufen sind sämtliche Aufgaben jedoch als Unterrichtsbegleitung zu verstehen. Sie können das, was üblicherweise in der Schule passiert, nicht ersetzen und sollen die Schülerinnen und Schüler vor allem „im Training“ halten, bis es an der Schule wieder losgeht.
Es gibt Medienberichte über Lehrpersonal, das sich ausgefallene Mittel einfallen lässt, um in Kontakt mit der Schülerschaft zu bleiben. Ein Beispiel wäre ein Hamburger Lehrer, der täglich eine online abrufbare Late-Night-Show inszeniert, um Kontakt zu halten und Lernstoff durchzugehen. Was halten Sie von solchen Maßnahmen, und wären auch Sie bereit, in eine Rolle wie die eines Moderators zu schlüpfen?
Die Lehrkräfte nicht nur meiner Schule zeigen unglaubliche Kreativität und Improvisationskunst. Wir müssen aber auch darauf achten, die Schülerinnen und Schüler und deren Eltern nicht zu überfordern. Es gibt Familien, in denen nur ein Rechner zur Verfügung steht, ein Elternteil im Home-Office arbeitet und gleichzeitig drei oder mehr Kinder online an schulischen Aufgaben arbeiten sollen.
Wie sind die Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler darauf?
Bis auf wenige Ausnahmen erhalten wir durchweg positive, teilweise sogar überschwängliche Rückmeldungen. Vor allem von Elternseite kommt viel Lob für die vielfältigen Ideen, wie die Kinder und Jugendlichen motiviert werden, aktiv ihre schulischen Aufgaben ernst zu nehmen. Neben den „normalen“ Arbeitsaufträgen gelingt dies durch Ideen, die den Blick über den Tellerrand des eigenen Unterrichts ermöglichen, etwa durch ein gemeinsames Video, an dem alle Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte arbeiten konnten.
Falls sich der Online-Unterricht bewährt, gibt es Überlegungen, diesen auch in Zukunft beizubehalten? Welche Vorteile hätte das gegenüber Präsenzunterricht?
Online-Unterricht kann den Unterricht im Klassenzimmer nicht ersetzen, er kann ihn nur ergänzen. Sicherlich werden die Erfahrungen dieser ganz besonderen Wochen aber für die Unterrichtsgestaltung der Zukunft Auswirkungen haben. Online-Klassenzimmer, in denen Lernpfade selbstständig bearbeitet werden können oder gemeinsam im Team an einem Projekt geschrieben wird, werden dann eine zusätzliche Möglichkeit sein.
Nach über zwei Wochen Schulschließung, freuen sich die Schülerinnen und Schüler über den ausfallenden Unterricht oder vermissen sie den Schulbetrieb?
Zunächst war bei beinahe allen Schülerinnen und Schülern die Freude groß, doch nachdem sie ja nun auch im Alltag ihre Freunde nicht mehr sehen können, bekomme ich schon häufiger die Rückmeldung, dass sich alle darauf freuen, endlich wieder an die Schule zu dürfen. Vielen wird jetzt noch einmal so richtig bewusst, dass Schule eben mehr ist als Unterricht und Lernen.
Auf der Homepage des Gymnasiums geben Sie an, die Schule nach den Osterferien am 20. April wieder öffnen zu wollen. Halten Sie an diesem Termin fest oder gehen Sie in Ihren Planungen von einer weiteren Verlängerung der Schließungen aus?
Hier müssen wir natürlich die Vorgaben der Ministerien abwarten. Erst dann können beziehungsweise dürfen wir entscheiden, wie wir weiter verfahren.
Wie sähe die Alternative aus, falls die Schulen am 20.4. nicht wieder öffnen dürfen?
Wir würden dann sinnvollerweise online weiter arbeiten mit den Klassen, das eine oder andere digitale Modul ausbauen. Aber auch hier können wir uns momentan nur mit einem Plan B und C vorbereiten und abwarten, wie die politischen Entscheidungen ausfallen werden.
Wie sehen die Planungen für die kommenden Abiturprüfungen aus?
Stand heute (8. April) werden die Prüfungen am 20. Mai beginnen. Denkbar wäre das an unserer Schule, da wir die entsprechenden Kapazitäten hätten, die Schülerinnen und Schüler auf zahlreiche Räume zu verteilen und die entsprechenden Mindestabstände einzuhalten. Ob dies aber an allen Schulen möglich ist, kann ich nicht beantworten. Und nur eine einheitliche Lösung kann sinnvoll sein. Zudem gilt es, die Schülerinnen und Schüler intensiv auf die Prüfungen vorzubereiten. Das erfolgt schon jetzt durch die Lehrkräfte, die sie unterrichten und muss natürlich bis zu den Prüfungen weiterlaufen – wenn es sein muss, auch online.
Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn die Ausgangsbeschränkungen wieder aufgehoben werden?
Ich würde mich am meisten darüber freuen, wenn alle wieder gesund an die Schule zurückkehren würden – auch wenn es noch deutlich länger dauern sollte, als wir es uns wünschen.
- Sebastian Quenzer
- April 13, 2020
- Foto: E.T.A. Hoffmann-Gymnasium